Briefspiel:Letzte Getreue
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Die vorliegende Briefspiel-Geschichte Letzte Getreue wirft zunächst einen Blick in die Vergangenheit während der innerurbasischen Kämpfe nach dem Tod des Fürsten Traviano von Urbet-Marvinko und schweift dann zu einem geheimen Treffen der verbliebenen Anhänger des Tyrannen im Jahr 1033 BF an dessen letzter Ruhestätte.
Morgen des 8. Praios 1029 BF in Urbasi
„Zurück! Wir ziehen uns zurück! In die Gewölbe!“, rief Tarquinio della Pena noch einmal, ehe er von einem weiteren Söldner attackiert wurde. Zwei Mal hob er sein Schwert um die kraftvollen Hiebe seines Gegners an seinen Seiten zu parieren, ehe er sich unter dem dritten Schlag weg duckte und einen Schritt zur Seite machte. Das fehlende Gleichgewicht ausnutzend schwang er seine Waffe um sie mit voller Wucht in den ungeschützten Rücken zu rammen. Der Feind ließ sein Schwert fallen, taumelte einen Schritt vorwärts und fiel zu Boden als Tarquinio sein Schwert aus dem Torso heraus zog.
Auf dem Hof waren die fürstlichen Soldaten auf dem Rückzug. Sie bewegten sich hinüber zu jenem Turm in dessen Kellern die Fluchttunnel auf sie warteten um sich in den Palazzo Casciano, die letzte Bastion der Familie Urbet-Marvinko in der Stadt, zurückzuziehen. Einige von ihnen hatten dabei ihre militärische Disziplin verloren und rannten panisch, Tarquinio konnte es ihnen kaum verdenken. Die Übermacht der Feinde war erdrückend und nach dem Tod des Fürsten Traviano gab es wenig Hoffnung auf Hilfe. Der Fürst war tot, das Fürstentum Urbasi, eine ambitionierte Idee zur Einigung des Sikramtals, war gescheitert.
Er schüttelte den Kopf. So groß seine eigene Verzweiflung war in Anbetracht des Todes seines Bruders, von dem er seit Monden nichts mehr gehört hatte, und dem hinterhältigen Meuchelmord am Fürsten, er musste seinen Männern und Frauen beistehen, durfte sich nichts anmerken lassen.
Sein Blick wandte sich wieder dem Schlachtfeld zu. Einige Schritt von ihm kämpfte Gilia de Falcona. Ihre schwarzen Locken flogen wild durch die Luft während sie vom auf sie einschlagenden Feind zu schnellen Paraden gezwungen wurde. Eine hammerschwingende Hünin aus dem Regiment der Feinde hielt auf die Duellanten zu, bereit in den Kampf einzugreifen und ihn zugunsten der Verräter zu beenden. Tarquinio entschloss sich zur Hilfe zu eilen und hob sein blutverschmiertes Schwert.
Die Schwarzgelockte ließ beim nächsten Hieb des Angreifers ihren linken Fuß zurückschnellen um mit diesem die Wucht der Attacke abzufangen und ihn mit ihrer Waffe zu binden. Es klirrte laut als sich ihre Schwerter kreuzten und sie sich für einen Augenblick mit Verachtung in die Augen schauten. Er erhöhte den Druck auf sie und mit einem grimmigen Gesicht ging sie langsam tiefer in die Knie, ihre Oberschenkel mussten brennen.
Dann aber drehte sie ihre Füße und ließ seine Waffe an der ihren hinuntergleiten. Mit diesem plötzlichen Nachgeben hatte ihr Gegner nicht gerechnet und stolperte nach vorne. Es gelang ihm mit etwas Mühe sein Gleichgewicht wieder zu finden, doch es sollte ihm nichts nützen. In diesem Moment schnitt sich ihr Schwert in seine Schulter und von dort nach oben ziehend über seinen Kopf. Mit einem Schmerzensschrei fiel er zu Boden und versuchte mit einer Hand seine blutende Wunde am Scheitel zu stillen.
Tarquinio freute sich nicht über diesen Treffer, denn er sah wie die Hünin hinzugeeilt war und zu einem furchteinflössenden Wuchtschlag ausholte. Mit lautem Knacken zerbarsten die Knochen im Bein und die Schwarzgelockte wurde zu Boden geschleudert.
Breitbeinig stellte sich die Hünin über sie, setzte einen Fuß auf den gebrochenen Oberschenkel und ließ Gilia damit laut aufheulen, während sie zu einem neuen Schlag ausholte. Nun wurde sie Tarquinio gewiss, an dessem Kopf eben ein Armbrustbolzen um Haaresbreite vorbei geflogen war. Sie stieg über die besiegte Gegnerin und ließ ihren Hammer über dem Kopf schwingen, ehe sie ihn niederfallen ließ um ihm das Haupt zu spalten. Er warf sich zur Seite und rollte etwas über dem Boden, der Sand auf den steinernen Platten machten es etwas schwer aufzustehen, doch rechtzeitig um ihrem nächsten Angriff auszuweichen, war er wieder auf den Beinen.
