Briefspiel:Königsturnier/Erste Schritte

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Horasturnier.png Geschichten am Rande des Königsturniers Horasturnier.png
Datiert auf: 21. Rahja 1038 BF Schauplatz: Schwerterfeld zu Arivor Entstehungszeitraum: Herbst 2015
Protagonisten: Calvert, Lorian und Timor di Salsavûr sowie weitere Autoren/Beteiligte: Haus di Salsavur.png Rondrastein, Familie ya Malachis.pngCassian


Die folgenden Begebenheiten ereignen sich am Rande des Königsturniers im Rahja 1038 BF.

Frühe Morgenstunden

Die ersten Sonnenstrahlen waren erst am Horizont zu sehen und im Lager herrschte schon ein reges Treiben - Bedienstete, die umherliefen, um Mahlzeiten für die hohen Herrschaften, die es sich nicht hatten nehmen lassen während des Turniers in ihrem Zelt zu nächtigen, zu organisieren, Knechte, die die Streit- und Reitrösser versorgten und die Hinterlassenschaften derselben wegschafften und auch der ein oder andere hohe Herr oder hohe Dame, die jetzt erst von einer durchzechten Nacht zurückkehrte.
Auch bei den Zelten des Hauses di Salsavûr waren schon zahlreiche Personen zu Gange. Ein groß gewachsener, grob aussehender Mann versorgte mit einem Mädchen und einem Jungen gerade die Pferde, die am nächsten zum größten Zelt standen. Auch für einen Unerfahrenen war zu erkennen, dass es sich dabei um edle Tiere zu handeln schien, trugen sie doch alle das gleiche Brandzeichen und der Körperbau legte nahe, dass es sich wohl um Streitrösser handelte.
Die beiden Jungspunde beseitigen gerade die Pferdeäpfel, während der Mann die Rösser striegelte und derweil ruhig mit ihnen sprach.
„Pira, Fusco,beeilt euch und besorgt den Pferden ihr Futter, die werden schon unruhig.“ Jago, der grobschlächtige Mann, sprach ebenso rau, wie er aussah. „Und macht einen Bogen um Bal, den füttere ich selbst, sonst beißt er euch noch den Kopf ab.“ Sein Grinsen entblößte ein schlecht gepflegtes Gebiss, in dem schon einige Zähne fehlten oder nur noch zum Teil vorhanden waren.
Die beiden Jugendlichen beeilten sich mit ihrer Arbeit und verschwanden dann flink, um das Frühstück für die Rösser zu holen, während Jago sich wieder deren Fell zu wand und weiter mit ihnen sprach.

So früh wie heute hatte Calverts Tag selten begonnen. Gut, er war nicht wirklich ein Langschläfer, aber vor den Hühnern stand er für gewöhnlich dann doch nicht auf. Heute allerdings hatte ihn Felio, der Bursche von Alexandrian, vor Sonnenaufgang geweckt.
So fühlte er sich zwar aufgeregt aber auch noch leicht verschlafen als er die Zelte der di Salsavûr erreichte. Suchend blickte er sich um, aber all zu viele Leute schienen auch hier noch nicht wach zu sein. Lediglich ein Pferdeknecht war gerade dabei die Rösser zu versorgen. Einen Moment war Calvert unschlüssig ob er den Mann ansprechen sollte, entschied aber, dass dies immer noch besser sei als dumm in der Gegend herumzustehen. Wohlweislich trat er daher um die Pferde herum um sich den Tieren nicht unversehens von hinten zu nähren. „Rondra zum Morgengruß.“ eröffnete er freundlich das Gespräch. „Könnt ihr mir sagen, guter Mann, ob der Herr Lorian di Salsavûr schon wach ist? Ich soll mich bei ihm melden.“

Jago drehte sich in die Richtung, aus die er die jugendliche Stimme vernahm und zog umgehend eine buschige Augenbraue nach oben, als er den Jungen sah und dessen Frage hörte. Dann lachte er kurz auf und wiederholte mit einem amüsiert klingen Unterton Calverts Frage. „So, du sollst dich also bei seiner Hochgeboren melden. Bis der hier auftaucht wird es noch dauern, aber mir wurde gesagt, dass sich hier heute früh jemand meldet.“
Jago warf dem jungen Malachis unversehens Bürste und Striegel zu, mit denen er kurz davor noch die Pferdemähne bearbeitet hatte. „Bis er hier auftaucht, kannst du dich hier nützlich machen. Ich hoffe du kannst damit umgehen, falls du Fragen hast, stell sie. Mich nennt man Jago.“
Mit diesen Worten ließ der Pferdeknecht Calvert stehen und ging in Richtung eines schweren und ziemlich großen Rappenhengst, der ihn mit einem leisen Wiehern begrüßte, davon. Jago schnappte sich wieder eine Bürste und Striegel und begann damit das Fell des edlen Rosses zu pflegen.

