Briefspiel:Drachen unter sich/Teil V

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Die Briefspielgeschichte Drachen unter sich spannt sich um die Magistratswahlen in Shenilo im Praios 1032 BF. Nachdem man sich zu Beginn (siehe hier, hier und hier) auf eine Kandidatenliste für das Amt des Constablers aufgestellt wurde, ringt man nun (siehe hier) um den einflussreichen Posten des Cancellario. Der Fortgang der Diskussion ist hier nachzulesen.

Sheniloneu3k klein.png Briefspiel in Shenilo Sheniloneu3k klein.png
Beteiligte (irdisch)
Familie Menaris klein.png Athanasius
Familie Brahl klein.png Brahl
Haus Calven klein.png Calven
Familie Cordur klein.png Cordur
Haus di Matienna.png Di matienna
Familie Tuachall klein.png Lagoil
Haus Carson klein.png OrsinoCarson
Haus Aurandis klein.png Randulfio

Vergossener Wein

Begossene Brahl und vergossener Wein

Ein Scheppern durchbrach die Stille der erstaunt dem jüngsten Vorschlag lauschenden Consilieri. Genau jenes Erstaunen, das sich gerade auf dem selten so farblosen Gesicht Beleno Brahls verlor, um einem grimmigeren Blick und aufeinander gepressten Lippen zu weichen. Dabei ignorierte er seinen ihm entglittenen Pokal und den verschütteten Wein, während sein Blick fest auf Scibor Tuachall gebunden war. Schließlich besann er sich, blickte kurz zu Boden, dann entschuldigend in die Runde der Consilieri.
„Verzeiht, welch Missgeschick! Jetzt habe ich doch mit meinem unklugen Handeln den guten Wein verdorben..." Seine erneut zu Scibor wandernden Augen waren dabei sicher nicht das Einzige, was währenddessen die wahre Bedeutung dieses Satzes durchschimmern ließ.

Der vierte Vorschlag

... oder doch eine verdiente Cordur als Cancellario?

Isida von Veliris-Balthâr war mit dem Scheppern, das - ihr gegenüber - die eisige Atmosphäre im Raum durchgellte, aufgeschreckt. Allezwölfwindenochmal, - das begriff sogar sie - welch' ein Schlag ins fahle Gesicht des Brahlschen... Wobei natürlich die Gründe, die Signore Tuachall aufgeführt hatte, rein sachlich nicht ohne Überzeugungskraft waren. Dennoch, dass wusste sie, musste sie nun eingreifen. In dieser Frage hatte man ihr, entgegen der Constabler-Frage, eindeutige Maßgaben vermittelt.
Durch die Stille scholl nun überraschend schrill ihre sonst so ruhige Stimme: "In dieser Frage möchte ich meine Enthaltung nicht fortführen: Ist es doch von geringerem Belang, wer nun weit draußen die Schivone in den Krieg fährt, als wer die vielfachen Geschäfte im Hafen leitet. So schlage ich vor, die ehrenwerte Selina Cordur zu berufen." Dann, wie erschrocken über die tadellos vorgetragene Rede vor den hohen Herren und Damen, setzte sich Isida wieder, und sorgte sich, dass ihr prächtiges aquamarinblaues Gewand Weinflecken davon getragen haben könnte. Auch bei eingehender Musterung ließ sich jedoch nichts entdecken. Als sie sich dessen versichert hatte, blickte sie Beleno Brahl lächelnd an.

