Briefspiel:Steine kommen ins Rollen (6)

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Stadt Urbasi klein.png Briefspiel in Urbasi Stadt Urbasi klein.png
Datiert auf: EFF 1038 BF Schauplatz: Urbasi Entstehungszeitraum: Sommer 2016
Protagonisten: Lucrezia ya Scalior und andere Mitglieder der Familie Scalior, weitere Mitglieder der Steinzunft Urbasis Autoren/Beteiligte: Familie Scalior.png Djamilla
Zyklus: Übersicht · Die letzte Sitzung vor der Patronatswahl · Neroli - die Maurer · Frappante - die Ziegelei · Triffon - die Steinmetze · Landor Maddalari – der Malergeselle · Die Ratssitzung mit Wahl des Patrons · Epilog

EFF 1038 BF, Zunfthaus der Steinzunft Urbasis

Am Tag der Patronatswahl speiste Lucrezia mit Meister Frappante zu Mittag, dem schwächsten Glied in der Kette ihrer Allianz. Der Mann hatte bereits erste Maßnahmen ergriffen, die geplante Fabrik in die Wege zu leiten. Mit strahlenden Augen erzählte er Lucrezia von den Bauvorhaben und bestritt so den Großteil der Unterhaltung. Lucrezia befleissigte sich in aktivem Zuhören, verstärkte also das Verhalten noch. Auch wenn die detailierten Ausführungen weniger spannend waren, wenn der Meister zufrieden war und sie dafür verantwortlich machte, dann war ihr Plan aufgegangen. Nach dem Essen verabschiedete sich Lucrezia charmant von Curon Frappante bis in die Abendstunden.
Die Zeit bis zur Ratssitzung verbrachte Lucrezia im Bestiarium. Die Sammlung inspirierte sie immer, und da sie jedes Mal wieder Neues entdeckte, verflog die Zeit in angenehmer Weise. Kurz bevor es dunkel wurde, begab sich Lucrezia kurz nach Hause um sich frisch zu machen und war dann pünktlich vor Beginn der Sitzung im Ratssaal. Mit wachsender Nervosität beobachtete sie das Eintreffen der Zunftmitglieder, und tat dabei alles dafür, ihren aufgewühlten Zustand nicht nach außen zu tragen. Elaria Neroli war wie immer überpünktlich und nickte ihr wie gewöhnlich kurz freundlich zu. Ihr Vater war der Nächste, etwas erstaunt, wohl weil sie bereits da war. „Lucrezia, einen schönen guten Abend“ er trat kurz auf sie zu und blieb bei ihr stehen „hattest Du einen schönen Tag?“ „Ja danke, Vater“ lächelte sie ihn kurz an. Nach belanglosem Geschwätz mit Adamante war Lucrezia gerade nicht zumute. „Ich muß noch einige Dinge nachtragen“ beschäftigte sie sich dann angelegentlich mit ihren Papieren. Als endlich Landor Maddalari auftauchte, entspannte sich Lucrezia etwas. Der Geselle besuchte die Ratssitzungen eher selten, seine Anwesenheit legte also nahe, dass er sich an ihre Abmachung halten würde. Kurz blickte er Lucrezia nervös an, dann setzte er sich in die erste Reihe der Tribüne. Nach und nach trafen die anderen Ratsmitglieder ein und auch die Ränge füllten sich – die Patronatswahl zog verständlicherweise immer eine ganze Menge Zunftmitglieder an.
In ihrer Funktion als aktuelle Patronin eröffnete Aliena di Taresellio die Sitzung. „Die 45. ordentliche Sitzung der Steinzunft ist hiermit eröffnet!“ Sie machte eine kurze dramaturgische Pause bis im Saal Stille herrschte. „Der erste Tagesordnungspunkt heute: Wahl des neuen Patrons.“ lächelte sie selbstgefällig in die Runde. Lucrezia kritzelte angelegentlich in ihren Unterlagen. „Zur Wahl steht“ es folgte wieder eine dramaturgische Pause „meine bescheidene Wenigkeit, Aliena di Taresellio.“ ein weiterer blasierter Blick glitt über die Anwesenden. „Kommen wir zur Abstimmung“ ein auffordernder Blick auf den Rat. Lucrezia blickte nun ihrerseits auffordernd zu Landor. Der Geselle wurde kurz bleich, erhob sich dann aber. „Haltet“ krächzte er, und räusperte sich dann kurz. „Haltet ein!“ seine Stimme klang nun laut und voll. Sowohl sein Vater Federesco als auch der Rest der Rats blickte nun verwundert auf den jungen Mann. Dieser fuhr mit klarer Stimme fort: „Ich, Landor Maddalari, Geselle der Malerei und ordentliches Mitglied dieser Zunft seit meiner Gesellenprüfung am 12. Boron 1032 BF, spreche hiermit offiziell der zur Patronatskandidatin aufgestellten Aliena di Taresellio mein Mißtrauen aus.