Einen Moment lang stand Calvert mit Striegel und Bürste etwas verdattert da. Was auch immer er erwartet hatte, das war´s nicht. Andererseits... ein Ritter war nur so gut wie sein Pferd und ein Knappe sorgte sich um solche Dinge, das wusste er wohl. Anscheinend hatte der Baron von Montarena tatsächlich vor ihn wie einen echten Knappen zu behandeln. Das wiederum brachte Calvert zum Grinsen. Tatendurstig wandte er sich den beiden Pferden zu und meinte: „Na dann will ich eure Morgentoilette mal beenden, äh... sagt, Jago, wie heißen die beiden denn? Und ich bin übrigens Calvert.“

Jago antwortete, ohne dass er sich zu Calvert umdrehte oder in der Arbeit innehielt. „Der Hengst bei dir heißt Durron.“ Das Pferd bei Calvert war ebenfalls ein Rappe, hatte allerdings eine Blesse auf der Stirn, die sich fast bis zur Nase zog. Es war nur geringfügig kleiner als der Hengst, den der Pferdeknecht pflegte. „Er hier“, Jago klopfte mit der Bürste leicht auf den Hals des Rosses bei ihm, „er hier heiß Bal.“ Jago unterbrach kurz seine Arbeit, was dafür sorgte, dass Bal ihm einen Kopfstoß gegen den Arm verpasste. Darauf fluchte der große Mann kurz und bürstete den Hengst weiter, während er sprach. „Durron ist der Sohn von dem alten Dickkopf hier. Weißt du schon, was die Zeichen an ihren Flanken aussagen?“

Auch Calvert begann die Bürste in langen, gleichmäßigen Strichen über die Seite des Hengstes zu ziehen, während Jago seine Erklärung abgab. Er nahm das Brandzeichen näher in Augenschein, musste aber zugeben: „Was ein Brandzeichen ist weiß ich, es kennzeichnet die Herkunft des Rosses, aber ich muss gestehen, ich kenne den Brand nicht.“

Jago schmunzelte: „Immerhin weißt du schon mal, was ein Brandzeichen ist.“ Er unterbrach die Fellpflege an Bal und kam zu Calvert herüber. „Das“, er deutete auf den Brand, „ist das Zeichen des Gestüts Salsavûr. Genauer der schwere Schlag des Gestüts. Es...“ Der Pferdeknecht wollte gerade zum Weitererzählen ansetzen, wurde aber jäh unterbrochen, als die beiden Jugendlichen mit dem Pferdefrühstück um die Ecke geflitzt kamen.
„Hört auf zu rennen“, bellte Jago etwas lauter, was umgehen dafür sorgte, dass die beiden langsamer wurden. Pira und Fusco blieben bei den anderen beiden stehen und musterten Calvert erst mal. „Stellt das Futter für Durron hin, gebt mir das für Bal und versorgt dann die anderen.“ Als die beiden immer noch da standen und den jungen Malachis weiter begutachteten, wurde Jagos Miene deutlich unfreundlicher. „Und zwar jetzt gleich, wenn die Pferde nicht versorgt sind, bevor einer der Herren aufsteht, setzt es eine Tracht Prügel!“ Diese Drohung wirkte und die Jugendlichen trollten sich davon, aber nicht ohne sich kurz über den 'Neuen' auszutauschen, was nicht zu überhören war. Der Pferdeknecht wandte sich an Calvert und deutete auf das Heu und auf den Eimer Hafer. „Gib das Durron und pass bloß auf deine Finger auf, ich will dem Baron nicht gleich mitteilen, dass sein potentieller Knappe vom Ross seines Vetters gebissen wurde.“ Jago grinste während er dass sagte, schnappte sich das Frühstück für Bal und ging zu diesem herüber, um es ihm zu geben. Bal bedankte sich mit einem Schnauben, bevor er sein Kopf im Hafereimer verschwand.