Menarischer Mundschank

Bis auf ein kurzes Zucken der Gesichtszüge verriet nichts die Gefühlsregungen Tankred Menaris‘ ob dieser schier spektakulären Ohrfeige für die Familie Brahl. Ein Verziehen der Mundwinkel, eine falsche Gewichtsverlagerung und der gerade errungene Sieg war wieder zunichte gemacht. Er wartete einen Augenblick und erhob dann seine Stimme, deren überraschter Unterton nicht einmal gänzlich gespielt war.
„Mit diesen letzten Nominierungen sind bereits vier Namen genannt, so dass wir zur Abstimmung schreiten könnten.“ Er wies mit erhobener Rechter vage in Richtung der Consilieri, die sich noch nicht geäußert hatten. „Ich möchte jedoch keinem der bisher Schweigenden die Gelegenheit nehmen einen zuvor ungenannten Kandidaten zu benennen.“
Er erhob sich von seinem ohnehin unbequem werdenden Sitz und schritt hinüber zum gefallenen Becher des Rahja-Geweihten. Schweigend nahm er diesen in die Hand und füllte ihn aus der zu Belenos Füßen stehenden Kanne erneut auf. Mit unlesbarem Gesicht reichte er dem Consiliere Darador den Kelch, wartete, bis dieser ihn entgegen genommen hatte und nahm sich dann selbst ein Gefäß. Dieses füllend kehrte Tankred dann zu seinem Platz zurück, wo er einmal daran nippte.

Tecladors missglückter Trost

Scibor war erschrocken ob der heftigen Reaktion. Die Brahl'sche Familie war ja für ihre rauschenden Feste bekannt, aber noch nie sah er, wie ein Brahl'scher mit Absicht Wein vergoss. Er mußte die Wogen glätten. Vielleicht schaffte er es noch Beleno Brahl ihm gewogen zu machen:
"Lieber Beleno, ich wundere mich. Vor einer halben Stunde noch wurde der 1. Artikel der Sheniloer Verfassung verlesen. Und alle nickten, auch du Beleno. Wir wollen alle zum Wohle Shenilos entscheiden und nicht zum Wohle unserer Familien. Das ist die Erwartung, die die Sheniloer Bürger in uns setzen. In diesem Sinne habe ich entschieden.
Um nicht missverstanden zu werden, ich habe nicht gegen meine Tante gestimmt, sondern für eine noch bessere Lösung für unserer Stadt. Sollte sich aber abzeichnen, dass mein Vorschlag keinen Erfolg hat, werde ich meine Stimme meiner Tante Yolanda Tuachall geben."

Worte der Weisheit

Diesmal blieb der alte Defranda Defrus auf seinem Stuhl sitzen um zu sprechen.
„Keiner der Vorschläge ist ungeeignet für das Amt des Cancellario, das muss ich zugeben.“ Er atmete tief ein und runzelte die Stirn. „Aber alle, fast alle, haben sie eines gemein: Sie sind Oberhäupter ihrer Familien und damit stark in deren Geschäfte und Geschicke verwickelt. Niemand wird sagen können, für wen ein Cancellario Leomar, Travin oder eine Cancellaria Selina Entscheidungen treffen wird, für die Stadt oder für die Gabellano, die di Asuriol oder die Cordur, am wenigsten die Signori selbst!“ Er blickte in die Runde als warte er auf Widerspruch, doch als dieser ausblieb fuhr er fort: „Ich sage, wir brauchen einen Cancellario, der die Geschäfte seiner Familie außer Acht lassen kann und ganz in Diensten der Stadt arbeitet. Ich stimme daher für Yolanda Tuachall!“

...und Worte des Idealismus

Die junge Consiliera erhob sich nachdem der alte Magus geendet hatte. Sie hatte sich die Entscheidung nicht leicht gemacht und die Worte Defrus’ hatten sie fast von einer anderen überzeugt. Aber die Tuachall hatten eine starke Familienhierarchie. Defrus war naiv zu glauben, dass Yolanda ohne Einfluss ihres Oberhauptes würde Politik machen können. Dann doch lieber eine Familie, deren Oberhaupt ähnliche Interessen hatte wie sie selbst.
„Wahr gesprochen, Consiliere Menacor, doch bedarf es nicht des Amtes um dem Patriarchen Einfluss auf dieses zu geben wenn seine Familie in dessen Besitz gelangt ist. Ich möchte mich deshalb dem Vorschlag des Consiliere Teclador anschließen und Travin di Asuriol meine Stimme geben.“ Sie beobachtete aus den Augenwinkeln wie Beleno Brahl sich tiefer in seinen Sitz zurückzog.
„Er hat bewiesen, dass ihm das Wohl des Volkes am Herzen liegt: Mit dem Auf- und Ausbau des Riesen, mit vielen Spenden für die Donatorier und unzähligen Diensten für die Ärmsten der Stadt in Nuovo Ruthor. Außerdem verkörpert er wie kaum ein Anderer den neuen Geist Shenilos: Durch seine Familie, seine Jugend und sein Wirken in Nuovo Ruthor vereint er Tradition und Innovation und bringt die alteingesessenen Sheniler und die ehemals fremden Sheniloer näher zusammen. Damit eignet er sich besser als jeder Andere als Cancellario.“

