Briefspiel:Plötzlich Delegierte/In der Villa Ricarda I

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Stadt Urbasi.png Briefspiel in Urbasi Stadt Urbasi.png
Datiert auf: Frühjahr 1046 BF Schauplatz: Urbasi, Cassiena, Vinsalt Entstehungszeitraum: Sommer 2025
Protagonisten: Rahjada, Traviane und Rahjalin Solivino, Auricanius von Urbet u.w. Autoren/Beteiligte: Familie Solivino.png Bella, Haus Urbet.png Gonfaloniere
Zyklus: Übersicht · Rahjadas Brief · Besuch im Tempel · Von einem Monsignore zum anderen · In der Villa Ricarda I · II · III · IV · V · Auricanius' Einladung · Treffen in Vinsalt I · II · III · IV · V · VI


Empfängt Rahjalin in der Villa Ricarda: Aurelia Solivino

In der Villa Ricarda - Teil I: Cousine Aurelia

So kam es, dass Rahjalin drei Tage später nicht umsonst wartete. Er war bereits in den frühen Morgenstunden von Urbasi aus aufgebrochen, als der Himmel noch rosa schimmerte, wie es der Liebreizenden gefiel. Die Kutschfahrt verging wie im Fluge, denn er war beschäftigt, die vertraute Aussicht zu genießen. Wie oft er diesen Weg schon entlanggefahren war! Er erreichte die Villa Ricarda mit einem leicht stechenden Gefühl der Nostalgie und einem süßen Nachgeschmack von Kindheitserinnerungen.
„Rahjalin! Wie schön, dass du vorbeikommst. Argelion besucht heute jemanden im Dorf und so bin ich zumindest nicht ganz alleine heute“, begrüßte ihn seine Cousine Aurelia strahlend am Gartentor. Er strahlte zurück und umarmte sie. „Rahja zum Gruße, liebste Cousine.“
Sie hakte sich bei ihm unter und führte ihn durch den Garten zur Veranda, wo bereits ein kleines Frühstück bereitstand. „Ich dachte, du bringst noch jemanden mit, deinen praiosgeweihten Freund?“
Auricanius von Urbet ist nicht mein Freund.“ Rahjalin kicherte. „Nicht auf diese Art, eigentlich kenne ich ihn nicht einmal sehr gut. Er wird später eintreffen.“
Aurelia musste ebenfalls kichern. „Oh Verzeihung, das konnte ich ja nicht ahnen.“ Ihr Grinsen war in keinster Weise entschuldigend. Sie setzten sich und erst als Rahjalin etwas von dem gesüßten Rosinenbrot nahm, merkte er wieder, dass er noch nichts gefrühstückt hatte.
„Jetzt wo du da bist – warte kurz!“
Aurelia sprang auf und rannte davon in die Villa.
Rahjalin sah seiner jüngeren Cousine lächelnd nach. Der morgendliche Wind frischte auf und blies ihm das Haar aus dem Gesicht, raschelte in den frischen grünen Blättern, in der blühenden Blumenwiese. Die Sinneseindrücke versetzten ihn in eine Zeit zurück, in der er als Ältester einer Horde Kinder mit seinen Geschwistern, Cousinen und Cousins durch diesen Garten und die Ländereien drum herum getobt war, während die Erwachsenen auf dieser Veranda gesessen, Wein getrunken und geredet hatten. Aurelia war die zweitjüngste gewesen und hatte sich am ehesten ihre Kindheit erhalten. Sie machte vor allem, was ihr Spaß bereitete und ließ sich in die Gestaltung ihres Lebens nicht reinreden. Während viele aus der Familie das als Problem sahen, betrachtete er es als eine Form, Rahja zu huldigen.
Die knarzende Holztreppe kündigte ihre Rückkehr an. Mit zwei Leinwänden unter dem Arm setzte sie sich neben ihn. „Was hältst du von den beiden hier?“
Das erste zeigte einen Wald und beeindruckte besonders durch sein Spiel mit Licht und Schatten, während das zweite einen romantischen Sonnenuntergang über einer Landschaft aus Weinbergen darstellte. Rahjalin ließ das angebissene Rosinenbrot sinken. „Sie sind atemberaubend. Du solltest dein Talent irgendwie verbreiten, deine Kunst bekannt machen!“
„Danke!“ Sie errötete. „Ach, ich weiß nicht, so gut sind sie nun auch wieder nicht.“
Seufzend schüttelte er den Kopf. „Das sind sie, glaub mir. Lass mich wenigstens das mit dem Sonnenuntergang über den Weinbergen in meinem Tempel aufhängen! Du musst es nur noch signieren.“
„Wirklich?“ Aurelia strahlte wieder, zauberte einen Kohlestift hervor und schrieb kunstvoll ihr Namenskürzel in die untere Ecke des Gemäldes. „Bitte sehr.“
„Danke, es passt einfach perfekt zu den Weindekorationen.“ Eine Weile lächelten beide zufrieden, während er das Rosinenbrötchen verzehrte.
„Gibt es eigentlich einen besonderen Grund, warum du diesen Praiosgeweihten hierher eingeladen hast?“, erkundigte sich Aurelia neugierig. „Wenn es nicht der Grund ist, den ich ursprünglich annahm …“, neckte sie ihn.
Er quittierte das bloß mit einem vielsagenden Lächeln. „Naja, du wirst noch nichts davon wissen, aber meine Tochter sitzt seit kurzem im Kronkonvent, und zwar als Vertreterin dieses Praiosgeweihten, der gleichzeitig Baron von Cindano ist.“
„Rahjella sitzt im Kronkonvent?!“
„Sie heißt Rahjada.“
„Mein ich doch. Ich freue mich so für sie, sie war so ein liebes Kind und wie ich gehört habe eine famose Studentin!“
„Ja, das war sie. Ebenso eine unvergleichliche Lehrerin, wie ich von Traviane hörte, und eine qualifizierte Delegierte, wie ich von Auricanius erfuhr.“ Doch Rahjalins Lächeln wirkte getrübt, er starrte mit leerem Blick an Aurelia vorbei.
„Oh je, das tut mir Leid.“ Betroffen nahm sie seine Hand. Er blinzelte, überrascht, wie schnell sie seinen Gefühlszustand durchschaut hatte. War es derart offensichtlich? Anscheinend.
„Danke, du brauchst dich nicht zu entschuldigen, nichts davon ist deine Schuld.“ ‚Sondern ganz allein meine‘, fügte er in Gedanken hinzu. Er legte beruhigend seine Hand auf ihre.
„Ach was, rede mal mit ihr, vielleicht ist es gar nicht so schlimm, wie du denkst. Bestimmt kann sie dir verzeihen.“ Sie sagte es mit so viel Zuversicht, dass Rahjalin gar nicht anders konnte, als ein bisschen Hoffnung zu schöpfen.
„Bist du sicher?“
„Ich wäre auch ziemlich lange wütend an ihrer Stelle. Aber wenn jemand mit ehrlicher Reue zu mir kommt, kann ich nicht anders, als irgendwann nachzugeben und die Entschuldigung anzunehmen und ich glaube nicht, dass es bei dir so viel anders ist.“
„Das stimmt …“
„Na also. Warum sollten wir dann annehmen, dass es bei ihr anders ist?“
Darüber würde er eine Weile nachdenken müssen. Seine Cousine verabschiedete sich bald darauf, um den Koch anzuweisen, zum Mittagessen etwas besonders Feierliches zu kochen und um ihr nächstes Kunstwerk anzufangen.