Briefspiel:Goldfelser Affären (2)

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Stadt Urbasi klein.png Briefspiel in Urbasi Stadt Urbasi klein.png
Datiert auf: ab Ende Phex 1034 BF Schauplatz: Urbasi, Sant'Ageriyano und die Goldfelsen Entstehungszeitraum: ab Herbst 2012
Protagonisten: Tarquinio della Pena, Elfa d'Auspizzi, Pira Rahjalina della Pena, Malvolio della Turani, Carolan della Turani und viele weitere Autoren/Beteiligte: Haus della Pena jH.png Horasio, Haus della Turani.png Turani
Zyklus: Übersicht · Süße Rahjasdienste · Auf dem Weg nach Sant'Ageriyano · Der Salmansforst · Der Keiler · An den Ufern des Mardilo · Weiter flussabwärts · Im Salmansforst (II)

Auf dem Weg nach Sant'Ageriyano

Kurz vor Sant'Ageriyano, 28. Phex 1034 BF

Die Räder der schweren Kutsche ratterten laut über den holprigen Untergrund auf dem Weg nach Sant' Ageriyano, dem vorläufigen Ziel ihrer kurzen, doch ebenso überraschenden, Reise. Pira Rahjalina betrachtete ihren Vetter Tarquinio, der ihr gegenüber saß und versuchte einige Pergamente, den Siegeln nach Botschaften aus dem Yaquirbruch, zu lesen, dies aber aufgrund des Rumpels ihres Gefährts immer wieder unterbrechen musste. Er blickte auf und lächelte sie an. "Ich kann es kaum erwarten wieder auf eigenen Füßen zu stehen," meinte er und wandte sich wieder seinen Papieren zu.
Sie spitzte die Lippen, wollte etwas entgegnen, doch entschloss sich schließlich doch ihre Gedanken für sich zu behalten. Statt dessen blickte sie wieder hinaus aus dem Fenster auf die Landschaft. Sie durchfuhren eine hügelige Gegend, typisch für das Aurelat. Auf einer sanften Erhöhung in der Nähe konnte sie eine Herde Schafe entdecken. Die Tiere grasten dort, während in einiger Entfernung der Hirte seinen breitkrempigen Hut tief ins Gesicht gezogen hatte und an einer einzeln stehenden Zeder vermutlich dösend ruhte. Die Aufsicht über die Herde hatte er seinem Hund, einem weißhaarigen Gesellen von beachtlicher Größe, überlassen. Bedrohlich nahe erhob sich hinter den Hügeln eine zunächst dicht bewaldete Bergkette, deren Spitzen sich steil gen Himmel hoben. Die Goldfelsen, die östliche Grenze des Königreiches.
"Ihr verbargen sich die Rotpelze, ehe sie sich in Scharen nach dem Fall Bosparans auf die Reste des Imperiums stürzten," erklärte Tarquinio und ordnete seine Papiere in einer ledernen Mappe, die er sodann neben sich legte. "Gibt es sie noch immer? Die Rotpelze?", fragte sie ihn und hielt ihren Blick auf den Goldfelsen, deren Wälder wilder und urtümlicher schienen als die ihr bekannten Forste im zentralen Yaquirreich.
Er nickte. "Zweifellos habt ihr euch auf ein kleines Abenteuer begeben. Dies ist ein rauerer Teil des Landes als euch bisher bekannt ist. Briganten gibt es hier zuhauf, ob rotbepelzt oder nicht. Einige rauben für den schnöden Mammon, andere für ihren Prinzen Jaltek," einen kurzen Moment schien er sich an etwas zu erinnern, dann wandte er sich wieder ihr zu. "Doch es ist auch eine der schönsten Regionen des Reiches, ein Ort von wilder Schönheit."
Schönheit! Ihre linke Hand suchte die Sternrosenquarzkugel, die sie in einer Tasche verborgen hatte und glitt über den glatten Stein. Obwohl nur zart eingefügt, spürte sie doch das Zeichen der Heiteren Göttin auf dem Edelstein. Vielleicht, weil sie schon hunderte Mal, seitdem sie den Stein erhalten hatte, mit ihren Fingerkuppen über ihn gestreift hatte. Während ihre Augen sich wieder den schroffen Felswänden des Gebirges und der vorgelagerten Wälder auf Hochebenen zuwandte, wandte sie sich doch in Gedanken noch einmal nach Urbasi, der Silberstadt. Sie erinnerte sich wie ihr in geheimer Unterredung der Edelstein zum Geschenk gemacht wurde. Es war der zwölfte Phex und damit der Tag jener heiligen Svelinya gewesen, welche in der Gemeinschaft der Freuden als Beschirmerin der Schönheit und Grazie verehrt wird. Wie an jenem Abend auch, stiegen auch in diesem Moment Tränen in ihr auf. Unterdrücke es, schalt sie sich und löste ihre linke herzgewandte Hand vom Stein, es gibt Augenblicke an denen du zurück ins Rahjas Arme flüchten darfst, doch nicht jetzt!
"Wie lange werden wir ins Sant' Ageriyano bleiben?", fragte sie plappernd und versuchte sich damit auf andere Gedanken zu bringen. Tarquinio zuckte sie Schultern, wandte seinen Kopf langsam von rechts nach links. "Ich weiß es nicht. Wir werden sehen wie lange uns Signor Malvolio unterhalten möchte und kann, doch zum Großen Gesteck werden wir spätestens wieder in der Silberstadt weilen", erklärte er.
Einige schnelle Hufschläge waren von außen zu hören und neben dem Fenster war mit einem Mal ein bewaffneter Reiter in den Farben ihrer Familie zu sehen. Er beugte sich hinunter. "Comto Tarquinio, wir sehen Sant' Ageriyano bereits und werden in weniger als einem Stundenglas den Ort erreichen."