Glühender Appell für das Patriziat

Streit der Winzer - Streit zwischen Brahl und di Asuriol

Beleno Brahl wartete zunächst die Entgegnung des alten Magiers ab und lauschte auch Tsatalante, bevor er wieder seine Stimme erhob. Er nutzte die Zeit, sich eine ruhig vorgetragene Rede zurecht zu legen:

„Eben dies glaube ich nicht. Ich halte es für töricht, Jugend mit Innovation und Innovation mit dem Aufblühen der Stadt gleichzusetzen. Auf die Leistungen des Mannes kommt es an. Ich möchte klarstellen: Ich habe keinerlei persönliche Querelen mit Signore di Asuriol. Ich weiß lediglich, wie seine Familie seit Jahrzehnten jedwede Zusammenarbeit mit der Weinhandlung verhindert. Aus Sturheit und falschem Stolz sicherlich - und da mag es schlimmere Laster geben - dennoch suchen wir hier den Fähigsten für das Amt. Man sollte auch nicht vergessen, dass auch die Weinhandlung viel Gutes nicht nur für die vielen Handwerker und Winzer in seinen Reihen getan hat. Wie aber mag eine Stadtverwaltung funktionieren, deren Cancellario lieber allein zu glänzen versucht, als die Zusammenarbeit mit anderen zu suchen? Ich möchte Euch, Consiliera, daher von dieser Wahl abraten."

Ohne eine mögliche Verstimmung zu zeigen, hatte sich der Rahja-Geweihte Tsatalante mit seinem offenen Lächeln zugewandt. Doch bevor diese ihre Entscheidung überdenken oder zu einer Antwort ansetzen konnte, hatte Beleno bereits sein Wort an den Consiliere Teclador gerichetet: "Auch Euch, Signore Tuachall, will ich dazu anhalten. Und ich möchte sogleich den Anschuldigungen, die sicher einem Missverständnis entsprangen, entgegnen. Meine verdiente Familie ist mir lieb und teuer, doch niemals würde ich dies' mir anvertraute Amt der Stadt hintenanstellen und niemals würde ich gar die weise Verfassung unseres geliebten Shenilos missachten! Wenn ich Eure Tante vorschlug, so weil ich sie für die Fähigste für dieses Amt halte und nach vielen Gesprächen mit ihr und weiteren Kandidaten mich auch in der Lage wähne, dies beurteilen zu können. Sie wird die Gravitas ihres Amtes begreifen und es weder zu persönlichem, noch dem Nutzen ihrer ehrenwerten Familie missbrauchen. Auch wird sie nicht nach Ruhm für ihre Familie oder sich selbst streben, sondern nur den Ruhm Shenilos und der Gransignorie zu mehren suchen. Dies hat Signora Yolanda mir selbst versichert - und dafür bürge ich mit meinem Namen und Signora gloriosa mit dem guten Namen ihrer Familie!

Denn lasst uns nicht vergessen: Wenn sich in unseren Vorschlägen viele wohlklingende Namen unserer verdientesten Familien wiederfinden, dann nicht, um der eigenen, niederen Klientelpolitik oder alten Sympathien und Antipathien zu dienen, sondern nur weil eben diese Familien sich um die Stadt verdient gemacht haben und aus ihren Reihen Großes erwartet werden kann. Das ist es, was Adel bedeutet, was Patriziat bedeutet und das ist es, warum wir diese Familien in unserer Stadtverfassung verankert wissen. Diese Familien teilen nicht nur Hab und Gut, sie teilen Blut, Namen, Geist und Moral. Warum sonst sollten wir unsere Vorfahren ehren - die verstorben gar, Prätor Boronir - wenn es nicht der Wahrheit entspräche, dass unser aller Leistungen auf dem Verdienst unserer Vorfahren aufbauen würde? Nur unser Wille, unsere Tugend und das Wohlwollen der Götter entscheiden, wie wir dieses Potential zu nutzen gedenken!"

