Briefspiel:Schwer wie Blei
Beteiligte (irdisch) |
Burg Banquirfels, am 2. Travia 1033 BF
Die Tür war zugefallen und nur noch Amaldo und sein Sekretär blieben im durch zwei Kerzen nur spärlich erleuchteten Turmzimmer zurück. "Eine schwere Entscheidung, aber wir haben keine Wahl." brummte Amaldo. Bal stand nur bleich und steif an seinem Pult. Amaldo erhob sich und begann auf dem Teppich auf und ab zu laufen. Wie immer, wenn es darum ging, Briefe zu diktieren, und so machte Bal sich bereit. Amaldo begann: "Wir müssen nun unsere Entscheidung publik machen. Drei Briefe müssten ausreichen. Zuerst an die Hausherrin in Shenilo. Wir schreiben ihr, dass wir..." Amaldo hielt inne. Dann drehte er sich ruckartig zu Bal um, der erschrak und fuhr fort "dass ich – erwähne nur mich, kein Grund, die anderen zu belasten – dass ich mich dazu gezwungen sehe, in Anbetracht der Sicherung des Friedens in der Ponterra, solche Maßnahmen zu ergreifen. Genaueres lassen wir weg, vielleicht kommt sie dann selbst her und wir können sie... überzeugen." Bal hatte seine Notizen beendet, da machte Amaldo schon weiter: "Der zweite Brief geht an den Dorén, um ihm über die Neuigkeiten in Kenntnis zu setzen. Keine Beweggründe, kein Hinweis, ob wir nun auf seiner Seite sind oder nur für uns selbst streiten. Lassen wir ihn im Dunklen." Bal kritzelte eifrig in seinen Notizblock. "Ein paar mehr Höflichkeitsfloskeln als üblich wären nicht schlecht" merkte Amaldo noch an "Grüße an die Frau Gemahlin, möge Hesinde die Bücherwürmer von euch fernhalten und Aves die Vögel auf das Dach eures Nachbarn scheißen lassen und solches Geschwafel, lass dir was einfallen. Das wäre dann alles." Er näherte sich der Tür. "Ihr erwähntet einen dritten Brief, an wen ist der gerichtet, an den Despoten?" rief ihm Bal hinterher. "Nein, der wird´s auch so erfahren. Den letzten Brief schreibe ich selbst, Bal, auch wenn die Feder schwer wie Blei wiegt." entgegnete Amaldo und machte sich auf den Weg in sein Arbeitszimmer.
Ehrenwerter Signor Marino,
wenn ihr diese Zeilen lest, wird es bereits zu spät sein, mich von den Absichten, die ich Euch sodann in diesem Briefe mitteile, abzuhalten. Die Taten eures Bruders sind es, die mich so solch einem Schritt drängen. Jüngste Handlungen Ludovigos lassen mich schon seit geraumer Zeit an seinen guten Absichten mehr als nur zweifeln. Er und seinesgleichen überziehen unsere Heimat mit Krieg, der sich unseren Möglichkeiten, ihn einzudämmen immer weiter entzieht. Seinen Sohn hat er zum Despoten ausrufen lassen, und das wahrhaft erschreckende ist die Blindheit, mit der ihm sein Gefolge dabei applaudiert, die Geschichte des Fürsten von Urbasi zu wiederholen. Weiterhin hat er mit der Cavalliera Desaya eine rechtschaffene Reckin und gute Freundin zu Boron gesandt. Dies alles hat mich davon überzeugt, dass die Götter sich von ihm abgewandt haben. Daher habe ich entschieden, nicht länger an der Seite des selbsternannten Despoten zu streiten. Jeglichen Waffenknechten, die sein Banner führen, das auch das Eure ist, wird ab dem heutigen Tage die Passage über den Banquir verwehrt. Kein Sohn und keine Tochter Arins werden die Waffen für ihn erheben, sehr wohl aber gegen ihn, sollte ihm nach Feindschaft gelüsten. Weiterhin werde ich nach Wegen suchen, seiner Herrschaft ein Ende zu bereiten und die Gesellschaft derer suchen, die das selbe Ziel im Sinne haben. In der vergangenen Dekade schätzte ich euere Familie als treuste, beste Verbündete meiner eigenen, die zusammen standen gegen die Gier aus Pertakis und Hinterlist in Shenilo. So wie ihr uns in schweren Zeiten beistandet, müssen auch wir unseren Freunden beistehen. Ich kann nicht länger mit ansehen, wie ein einzelner von den Göttern verlassener sie in den sicheren Untergang führt und dabei womöglich die ganze Heimat mit in den Abgrund reißt. Einem Kapitän, der unbeirrt auf die nächsten Klippen zusteuert, muss das Steuer entrissen werden! Widerwillig ergreife ich diese Maßnahmen, dennoch sind sie gleichsam meine Bündnispflicht. Ich wende mich hiermit nicht nur gegen das Haupt eures Hauses, sondern auch auch gegen das meinige. Ich versichere Euch, darauf vorbereitet zu sein, jegliche Schwierigkeiten, die von ihr ausgehen könnten, schnell und ohne Überbleibsel aus dem Weg räumen zu können und ich wünschte, ich hätte dieselben Mittel gegen Ludovigo zur Verfügung, um uns allen mehr Leid zu ersparen. Mit diesem Brief künde ich von meiner Hoffnung, ihr möget dereinst, wenn all dies vorüber ist, mir meine Handlungen vergeben und verstehen, was mich zu solch ungewöhnlichen Schritten trieb, sowie der Hoffnung, Praios möge mir diese Tsagefällige Auslegung von Treue ebenso vergeben. Die Götter mit Euch, mit uns allen,
Amaldo di Matienna