Briefspiel:Eine ungewöhnliche Verhandlung

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Familie Gerber.png Städteübergreifendes Briefspiel Haus Amarinto.png
Datiert auf: 17. Ingerimm 1045 BF Schauplatz: Feste Amardûn bei Amarinto Entstehungszeitraum: Mai 2024
Protagonisten: Methelessa Gerber, Cariana Amarinto, Dareius Amarinto, Gwyn Gerber, Skrayana brai Rahjalina Autoren/Beteiligte: Haus Amarinto.png Amarinto, Familie Gerber.png Gerberstädter


17. Ingerimm 1045 BF, Feste Amardûn in Amarinto


Die junge Patriziertochter Methelessa Gerber aus Efferdas möchte eine traditionelle Ausbildung zur Ritterin beim phecadischen Rittergeschlecht Amarinto absolvieren. Zuerst muss sie jedoch ihre zukünftige Schwertmutter Cariana Amarinto von ihrer körperlichen und mentalen Eignung überzeugen.

Ankunft

Für Methelessa Gerber war die ganze Reise ein einziges großes Abenteuer. Schon die Seereise hatte sie fasziniert. Bisher hatte sie die Schiffe nur von Land aus betrachtet und nun war sie auf einer Karavelle von Efferdas nach Sewamund gereist. Dass nicht jede Reise auf den Meeren derart beschaulich vonstatten ging, darüber machte sich die junge Frau keine Gedanken. Stattdessen hatte sie ihrem Onkel einen ordentlichen Schreck beschert, als sie in einem Anfall von Übermut und Neugier die Wanten empor gestiegen war, um zu sehen, was für einen Ausblick man vom Krähennest wohl hatte. Was hatte ihm seine Frau nur aufgebürdet, als sie beschloss, ihn mit dieser Mission zu betrauen. Eigentlich hatte er gedacht, sein Part sei mit der Vermittlung des Kontaktes erledigt und Quenia würde sich selbst der Sache annehmen, aber nein, das Familienoberhaupt hatte dringende Angelegenheiten in Efferdas zu erledigen. Nach der Ankunft in Sewamund war man im renommierten Hotel Sewakblick für die Nacht untergekommen. Noch am Nachmittag hatte Gwyn Gerber drei Pferde, zwei Reit-und ein Packpferd im Mietstall der Familie Degano für den nächsten Tag organisiert.

Nach einer erholsamen Nacht und einem stärkenden Morgenmahl waren sie am frühen Morgen aufgebrochen. Während für Gwyn alles bekannt und vertraut war, kam die junge Frau nicht aus dem Staunen und wurde nicht müde ihm ihre Entdeckungen zu zeigen. So machte der 52-jährige gute Miene und freute sich mit seinem Schützling über die Schönheiten der Umgebung. Sie hatten Sewamund durch das Garlischgrötzer Tor Richtung Norden verlassen und waren der König-Khadan-Straße gefolgt. Zu ihrer Linken stets die Grangorer Bucht, von der stets ein angenehmer Wind ins Land hinein blies, zu ihrer Rechten das Land, welches die Phecadier mit Hilfe von beeindruckenden Deichkonstruktionen dem Herren Efferd abgerungen hatten. Dazu überall die typischen phecadischen Windmühlen. Schließlich erreichten sie das Dorf Amarinto, welches offensichtlich von wohlhabenden Bauern und Handwerkern bewohnt war. Die Häuser waren blumengeschmückt und sauber. Die Menschen gesund und von kräftigem Wuchs, oft mit jedoch erheblich nüchterner und ernsthafterer Miene als die beiden aus der lebenslustigen Coverna gewohnt waren. Endlich erreichte man die zwar nicht sehr große, aber dennoch beeindruckende Wehranlage. Die Feste Amardûn, auch Gwyn war nun etwas aufgeregt. Die Feste thronte auf einem kleinen Felsvorsprung oberhalb des Dorfes, am Zusammenfluss zweier Kanäle. Es war keine große Festung, aber strategisch gut gelegen. Auf dem Burgfried flatterte ein rotes Banner mit dem Wappen der Amarinto. Sie ritten über die Brücke hinauf zum Tor, an dem zwei Waffenknechte in rot-gelben Waffenröcken Wache hielten und die beiden Reiter neugierig beobachteten. Nachdem sie das Tor passiert hatten und sich nun im Inneren der Feste befanden, schwang sich der Kaufmann aus dem Sattel und forderte die fasziniert umher blickende Methelessa auf ebenfalls abzusteigen. Im Hof der Festung konnte sie einen exotischen Krieger ausmachen. Ein Hüne von mehr als zwei Schritt, mit langem rotblondem Haar und Bart, der eine seltsame Mischung aus horasischer Rüstung und kariertem Rock in Braun- und Grüntönen, sowie das Fell eines Bären als Umhang trug. Er stützte sich auf eine mächtige zweihändige Axt, während er mit einer fast ebenso groß gewachsenen jungen Frau, mit blondem Zopf und in edler horasischer Kleidung nach Grangorer Schnitt redete. Die gutturale Sprache der beiden war vollkommen unverständlich und fremdartig. Gwyn erblickte ebenfalls das hünenhafte und gerüstete Paar, welches sich in einer ihm nicht geläufigen Sprache unterhielt. Etwas verwundert blickte er zu seiner Nichte. Ihr erstaunter Blick traf den seinen und noch ehe er in der Lage war etwas zu sagen hielt er einen zweiten Zügel in der Hand und konnte mit nun drei Pferden im Schlepptau nur zusehen, wie die junge Frau schnellen Schrittes zu den beiden Kriegern eilte. "Verzeiht hohe Herrschaften, ich heiße Methelessa Gerber und bin auf der Suche nach der Castellanin, Esquiria Cariana Amarinto. Ob mir die hohen Herrschaften wohl sagen können wo ich sie finde?" mit freundlichem Lächeln blickte sie von der groß gewachsenen jungen Frau zu dem bärtigen Hünen.

