Elvene d'Auspizzi
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Elvene Cusminea della Turani, geborene d'Auspizzi, war die erste Gemahlin des Malvolio della Turani. Ihr Umgang mit den zahlreichen Affären des untreuen Ehemanns brachte ihr viele Sympathien in Urbasi ein.
Auftreten
Elvene war von eher kleinem Wuchs und hatte ein rundliches, weiches Gesicht, was sie noch im fortgeschrittenen Alter beinahe kindlich wirken ließ. Sie hatte jene leicht rundliche Figur, nach der sich wohlgenährte reiche Damen so verzehren. Besonders wurden jedoch immer ihr zarter Hals und die langen, geschickten Finger gerühmt, die kleine Kunstwerke der Handarbeit vollbringen konnten.
Sie war keine Frau der lauten Töne und daher ihrem Gatten sehr unähnlich. Ihre weiche Stimme wirkte sehr beruhigend, was ihr den Ruf als verständnisvolle und tröstende Matrone einbrachte. Durch schieren Liebreiz hätte sie wohl nie auf sich aufmerksam machen können- es war mehr ihr allseits bekanntes schweres Schicksal, gepaart mit ihrer liebevollen Art, die sie in den Augen der Menschen schön machten.
Wesen
Als junges Ding von 16 Jahren heiratete die unbedarfte Elvene einen älteren Mann, der ihr erst durch Taten und dann durch sogar Worte zu verstehen gab, dass Travias Gebote für ihn nicht galten. Sie dagegen bemühte sich stets, das Ideal einer einigen Familie hochzuhalten, und gebar ihrem Mann stolze fünf Söhne. Es lag nicht in ihrer zurückhaltenden Natur, sich gegen den Willen ihres Mannes aufzulehnen. So verlegte sie sich darauf, jenen Schaden auszugleichen, den seine jähzornige Art bisweilen anzurichten vermochte.
Dennoch verwunderte es viele, dass sie sich ohne großes Zögern der Bastardtochter ihres Mannes annahm, die dieser ohne Rücksprache mit ihr anerkannte. Elvene, selbst gerade dem Wochenbett ihres jüngsten Sohnes Fernan entstiegen, nahm die Halbwaise Viviona unter ihre Fittiche. Zeitlebens war sie eine der wenigen, die dem Mädchen ihre uneheliche Geburt nicht vorhielten, wofür sie von vielen Seiten Bewunderung erntete. Der wichtigste Lohn war jedoch sicherlich die unverbrüchliche Treue, die Viviona mit ihrer Nicht-Mutter verbindet.
Sie war ihren fünf Söhnen ebenso wie dem Bankertmädchen stets eine sehr liebevolle Mutter, wofür sie auch heute von allen Kindern noch sehr verehrt wird. Ihr schützender Einfluss auf die Kinder war groß- ihr ist es beispielsweise zu verdanken, dass ihr Gatte den jüngsten Sohn und Wildfang nur in die Ferne zur Ausbildung schickte, anstatt ihn zu züchtigen. Auch war es erst nach ihrem Tod möglich, dass der zweitgeborene, zurückgebliebene Sohn Thiridan aus der Blickfeld der Familie "entfernt" werden konnte.
Elvene hielt sich stets von politischen Dingen fern, von denen sie nach eigenen Angaben zu wenig verstand, um kluge Entscheidungen zu treffen. Ihre Kunst lag darin, anderen Menschen zu helfen. Sie war eine fabelhafte Zuhörerin, die nicht nur ihrer Familie, sondern auch Nachbarn mit Rat zur Seite stand. Auch half sie den Armen und Bedürftigen gern- etwas, das merkwürdigerweise auch als Steckenpferd ihrer Nachfolgerin Phelicia di Lambóya gelten muss. Besonders beliebt machte sie sich durch ihre kunstvollen Stickarbeiten, die sie als Geschenk zu verteilen pflegte. Manch befreundete Familie schickte gar ihre Kinder zu Elvene, um die Handarbeit von ihr zu lernen.
Ihr früher Tod im Alter von nur vierzig Götterläufen war nicht nur für ihre Familie ein tragisches Ereignis, das alle unvorbereitet traf. Nach einer kurzen Krankheit, die nichts mehr als eine Erkältung zu sein schien, erholte sich Elvene auf dem Landsitz der Familie in Sant'Ageriyano. Dort wurde sie, als sie nicht zum Abendessen erschien, tot in ihrem Zimmer aufgefunden. Es schien, dass sie gerade beim Ankleiden gewesen und dann einfach umgefallen war. Ein herbeigerufener Medicus legte die Vermutung nah, dass es ihr Herz gewesen sein könnte. Seither gehen immer wieder Gerüchte umher, sie sei umgebracht worden, während andere glauben, sie sei an gebrochenem Herzen gestorben.
Meisterinformationen: Elvenes Charakter
Elvene war nicht unbedingt jene Heilige, zu der sie inzwischen stilisiert wird. In jungen Jahren war sie ein naives, verwöhntes Ding, das gute Ratschläge nur verteilte, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Später war ihr daraus tatsächlich eine Leidenschaft geworden, aber sie hortete weiterhin all die Geheimnisse, die man ihr anvertraute, falls sie ihr nützlich sein würden.
Sie war auch bei weitem nicht so unpolitisch, wie man es ihr nachsagt, vor allem nicht in späteren Jahren. Ihr Weg der Einflussnahme war allerdings sehr subtil- eine beiläufige Bemerkung im Gespräch, ein kleines Geschenk an einen einflussreichen Patrizier oder bestimmte Themenwahl beim Stickunterricht mit Patrizierkindern. Ihr wichtigstes Werkzeug wurde dabei mehr und mehr Viviona. Ohnehin war ihre Beziehung zu dem Mädchen eine besondere. Obwohl sie der Betrug ihres Mannes sehr verletzte, wollte sie das nie einem unschuldigen Kind nachtragen. Sie versuchte lange Zeit, gegen Vivionas Status als schwarzes Schaf anzukämpfen, bis sie begriff, dass er ihnen von Nutzen sein konnte. So entstand der Plan, Viviona gezielt als Sündenbock der Familie zu stilisieren, damit sie tun konnte, was nötig war- ungeachtet aller normalen Konsequenzen. Freilich bezogen sich diese Aktionen meist auf kleine Änderungen der Familienpolitik. Vivionas Pläne zur Vernichtung von Malvolio, die diese seit Elvenes Tod hegt, hätten Elvene selbst wohl eher nicht zugesagt. Diese weniger glänzende Seite der treusorgenden Elvene ist einigen Menschen bekannt, vor allem ihren jüngeren Kindern und einigen alten Freunden. Ein viel besser gehütetes Geheimnis hat sie dagegen mit ins Grab genommen: Die arme betrogene Ehefrau hat sich eines Tages heimlich an ihrem Mann gerächt. Denn der Vater ihres jüngsten Sohnes ist mitnichten Malvolio della Turani... |