Immer hitziger waren Belenos Worte geworden, aufgesprungen aus seinem Stuhl war er gar und mit Spannung erwartete der Geweihte, mit beiden Händen auf den Tisch gestützt und mit feurigem Blick die Anwesenden musternd, die Reaktionen seiner Zuhörerschaft.

Überraschender Schulterschluss

Arana hatte sich das Hin und Her von Beleno und Scibor angeschaut und mußte bei der Bemerkung Belenos lachen. Dann erhob sie sich erneut um das Wort an die Versammlung zu richten.
"Ich glaube ich habe mir dieses Geplänkel lang genug angeschaut um eine Entscheidung zu treffen. Meine ehrenwerte Großmutter hatte unserer Familie mitgeteilt, dass sie nach Ende ihrer Amtszeit in der Curia Patricii aus der Sheniloer Politik zurückzieht. Sie hat seit über 30 Jahren bei der Politik der Stadt mitgewirkt, so ist es verständlich das sie ihre Ruhe haben will."

Ein Blick ins Consilium zeigte Arana, dass sie die Aufmerksamkeit der Anderen besaß. "So stimme ich für Travin di Asuriol als neuen Cancellario. Er hat bewiesen, dass er die Politik der Stadt bereichern wird und er großen Aufgaben gegenüber keine Scheu zeigt. Diese erledigt er mit großer Sorgfalt und Hingabe.

Sie nickte ihren Collegas nochmal zu und setzte sich wieder.

Schwitzender Scibor

Scibor fuhr sich mit einer Hand durchs Gesicht. Er mußte dringend neues Puder auftragen, sonst würden bald Schweißperlen auf seiner Stirn stehen. Warum mußten die Fester an diesem Tag auch verschlossen bleiben. Er brauchte mehr Zeit. Der Augenblick, als Tankred zum Weinkrug ging, und Beleno so ausdruckslos, oder war es gar abschätzig, anschaute, ging ihn durch den Kopf. Von ihm hatte er doch die Empfehlung für Travin erhalten. Es schien eine gute Idee zu sein. Aber irgendetwas störte ihn.
So wie es jetzt stand, war seine Stimme entscheidend. Er könnte seiner Tante zur Kandidatur verhelfen. Es erschien so verlockend für die Familie. Die Tuachalls wären die erste Familie in und um Shenilo. Die Erste die gefeiert, aber auch die Erste, die angeklagt werden würde.
Da wurde ihm bewußt, was ihn störte. Tankred empfahl ihm die Wahl von Travin, aber er selbst stimmte für Leomar. Das paßt nicht zusammen, falls Tankred wirklich für Shenilo den besten Kanditaten suchen würde. Was will Tankred? Egal was er will, es war nicht sein Plan.

Scibor erhob sich wieder: "Da hört ihr es Beleno, selbst Tsatalane unterstellt meinem Vater Potros einen großen Einfluss auf meine Tante. Natürlich würde es den Vorwurf der Vetternwirtschaft geben, wenn ich meine Tante nominieren würde.

Aber andere Gedanken lassen mich an meiner Wahl zweifeln. Ich ziehe meine Stimme für Travin di Asuriol zurück, bis mir die Herrin Hesinde die Weisheit schenkt, die richtige Wahl zu treffen."

Innerhalb weniger Minuten, hatte er sich so blamiert, dass man davon noch in Monaten sprechen würde. Vielleicht würden die Leute aber endlich erkennen, dass er nicht mehr unter der Fuchtel seines Vaters Potros stand und einen eigenen Kopf hatte.