Calvert bedauerte es, die vollständige Erklärung des Brandzeichens nicht mehr gehört zu haben, beschloss aber seine Neugier auf später zu verschieben, wenn die Arbeit getan war. Also stellte er dem schwarzen Hengst den Hafereimer hin ohne das seine Finger auch nur annähernd in Gefahr gerieten und häufte, während das Pferd fraß einen ordentlichen Berg Heu vor seinen Hufen auf. Zufrieden sah er dem Burschen einen Moment beim Fressen zu, bis auch die letzten Körnchen verschwunden waren, dann schnappte er sich den leeren Eimer und trat auf die beiden Halbwüchsigen zu. „Guten Morgen, ich bin Calvert.“ Freundlich streckte er dabei eine Hand aus. „Ich würde für den Dicken grad noch Wasser holen. Könnt ihr mir sagen wo die nächste Tränke ist?“

Sofort wurde er wieder misstrauisch beäugt. Das Mädchen antwortete als Erste. „Ich bin Pira und das ist Fusco.“ Sie deutete hinter sich. „Die Tränke ist dahinten, hinter dem Zelt. Ein Stück den Weg runter. Du kannst auch gleich Bal was mitbringen.“ Pira und Fusco tauschten ein Blick und kurz huschte ein Grinsen über die Gesichter der Beiden. Jago bemerkte davon nichts oder sagte nichts, während er begonnen hatte, Bal Hufe zu reinigen.

„Danke“ Calvert nickte, nahm noch einen zweiten Eimer und machte sich auf. Auf dem Rückweg musste er vorsichtig gehen, das es nicht schwappte und ihm wurde auch bewusst, dass er Wasser schleppen nicht gewohnt war. In sich hinein grinsend dachte er, dass diese einfachen Arbeiten wohl gut dafür waren den Knappen körperliche Ertüchtigung zukommen zu lassen. Trotz dieser Erkenntnis war er erleichtert als er den ersten Eimer bei Durron abstellen konnte. Nun mit beiden Händen trug er den zweiten hinüber zu dem Größten der Hengste. Wie man ihn das gelernt hatte nährte er sich schräg von vorne, so dass das Pferd ihn kommen sehen konnte. „Hier, Großer, hast einen Eimer Wasser.“ kündigte Calvert sein Tun auch noch an. Trotz allem fuhr der schwarze Hengst mit angelegten Ohren auf ihn zu und bleckte bedrohlich die Zähne. Erschrocken wich Calvert zurück, so dass ihm das Wasser über die Hosenbeine schwappte.

Fusco und Pira lachten los, wurden aber je von zwei schnellen, dumpfklingen Klatschern unterbrochen und hielten sich ihre Köpfe, an denen sie Jagos Hände erwischt hatte. Das Gesicht des großen Mannes war feuerrot. „Haut bloß ab und versorgt die anderen Rösser, sonst vergesse ich mich noch! Wie oft habe ich euch gesagt, dass ihr sowas zu unterlassen habt!“
Die beiden Jugendliche verschwanden, während sie immer noch ihre glühenden Wangen rieben.
Der Pferdeknecht wollte sich gerade zu Calvert umdrehen, als hinter ihm ein kurzes Lachen erklang, dass Jagos Donnertirade, die wohl folgen sollte, sofort wegwischte und er eine freundlichere Miene aufsetzte.
„Wie ich sehe, hat Calvert Bal schon kennengelernt. Na Großer“, Lorian kam näher und fast umgehend drückte Bal seine Nüstern an seinen Reiter, der sie kraulte. „Guten Morgen, was Jago dir wohl gerade mitteilen wollte ist, dass der Große Fremde nicht mag und du dich besser aus seiner Reichweite hältst.“ Der Baron zog die linke Augenbraue hoch und schaute den Pferdeknecht an, der nur vor sich hin brummte, nickte und sich Durron zuwande.

„Jetzt, wo ich das weiß, werde ich mich dran halten.“ entgegnete Calvert trocken, um den Schreck zu überspielen, den er trotz allem bekommen hatte. „Guten Morgen Herr Baron, vielen Dank, das ich hier sein darf.“ setzte er dann seiner guten Erziehung eingedenk noch dazu.

