Archiv:Des Kaisers Hohe Hatz (BB 45)

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Auge-grau.png Quelle: Bosparanisches Blatt Nr. 45, Seite 26
Aventurisches Datum: Spätsommer 1046 BF



Des Kaisers Hohe Hatz

Der Horas ruft zur Jagd im Bosparanischen Wald

von Shafirio ay Ankhraio


Sangreal/Aldyra. Ein überraschender Aufruf erreichte dieser Tage die Adelshöfe des Reiches. Der junge Horas, der allen Jagden abseits des Sangreal seit Jahren fernblieb, geht unter die Firunsjünger! Im kommenden Firunsmond soll die traditionell rund um Schloss Baliiri stattfindende Kaiserjagd unter seiner Führung in die Wälder zwischen Aldyra und Arivor verlegt werden. Und die Zahl der versandten Einladungen sowie die Anwesenheit des Kaisers selbst lassen bereits erahnen, dass dies eine der größten Veranstaltungen dieser Art seit Jahrzehnten werden könnte.

Seit dem Tod seines Großvaters Sirlan von Holdan 1002 BF – ausgerechnet durch einen Jagdunfall – sehnen die Firunsjünger unter den Adligen eine Neuauflage der in der frühen Regierungszeit Amenes III. zu höchster Blüte getriebenen höfischen Jagden herbei. „Er wird dem Erbe seiner Großeltern nun gerecht“, kommentierte so Baron Delgado Ardismôr, der Vorsitzende der Kaiserlich Vinsalter Hofjagdloge, begeistert die unerwartete Nachricht. Auch Gräfin Hesindiane ließ aus Bethana verlauten: „Es wird mir die größte aller Freuden sein, diesem Aufruf meines Lehnsherrn Folge zu leisten.“

Beobachter des höfischen Geschehens kommen indes nicht umhin festzustellen, dass dies zugleich auf Jahre hinaus eine der politisch bedeutsamsten Zusammenkünfte des Adels sein könnte. Die Gelegenheit gerade auch sonst entfernten Vertretern des Hochadels in recht informeller Umgebung zu begegnen, wird sich für Anwesende kaum günstiger als hier ergeben. Zumal die Jagd sich den Aufrufen zufolge über fast eine Woche erstrecken soll und gewiss von einem Rahmen an Banketten, Audienzen und generell Feierlichkeiten am Rand der Wälder begleitet wird. So schießen bereits Gerüchte ins Kraut, dass der seit dem Tod seiner Verlobten Udora Ende 1040 BF nicht mehr vergebene Kaiser sich selbst bei dieser Gelegenheit eine Gemahlin erwählen will.

Um vor dem Auge des Horas zu brillieren, kündigten lokale Machthaber zwischen Phecadien und dem Wilden Süden in aller Eile bereits diverse spontan anberaumte Jagden an. Das Üben der eigenen Fertigkeiten mit dem Bogen, der Armbrust, der Balestra und dem Sauspieß hat Hochkonjunktur. Selbst Astrologen werden bereits konsultiert, um zu ergründen an welchem der Tage der Jagd ihren Dienstherrn oder Kunden die Sterne – oder die erwartete Volle Mada – besonders günstig stehen.

Darüber hinaus kursieren Mutmaßungen zum angekündigten Ortswechsel der Jagd – und den eigentlichen Motiven des Kaisers, die dahinter stehen sollen. Dass er mit dem Wirken des brüskierten Grafen von Baliiri höchst unzufrieden sei, ist eine simpel gestrickte Theorie; dass es ihm im Rahmen der wohl südwärts führenden Jagd um eine Spurensuche zu den Hintergründen des verheerenden Sternenfalls von Arivor gehe, eine ausgreifendere, doch eher abwegig erscheinende Vermutung.

Unter Firunsjüngern verfängt die Idee, dass der junge Horas tatsächlich die Jagd auf ein besonderes Wild zum Ziel hat: den Biancervo, den Weißen Hirsch, der im Alten Bosparan – wie der Wald südlich von Aldyra auch genannt wird – bereits den siebten Sommer in Folge zwar immer wieder gesichtet wird, bislang aber jedem Jagdversuch entkommt. Das Auftreten des Biancervo, von dem es über die vergangenen Jahrhunderte im Alten Bosparan wohl immer wieder welche gab, gilt manchen gar als Zeichen, dessen exakte Bedeutung sich erst noch zeigen muss.

Armin Bundt