Briefspiel:Schwertfest in Urbasi (4)
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Teil 4: Panthino und Malvolio, weiter geht’s …
Autor: Gonfaloniere
„Ah, gut dass ihr mich darauf [die Geschäfte des Hauses Urbet-Marvinko] ansprecht“, griff Panthino nach den Dokumenten in seiner Tasche, „zumal da ja gerade schon die Rede vom Vater eurer beiden jungen Cavallieri war …“
Der Priore pecunis hielt kurz inne, bemüht aus den Gesichtszügen seines Gegenübers eine Reaktion abzulesen. Hatte er das Lachen Malvolios bei der Randbemerkung eben richtig eingeschätzt, die beobachtete Häme nicht fehlgedeutet? Er wollte den Familienerben, der sich längst wie ein Patriarch gab, nicht unnötig verärgern – und suchte daher nach den richtigen Worten.
„… dessen nähere Bekanntschaft mir bislang ebenfalls versagt blieb.“
Ob das etwas ändern würde?
„Nun, wie ihr sicherlich wisst, Signore, haben wir die letzten Wochen nach einem geeigneten neuen Aufseher für die Silbertaler Bank gesucht. Mein Vetter wandte sich dabei auch an euren Onkel Parsilius, der Yarum als Kandidaten aufwarf. Ein MANN von eurem Blute, mit seiner Bildung …“
Panthino überlegte kurz: Sollte er sich wirklich dafür entschuldigen, diese Entscheidung getroffen zu haben? Nein, da musste Malvolio jetzt zur Not durch.
„Jedenfalls sind wir darin übereingekommen, ihn zum Supremar-Recalculator zu bestellen!“
Panthino setzte bei dieser Ankündigung ganz bewusst ein möglichst unschuldiges Lächeln auf, als erwarte er von seinem Gegenüber für diese Ernennung freudig beglückwünscht zu werden. Und kramte dann auch endlich die Dokumente hervor, die das Ganze gegenüber Fürstlicher Gemeinde und Teilhabern der Silbertaler Bank offiziell machen würden.
Autor: Turani
Das Lächeln auf Malvolios Lippen war für einen kurzen Augenblick lang säuerlich, bevor es in jenes aufgesetzte Schmunzeln überging, das Politiker stets aufzulegen pflegten, wenn sie die Maske der Höflichkeit nicht ablegen durften.
"Wirklich eine kluge Entscheidung, meinen geschätzten Onkel im Rat zu bitten. Er ist ein weiser Mann, und noch dazu gänzlich über den Verdacht der politischen Einflussnahme erhaben. Ja, man könnte sagen, dass nur das Wohl der Kirche und seiner Familie ihm am Herzen liegt", erwiderte ein wenig bissig. "Und wie erfreulich für meinen Bruder, Euer Vertrauen zu genießen. Es wurde höchste Zeit, dass unsere Familie in der Stadt wieder mehr an Einfluss gewinnt. Ich hoffe nur, Yarum wird Euch nicht enttäuschen." Meinte er das ernst? Es klang fast so, als würde er das Versagen seines Bruders wenig bedauern, sollte es dazu kommen. "Gibt es noch weitere neue Personalien, die für mich von Interesse sein könnten, Priore?"
Autor: Gonfaloniere
Panthino entgingen die Zwischentöne in Malvolios Formulierungen nicht – gleichwohl gedachte er nicht weiter darauf einzugehen.
„Nein, bedaure – uns beschäftigt darüber hinaus derzeit eigentlich nur eine ‘alte’ Personalie …“
Das Klopfen des Heroldsstabs auf dem harten Boden der Eingangshalle unterbrach das Gespräch abrupt. In den massiven Gewölben, die den 60 Schritt aufragenden Campanile über ihnen trugen, hallte es besonders laut wider.
„Die Herrschaften mögen sich bitte auf die Ankunft der Paradeteilnehmer einstellen“, gab der Ausrufer mit fester Stimme bekannt, „da diese die Tore zur Oberstadt soeben erreicht haben.“
Dies war für die meisten Anwesenden das Kommando, sich zumindest schon einmal in einen der beiden seitlich über Treppen abzweigenden Säle – den berühmten Silbernen Saal der Signoria oder das heute allen offenstehende Kabinett der Priori – zu verfügen. Von den geöffneten großen Prunkfenstern würde man den davor liegenden Renascentia-Platz gut überblicken können – wenn man nicht ohnehin einen der begrenzten Plätze auf dem dazwischen gelegenen Balkon zu erhaschen versuchte. Ein Geheimtipp war zudem die über das Campanile-Treppenhaus zu erreichende Dachbrüstung unmittelbar unter dem Turm.
Panthino hatte es nicht so eilig – ihm würde als Familienoberhaupt und Priore ohnehin ein Platz auf dem Balkon reserviert bleiben. Da er die Pläne seines Gesprächspartners nicht kannte, sah er diesen allerdings erstmal fragend an.
Autor: Turani
Malvolio nickte zufrieden, als die Ankündigung kam. "Wurde aber auch Zeit", brummte er und wandte sich kurz suchend um. "Wie es scheint, ist mir meine Begleitung abhanden gekommen. Sie wird sich allein ihren Platz suchen müssen. Nach Euch, Priore." Und er schickte sich an, Panthino auf den Balkon zu folgen.
- Andernorts [bei den Carasbaldi-Schwestern] schenkte Fernan den drei Damen ein überraschtes Lächeln. "Rahyella Carasbaldi? Oh, der Name klingt in meinen Ohren. Er fiel schon das ein oder andere Mal in unserem Haus", bemerkte er mit spitzbübischem Grinsen. "Ich denke, es war ein Gespräch meiner lieben Vettern... die zu bewundern ich im Übrigen auch hier bin. Alexandrian und Aurelia della Turani, aber wenn ich mich nicht irre, sind das keine unbekannten Namen für Euch. Sie werden heute den Glanz unserer Hauses hochhalten und damit meinen Bruder Barian unterstützen." In seiner Stimme schwang aufrechter Stolz und vielleicht sogar Bewunderung für die Leistungen seines Bruders mit. "Also, die Damen, wenn es in Eurem Herzen noch etwas Platz gibt, dann jubelt auch meinen Vettern zu, denn sie sind jung und empfänglich für derartige Begeisterung." Er zwinkerte vielsagend. Dann, als der Ausrufer die Cavalliere ankündigte, sah er die Damen fragend an. "Wie gesagt, werft einmal einen Blick auf sie, Ihr könnt sie nicht verfehlen. Achtet einfach auf den hübschesten Cavalliere und die goldblonde Dame neben ihm. Einen schönen Tag wünsche ich." Fernan verneigte sich und eilte davon, um seine Schwester zu begleiten.
Autor: Gonfaloniere
„Wie ihr wollt“, gab Panthino lächelnd zurück, sah dann aber auf die Dokumente in seiner Hand herab und besann sich eines Anderen, „… das heißt … ich überbringe das hier lieber noch schnell dem Empfänger, bevor ich es den ganzen Tag bei mir tragen muss. Ich denke, wir finden auch später noch Gelegenheit, unser Gespräch fortzusetzen, Signore. Ihr entschuldigt mich?“
Die Frage war natürlich eine rhetorische und so wartete der Priore die Antwort gar nicht ab, sondern entschwand ohne weitere Umschweife in der in entgegengesetzte Richtung drängenden Menge.