Aus der Nähe betrachtet bemerkte Methelessa, dass die junge Frau gar nicht so alt war, wie sie zuerst gedacht hatte. Ihre enorme Körpergröße und der kräftige Körperbau verschleierten geschickt, dass die beiden in etwa gleich alt waren. Sie blickte hinunter zu der etwa einen Kopf kleineren Efferdierin, grinste und sprach mit reinem, wenn auch phecadisch gefärbten Horathi: "Ah, die Neue! Die Signora erwartet Euch bereits im großen Saal." Ihre massive Hand legte sich auf Methelessas Schulter und schob sie unsanft in Richtung des Bergfrieds. Sie wandte sich kurz in Richtung des bärtigen Kriegers mit der Axt und wechselte fließend zurück in diese seltsame Sprache, dann sprach sie einige kehlige Worte zu dem Krieger welcher daraufhin ein tiefes grollendes Lachen von sich gab, einige Worte murmelte, sein Axt schulterte und in Richtung des Dorfes fortging. Sie wandte sich wieder an Methelessa: "Das dort ist Mhorginach der Schlächter, ein großer Krieger der schon mit Häuptling Rastar Ogerschreck gegen den Dämonenmeister gekämpft hat, er sagt, du siehst ein wenig schwächlich aus und solltest mehr essen." Sie grinste wieder. "Ich bin Skrayana, die Knappin von Cavalliere Dareius Amarinto. Wir werden sicher häufiger zusammen üben. Du solltest wirklich mehr essen, wenn du mithalten willst." Skrayana wirkte nicht so, als ob sie das als Beleidigung meinte. Es schien mehr wie ein ernst gemeinter Rat aus ihrem Mund.

Methelessa mochte die warme, etwas tiefere Stimme Skrayanas und sie störte sich weder an dem festen Griff, mit dem sie die Blonde in Richtung Bergfried schob, noch an ihren Äußerungen. Mit festem Unterton entgegnete sie: "Ich werde mir euren Rat zu Herzen nehmen. Ein bisschen mehr Fleisch auf den Rippen würde mir sicher nicht schaden!" Sie blickte an sich hinab und hatte arge Zweifel dass sich an ihrer Figur arg viel ändern würde, wenn sie noch mehr essen würde, aber das musste sie der Riesentochter nicht auf die Nase binden, stattdessen wechselte sie das Thema und fragte mit nun sehr interessierter Stimme: "Sagt was ist das für eine interessante Sprache in der ihr euch mit Mhorginach unterhalten habt? Ob ihr mich wohl darin unterrichten würdet?" mit einem Blick, den ein kleines Mädchen wohl ihrer Mutter schenken würde, die sie gerade um ein Stück Zuckerkuchen angefleht hatte, sah sie zu der Knappin hoch.

Skrayana zog eine Augenbraue hoch und lachte dann herzlich. "Gjalskisch, wie man es in der Heimat meines Vaters nördlich des Orklandes und Thorwals spricht. Ich bringe es dir bei...wenn du in einem Ringkampf länger als eine Minute gegen mich durchhalten kannst." Sie grinste herausfordernd. Methelessa lächelte zurück und streckte Skrayana ihre Rechte entgegen "Das klingt mir nach einem phexgefälligen Handel. Schlag ein, auf das er Gültigkeit hat!" Die Blonde schlug ein und die Schwarzhaarige musste kurz die Zähne zusammenbeißen, um ein schmerzvolles Stöhnen zu unterdrücken. Bei Rondra hatte Skrayana einen Händedruck!

Gwyn verfolgte das Geschehen gleichermaßen interessiert wie pikiert. Gerade schlenderte der respekteinflößende Hüne mit der nicht weniger respekteinflößenden Axt an ihm vorbei und warf ihm einen kurzen, musternden Blick zu. Ihm schien es, als habe er ein kurzes, amüsiertes Lächeln auf dem Gesicht des riesenhaften Kriegers gesehen, als dessen Blick auf das Rapier an Gwyns Seite gefallen war. Er mochte es ihm nicht verdenken, hoffte er doch sehr niemals gegen eine solche Urgewalt antreten zu müssen. Als er seinen Blick wieder nach vorn richtete waren die beiden Frauen gerade im Begriff in Richtung des Bergfrieds davonzugehen. "Ja bin ich hier der Stallbursche?" polterte er los. Seine Nichte blieb abrupt stehen und wirbelte mit schuldbewusster Miene zu ihm herum. "Verzeih Onkel, ich habe dich ganz vergessen!" innerhalb eines Wimpernschlages hatte sich ihr Gesicht knallrot gefärbt. Gwyn schüttelte den Kopf, ja das war Methelessa, kaum hatte sie etwas Interessantes entdeckt, vergaß sie die ganze übrige Welt. Ob sich das jemals ändern würde? "Ähmm...Ach ja, das ist Skrayana" hektisch deutete sie auf das hünenhafte Mädchen "Sie ist die Knappin des Gemahls meiner künftigen Schwertmutter! Skrayana, das ist mein Onkel der ehrenwerte Signor Gwyn Gerber." Nervös blickte sie zwischen ihrem Onkel und Skrayana hin und her. Es war ihr ausgesprochen peinlich, dass sie ihren Onkel komplett vergessen hatte, zu sehr war sie von der fremdartigen Sprache und der imposanten Erscheinung von Skrayana und Mhorginach fasziniert gewesen.

Skrayana registrierte erst jetzt den Begleiter ihrer neuen ‘Freundin’, sofort veränderte sich ihre Haltung und sie verbeugte sich der Etikette angemessen. "Entschuldigt Signor, willkommen in der Feste Amardûn. Esquiria Cariana Amarinto erwartet Euch bereits im großen Saal. Wenn Ihr mir folgen möchtet." Innerhalb von Sekundenbruchteilen war aus der jovialen Hünin eine höfliche horasische Adlige geworden. "Ah und Signora Methelessa hat das Verhältnis von Cavalliere Dareius und Signora Cariana missverstanden, mein Schwertvater ist der ältere Bruder Signora Carianas und das Oberhaupt des Hauses Amarinto, sowie einer der bekanntesten Turnierstreiter des Reiches.” Ein gewisser Stolz zeigte sich in ihrem Gesichtsausdruck.

