Briefspiel:Im Land der echten Liebe/Isola Mythraela

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Romantischer Ort.png Städteübergreifendes Briefspiel Romantischer Ort.png
Datiert auf: ab Ende Rahja 1045 BF Schauplatz: verschiedene Orte im Lieblichen Feld Entstehungszeitraum: ab September 2024
Protagonisten: das Paar Tariano Amado Al'Morsqueta und Usanza da Selaque von Culming, weitere entlang des Weges Autoren/Beteiligte: Haus Amarinto.png Amarinto, Familie Tuachall.png Aurelion, Wappen fehlt.png BBB, Familie Solivino.png Bella, Reichswappen.png Dajin, Wappen fehlt.png Eliane, Haus Sirensteen.png Erlan, Familie di Asuriol.png Ernie, Haus re Kust.png Gishtan re Kust, Haus Urbet.png Gonfaloniere, Haus d Illumnesto.png Illumnesto, Haus Carson.png OrsinoCarson, Familie Varducchio.png Timm, Haus Tribec.png Tribec
Zyklus: Übersicht · Aufbruch · Schreine von Kagalfax · Lichtung bei Irendor · Phecadifälle · Garlischforst · Ozeanidenpalast · Palazzo Diodato · Gasthaus Gigas · In der Zweiflinger Kapelle · Käuzchenturm von Imdallyo · Liebesgrotte bei Saliceria · Gut Fecunda · Schanzgärten in Methumis · Isola Mythraela · Kloster Sancta Ricarda


Isola Mythraela (von Gonfaloniere)

„Jetzt ist es gleich soweit.“ In der Stimme der Esquiria klang Vorfreude mit. Und obwohl sie nur einige Jahre jünger war als Usanza, schien sie dieser in diesem Moment eine im besten Sinne kindische Euphorie auszustrahlen. Erwartungsvoll lächelte sie die Almadanerin und ihren Gemahl Tariano für einen Augenblick an, bevor sie den vom nur notdürftig zurückgesteckten roten Haar eingerahmten Kopf wieder selbst zum Fenster heraus steckte. Usanza warf ihrem Gatten einen verstohlenen Blick zu, der ihre Unsicherheit ob der Situation wortlos deutlich machte. Ihr war eine traumhafte Aussicht versprochen worden – doch was, wenn diese sie enttäuschen sollte? Keinesfalls wollte sie dies dann die Esquiria spüren lassen. Nein, dafür freute die sich viel zu sehr. Und vor allem wollte sie das einer Hochschwangeren nicht antun! Tariano konnte diese Gedanken erahnen, ja geradezu spüren, und legte ihr wie zur Beruhigung seine Hände auf die ihren. Dann schien die Kutsche, in der neben den beiden Almadanern noch Fiona von Urbet, die schwangere Esquiria, und deren ebenfalls erst vor kurzem angetrauter Gemahl Odarin von Selzin saßen, die letzte Hügelkuppe vor dem See endlich erklommen zu haben. Die hoch am Himmel stehende Praiosscheibe ließ das Gewässer glitzern. Der Anblick war eines Gemäldes Golodion Seemonds würdig. Pastellfarbene Klippen rahmten die Wasserfläche an mehreren Stellen ein; dazwischen schmiegten sich pittoreske Weiler, terrassierte Landvillen und knorrige Walnusswälder ans Ufer. Von links ragte in vielleicht zwei Meilen Entfernung eine hochstrebende Landzunge in den See, gekrönt von einem Dorf oberhalb der Klippen, an dessen Spitze Usanza ein Kloster auszumachen glaubte. Zu ihren Füßen, der Serpentine folgend, die die Straße, auf der sie unterwegs waren, in weiten Schwüngen nun wieder zum See herabführte, waren hingegen die ersten Bauwerke ihres nächsten Zwischenziels, der Kleinstadt Torrini, zu sehen. „Und, habe ich euch zuviel versprochen?“, fragte die Esquiria schließlich mit einem erwartungsvollen Ausdruck. „Nein, habt ihr nicht“, gab Tariano als Erster mit einem zustimmenden Lächeln zurück, bevor er Usanza ansah. Diese kannte den Gesichtsausdruck gut. Er sollte sagen: „Du hast dir umsonst Sorgen gemacht, Liebste.“ (Sagte es aber natürlich nicht …) „Achja, da wollen wir heute übrigens genau hin“, ergänzte Fiona und wies dabei auf eine von mehreren kleinen Inseln im See. Die Isola Mythraela im Gerons-See, Standort der gleichnamigen Villa des Hauses Urbet.

