Briefspiel:Im Land der echten Liebe/Ozeanidenpalast
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Ozeanidenpalast von Ruthor
Autor: Amarinto
Die Abendsonne legte sich sanft über die Grangorer Bucht, ihre goldenen Strahlen tanzten auf den Wellen und hüllten das Ufer in einen zauberhaften Glanz. Usanza und Tariano saßen nahe beieinander auf der Ozeanideninsel, ein wenig unterhalb des luxuriösen Hotels Dalida-Horas. Vor ihnen breiteten sich feinste ruthorer Spezialitäten aus: Käse, würzige Oliven, eine Auswahl getrockneter Früchte und geräuchertes Fleisch, begleitet von einem erlesenen Wein, dessen bernsteinfarbener Schimmer das warme Abendlicht einfing. Die Luft war erfüllt von der zarten Meeresbrise, vermischt mit den würzigen Düften des Picknicks.
Von ihrer Decke aus blickten sie auf die Ruinen des Ozeanidenpalastes, jene beeindruckenden, halb versunkenen Überreste Rhytors, der alten bosparanischen Vorgängerstadt Ruthors. Die zerfallenen Säulen ragten wie die knorrigen Finger einer uralten Riesenhand aus den sanften Wellen des Meeres. Als die Sonne tiefer sank, tauchte ihr Licht die Überreste der untergegangenen Epoche in ein warmes, fast magisches Rot-Orange. Es war, als ob die Geister längst vergangener Zeiten ein letztes Mal zum Leben erwachten, um für die Besucher einen vergessenen, vergänglichen Moment der Pracht zu inszenieren. Das Meeresrauschen klang wie eine Erinnerung an das alte Bosparanische Reich, von dem der Palast noch immer erzählte. Die eingestürzten Kuppeln und gebrochenen Statuen, von Muscheln und Seepflanzen überwuchert, schienen Geschichten von Wohlstand und Größe zu erzählen, von prunkvollen Festen und ausschweifenden Gelagen, von einem Leben, das einst in diesen Mauern pulsierte. Die Wellen schlugen sanft gegen die verbliebenen Marmorstufen, als ob sie einen uralten Rhythmus schlagen wollten, der einst Tänze und Feierlichkeiten begleitet hatte.
Tariano zog Usanza sanft näher an sich heran, und gemeinsam ließen sie die Schönheit des Augenblicks in sich wirken. Der Bosparanjer perlte in ihren Kelchen, während sie in das leise Murmeln des Meeres und das sanfte Spiel des Lichts auf den Ruinen versanken. Die vergoldeten Reflexionen auf dem Wasser ließen den Ozeanidenpalast fast wie ein Märchenschloss erscheinen – halb verborgen, halb enthüllt, mit Geheimnissen, die in der Tiefe schlummerten. Usanza sah zu Tariano und lächelte. Sie teilten einen Moment der Stille, in dem Worte nicht nötig waren – nur das Wissen, dass sie hier an einem Ort waren, an dem Geschichte und Romantik miteinander verschmolzen.
Die Farben des Sonnenuntergangs veränderten sich, und ein sanftes Purpur gesellte sich zu dem goldenen und orangefarbenen Licht, das die Ruinen umspielte. Die untergehende Sonne und die sich ausbreitende Dämmerung verliehen der Szenerie eine fast überderische Schönheit – als sei der alte Palast in ein leuchtendes Juwel verwandelt, das für wenige kostbare Augenblicke sein Innerstes offenbarte. Der Moment wirkte ewig, und doch wussten sie, dass das Licht bald schwinden und die Dunkelheit sich über den Palast legen würde, als Zeichen, dass der Tag sein Ende fand.
Usanza lehnte sich zufrieden an Tarianos Schulter, und beide genossen das Gefühl des Friedens und der Verbundenheit. Inmitten der Überreste einer untergegangenen Epoche feierten sie ihre Liebe, eine neue Hoffnung, die in diesen alten Mauern und Säulen weiterwuchs. Und während die Wellen sanft um die Ruinen spülten, schien es, als ob das alte Bosparan noch einmal für sie beide lächelte – ein stilles Einverständnis der Vergangenheit mit ihrer gemeinsamen Zukunft.