“ Ein Raunen ging durch die Reihen. Die Angesprochene sprang überrascht auf, genauso wie Federesco Maddalari, dieser allerdings mehr bleich denn alles andere. Landor sprach unbeirrt weiter, langsam steigerte er sich in seine Rede hinein: „Die Candidata hat die Zunft die letzten Jahre schlecht geführt!“ „Impertinent!“ schallte ein Zwischenruf Alienas durch den Raum „Wann habt Ihr in den letzten Jahren in den Sitzungen der Signoria etwas für die Zunft getan?!“ schleuderte ihr Landor entgegen. Lucrezia jubilierte innerlich. Das lief ja besser als geplant. „Schweig Sohn, Du weißt nicht, was Du sagst!“ donnerte Federesco Maddalaris Stimme durch den Saal. „Doch Vater, das weiß ich!“ entgegnete Landor unbeirrt. „Vor zwei Götterläufen etwa, entschied die Signoria über die Vergabe von Bauaufträgen für neue Hafenanlagen. An wen gingen die Aufträge? Sie gingen an extern!“ er stieß mit dem Zeigefinger gen Aliena „Und was habt ihr getan!? Ihr habt die externen Auftragnehmer ausgesucht!“ ein Raunen ging durch die Reihen. „Aber...“ Aliena di Taresellio machte gerade keine besonders gute Figur, ihr fehlten schlichtweg die Worte und auch die Argumente. „Und das war kein Einzelfall!“ setzte Landor nach, blieb aber weitere konkrete Beispiele schuldig. Das war jedoch auch nicht nötig, der Tumult unter den Mitgliedern der Zunft war bereits jetzt groß genug und die Stimmung war der derzeitigen Patronin nicht mehr wohlgesonnen. Aliena kochte sichtlich vor Wut, ein Anblick der Lucrezia allein schon großes Vergnügen bereitete.
Landor setzte wieder an, nun mit weiter erhobener Stimme, um das Stimmenwirrwarr zu übertönen. „Ich schlage stattdessen Adamante ya Scalior vor, der in den letzten Jahren der Zunft als Schatzmeister gute Dienste geleistet hat.“ Nun deutete sein Zeigefinger auf Adamante, der verblüfft dreinschaute. Nun zahlte sich definitiv aus, dass Lucrezia ihren Vater im Dunkeln gelassen hatte. Die Blicke sämtlicher Anwesenden ruhten auf ihm und er hätte die Überraschung nicht glaubwürdig zur Schau tragen können, wäre er eingeweiht gewesen. Das schien auch Aliena aufzugehen, denn diese sah sich nun rasch um, wieder ihre Contenance zurückgewinnend. Ihre Blicke trafen Lucrezias und Erkenntnis blitzte in ihren Augen auf. „Wir werden wohl keine Freunde mehr“ dachte sich Lucrezia „viel Feind viel Ehr...“ und lächelte die ältere Frau mit einem angedeuteten Nicken an. Deren Augen verengten sich kurz und sie nickte kurz zurück. Aliena di Taresellio räusperte sich kurz, dann durchschnitt ihre Stimme den Tumult „Silentium!“ sie klatschte in die Hände. „Ich rufe die ehrenwerten Mitglieder der Steinzunft zur Ruhe!“ Die Stimmen verebbten langsam. Die Patronin hub wieder an „Dann kommt es nun zu einer Stichwahl, Adamante ya Scalior gegen mich, Aliena dell'Arbiato.“ Lucrezia mußte der Frau nun Respekt zollen – sie hatte sich wieder hervorragend im Griff und leitete die Sitzung mit emotionsloser Professionalität weiter. Adamante erhob sich nun und blickte genauso wie Aliena die verbleibenden vier Ratsmitglieder an. „Beginnen wir mit dem Gegenkandidaten, Meister ya Scalior.“ Elaria Nerolis Hand ging als erstes in die Höhe, begleitet von einem deutlichen „Pro“. Curon Frappantes Blick glitt kurz mit einem respektvollen Blick zu Lucrezia, dann hob auch er die Hand „Pro“. Daraufhin folgte Stille, Federesco Maddalari schien offensichtlich mit der Situation unzufrieden und preßte die Lippen aufeinander. Der Blick von Vittoria Triffon glitt von einem zum anderen Kandidaten, langsam hob auch sie die Hand „Pro“. Lucrezia merkte, wie sie die letzten Herzschläge die Luft angehalten hatte und atmete nun hörbar aus. Auch ihr Vater entspannte sich nun sichtbar und nickte bedächtig während er die Hand hob „Pro“. Kurz war wieder ein Anflug von Überraschung im Gesicht der nun ehemaligen Patronin zu erkennen, sie schien trotz Mißtrauensvotum immer noch erwartet zu haben, dass sie genug Stimmen bekäme.