Briefspiel:Drachenfeuerturnier/Zwei Brüder - Abneigung und Bewunderung

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Drachenfeuer links.png Städteübergreifendes Briefspiel Mythraelsbund.png
Datiert auf: 20.-24. Rahja 1045 BF Schauplatz: Stadt Terubis Entstehungszeitraum: ab Dezember 2022
Protagonisten: viele Cavallieri aus dem Horasreich, dazu einer aus den Nordmarken und eine Handvoll Almadaner Autoren/Beteiligte: Haus Amarinto.png Amarinto, Haus di Malavista.png Cordovan, Familie Cordur.png Coturnix, Familie Cortesinio.png Cortesinio, Königreich-Almada-klein.png Der Sinnreiche Junker von Aranjuez, Familie Flaviora.png Flaviora, Wappen Hirschenau.png Gishtan re Kust, Haus Urbet.png Gonfaloniere, Haus Torrem.png Horasio, Familie Luntfeld.png Luntfeld, Haus Novacasa.png Novacasa, Haus Carson.png OrsinoCarson, Haus di Salsavur.png Rondrastein, Haus Veliris.png Schatzkanzler, Familie Wankara.png Thera Uhdenberg, Familie Zorgazo.png Toshy, Haus ya Pirras.png VivionaYaPirras u.w.
Zyklus: Übersicht · Eröffnung · Regeln · Tjost · Einhandwaffen · Zweihandwaffen · Schildstechen · Wagenrennen · Buhurt · Alte Rechnungen · Jacop vs. Ovarca / Edoran / Shafiro / Geronthe / Er­da­no 💬︎ / Travian · Zwei Brüder · Nicht nur ein Turnier · Der Minnesänger · Ungeahnte Interessen

Zwei Brüder - Abneigung und Bewunderung

Autor: Jott

Terubis, 21. Rahja 1045 BF

Keine Technik, nur Gewalt. Als wolle er einen Oger niederstrecken!” Den Kopf missbilligend schüttelnd, wandte Laurentio Valiento von Taladur seinen Blick zu den nächsten Kombattanten, die sich abseits auf ihren bevorstehenden Kampf vorbereiteten: Jacop Novacasa und Ovarca de Tervilio. Das versprach interessanter zu werden! Und ohnehin relevanter für ihn, als es die Kämpfe mit den Waffen zu zwei Hand waren.

Sein jüngster Bruder Assavo Fuerto von Taladur hingegen, den inzwischen nur noch wenige Götternamen am Königlichen Kriegerseminar zu Punin von seinem Kriegerbrief und damit von dem von ihrer Mutter bei Taladurs bester Waffenschmiede in Auftrag gegebenen Bidenhänder trennten, schaute weiter gebannt zu, wie Tego Colonna seiner Kontrahentin seinen Kampf aufzwang. Sichtlich gespannt, wie lange Arm und Stahl Domna ya Cantarras den brachialen Hieben wohl standhalten konnten. Laurentio war sich sicher, dass der Jüngere insgeheim darauf hoffte, dass eines von beiden brechen möge.
“Als der sich mit dem Baron und seinem Bastard die Teilnehmer angesehen hat, hat er schon angekündigt ihr die Scheiße aus dem Leib zu prügeln”, gab Almanzo zum Besten, was er kurz zuvor aufgeschnappt hatte, ohne dafür jedoch den Blick vom inzwischen ungleichen Kampf abzuwenden, um ja nichts zu verpassen. Er grinste breit. “Ein Mann ein Wort!”

“Ein Bastard mit dem Benehmen eines Bastards!", befand Richeza von Taladur, die neben ihren beiden Söhnen saß und einen verächtlichen Blick auf den Streiter warf, dem es just in diesem Moment gelungen war, seine geschwächte Gegnerin ihrer Waffe zu berauben und damit den Sieg für sich zu beanspruchen.

Kurz musste Laurentio bei ihren Worten gegen den Drang ankämpfen, verständnislos den Kopf zu schütteln. War sie sich der Scheinheiligkeit ihrer Ansichten bewusst? Laurentios Blick wanderte von ihr zu seinem jüngeren Bruder, der ohne die missbilligenden Worte vorab, dem Colonna nun wohl ebenfalls begeistert Beifall gespendet hätte. Assavo jedenfalls war die Doppelmoral ihrer Mutter nicht bewusst. Wie auch?