„Bedanke dich besser erst, wenn der Tag um ist und du dich dann immer noch bedanken möchtest“, sagte seine Hochgeboren mit einem Schmunzeln und überging die falsche Anrede vorerst. „Hast du schon was gegessen?“

„Ja Herr, eine Scheibe Brot auf dem Weg hierher.“ antwortete Calvert. Während der Baron daneben stand und seinem Schlachtross den Hals tätschelte getraute sich der Junge dem misstrauischen Pferd die Hand vor die Nüstern zu halten. Er spürte den Atem warm auf seiner Haut und grinste. „Was machst du denn da? Wenn er dich beißt sind die Finger ab.“ wies ihn Lorian zurecht. „Ach, das wird er nicht so lange ihr dabei seid und nun ja, vielleicht lernt er mich dann kennen.“ Ich werde ihn ja mal versorgen müssen, setzte Calvert geistig hinzu, sagte es aber nicht laut.

'Mutig scheint er zu sein, vorlaut und ein wenig übermütig, aber welches Kind war das nicht', dachte sich der Baron. „Die Annahme ist falsch, junger Mann. Ein gut ausgebildetes Streitross schützt seinen Reiter auch aktiv.“ Wie zur Bestätigung der Worte seines Reiters, deutete Bal ein Schnappen an, was Lorian ein Lächeln ins Gesicht zauberte. „Und Bal ist ein sehr gut ausgebildetes Schlachtross,“ ergänzte der Herr von Montarena mit einem Augenzwinkern. „Du“, er betonte das Wort besonders, „wirst ihn kennenlernen müssen, wenn du mein Knappe werden solltest.“
„Verdammt Lorian, wo bleibst du?“ Timor steckte den Kopf um die Ecke des Zeltes. „Das Essen wird kalt und ich habe Hunger! Oh, wen haben wir denn da?“ Der zweite, am Königsturnier teilnehmende Salsavûr trat nun vollends um die Ecke. Er schien erst vor Kurzem aufgestanden und trug, wie bei seiner Behandlung den Oberkörper frei.
„Du hast immer Hunger!“ Beantwortete Lorian die Nörgelei seines Verwandten. „Na komm Calvert, gehen wir auch was Essen, damit der werte Herr seinen Hunger stillen kann.“ Er wandte sich noch kurz an den Pferdeknecht. „Lass gut sein, Jago und geh dir auch erst mal ein ordentliches Frühstück holen. Du hast sicherlich, wie üblich, auch noch nichts gegessen und erst die Rösser versorgt.“ Der große Mann nickte, legte die Pferdepflegeutensilien beiseite und entfernte sich, in Richtung eines weiteren Zeltes. Lorian folgte Timor, ohne darauf zu achten, ob Calvert ihm folgte oder nicht.

Der junge Malachis schloss sich den beiden Salsavûrs an und betrat hinter den Männern das geräumige Zelt in dessen Mitte nun ein länglicher Tisch stand umringt von einigen Feldstühlen und einer Bank. Auf dem Tisch stand ein deftiges Frühstück und es duftete verführerisch nach gebratenem Speck, so dass Calverts Magen ziemlich deutlich anmerkte, dass eine schnelle Scheibe Brot kein ausreichendes Frühstück für einen Heranwachsenden war. Timor lachte gutgelaunt, als er das laute Knurren hörte und gluckste: „Gut gebrüllt Löwe. Zumindest der Magen von deinem neuen Knappen weiß was gut ist, Lorian.“

„Noch ist er nicht mein Knappe“, erwiderte Lorian, nicht das Calvert auf falsche Gedanken kam und dann eventuell eine noch größere Enttäuschung erlebte. Die beiden Salsavûr langten auch ordentlich zu. Einige Zeit war nichts als Kauen am Tisch zu hören, während der große Hunger gestillt wurde. Lorian und Timor wechselten ein paar Sätze in einer Sprache, die Calvert nicht verstand, bevor sich ersterer an den jungen Malachis wand. „Calvert, erzähl mal ein wenig über dich. Warum bist du so interessiert daran ein Ritter zu werden? Und warum hast du nicht vor zum Beispiel den Weg deiner Eltern einzuschlagen?“