Gwyn war überrascht und beeindruckt von Skrayanas Wandlung, ob Methelessa auch einmal so werden könnte? Er neigte leicht sein Haupt "Praios zum Gruß Signora Skrayana. Habt bitte keinen falschen Eindruck von uns. Selbstverständlich ist uns der Stammbaum des Hauses Amarinto geläufig und auch der Umstand, dass Signora Cariana den Traviabund noch nicht geschlossen hat. Auch meine Nichte weiß dies mit Sicherheit, nur neigt sie dazu, nicht auf ihr Wissen zurückzugreifen und stattdessen auf ihre...spontanen Eingebungen zu vertrauen und diese leider auch zu äußern." Mit einem Kopfschütteln blickte er zu der betreten dreinblickenden Vierzehnjährigen. Mit immer noch hochrotem Kopf starrte sie auf ihre braunen Reitstiefel und wäre am liebsten im Boden versunken. Warum konnte sie sich nicht ein einziges Mal so verhalten, dass sie nicht unangenehm auffiel? Ob man ihr wirklich erzählt hatte, dass ihre künftige Schwertmutter gar keinen Gemahl hatte? Wahrscheinlich, aber diese Sachen waren immer so langweilig und es fiel ihr sehr schwer, den langatmigen Ausführungen zu folgen. Auf ein Zeichen der blonden Knappin waren inzwischen zwei Bedienstete herangekommen, die den Efferdier von den drei Pferden befreiten. Mit einem zufriedenen Lächeln wandte er sich wieder Skrayana zu: "Sehr aufmerksam, euer Schwertvater ist sicher sehr stolz auf euch. Habt nun bitte die Freundlichkeit uns zu geleiten, wir wollen die Herrschaften nicht ungebührlich lange warten lassen!"

Sie betraten die Festung und auf dem Weg zum großen Saal konnten die beiden Gerbers ausgiebig die Ahnengalerie des Hauses Amarinto betrachten, angefangen beim ersten Herren von Amarinto, Rondrician Amarinto, einem Offizier König Khadans. Das letzte Gemälde zeigte dann auch Dareius Amarinto, das aktuelle Oberhaupt des phecadischen Rittergeschlechts. Zur Überraschung der beiden Efferdier war die Festung durchaus modern eingerichtet und erstrahlte in einem hellen Licht, offenbar waren die Räumlichkeiten vor nicht allzu langer Zeit im Stil der Renascentia nach der neuesten Mode umgestaltet worden. Keine Spur von einer düsteren, feuchten Burg, wie sie so viele mittelreichische Adlige bewohnten.

Gwyn Gerber blickte sich beeindruckt um und musste mehrfach seine Nichte an stupsen, weil sie stehen bleiben wollte, um das ein oder andere Bild genauer zu betrachten. "Dafür wirst du noch genügend Zeit haben!" raunte er ihr etwas unwillig zu.

Prüfung und Verhandlung

Der große Saal wurde von einer langen Bankett-Tafel dominiert, die Wände waren mit Fresken verziert, die Schlachtszenen und wichtige Ereignisse aus der Familiengeschichte zeigten. Cariana Amarinto trug eine schwarze Reithose, polierte Reitstiefel und ein dunkelrotes Wams im Vinsalter Stil, an ihrer Seite baumelten ein Langschwert und ein Panzerstecher. Ihre lockigen schwarzen Haare hatte sie zu einem Zopf geflochten. Sie war in ein Gespräch vertieft mit einem athletischen Mann mit langen schwarzen Haaren und Vollbart, er trug die schwarz-rote Ordenstracht der Famerlorianer, schwarze Reitstiefel und ebenso ein Schwert an seiner Seite. Die Gesichtszüge der beiden ähneln sich auffallend, ganz offensichtlich waren sie Bruder und Schwester. Sie unterbrachen ihr Gespräch, als Gwyn, Methelessa und Skrayana den Raum betraten. Skrayana verbeugte sich knapp. "Signora Methelessa Gerber und Signor Gwyn Gerber aus der efferdischen Senatorenfamilie Gerber sind eingetroffen." Sie wandte sich an die beiden Gäste und deutete zuerst auf den Mann. "Cavalliere Dareius Rondraion Amarinto, Herr von Amarinto und Sudermark, Stadtvogt von Serillio, Constabler von Ruthor und Ritter des Roten Drachen” Danach deute sie auf die Frau. “Esquiria Cariana Amarinto, Kastellanin von Amardûn und Vögtin von Amarinto”. Dareius und Cariana verneigen sich und Dareius ergriff das Wort: "Willkommen geschätzte Gäste, Signor und Signora Gerber! Ich hoffe Eure Anreise war angenehm?" Cariana rief derweil einen Diener mit vorbereiteten Erfrischungen herbei. Dareius bedeutete den beiden Gerbers, sich zu setzen.

Die beiden Efferdier verneigten sich ebenfalls und Methelessas Gesichtsfarbe hatte sich inzwischen auch wieder normalisiert. Die junge Frau hatte sich fest vorgenommen, sich und vor allem ihren Onkel und damit ihre gesamte Familie heute nicht noch einmal und schon gar nicht vor den hohen Herrschaften zu blamieren. Der Kaufmann fühlte sich etwas unwohl, nicht wegen der Rüstungen und Waffen ihrer Gastgeber, es war vielmehr die beeindruckende Aneinanderreihung von Titeln vor allem bei Dareius. Es würde heutzutage schon zwei oder drei hochrangige Familienmitglieder der Gerbers benötigen, um da mitzuhalten. Lediglich Dettmar Gerber hätte bis vor einigen Jahren da gleichziehen können. Gwyn und Methelessa trugen beide schlichte, weiße Leinenhemden, darüber Brokatwams in berühmtem Gerbergrün, ein von der Familie Gerber entwickelter, exklusiver dunkelgrüner Farbton, mit dezenten Stickereien aus Goldfaden, schlichte braune Reithosen aus festem Leder und schwere, braune Reitstiefel. Lediglich Gwyn war bewaffnet, er trug sein Rapier und einen Scheibendolch am Gürtel. Während die beiden Gerbers der Aufforderung Platz zu nehmen folgten beantworte Gwyn Dareius' Frage: "Ja, habt Dank für die Nachfrage Cavalliere Amarinto, die Anreise nach Sewamund stand unter Efferds Wohlwollen und Dank des herausragenden Rufes eures Hauses exzellente Streiter hervorzubringen muss man als Reisender, Praios‘ sei gelobt, keine Räuber oder ähnliches Gesindel auf den Wegen fürchten. Eine große Ehre, dass ihr uns persönlich empfangt, Cavalliere Amarinto!" Gwyn neigte noch einmal sein Haupt.

