Briefspiel:Fest der Freundschaft/Erwachen I
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Erwachen I
Autoren: Bella, Nebelzweig
Rahjalin Legari
Die Sonne weckte Rahjalin Legari. Sie schien durch das Fenster auf sein Gesicht, zog in sanft aber unnachgiebig aus Borons Armen. Mit dem Erwachen kamen die Kopfschmerzen.
Rahjalin seufzte leise, hielt die Augen aber geschlossen. Ich weiß nicht, wie du so nachlässig sein konntest, Herrin, dachte er, aber irgendjemand hat euch ein Schnippchen geschlagen als ihr den Wein erfunden habt. Kater macht nämlich wirklich keinen Spaß.
Erst jetzt fiel im auf das sein Kopf an einer Schulter ruhte. Moment, er erinnerte sich zwar nicht so genau an gestern Abend, aber er war sich ziemlich sicher dass er nicht... Misstrauisch öffnete er die Augen. Ja er hatte recht gehabt. Neben ihm im Bett lag ein Mann.
Sein Gesicht war in Richtung Wand gedreht, so das Rahjalin es nicht sehen konnte, dafür hatte er einen guten Blick auf rabenschwarze Locken und noch ein Detail fiel ihm auf. Sie beide waren anscheinend vollbekleidet. So weit so gut.
Rahjalin bewegte sich vorsichtig, um den Schläfer nicht zu wecken während er aufstand, aber entweder hatte der andere einen sehr leisen Schlaf oder er hatte ihn aus Versehen angestoßen. Jedenfalls stieß der Schwarzhaarige einen unwilligen Laut aus, rollte sich herum und hielt seine Hand über seine Augen, um sie vor dem Sonnenlicht zu schützen. Rahjalin musste lächeln. Der andere war augenscheinlich noch schlimmer verkatert als er selbst und schaffte es gleichzeitig wie eine Khabla Ikone auszusehen. Der Tag fing schonmal gut an.
"Rahja zum Gruße “, sagte er so freundlich, wie es im trotz seines rebellierenden Magens und der Kopfschmerzen möglich war. "Rahja zum Gruße“, murmelte der andere, nahm die Hand von den Augen und setzte sich auf. Dann hielt er kurz inne, wahrscheinlich um das Ende eines Schwindelanfalls abzuwarten. "Was hältst du von Frühstück?“ , wagte Rahjalin einen zweiten Vorstoß, vor allem, um kein allzu peinliches Schweigen aufkommen zu lassen. "Sie haben hier ein paar ziemlich gute Hausmittel gegen Kater.“ Der Schwarzhaarige schenkte ihm ein Lächeln. "Klingt nach einer guten Idee.“
Rahjalin Solivino
Sehr verschwommen kam langsam die Erinnerung an das gestrige, rauschende Fest zurück. Rahjalin Solivino musste über seine eigene Maßlosigkeit lächeln. Diesmal hatte er sich beim Wein wirklich übernommen. Das hatte er jetzt davon: Einen schlimmen Kater. Er lächelte seinen Zimmergenossen an. Der wirkte auch nicht mehr so sicher auf den Beinen.
„Wie ist eigentlich Euer Name?“, fragte er auf dem Weg zum Frühstück. „Rahjalin Legari. Und Euer?“ Rahjalin musste überrascht lachen. „Rahjalin Solivino.“ Nun fing auch der andere an zu kichern und schließlich mussten sie so heftig lachen, dass sie sich aneinander abstützten. Ein anderer Gast, der gähnend aus seinem Zimmer trat, starrte sie überrascht an. „Na, das ist ja mal eine Geschichte.“, meinte Rahjalin Solivino schließlich nach Luft schnappend. „Die wird uns zu Hause keiner glauben.“, ergänzte der andere. Sie begaben sich in den Speisesaal und setzten sich zum Frühstück.
Doch nun war das – schon die ganze Zeit sehr dünne – Eis gebrochen.
„Wo kommt Ihr her?“, fragte Rahjalin Legari sein Gegenüber. Dieser betrachtete gerade bedauernd eine Karaffe Wein, schüttelte dann aber den Kopf. „Aus Urbasi. Und Ihr?“
„Ich bin aus Efferdas angereist.“ Sie aßen kurz schweigend. Rahjalin Solivino probierte einen Schluck der hausgemachten Anti-Kater-Mittels, das in einem Tee beigemischt war. Es schmeckte gut und sehr würzig, wahrscheinlich kamen die Teeblätter direkt von den Südmeerkolonien.
„Ihr seid auch ein Geweihter der Rahja, oder? Man sieht es an Eurem Gewand.“, vermutete er, nachdem er den anderen gemustert hatte.
„Ja. Ich bin Priester im Tempel der blühenden Nacht. Dort sind sogar einige von meine Kunstwerken ausgestellt.“, erzählte dieser nicht ohne Stolz. Auch er hatte sich etwas von dem aromatischen Tee eingeschenkt. „Ich bin nämlich leidenschaftlicher Maler. Wollt Ihr mir etwas von Eurem alltäglichen Leben erzählen?“
„Gerne.“ Rahjalin überlegte kurz. „Als Tempelvorsteher hat man viele Pflichten, denen muss ich nachgehen.“ Er lächelte wehmütig. „Ich hätte gerne etwas mehr Freizeit. Zum Glück bin ich nicht mehr Familienpatriarch, das hat mein Bruder Rahdrigo für mich übernommen. Und wie ergeht es Euch und Eurer Familie?“
Rahjalin Legari sah plötzlich etwas betrübt aus. Er stellte seine Tasse zur Seite. „Ach, es gibt in meiner Familie einen Streit zwischen Rahjatreuen und Perainetreuen. Ich wollte Familienpatriarch werden, doch mein Bruder hat den Machtkampf gewonnen.“
„Oh je, das klingt ja unerfreulich. Ich hoffe, Ihr söhnt Euch bald wieder mit Eurem Bruder aus. Und bitte nehmt es nicht so schwer, dass ihr nicht Familienpatriarch seid. Ich wäre froh an Eurer Stelle. So habt Ihr mehr Zeit, Euch Eurer Kunst zu widmen.“
„Vielleicht habt Ihr Recht...“
Obwohl sie sich erst seit dem Morgen kannten, plauderten sie noch das ganze Frühstück erstaunlich offen über dies und das, während sie ab und zu einen Schluck der Anti-Kater-Mischung tranken. Schließlich hatten sie fertig gegessen. „Was habt Ihr heute noch vor?“, fragte Rahjalin Solivino.
„Feiern natürlich!“, antwortete Rahjalin Legari sofort. „Es ist ja noch immer das Fest der Freuden.“ Rahjalin Solivino nickte, als er von draußen das Gelächter einer Gruppe hörte, die anscheinend die ganze Nacht durchgefeiert hatte.
„Ihr habt Recht. Und so schlimm ist der Kater nun auch wieder nicht.“ Er machte eine Pause. „Wäre es Euch recht, wenn ich Euch begleiten würde?“
„Natürlich. Ihr seid eine sehr angenehme Gesellschaft.“, meinte Rahjalin Legari augenzwinkernd. Dann begaben sich die beiden Geweihten ausgelassen lachend, Arm in Arm wieder zurück in das bunte Treiben der Straße. Wie durch ein Wunder tat das Hausmittel seine Wirkung und schon bald war der Kater vergessen.