Der Angesprochene hatte gerade noch von einer Scheibe Brot abgebissen und nahm sich erst mal die Zeit seinen Mund wieder frei zu bekommen, obwohl er es ziemlich irritierend fand dabei von beiden Männern neugierig gemustert zu werden. Schließlich räusperte er sich und meinte: „Weil ich kein Talent habe. Weder kann ich besonders gut Malen noch Musizieren. Sicher kann ich Noten nachspielen, aber mir fehlt das Gespür für die Melodie. Ich mache keine Musik, ich spiele Noten. Ich könnte nie so gut werden wie meine Eltern, geschweige denn Onkel Fulvian. Ich will aber nicht zweitklassig sein. Ich möchte etwas tun wobei ich eine Chance habe richtig gut zu werden.
Natürlich stünde mir auch der Weg offen, wie meine Tante und mein Großvater im Wollhandel zu arbeiten, aber die Zahlenschieberei liegt mir nicht, das langweilt mich zu Tode und ich muss mich zwingen es zu tun. Wenn ich mir vorstelle, dass mein ganzes Leben so aussieht bekomme ich Zahnweh. Sanjana hat mir mal gesagt das Besondere an uns Malachis ist, wir folgen unserem Herzen. Kreativität gedeiht nicht in straffen Strukturen und wir sind nun mal kreativ. Ich finde ja, dass sie recht hat, aber ich bin nicht kreativ. Vielleicht schlage ich ja wirklich aus der Art?
Jedenfalls fühlt es sich für mich richtig und gut an Ritter zu werden. Mein Herz sagt mir, dass es das ist, was ich tun sollte. Meine Familie verteidigen und schützen. Dafür sorgen, dass meine Schwestern in Frieden ihre Musik machen können. Alynia kann wundervoll Singen, man bekommt Gänsehaut davon, aber sie ist so zart. Sie könnte sich nie allein gegen jemand wie Gerland durchsetzten....ähm ja.. “ Calvert merkte plötzlich, dass er mal wieder frei aus seinem Herzen heraus plauderte und unterbrach sich, bevor er noch mehr Dummheiten von sich gab. Verlegen zuckte er die Schultern und fügte noch an: „Natürlich möchte ich auch Heldentaten vollbringen und für den Horas streiten und die zwölfgöttliche Ordnung schützen.“

Beim letzten Satz lächelten beide Salsavûr traurig und der Baron fing an zu sprechen. „Weißt du, wen man einen Helden nennt beziehungsweise was diese alle gemeinsam haben?“ Als der junge Malachis mit dem Kopf schüttelte, setzte er seine Ausführung fort. „Sie sind befinden sich fast alle bei Boron. Ihre Taten werden dann, von Barden, Geschichtserzählern und anderen zu Heldentaten verklärt, waren aber meist nicht mehr, als übermütiges und unüberlegtes Vorgehen.“ Timor nickte zustimmend, hatten doch schon beide mehrfach solche Taten gesehen. „Was den Horas angeht, so ist es ehrenhaft für diesen zu streiten, so wie es zahlreiche Bücher lehren, aber wenn du auf dem Schlachtfeld stehen solltest, in einigen Jahren, dann kämpfst du nicht für den Horas, einen Herzog oder Grafen. Du kämpfst für den Mann, die Frau, die neben dir zur Linken und zur Rechten kämpfen.“ Die Miene des Barons ließ erahnen, dass er aus Erfahrung sprach und über das Thema vermutlich nicht diskutieren würde. Neben ihm hatte der tätowierte Salsavûr angefangen zu schmunzeln, so als ob mit seinen Gedanken gerade wo anders war. Nachdem sein Verwandter geendet hatte schaute er Calvert noch einen Moment schweigen an, bevor er das Wort erhob. „Ein kleiner Hinweis Calvert, dass was du über deine Familie gesagt hast und mit der Begeisterung mit der du es erzählt hast, dass war glaubhaft, dass es von Herzen kam. Dein letzter Satz allerdings“, Timor kniff die Augen leicht zusammen, während er den Jungen mit leicht strengem Blick musterte, „der klingt für mich irgendwie danach, dass er zwar so gemeint war, wie du es gesagt hast, es aber nicht mit dem Herzen meinst, sondern nur irgendwo gelesen oder gehört hast.“

Verlegen kratzte sich Calvert hinter dem Ohr. „Weil ihr Recht habt, Signor. Es ist nicht gelogen, ich lüge nicht! Aber ich fand, ich will Ritter werden, damit ich jedem, der meinen Schwestern blöd kommt eine verpassen kann, das klingt ein bisschen kindisch.“