Dareius nickte wohlwollend. "Wunderbar, bevor wir jedoch zum Grund dieser Zusammenkunft kommen möchte ich zuerst einmal deutlich machen, dass Ihr unser Gast seid. Ein Gästezimmer wurde bereits für Euch vorbereitet. Erweist uns die Ehre heute Abend mit uns zu speisen. Natürlich würden wir uns freuen, wenn Ihr uns mehr über die derzeitige Lage in Efferdas, Belhanka und der Coverna berichten könntet.” Cariana nickte zustimmend und übernahm den Gesprächsfaden fließend von ihrem Bruder. "Auch ich möchte Euch willkommen heißen, Signor Gerber und vor allem Euch Signora Methelessa." Sie sah das Mädchen genau an, ihre blaugrauen Augen musterten sie mit geübtem Blick. "Aber lasst uns nun zum Grund Eures Besuchs kommen. Die Signora Methelessa möchte also die klassische Ritterausbildung antreten? Ein heutzutage ungewöhnliches Bestreben in den südlichen Teilen des Reiches. Besonders ungewöhnlich in der Republik Belhanka und unter ihren Verbündeten. Wie kommt es dazu und wieso seid Ihr deshalb an das Haus Amarinto herangetreten?" Bevor die Gerbers antworten konnten ergänzte Dareius. "Missversteht uns bitte nicht, selbstverständlich fühlen wir uns geehrt. Dennoch ist es uns wichtig, die Motive zu klären, denn das rechte Verständnis des Rittertums ist essentiell für eine erfolgreiche Ausbildung."

Wieder war es Gwyn der das Wort ergriff: "Zuerst möchte ich mich für die Einladung bedanken, eure Gastfreundschaft ehrt uns zutiefst. Gerne folgenden wir eurer Einladung zum gemeinsamen Abendessen. Selbstverständlich werde ich euch über die derzeitige Situation in meiner Heimat berichten. Doch kommen wir zuerst zu meiner Nichte...“ Methelessa legte ihre Hand auf den Unterarm ihres Onkels und drückte ihn kurz bevor sie die Hand wieder zurück zog. "...und ich denke es ist das Beste wenn sie für sich selbst spricht!" Der Kaufmann lächelte, lehnte sich zurück blickte zu der Vierzehnjährigen und schickte ein Stoßgebet zu den Zwölfen. Methelessa, die eh schon kerzengerade auf ihrem Stuhl saß richtete sich innerlich auf, lächelte und nickte ihrem Onkel dankbar zu. Dann blickte sie zu ihrem Gastgeber "Rondra zum Gruß Signor Amarinto und Signora Amarinto." Ihr Blick war von Dareius zu Cariana gewechselt "Um der Wahrheit die Ehre zugeben, meine Familie hat mir viele Möglichkeiten gegeben mich auszuprobieren und ich habe mich mitnichten nur halbherzig oder gar lustlos im Handwerk der Juristin, der Ministerialen oder der Medica gestürzt, auch in der Verwaltung habe ich mich versucht. Und auch der Dienst an Efferd oder Hesinde wollte mich nicht recht erfreuen. In einigen dieser Tätigkeiten sagte man mir sogar Talent nach, doch nichts davon erreichte mein Innerstes. Erst als meine Tante, Quenia Gerber, die Idee hatte, ich solle mich im Waffenhandwerk versuchen und hierfür eigens Henando ya Baltari, der seine Tapferkeit bereits in der Schlacht auf den Rosenfeldern unter Beweis gestellt hat und nun Capitan der 1. Eskadron unserer ehrenhaften Efferdischen Garde ist, gewinnen konnte, hat sich das geändert. Jeden Abend schmerzten meine Glieder, ich hatte am ganzen Körper Prellungen und ich schäme mich nicht zuzugeben, dass ich auch so manche Träne vergossen habe, aber ich war glücklich. Zum ersten Mal in meinem Leben fühlte ich mich lebendig. Kein Treffer meines Lehrmeisters schmerzte mich so sehr wie das Wissen, einen Fehler gemacht zu haben, nicht gut genug gewesen zu sein. Rondra hat mein Herz und meine Seele entflammt. Ich werde eine Ritterin werden, ich werde Blut, Schweiß, Tränen und wenn es sein soll auch mein Leben opfern um die Meisterschaft im Umgang mit Schwert und Lanze zu erlangen um das Leben der mir Anvertrauten zu schützen, Recht und Ordnung zu verteidigen und für meine Familie und die Republik Efferdas gegen jeden Feind bestehen zu können. Aber denkt nicht, ich habe den Glauben Ritter zu sein bedeute nur, sich im Kampf zu beweisen, ich weiß es benötigt einen aufrechten Charakter, einen festen Glauben und das Wissen um die Gebote der Götter und die Gesetze der Menschen. Als mein Onkel von eurer hochehrenwerten Familie erzählte, wusste ich, hier würde ich beides erlernen. Das Wissen um den rechten Weg im Sinne der Gebote und Gesetze zu beschreiten und das Können mit Schwert und Lanze, um sie zu verteidigen. Außerdem steht es einer einflussreichen Patrizierfamilie wie der meinen gut zu Gesicht eine Cavallerista in den Ahnenrollen statt nur in den Lohnlisten zu führen!" Methelessas Augen glänzten und ihr Gesicht strahlte Zuversicht und Gewissheit aus. Gwyn Gerber war überrascht, hatte er doch gefürchtet, sie würde sich in den tausend Gedanken, die scheinbar immer und ständig in ihrem Kopf herum tobten, zu verheddern und nur unzusammenhängende Sätze von sich geben. Aber er musste zugeben, es hatte durchaus Hand und Fuß, was sie gesagt hatte.