Als die erste Kutsche, in der die vier Adligen saßen, und auch die zweite, aus der Fiona und Odarin erst kurz vor der letzten Hügelkuppe in die erste gewechselt waren (des sich anbahnenden Ausblicks wegen), auf dem kleinen Marktplatz Torrinis direkt am Seeufer zum Stehen kamen, sog Usanza zuallererst den frischen Geruch des Wassers ein. Eine leichte, vom See her wehende Brise verschaffte ihnen an diesem trockenen Spätsommertag Erfrischung. Der „Abstecher“ nach Torrini hatte sie mehrere Stunden durch die kurz vor der Erntesaison stehende Gerondrata gelenkt. Wie es manchmal so war, hatte eine spontane Idee zur nächsten geführt. Usanza musste unwillkürlich schmunzeln. Ihr Bruder Algerio hatte ihr in seinem letzten Brief empfohlen, den großen Rossmarkt in der Tafelbergstadt Urbet zu besuchen. Dort würde sie auf almadanische Landsleute treffen, hatte er geschrieben, weil diese überhaupt erst auf sein Anraten den weiten Weg ins zentrale Liebliche Feld aufnehmen wollten. Er selbst war zum Jahreswechsel, nach dem Drachenfeuerturnier, mit Teilen der Familia Taladur schon dort gewesen. Seine Gastgeberin damals, die bekannte Turnierstreiterin Yandriga, die ihn im Tjost besiegte, war den Almadanern in Urbet dann auch über den Weg gelaufen – und lud sie gleich ins Landgut Leucano ein, wo die Pferdezucht ihres Geschlechts, Rahjadans Herde, zuhause war. In den Gesprächen mit ihr hatte Usanza noch einige Anekdoten aus der Heimat erfahren, weil die Cavalliera einst selbst dort heimisch war, als Gattin des Junkers von Dalias im Yaquirtal nämlich. Bei Praios, ihr gehörten da sogar noch einige Dörfer, die Teil ihres Wittums waren.

Usanza und Tariano berichteten hingegen über ihre ausgedehnte Hochzeitsreise, was vor allem die sie nach Leucano begleitende Esquiria Fiona und ihren frisch angetrauten Gemahl Odarin zu interessieren schien. Usanza hatte herausgehört, dass deren Vermählung am Jahresanfang etwas überstürzt stattfand – und sich ob der fortgeschrittenen Schwangerschaft Fionas ihren Teil dazu gedacht. Am Ende bestand die kunstsinnige Esquiria darauf, sie zum Gerons-See einzuladen. Und obwohl Usanza wegen dessen Nähe zum vor einigen Jahren so schrecklich zerstörten Arivor zunächst ein mulmiges Gefühl hatte, ließ sie sich mit ihrem Gemahl schließlich umstimmen. So stand sie jetzt hier, am kleinen Hafen Torrinis, inmitten der Gerondrata, fernab des Meers … und blickte auf eine veritable Galeere, die sanft im See schaukelte … Fiona musste ihren verdutzten Blick bemerkt haben, denn sie lächelte sie verständnisvoll an: „Oh, keine Angst, mit diesem Ungetüm werden wir nicht zur Insel übersetzen. Um das zu bewegen, müssten wir die halbe Stadt anheuern. Hier finden alle Jubeljahre mal Wasserturniere statt.“ „Wasser...turniere?“ „Klingt bescheuert, ich weiß“, bediente sich die Esquiria einer saloppen Formulierung, um der Skepsis der Almadanerin zu begegnen. „Soll 'ne alte Tradition aus bosparanischer Zeit sein. Ob das stimmt, weiß ich nicht. Ist aber immerhin ein Schauspiel, das sich Menschen überall am Ufer der südlichen Seebucht angucken.“ Wie zur Erklärung wies sie dabei bis zum Dorf mit dem Kloster auf der Landzunge und auch den vorgelagerten Inseln, die wohl die Arena dieser Spektakel absteckten. „Unsere Seegefährte werden heute diese sein.“ Damit deutete sie auf einige deutlich kleinere Ruderboote, die vielleicht häufiger auch mal zum Fischen verwendet wurden, dabei aber durch ihre elegante Form und auch die hochwertige Verarbeitung auffielen. Es waren keine Gondeln, wie man sie in Grangor oder Belhanka kannte, doch diesen nachempfunden schienen sie schon zu sein.

Der rhythmische Ruderschlag war die wesentliche Geräuschkulisse, als Usanza und Tariano zur Insel übersetzten; zwei stumme Ruderer ihre einzigen Gefährten auf diesem Teil der Reise. Ihre Gastgeber waren in einem zweiten Boot unterwegs, die Überfahrt gewiss für sich als Paar ebenso genießend. Doch das war für die Almadaner in diesem Augenblick nebensächlich. Über ihnen brach allmählich der Abend an, die Dämmerung ein, als sie der Villa auf der Insel immer näher kamen. Und Usanza und Tariano schmiegten sich aneinander, lagen sich in den Armen, steckten die Köpfe zusammen, tauschten Zärtlichkeiten aus. Dieser intime Moment allein machte die lange Anfahrt zum See schon vergessen. Dann sahen sie, wie vor ihnen auf der Insel die ersten Laternen entzündet wurden. Einige Bedienstete kamen am Anleger der Villa zusammengelaufen, offensichtlich in Erwartung der eintreffenden Adligen. Ein älterer Diener gab dem Empfangskomitee wohl letzte, dezente Anweisungen. „Willkommen auf der Isola Mythraela“, klang es ihnen schließlich fast musisch entgegen.