Beide Salsavûr kamen nicht umhin zu schmunzeln, als sie die Antwort des jungen Malachis hören. „Da ist nichts kindisches dran. Es klingt nach jemandem, der seine Familie schützen will und einem Ritter würdig.“ Mit einem Grinsen fügte Timor dann noch hinzu. „An der Formulierung könntest du allerdings noch ein bisschen feilen.“ Der Baron nickte und hatte derweil den Rest seines Frühstücks verzehrt. „So, dann wollen wir mal, schließlich haben wir noch Besseres zu tun, als die ganze Zeit am Tisch herum zu sitzen.“
Mit diesen Worten erhob Lorian sich vom Tisch und machte sich auf den Weg nach draußen, während Timor noch sitzen blieb und genüsslich weiter frühstückte. Keiner der beiden gab dem jungen Malachis eine Anweisung, was er zu tun hatte. War das etwa ein Test, was er tun würde?

Calverts Augen flogen kurz zwischen den beiden Männern hin und her. Dann fiel sein Blick auf seinen Teller, der nur halb leer gegessen war. Er hatte vor lauter Erzählen vergessen zu Essen. So schob er sich im Aufstehen noch schnell eine Gabel von den Rühreiern in den Mund und schnappte sich ein Stückchen gebratenen Speck, bevor er mit einem genuscheltem 'Tschuldigung' an Timors Adresse, dem Baron hinterher eilte. Bevor er diesen allerdings ansprach kaute er seinen Mund leer. „Herr? Soll ich mit euch kommen und helfen oder habt ihr eine andere Aufgabe für mich?“ fragte er schließlich.

Timor nahm die Entschuldigung mit einem Schmunzeln zur Kenntnis, während er genüsslich weiter schmauste.
Lorian schwieg eine Weile nach dem der Malachis geendet hatte und beantwortete auch erst einmal nicht die Frage des Jungen, als er antwortete. „Ich hätte ein paar Fragen an dich. Wie wurdest du bisher unterrichtet und was wurde dir da alles beigebracht?“
Während der Baron sprach hatte er einen Weg weg von den Zelten eingeschlagen. Was Calvert auffallen konnte war, dass Bal nicht mehr dort zu sehen war, wo er vorher gestanden hatte.

„Wir haben einen Hauslehrer, der mich und meine Schwestern unterrichtet. Lesen, Schreiben, Rechnen, Geschichte, Heraldik, Benehmen, Tanzen, all so ein Zeug.“ zählt Calvert auf. „Außerdem besteht Mutter darauf, dass wir Praiostags in die Hesindeschule gehen, um von den Göttern zu hören. Reitunterricht hab ich bei der Stallmeisterin des Barons und seit einigen Monden darf ich auch einmal die Woche das Fechten mit einem Cavalleristo von der Stadtgarde üben. Ansonsten besuche ich einige Kurse an der Akademie der Künste. Laute, Harfe, Flöte, Zeichnen, Poesie....“ Calvert scheint nachzudenken, „...mmh ich denke das müsste es gewesen sein.“

Lorian nickte, als Calvert geendet hatte. „Das hört sich doch nach einer soliden Grundlage an. Wie sieht es denn mit Sport aus? Was hat dir der Cavalleristo bisher alles gezeigt? Versuche letzteres Mal zu erklären, das Praktische schauen wir uns nachher an.“

„Er hat mir erklärt, wie ich stehen muss, die Arme und die Schultern zu halten habe und in welchen Grundstellungen man eine Waffe halten kann, außerdem die Grundhiebe und Wehren. Naja, Stehen ist eigentlich nicht ganz richtig, Bewegen trifft es schon eher. Wenn man Signor Nethoio glaubt, dann ist ein Schwertkämpfer ständig in Bewegung. Deshalb hat er mir auch geraten viel zu Laufen, damit ich nicht aus der Puste komme, aber immer rund um den Palazzo, das macht keinen Spaß und dass ich draußen vor der Stadt laufe, davon wollte Mutter nichts wissen.“

Der Baron von Montarena lächelte und sprach, als Calvert geendet hatte. „Da hat Signor Nethoio nicht ganz unrecht. Was das Laufen angeht, warum wollte den deine Mutter nicht, dass du vor der Stadt läufst?“
Während er die Frage stellen, erreichten sie scheinbar das Ziel ihres Spaziergangs am Rande der Zeltstadt. Dort warten Jago und Pira mit zwei Rössern auf sie. Das eine war offensichtlich Bal, dass andere kannte der junge Malachis nicht, aber es schien deutlich freundlicher und umgänglicher als der Hengst Lorians zu sein.
Ein spitzbübisches Grinsen huschte über die Züge Lorians. „Dann zeig doch mal, wie du dich auf einem Pferd schlägst.“