Dareius und Cariana blickten einander wortlos an, in ihren Gesichtern spiegelte sich Wohlwollen. Die Geschwister brauchten nichts zu sagen, um sich zu verstehen. Cariana erhob sich, sie lächelte in Methelessas Richtung. Als sie den Tisch umrundete, zog Dareius sein Schwert aus der Scheide und reichte es ihr im vorbeigehen. Sie blieb vor Methelessa stehen und hielt ihr den Griff von Dareius’ Schwert hin. "Euer Herz ist bereit, Signora. Jetzt müsst ihr mir nur noch beweisen, dass es euer Körper auch ist." Sie nahm in einigen Schritt Entfernung Aufstellung und zog ihr Schwert. Methelessa hielt Dareius’ Schwert in der Hand, es war schlicht, überraschend leicht und perfekt ausgewogen. Die einzige Verzierung war eine kunstfertige Seenixe im Knauf. Dareius nickte ermunternd: "Das ist Chu’la’thar, eine Zyklopenklinge. Mein Onkel Alwîn di Bellafoldi erhielt sie von Amene-Horas für seine treuen Dienste. Vielleicht werdet Ihr auch irgendwann eine solche Klinge führen. Nur zu, probiert sie aus..."

Methelessa war etwas überrascht, zwar hatte sie erwartet dass man sie prüfen würde, aber hier und jetzt? ‚Rechne stets und überall mit allem. Ein Kämpfer wird meist nur ein einziges Mal überrascht!‘ Kam ihr einer der Lehrsätze von Henando ya Baltari in den Sinn. Rasch fing sie sich, begutachtete die edle, wenn auch schlicht wirkende Klinge wog sie in ihrer Hand und sah beeindruckt zu Dareius als er von diesem kostbaren Schwert erzählte. Sie trat langsam zwei Schritte zurück und folgte der Aufforderung, das Verhalten der fremden Waffe zu testen. Kurz hatte sie überlegt, was sie tun sollte und entschied, keine Kunststückchen zu vollführen. Mit drei einfachen Manövern, die zum Grundrepertoire des Schwertkampfes zählten, gewöhnte sie sich an die Klinge. Es war erstaunlich, wie gut ihr diese fremde Waffe in der Hand lag. Ihr Kalkül ging auf, es waren zwar simple Techniken, die sie zur Schau stellte, aber es gelang ihr mühelos, sie wie aus dem Lehrbuch auszuführen. Noch einmal betrachtete sie respektvoll die Klinge, trat wieder vor, verneigte sich gegenüber ihrer Duellgegnerin und nahm eine Grundstellung ein, bei der die Schwertspitze auf den Boden zeigte. "Möge die Göttliche Leuin fügen, dass ich mich euch als würde Schülerin erweise!"

Cariana nahm eine klassische Fechtposition ein. "Dann wollen wir mal sehen, was Euch dieser Signor ya Baltari so beigebracht hat."

Die Vierzehnjährige nickte kurz zur Antwort, dann machte sie einen schnellen Schritt nach vorn, hob dabei die Schwertspitze auf die Höhe von Carianas Brust, ehe sie sich abrupt zur Seite drehte und einen Streich gegen die unbewaffnete Seite der Esquiria führte. Eine gut ausgeführte Finte, aber um einer erfahrenen Streiterin wie Cariana gefährlich zu werden oder sie gar zu überraschen, reichte es bei weitem nicht. Die Castellanin parierte den Streich mit einer Lässigkeit, als wäre es ein lang eingeübter Ablauf. Methelessa gelang es noch die ersten beiden, schnell ausgeführten Attacken abzuwehren und einer Dritten auszuweichen, aber dann spürte sie kurz den kalten Stahl an ihrer Kehle ehe die erfahrene Turnierkämpferin fast tänzerisch zwei Schritte zurückwich. Demütig senkte die Efferdierin Schwert und Blick, sie wusste, wenn sie verloren hatte und bei einem Kampf auf Leben und Tod hätte sie eben ihren Kopf verloren. Methelessa ging auf's Knie, beugte das Haupt und hielt der Siegerin Chu’la’thar mit der stilisierten Seenixe voran entgegen. Mit einer nicht zu verkennenden Enttäuschung sagte sie mit dennoch fester Stimme: "Rondra hat entschieden und mich für unwürdig befunden. Verzeiht das ich euch enttäuscht und eure Zeit verschwendet habe!" Noch immer war ihr Blick fest auf den Boden gerichtet. Natürlich war Cariana eine weitaus erfahrenere Kämpferin und genauso wie sie noch niemals Henando ya Baltari besiegt oder auch nur in echte Bedrängnis gebracht hatte war sie zu keinem Augenblick davon ausgegangen gegen die Ritterin erfolgreich sein zu können, aber sie hätte ihr doch länger widerstehen müssen, ihr wenigstens eine Schweißperle abtrotzen müssen. Doch sie war sang- und klanglos untergegangen, keine Minute konnte sie sich verteidigen. Sie hatte versagt.

Cariana nahm Dareius’ Schwert entgegen und steckte ihr eigenes in die Scheide. Sie ging vor Methelessa in die Hocke und blickte ihr amüsiert in die Augen. "Keinswegs junge Signora, ihr habt bereits viel gelernt. Signor Henando scheint mir ein guter Lehrer zu sein. Den Rest werdet ihr sicher auch noch lernen." Sie bedeutete Methelessa aufzustehen und ging selbst zum Tisch zurück, wo sie Dareius sein Schwert zurückgab. Dann ging sie zur großen doppelflügeligen Tür, die in den Saal führte. "Kommt Signora, wir machen einen Ausritt. Ich muss wissen, wie Ihr euch auf einem Pferd anstellt. Euer Onkel und mein Bruder können ja währenddessen das Geschäftliche besprechen."