Laurentio beobachtete nachdenklich, wie die bewundernd funkelnden Augen seines vier Jahre jüngeren Bruders dem siegreichen Mercenario folgten, der sich gerade anschickte, den Kampfplatz zu verlassen und damit endlich den Platz freigab für einen Kampf, von dem sich Laurentio mehr Unterhaltung und hoffentlich auch Einsicht in Techniken und Schwachpunkte seiner möglichen zukünftigen Gegner bei diesem Turnier erhoffte.

Einmal mehr musste sich Laurentio auf dieser Reise eingestehen, dass ihn noch immer weit mehr von seinen jüngeren Brüdern trennte, als die Hand Körpergröße, um die er sie überragte. Dabei hatte er bis zuletzt gehofft, dass die strengen Lehrzeiten, die sie durchliefen – Almanzo wie er an der Kaiserlichen Lehranstalt für Reiterei und Pferdezucht, Assavo am Königlichen Kriegerseminar zu Punin – sie einander endlich doch annähern würden. Doch außer ihrem Namen und dem guten Aussehen ihrer Mutter, das sie an alle ihre Kinder weitergegeben hatte, einte die Brüder nach wie vor fast nichts.

Assavo schien den kritischen Blick seines Bruders auf sich liegen zu spüren. “Das Scheiße aus dem Leib prügeln waren seine Worte, nicht meine.”

Laurentio sah seinen jüngeren Bruder tadelnd an. “Nur weil er solch eine Rede führt, musst du sie nicht wiedergeben! Damit machst du sie zu deinen Worten.”

Assavo zuckte lediglich mit den Schultern und für einen Augenblick betrachteten sich die Brüder schweigend, bis das fast schon angewiderte “Ihr Götter! Was soll das denn geben?” ihrer Mutter sie aufhorchen ließ und eine direkt darauf los krakelende Frauenstimme lautstark und aufdringlich ihre Aufmerksamkeit einforderte:
“Daaa ist sie, die mutige Herausforderin unseres Patrons, die reizende Ovarca, Schwert und Schild der Grafschaft Harderin …”

“Was für eine furchtbare Posse!” Die Worte Richeza von Taladurs gingen fast in dem Lärm unter, zu dem die aufgetakelte Frau die Zuschauer anstachelte, an die sie nun, sehr zum Entsetzen ihrer Mutter, auch noch begonnen hatte Fischhäppchen zu verteilen.

Laurentio verkniff sich ein Lachen. Vor über einem Jahrzehnt hatte sein Soberan und Neffe zweiten Grades Dom Rafik Listhelm Maldonado von Taladur, der ehemalige Reichserzkanzler und heutige Kanzler Almadas, schließlich etwas ganz ähnliches tun lassen. Damals hatte er bei seinem denkwürdigen, im Caralus-Stadion bestrittenen Duell gegen Domna Richeza von Kornhammer-Scheffelstein y da Vanya den Zuschauern wohl ein noch weit beeindruckenderes Spektakel vorspielen lassen. Auch wenn freilich die Wahl der im Anschluss an seine Niederlage freigiebig an all die einfachen Zuschauer verteilten süßen Aufmerksamkeiten einen weit erleseneren Geschmack und ebenfalls weit größere finanzielle Mittel hatten erkennen lassen. Ob seine Mutter wohl weniger abgestoßen wäre, wenn hier Punipan gereicht worden wäre?

In sich hinein grinsend erhob er sich, als seine Mutter beim Ertönen der Trommeln der Unterstützer des Novacasas mit entschiedener Miene aufstand und mit gewohnt unmissverständlichen Worten klarstelle, dass sie nicht gedachte, diesem unwürdigen Schauspiel auch nur einen Moment länger beizuwohnen.