„Sie hält es für zu gefährlich“ seufzte Calvert. „Das tut sie bei vielen Dingen.“ Dann sah der Junge die Pferde und seine Miene begann zu strahlen. Reiten war auch eines der Dinge, die er gerne tat und seiner Meinung nach viel zu selten durfte. „Wir gehen Reiten? Ehrlich? Müsst ihr denn nicht zur Turnierbahn?“ fragte er halb hoffnungsvoll, halb besorgt. Allerdings genügte ihm schon eine auffordernde Kopfbewegung des Barons und wie der Wind saß Calvert im Sattel des dunklen Braunen. Das Pferd war ein gutes Stück größer als seines zu Hause, aber da er auf dieses auch ohne Sattel hinaufkam bereitete ihm der Größenunterschied keine Schwierigkeiten. Freundlich klopfte er dem Wallach den Hals und meinte: „Bist ein Guter. Wie heißt er?“ erkundigte er sich noch bei Jago, während er sich schon im Sattel zurechtsetzte, seine Zügel ordnete und aufnahm.
„Dukat“ brummte Jago, der sich bereitgehalten hatte, falls der Kleine Hilfe benötigt hätte. Allerdings sah der Stallmeister, dass ein Eingreifen seinerseits nicht nötig war, der Knabe saß gut und sicher im Sattel. „Zieh ihm nicht im Maul und plumps ihm nicht ins Kreuz, dann klappt das schon.“ fügte er noch an. „Können wir?“ fragte der mittlerweile ebenfalls aufgesessene Baron und lenkte sein Pferd erst mal langsam durch die letzten Zelte am Schwerterfeld, um freies Gelände zu erreichen.
So bald sie die abgeernteten Felder Arivors vor sich hatten verhielt er seinen Hengst und forderte: „Reite voraus, halte dort hinten auf die Baumgruppe zu.“

Calvert überholte und gab dafür leichten Schenkeldruck. Erfreut stellte er fest, dass Dukat sofort in einen ruhigen Trab sprang. Der Junge beschloss nicht wieder zu bremsen. Als keine Anweisung zum Bremsen von Lorian kam trieb Calvert sein Pferd zum Galopp an. Plötzlich hörte Calvert Hufschlag neben sich. Lorian hatte aufgeschlossen, lächelnd zwinkerte er dem Jungen zu und gab dann seinem Hengst den Kopf frei. Wie von der Sehne geschnellt sprang Bal vorwärts. Calvert brauchte nur Herzschläge um die Herausforderung anzunehmen. Er lehnte sich im Sattel nach vorne und feuerte sein Pferd an. Dukat war zwar kein Streitross, aber dafür trug er nur ein Fliegengewicht. Fingerbreit um Fingerbreit holte Calvert auf. Als sich Dukats Nase schließlich vor die des Rapphengstes schob jauchzte Calvert auf und reckte die linke Faust gen Alveran. In dem Moment sah er den Bewässerungsgraben. Halb verdeckt vom Gras tauchte das Hindernis wie aus dem Nichts auf. Calvert schloss die Knie und die Augen. Die freie Hand krallte er in die Mähne und vertraute auf sein Pferd. Und wirklich, Dukat setzte aus vollem Lauf über das Hindernis. Allerdings plumste Calvert recht unsanft in den Sattel zurück, so dass sein Reittier unwillig buckelte. Das überstieg die Reitkünste des jungen Malachis und in hohem Bogen flog er in den Acker, wo er sich ein, zweimal überkugelte und schließlich benommen liegenblieb.

Lorian setzte mit Bal kurz hinter dem jungen Malachis über das Hindernis. Als er Calvert stürzen und liegen bleiben sah, fluchte er kurz und bremste direkt neben dem Jungen ab. Das Ross des Malachis war zum Glück stehen geblieben, sobald es kein Gewicht mehr auf dem Rücken spürte und hatte den Kopf zum Grasen gesenkt.
Der Baron von Montarena stieg von Bal, der neben seinem Reiter stehen blieb und die Szene aufmerksam beobachtete. Der Salsavûr ging, während er einen Handschuh auszog, neben dem Malachis in die Knie und fühlte nach dem Puls des Jungen, der aber noch ordentlich schlug. Als er das festgestellt hatte, schlug er mit der flachen unbehandschuhten Hand auf die Wange des Malachis, damit dieser wieder zu sich kam.