Methelessa war sprachlos, was geschah hier gerade? Sie hatte versagt, war gescheitert! Ratlos blickte sie zu Dareius, der sie wohlwollend anlächelte während er die edle Klinge in die Scheide steckte. Ihr Blick wanderte weiter zu ihrem Onkel, der ebenfalls recht zufrieden wirkte und ihr aufmunternd zu nickte. Ein bisschen fühlte sie sich als hätte sie einen harten Schlag auf den Kopf bekommen. Ihr Blick ging zu Cariana die an der großen Tür stand und wartete. Irgendetwas hatte sie erwidert und war ihr dann gefolgt. Nun stand sie im Hof vor einem massigen Pferd. Kurz schüttelte sie sich um einen klaren Gedanken fassen zu können. Die Ritterin musste mit ihren blaugrauen Augen etwas in ihr gesehen haben, dass sie selbst nicht an sich erkennen konnte. Sie musste sich jetzt aber endlich zusammenreißen und sich auf die nächste Prüfung konzentrieren.

Im Hof waren bereits zwei Pferde vorbereitet. Die blonde Hünin Skrayana wartete bei den gesattelten Pferden und übergab Methelessa die Zügel eines massigen weiss-grauen Schimmels. Sie hatte bereits von dieser Rasse gehört, Tralloper Riesen wurden sie genannt und weit im Norden gezüchtet. "Das ist mein Pferd, sie heisst Yurrga. Gebt gut Acht auf sie."

"Yurrga!" Fast ehrfürchtig klang ihre Stimme, während sie dem Tier sanft über den Hals strich. "Keine Sorge ich achte gut auf sie, ich möchte mir doch ihre Besitzerin nicht zur Feindin machen!" Mit einem freundlichen Lächeln blickte sie zu Skrayana und nahm die Zügel entgegen. "Yurrga! Ein schöner Name, was bedeutet er?" Ohne den Blick von der Hünin zu nehmen, schwang sie sich auf den Rücken der Schimmelstute.

"Yurrga ist eine Göttin, welche die Gjalsker verehren. Sie schützt die Reisenden, das kann ja nicht schaden. Viel Erfolg!" Skrayana gab der Stute einen leichten Klaps auf den Hintern und diese trabte langsam los.

Cariana hatte sich währenddessen auf den Rücken eines edlen Rappen geschwungen und war bereits zum Tor der Festung getrabt, wo sie wartete. Als Methelessa auf dem Rücken der Riesenstute neben sie ritt, sagte sie: "Ihr entscheidet, wohin sollen wir reiten?" Vor ihnen lag das Dorf Amarinto und dahinter steckten sich weite Felder und Kanäle. Sie sah zudem einige der typischen Windmühlen in der recht flachen Landschaft aufragen. Am Horizont sah sie die dichten Waldflächen und die massiven, zum Teil schneebedeckten Hänge des Phecanowalds. Auf der anderen Seite der Festung, das wusste sie, war die Bucht von Grangor und die Deiche, welche die oft unruhige See zurückhalten sollten.

Abwägend blickte sie sich um, einerseits reizte sie das Unbekannte, andererseits wusste sie dass, auf dem ihr bekannten Weg keinerlei Gefahr drohen würde, daß das Pferd bei gestrecktem Galopp in ein verborgenes Loch treten und sich das Bein brechen konnte. Sie sandte ein Stoßgebet zur Sturmherrin, sie möge ihr erneut bestehen. Sie war eine gute Reiterin, hatte einen wachen Blick und ein gutes Reaktionsvermögen und sie ritt ein gut ausgebildetes Streitross. Sie beugte sich ganz dicht an eines der Ohren der Stute "Was meinst du Yurrga, wollen wir es gemeinsam in Richtung des Waldes versuchen?" Das Pferd schnaubte und stampfte mit dem rechten Huf fast schon ungeduldig auf. Rechter Hand lagen die Felder, Windmühlen und weit hinten die bewaldeten und verschneiten Gipfel! War das das von Rondra erbetene Zeichen? Das galt es jetzt herauszufinden. Sie richtete sich wieder auf und blickte entschlossen zu Cariana: "Das Land in Richtung der verschneiten Gipfel ist mir noch unbekannt, vielleicht ein guter Zeitpunkt, das zu ändern!" Mit sanftem Schenkeldruck setzte sie das große Tier in Bewegung und lenkte es dem fernen Wald entgegen.

Cariana gab ihrem Rappen die Sporen und sie ritten los. Zuerst durchquerten die Hauptstrasse des Dorfes, welche zuerst zum Marktplatz und dann aus dem Dorf heraus führte. Amarinto war ein wohlhabendes Dorf, die Häuser waren zumeist aus Fachwerk und die Fenster oft mit Blumen geschmückt. Sie ritten über Feldwege und überquerten viele kleine Brücken und Übergänge, welche die weitläufigen Felder und Weideflächen zwischen den Kanälen miteinander verbanden. Einmal flogen mehrere Windmühlen auf einer kleinen Anhöhe an ihnen vorbei, aber die schneebedeckten Gipfel kamen kaum näher.

Während sie durch das Dorf ritten, bestaunte die junge Efferdierin die schönen Häuser und auch den Rest der Strecke erfreute sie sich der fremden Landschaft und fühlte sich frei und unbeschwert. Doch war die auch aufmerksam und achtete auf Gefahren für Pferd und Reiter, gleichzeitig suchte sie auf der gesamten Strecke nach markante Wegmarken, die sie sich einprägte. Eine Gewohnheit eines oft zu verträumten Mädchens, dass sich plötzlich in der Realität wiederfand und keine Ahnung hatte, wo es war und wie es wieder nach Hause kommen sollte. Für eine Gerber in Efferdas nicht wirklich ein Problem, aber die anschließenden Standpauken waren auch nicht gerade schön. Also hatte sie sich mit der Zeit angewöhnt, immer einen Teil ihrer Gedanken damit zu beschäftigen, sich auffällige Stellen und Plätze zu merken, die ihr den Heimweg weisen konnten. Immer wieder sah sie auch möglichst unauffällig zu Cariana hinüber. Eine schöne, stolze und selbstbewusste Frau, die meisterhaft zu kämpfen verstand. Sie bewunderte Cariana Amarinto schon jetzt, obwohl sie sie noch gar nicht richtig kannte. Ja, so wollte sie auch einmal sein. Doch das würde sie ihr niemals sagen, dass klang einfach zu sehr nach anbiedern.