Seit Laurentios ersten Kampf, mit dem ihm die Ehre zuteil geworden war, den ersten Kampf des Turniers zu bestreiten und in dem er sich mit Säbel und Schild erfolgreich gegen Barabo Prasbert Torrem durchgesetzt hatte, war nun schon einige Zeit verstrichen. Als nächstes stand ihm der Ritt in die Schranken bevor, zu dem er als geloster Reizer Poldoron von Urbet als Kontrahenten gefordert hatte. Und so folgte der junge Leutnant nun seiner Mutter und seinem Bruder, der ihr vorausgehend grob einen Weg durch die Zuschauer bahnte, auch wenn Laurentio selber gern noch etwas bei diesem ungewöhnlichen Schauspiel zugesehen hätte.

Aber langsam wurde es ohnehin Zeit für Laurentio, sich für seine nächste Begegnung anzurüsten. Sich und ebenfalls seinen Tralloper Rapphengst Ganador, was wohl wie immer eine ganze Weile dauern würde, da Laurentio vor hatte, ihn hier in vollem Schlachtrüstzeug zu reiten. Einerseits weil es nicht sein eigenes Pferd war, das hier je nach Fähigkeit seiner Gegner verletzt werden könnte, sondern Ganador dem Regiment gehörte, in dem Laurentio diente. Andererseits musste ein Pferd ebenso an das Tragen einer Rüstung in Kampfsituiation gewöhnt werden, wie alle Kämpfer und da der Hengst noch ein vergleichsweise unerfahrenes Schlachtross war, nutzte Laurentio stets jede Gelegenheit, die sich ihnen bot, ihm eben diese Erfahrung zu ermöglichen. Und da es bei der Tjost nicht auf die Schnelligkeit ankam, würde die zusätzliche Behinderung verglichen mit den Pferden, die nur mit einer Wappendecke oder ähnlichem angetan antraten, ihnen wohl keine Nachteile bringen.

Als sie gerade die Tribüne hinter sich gelassen hatten, erhellte sich das finstere Gesicht seiner Mutter plötzlich wieder, nachdem sie ihren Blick einen Moment lang suchend über die Menge hatte schweifen lassen.

Zwar hatte Laurentio dabei nicht erkennen können, wem ihr Interesse galt, doch schien diese Person für ihre Absichten relevant genug zu sein, als dass Richeza sich nun ihrethalben von ihrem Ältesten verabschiedete und am Arm Assavos in Richtung eines anderen Tribünenaufganges davon schritt.

Auch wenn sie ihn über ihre Beweggründe und Ziele wie meist im Unklaren gelassen hatte, vermutete Laurentio, dass die gemeinsame Reise für seine Mutter bislang äußerst zufriedenstellend verlaufen war, war sie in den letzten Tagen doch immer mal wieder ungewöhnlich guter Stimmung gewesen.

Neben den eventuellen geschäftlich oder politisch gewünschten Erfolgen – was immer sie sein mochten – hatte zu dieser guten Stimmung aber sicherlich ebenso beigetragen, dass die inzwischen vierzigjährige Richeza von Taladur auf ihrer Reise immer wieder für eine Schwester ihrer Söhne gehalten worden war. Aber das war eigentlich stets der Fall, überall dort, wo man sie nicht bereits kannte. Wahrscheinlich war dies auch der Grund, warum sie sich auf Reisen so gerne mit ihren Söhnen umgab. Denn eigentlich immer fand sich jemand, der ihr, “die Erlaubnis ihres Bruders vorausgesetzt”, gerne einen Wein spendieren wollte oder ihr bei einem Spaziergang Gesellschaft leisten oder etwas in der Art. Und stets lag eine maßlose Genugtuung in ihrem Blick, wenn sie demjenigen eröffnete, dass sie die Erlaubnis ihrer Söhne wohl nicht bräuchte und das darauffolgende “Söhne? Das ist doch nicht möglich!” aus tiefstem Herzen kam.

Laurentio fragte sich manchmal, ob seine Mutter bisweilen wohl vergaß, den Irrtum ihrer Bewunderer richtig zu stellen. Ob es jene gab, die gar glaubten Farfanya getroffen zu haben. Zuzutrauen war es ihr!

Kurz blickte Laurentio ihnen noch nachdenklich hinterher, dann schüttelte er den Kopf und machte sich auf den Weg zum Zeltlager, das er mit den ya Pirras und Algerio da Selaque von Culming, einem guten Freund seiner Schwester, teilte.