Diesmal konnte er sich auf den Beinen halten und nutzte den Augenblick den die Hünin brauchte um ihren schweren Hammer von den nun zerschlagenen Steinplatten zu heben. Er griff sie an, duckte sich unter einer verzweifelnden Attacke von ihr durch und hieb ihr sein Schwert mit Kraft in den Magen. Mit einem Röcheln fiel der Hammer zu Boden und sie auf die Knie.
„Comto Tarquinio, wir müssen fliehen! Sie haben die Tunnel beinahe erreicht“, rief ein Armbrustier hinüber zum Connetabel des nun untergegangenen Fürstentums.
Er zog sein Schwert aus dem Leib der Hünin und eilte zu Gilia de Falcona, deren Bein abscheulich verdreht da lag. „Gütige Mutter Peraine!“, murmelte er und beugte sich hinunter.
Sie öffnete schwach die Augen. „Geht, die Schlacht ist verloren. Rettet euer Leben“, sprach sie mit schwacher Stimme und verzog ihr Gesicht vor Schmerz als er sie schweigend hinaufzog und auf seine Schultern legte.
Der Armbrustier gab ihnen Deckung, während Tarquinio sie hinüber zu dem Turm trug und in dessen Kellern die Tunnel betrat um zu fliehen. Diese Schlacht war verloren.
1. Rondra 1033 BF im Palazzo Casciano
Um einen steinernen Sarkophag herum standen fünf in schwarze und graue Umhänge gewandete Gestalten, deren Gesichter, die zudem noch von Kapuzen zur Hälfte bedeckt wurden, von den schwach leuchtenden Kerzen nur spärlich beleuchtet wurden.
„Vielleicht hat sie uns verraten?“, bekundete einer der Vermummten seine Ungeduld und erntete bei den anderen nichts weiter als Kopfschütteln.
„Ich kann mir niemand vorstellen der unserer Sache treuer ergeben sein wird als sie,“ gebot ein Mann, dessen blondes Haar an der Stirn unter der Kapuze hervor lugte. Kaum hatte er dies gesagt, hörten sie leise Schritte von der Treppe und sahen eine weitere Gestalt, welche die Stufen zu ihnen hinunter schritt. In ihrer rechten Hand stützte sie sich auf einen schwarzen Gehstock, der ihr gleichseitiges Bein entlastete.
„Verzeiht“, erklärte sie, „doch ich bin nicht mehr so schnell wie früher.“ Sie schritt unter der an der Decke hängenden Rose hinüber zu dem letzten freien Platz am Sarkophag, direkt neben dem blonden Mann, der nun das Wort ergriff.
„Gut. Wir sind vollzählig. Ein jeder hat Wort gehalten“, sein Blick schweifte in die Runde, „ganz wie ich es bei allen vermutet hatte. Sonst hätte ich mich nicht an euch gewandt.“
„Menschen edler Gesinnung sind selten geworden. “, ergänzte ein anderer und legte seine Hände auf den steinernen Sarkophag. „Verräter und Meuchler sind an der Macht, sie legen ihre namenlose Saat in die Geister der Menschen und verwirren die wenig Verbliebenen mit aufrechter Haltung.“
„Wollen wir hoffen dass mit dem Aufstieg des Salsavûr zum Gonfaloniere der Höhepunkt des Wirkens der Fürstenmörder erreicht ist“, zischte die zuletzt Hinzugetretene.
Der Blonde nickte. „Um dies zu erreichen sind wir hier zusammen gekommen. Und die Ereignisse in Marudret lassen uns hoffen, dass es so ist. Doch wir dürfen nicht vergessen um was es geht. Was nützt es uns das wahre Erbe des Fürsten zu sichern, wenn es keine Grundlage mehr für ein Fürstentum Urbasi gibt?“
„Ihr habt Recht, wir müssen die fürstliche Gemeinde schwächen und dürfen doch nicht vergessen dass ihre Feinde doch nicht unsere Freunde sind“, bestätigte ihm ein Mann mit rauher Stimme.
„Doch können wir Niederlagen nutzen um Unruhe zu säen in Signoria und Volk. Das erwachsende Misstrauen soll der Nährboden für die praiosgefällige Gerechtigkeit sein, damit wir die Fürstenmörder ihrer rechtmäßigen Strafe zuführen können“, eiferte der Blonde.
„So sei es“, stimmten ihm die anderen zu.
„Wie soll nun in der Sache Marudret verfahren werden?“, fragte seine Nachbarin nun und das Gespräch wurde konkreter.