"Der Phecadiwald ist noch ein gutes Stück entfernt. Den werden wir heute nicht erreichen. Wir sollten zurückkehren." Sagte Cariana während einer kurzen Pause.

Methelessa nickte, zögerte kurz, faste sich dann aber doch ein Herz und sprach die Ritterin an: "Signora Amarinto? Ich...“ Sie suchte nach den passenden Worten, dann versuchte sie es erneut "Natürlich wusste ich, ich würde niemals gegen euch bestehen können, aber...naja mein Aufwärmen mit Chu’la’thar hat länger gedauert als der Kampf mit euch. Was könnt ihr in mir erkennen was ich nicht sehe, dass ihr trotz dieser kläglichen Leistung bereit seid mir eine Chance zu geben?" Während sie sprach, hielt sie zu Cariana Blickkontakt, doch als sie geendet hatte, blickte sie zu Boden. Es war dumm das zu fragen, warum konnte sie nie den Mund halten?

Cariana zog eine Augenbraue hoch. "Ihr seid sehr hart zu Euch selbst, junge Signora Gerber. Das ist gut! Eine Ritterin, die aufhört besser zu werden, wird schon bald Golgaris Schwingenschlag vernehmen. Ihr habt noch viel zu lernen, aber das ist normal in eurem Alter. Aber ihr habt die richtige Geisteshaltung und den Ehrgeiz hart zu arbeiten um Euch zu verbessern. Das reicht mir für den Anfang." Sie legte Methelessa die Hand auf die Schulter und sagte mit ernstem Blick. "Und stellt meine Entscheidungen in Zukunft nicht mehr in Frage. Ab jetzt möchte ich in solchen Fällen nur noch ‘Ja, Signora!’ hören. Es reicht schon, wenn mein Bruder sich mit einem aufsässigen Gör als Knappin herumschlagen muss." Beim letzten Satz hatte sie ein leichtes Lächeln auf den Lippen und zwinkerte Methelessa zu. "Nun reiten wir aber zurück!"

Innerlich atmete Methelessa erleichtert auf, Cariana hatte ihr ihre Worte nicht übel genommen. Rasch nickte sie und gab mir fester Stimme ein gut vernehmliches "Ja, Signora!" zurück. Sie hatte verstanden und würde sich künftig sehr bemühen nicht mehr den Anschein zu erwecken, sie habe Zweifel an den Entscheidungen ihrer Schwertmutter.

Auf dem Weg zurück sahen sie mehrere Kanalboote, welche Lebensmittel nach Amarinto transportierten. Die Bauern, die sie steuerten, schwenkten ihre Hüte zum Gruß als sie die beiden Adligen vorbeireiten sahen.

Methelessa musste sich arg beherrschen, nicht zurückzuwinken, das war bestimmt unschicklich für eine Ritterin.

Etwa zwei Stunden nach ihrem Aufbruch kamen sie wieder an der Feste Amardûn an.

"Das war ein sehr schöner Ausritt, Signora Amarinto, habt tausend Dank." Die Selbstsicherheit wich aus ihrer Stimme als sie weitersprach "Ich möchte so gerne von euch lernen, ich verspreche ich werde alles tun, niemals klagen oder jammern und eher sterben als euch zu enttäuschen!" dann wurde ihre Stimme wieder fester und sicherer "Ihr werdet nicht bereuen mich zu eurer Knappin gewählt zu haben, das schwöre ich bei Rondra!" mit dem letzten Satz hatte sie auch wieder den Blickkontakt mit Cariana aufgenommen.

"Ich nehme Euch beim Wort junge Signora, vielleicht werdet Ihr Eure kecken Worte also noch bereuen." Sie blickte hinauf zum Bergfried. "Nun lasst uns zu Signor Dareius und Signor Gwyn gehen und sehen, was die beiden vereinbart haben."

Unterdessen hatten Dareius und Gwyn Gerber sich auf den Weg zum Wehrgang gemacht, um von dort einen guten Blick auf die Grangorer Bucht zu erhalten. Während sie also dort standen und auf das Meer hinaus blickten sagte Dareius: "Nun, ich denke Cariana ist sehr zufrieden mit eurer Nichte. Sie hat das Potential und die richtige Einstellung. Wir können sicherlich eine rondragefällige Ritterin aus ihr machen. Habt ihr Fragen zur Ausbildung oder zum Leben, welches sie hier in Sewakien führen würde?"

Gwyn schwieg noch einen Moment. Tief sog er die klare Luft ein ehe er zu sprechen begann. "Methelessa ist ein gutes Mädchen, mit dem Herz am rechten Fleck und sie ist eine Kämpferin, wenn sie etwas möchte, gibt sie nicht auf bis sie ihre eigenen Erwartungen erfüllt und die sind oft deutlich höher als die aller anderen. Ihr habt sie ja heute selbst erlebt." Der großgewachsene Mann blickte zu Dareius "Ich mache mir keine Sorgen dass es dem Mädchen hier an irgendetwas mangeln wird, sie ist in guten Händen. Wie lange wird ihre Ausbildung dauern? Fünf, sechs Götterläufe?" Er lächelte "Und was wäre ich für ein Kaufmann wenn ich mir keine Gedanken über den Preis machen würde! Sie wird ein Pferd brauchen, auch Waffen und Rüstung. Und glaubt es oder nicht, man sieht es dem dürren Ding nicht an, aber sie futtert, da hält mancher gestandene Seemann nicht mit!" ein tiefes, kehliges Lachen ertönte und er schüttelte den Kopf. Man konnte spüren dass er seine Nichte wirklich gerne mochte. Gwyn wurde wieder ernst. "Signor Amarinto, ich fahre nun schon seit fast vierzig Jahren zur See und seit etwas über vierzig Jahren bin ich Kaufmann, wenn ich in dieser Zeit eines gelernt habe, dann das Niemand etwas für ein Vergelts Praios tut. Nicht alles wird in klingender Münze vergolten, doch letztlich braucht jede Leistung ihre Gegenleistung!" Er musterte das Oberhaupt des Hauses Amarinto einen Augenblick "Was wird die Familie Gerber ihre erste Cavallerista kosten, verehrter Signor Amarinto?"