Das Gemach, das für die Almadaner hergerichtet worden war, hatte eine eigene Terrasse am See, eingerahmt von liebevoll gepflegten Blumengestecken. Und es blickte zurück auf Torrini, die kleine Hafenstadt mit der großen Galeere, in der inzwischen viele Lichter brannten, die auf der Wasserfläche scheinbar tausendfach widergespiegelt wurden. Usanza und Tariano waren noch völlig verblüfft von der ganzen natürlichen Pracht der Seevilla, obschon sie stellenweise etwas eingestaubt war. Sie schien einen beträchtlichen Teil des Jahres einen Dornröschenschlaf zu halten, was wie eine Verschwendung erschien und sich wohl doch aus ihrem so besonderen, abgelegenen Standort erklären mochte. Die wenigen dauerhaften Bediensteten hier hatten immerhin ihr Zimmer tadellos hergerichtet. Das hochherrschaftliche Bett war frisch mit Seidenlaken bezogen und roch gar nach Rosen. In einem fein ziselierten Gefäß hatten sie Wasser bereitgestellt, mit dem sich die Gäste für den Höhepunkt des Abends erfrischen konnten. Irgendwas hatte die Esquiria noch mit ihnen vor, soviel war sicher, auch wenn sie sich keine Details dazu hatte entlocken lassen. So standen die beiden, einander umarmend, nachdem sie sich für den weiteren Abend fertig gemacht hatten, für eine Weile in der Tür zur Seeterrasse und warteten ohne jede Eile. Ein Klopfen an der anderen Tür, der zum Korridor, kündigte schließlich den finalen Akt des Tages an. „Signora, Signor, wenn ihr erlaubt, würde ich euch zur Signora Urbet führen, die euch erwartet“, sprach der Bedienstete, der geklopft hatte, nachdem sie die Tür öffneten. Nach einer formvollendeten Verbeugung wohlgemerkt. Ein kurzer Gang durch die Villa führte sie schließlich in einen größeren Terrassengarten, der wohl die halbe Insel einnahm und auf ihrer der Landzunge abgewandten Seite lag. Die darin wachsenden exotischen Pflanzen hatten sie schon bei der Überfahrt zur Insel aus der Ferne erspäht. Ihr weiterer Weg wurde von Laternen und Fackeln erleuchtet, führte an einem leise plätschernden Wasserspiel vorbei und eine Treppe zu einer höhergelegenen Terrasse hinauf – der höchstgelegenen der Insel, die einen unvergleichbaren Rundumblick über den See und seine entfernten Ufer ermöglichte. Schließlich kamen sie an einer offenen Pergola an, unter der eine Tafel aufgebaut war, die allerlei verführerische Speisen und die mutmaßlich besten Weine des südlichen Lieblichen Feldes enthielt. Ein kleinerer runder Tisch mit zwei gepolsterten Stühlen stand daneben. Und dahinter standen ihre Gastgeber, die schwangere Esquiria und ihr Gemahl. „Entschuldigt bitte, falls wir euch warten ließen“, begrüßte Fiona die beiden Almadaner, „… zumal nach einem solch langen Tag. Aber ihr habt so geschwärmt von den bisherigen Stationen eurer Reise, dass wir euch hier wenigstens einen Teil des Luxus bieten wollten, von dem wir annehmen, dass ihr ihn anderswo genießen durftet.“ Fiona konnte die sprachlosen Gesichter, die ihr entgegen blickten, offensichtlich nicht recht deuten, versuchte sich davon aber auch nicht irritieren zu lassen. „Darum haben wir auch einen Musiker aus Torrini kommen lassen, den besten, wie ich behaupten möchte …“ Ein Lautenspieler trat neben der Esquiria kurz vor und verbeugte sich. „… der an diesem Abend zu eurer Kurzweil beitragen mag. Fürderhin überlassen wir euch natürlich einige unserer Bediensteten, falls ihr noch Wünsche haben solltet.“ „Ist das hier alles nur für uns?“ Fiona nickte darauf nur. „Seid versichert, wir wissen, wie wichtig Zweisamkeit für junge Liebende ist“, kam Odarin seiner Gemahlin diesmal – im Grunde das erste Mal an diesem Tag – zuvor, die Esquiria dabei umarmend. „Das hier ist der schönste Platz auf der Insel“, ergänzte die nach einer kurzen Pause. „Wir können den aber noch häufig genug genießen. Und wir haben uns an diesem Abend unseren eigenen Rückzugsort herrichten lassen.“ Damit verbeugten sie sich vor dem almadanischen Hochzeitspaar und verabschiedeten sich für den weiteren Abend. Usanza sah ihnen noch kurz hinterher, bis sie die Treppe am Ende der Gartenterrasse herunterstiegen und aus ihrer Sicht verschwanden. Erst da fiel ihr auf, dass in der Ferne nicht nur die Lichter der Siedlungen am Seeufer leuchteten, sondern der Herr Phex darüber auch sein schönstes Sternenzelt aufgezogen zu haben schien …