Benommen nahm Calvert wahr, dass ihm irgendwer im Gesicht herumtätschelte und hob die Hand, um das zu unterbinden. „Hör auf! Ich bin ja schon wach“ nuschelte er dabei. Dann schlug er die Augen auf, erkannte den Baron und ihm wurde schlagartig wieder bewusst, dass er nicht in seinem Bett lag, sondern auf einem Acker. „Oh... Verzeihung. Dukat, geht’s ihm gut?“ Schnell blickte Calvert sich um und stellte dabei fest, dass heftiges Kopfbewegen schmerzhaft wahr. So fasste er sich stöhnend an den Hinterkopf, wo er eine Beule fühlte. „Verdammt. Der Sprung war gut, aber an der Landung muss ich noch arbeiten.“

Lorian stand auf, während er ihn ernst anblickte. „Bei einem guten Sprung bleibt man danach auf seinem Ross sitzen und besucht nicht den Boden. Sprung und Landung sind eine Einheit.“ Der Baron schüttelte den Kopf. „Nein, es war kein guter Sprung. Aber es ist gut, dass du dich als erstes nach deinem Tier erkundigst.“ Der Hengst des Salsavûr kam näher und man hätte meinen können, dass sein Blick Missfallen ausdrückte, so wie es die Worte seines Reiters taten.
„Bis auf eine Beule scheinst du dir nichts getan zu haben“, stellte Lorian fest. Seine Miene hellte sich wieder etwas auf, während er sprach. „Kannst du aufstehen oder willst du noch etwas liegen bleiben?“

„Nein, nein, das geht schon. Ich hab mir nur den Kopf gestoßen, alles andere scheint noch heil.“ Calvert biss die Zähne zusammen und stemmte sich auf die Beine hoch. Kurz sah er alles verschwommen und blinzelte. „Ich werde es mir merken Herr, und fleißig üben.“ Danach klärte sich sein Blick und er machte ein paar unsichere Schritte auf seinen Wallach zu, bis er diesen am Zügel hatte. „Na mein Junge? Alles gut bei dir?“ Erst klopfte er den Hals des Pferdes, dann ließ er es zwei, drei Schritte gehen. „Lahmen tut er nicht, oder?“ fragte er in Richtung des Barons. Dukat indes schien seinem Reiter nichts nachzutragen, der Wallach rieb seine Nase freundlich an der Schulter des Jungen.

Lorian schüttelte als Antwort auf die Frage des Malachis den Kopf. „Nein tut er nicht“, mit einem Schmunzeln fügte er noch hin zu, „Er ist ja auch elegant auf den Beinen gelandet. Aber genug hier herumgetrödelt. Ich habe gesehen, was ich sehen wollte und habe heute noch andere Dinge zu tun. Also lass uns zurückreiten.“ Mit diesen Worten schnappte sich der Baron die Zügel seines Hengstes und saß kurz darauf schon im Sattel.

Auch der junge Malachis kraxelte wieder in den Sattel. Da ihm der Schädel brummte ging das nicht ganz so flüssig. Aber er kam hoch. `Er hat gesehen was er wollte? Was denn? Oh Mist! Das war ein Test! Calvert und du fliegst vom Pferd´, ging ihm durch den Kopf. Die Vorstellung in den Augen des Montareners versagt zu haben machte Calvert mehr zu schaffen als seine Beule. So ritt er stumm und recht betröppelt hinter dem Baron her. Ob alles was er heute sagte oder tat ein Test war? Aber wie zum Henker sollte er wissen, was von ihm erwartet wurde, wenn´s ihm keiner sagte?
Calvert fühlte sich unsicher. Er wollte nichts lieber als alles richtig machen, hatte aber gerade das Gefühl eher im Gegenteil mal wieder aus der Reihe zu tanzen. So sprang er zwar wieder bei den Zelten angekommen aus dem Sattel blieb dann aber unschlüssig stehen. Bal würde sich von ihm wohl kaum nehmen lassen, obwohl er das gerne getan hätte. Schließlich tauchte Jago auf übernahm den Hengst und brummte in Calverts Richtung: „Na los Söhnchen, steh nicht rum, komm mit und kümmer dich um dein Pferd.“

Weiter geht es am Nachmittag des gleichen Tages mit Erste Schritte II