Dareius stützte sich mit beiden Händen auf die Brüstung. Der Wind, der von der Grangorer Bucht hereinwehte verfing sich in seinen langen schwarzen Haaren. Ein amüsiertes Lächeln umspielte seine Mundwinkel. "Euer Instinkt trügt Euch nicht Signor. Ihr seid wahrlich ein erfahrener Kaufmann. Ihr müsst mir jedoch nachsehen, ich bin kein Kaufmann. Das Feilschen ist gegen meine Natur. Daher werde ich ohne Umschweife sprechen. Ja, die Ausbildung wird etwa fünf bis sechs Götterläufe dauern. Sie wird bei meiner Schwester alles erlernen was eine Ritterin können muss. Dazu gehören die richtige Geisteshaltung, Anstand und Etikette, die Gebote der Herrin Rondra, Kenntnisse in den Künsten und der Literatur, ein Verständnis für die Administration, den rechten Umgang mit dem Streitross und nicht zuletzt alle notwendigen rondrianischen Fähigkeiten um aus ihr eine respekteinflößende Kriegsreiterin zu machen. Eure Familie sollte ihr ein angemessenes Ross, Rüstung, repräsentative Kleidung und Waffen finanzieren. Mein Haus wird sie verköstigen, sie angemessen unterbringen und auch für alle anderen Kosten aufkommen, die im Rahmen der Ausbildung anfallen. Als Lohn wird sie für meine Schwester alle notwendigen Arbeiten und Dienste einer Pagin und Knappin ausführen. Darüber hinaus wünscht sich mein Haus nur eine Sache von der ehrenwerten Familie Gerber - ein eigenes ‘Amarinto-Rot’."

Gwyn lächelte. "Ich mag Geschäftspartner wie euch Signor Amarinto! Wirklich! Klare Ansagen ohne große Umschweife und seid versichert, ihr habt mit mir keine Krämerseele vor euch die zu kleinlichem Feilschen neigt." Sein Blick ging auf das Meer hinaus, ein wirklich schöner Ausblick und er konnte schon Kilians Gesicht vor sich sehen, wenn er ihm Dareius' Preis nannte. Doch der Alchemist würde die Herausforderung auch sehr schätzen und in angemessener Zeit ein Resultat liefern mit dem das Haus Amarinto mehr als nur zufrieden war. "Amarinto-Rot! Ein wirklich angemessener Preis und wie ich sagen darf, ich habe erwartet dass ihr keine profane Summe in den Raum stellen würdet." Gwyn freute sich wirklich sehr über dieses Geschäft, denn es würde auch dem Ruf des Hauses Gerber dienen. "Ich liebe es Geschäfte abzuschließen die beiden Seiten ein Lächeln der Zufriedenheit schenken und auf eine langfristige Beziehung hinauslaufen. Ihr werdet euer Amarinto-Rot bekommen." Seinen Blick wieder Dareius zu gewandt. "Dennoch werden wir noch kurz über Münzen sprechen müssen. Es scheint mir wenig zielführend Ross, Klinge und derlei Dinge aus Efferdas heranzuschaffen. Sicher finden sich diese Dinge hier. Dass das Haus Gerber für die Kosten aufkommt, muss ich nicht erwähnen und da ich in euch den Mann von Ehre und Moral sehe den ich erwartet habe seid versichert auch ich werde nicht versuchen zu feilschen. Einige Kleider und etwas Schmuck für Methelessa habe ich bereits mitgebracht, so dass sie auch bei offiziellen Anlässen repräsentabel erscheinen kann." Der Wahlefferdier richtete sich zu voller Größe auf. "Ich denke wir haben eine Einigung erzielt! Signora Cariana Amarinto nimmt Signora Methelessa Gerber als Knappin an und bildet sie zur Ritterin aus. Ihr nennt mir die Summe, die für die Ausstattung Methelessa’s benötigt wird und ich werde sie erstatten. Das Amarinto-Rot erhält euer Haus natürlich ebenfalls, ich bin da sehr zuversichtlich dass dies nicht so langwierig sein wird wie die Ausbildung einer Ritterin!" Mit einer zufrieden Miene streckte Dareius die Rechte entgegen "Schlagt ein auf das unsere Vereinbarung Gültigkeit erlangt!" Gwyn Gerber hatte einen nahezu feierlichen Gesichtsausdruck. Einen schriftlichen Vertrag konnten sie später noch aufsetzen, solche Dinge waren für Gerichte von Belang, ein Handschlag jedoch besiegelte ein Geschäft vor den Zwölfen.

Dareius ergriff Gwyns Hand und sie besiegelten die Vereinbarung mit einem Handschlag. "Gut, es freut mich, dass wir uns so schnell einig werden konnten. Dann wollen wir Signora Methelessa die freudige Nachricht überbringen, sobald die beiden zurückgekehrt sind. Bis dahin kann ich Euch vielleicht die Stallungen und die Rüstkammer zeigen?”

Gwyn nickte "Wenn Handelspartner mit klaren und vor allem realistischen Positionen in eine Verhandlung gehen, ist eine Einigung meist schnell erzielt. Ein weiser Mann hat einmal gesagt: Ein gutes Geschäft erkennt man daran, dass alle Parteien nach dem Abschluss lächeln! Ich denke das ist uns gelungen!" Noch einmal blickte er auf das Meer hinaus, dann wandte er sich wieder zu Dareius "Gerne würde ich mir vor allem eure Stallungen ansehen. Auch wenn ich eher Seemann als Reiter bin, liebe ich Pferde!"