Sant’Ageriyano, benannt nach dem Schutzheiligen, auf den sich die Familie della Turani gründet, machte an diesem Tag seinem Namen alle Ehre. Eifrig reckte sich der kleine, auf einem hohen Hügel gelegene Ort dem strahlenden Praiosmal entgegen. Sanft schlängelte sich zu seinen Füßen ein kleiner Fluss zwischen den frisch gepflügten Feldern hindurch. Das also war die wilde Schönheit vor den Toren Urbasis.
Von den Hütten am Fuße des Hügels führten windschiefe Treppen aus grauem Stein hinauf zur Ortschaft, doch die Kutsche der della Penas nahm den einzigen Karrenweg, der hinauf ins Dorf führte. Über einen weich ansteigenden Hügelrücken umrundeten sie Sant’Ageriyano halb, was ihnen ausreichend Zeit gab für einen ausführlichen Blick auf den kleinen Ort. Trutzig von einer Bruchsteinmauer umgeben, ragte er wie eine Burg aus der Landschaft auf. Über den schiefen Dächern der kleinen Häuser türmte ein hohes Gebäude aus Sandstein, dessen Glockenturm gerade ein leises Geläut vernehmen ließ.
Innerhalb der Mauern Sant’Ageriyanos begann die Kutsche erneut heftig zu rumpeln, denn als Zeichen des Wohlstands war die kerzengerade Hauptstraße des Ortes tatsächlich gepflastert worden. Neugierige Kinder begannen, der Kutsche nachzulaufen und ihre Späße hineinzurufen. Ein alter Hesindegeweihter unterbrach kurz die Arbeit an seinem Kräutergarten, um zur Hauptstraße zu sehen und gütig zu nicken. Langsam ratterte die Kutsche die leicht ansteigende Straße hinauf, bis sie schließlich das hohe Gebäude mit dem Glockenturm erreichte und durch ein schweres, hölzernes Portal eingelassen wurde.

Im wappenbewehrten Innenhof des Palazzos endete nun endlich die ermüdende Fahrt. Über eine der ausladenden Treppen kam ein Mann, vielleicht Mitte 20, mit leuchtend blondem Haar und ebenso leuchtendem Lächeln auf die Kutsche zu. Ganz sicher wusste Tarquinio ihn als Veciano della Turani, derzeitiger Herr des Ortes und Neffe Malvolios, einzuordnen. Der Gastgeber reichte seinen Gästen erfreut die Hand.
„Herzlich willkommen in Sant’Ageriyano, wir sind sehr erfreut über Euren Besuch und den eurer schönen Base.“ Sagte er etwas hastig, aber ohne Argwohn in der Stimme. „Bitte vergebt meiner Gattin Simona, der Herrin Sant’Ageriyanos, dass sie Euch nicht persönlich willkommen heißt. Sie ist von Tsa gesegnet; was in diesem Fall bedeutet, dass sie des Öfteren… unpässlich ist. Allerdings hat sie persönlich dafür Sorge getragen, dass Ihr, Signora Pira, das Gästezimmer mit der schönsten Aussicht erhaltet.“
Für einen Moment verharrten seine Augen auf der schönen jungen Frau, bevor er verlegen lachte und sich den Nacken rieb.
„Aber wo sind meine Manieren! Lasst mich Euch doch gleich zu Euren Gemächern begleiten. Mein geschätzter Onkel und Vetter, die Euch ja hierher baten, werden bis dahin gewiss von ihrem Spaziergang im Garten zurückgekehrt sein.“
Mit diesen Worten deutete Veciano auf eine andere Treppe als die, welche er soeben herabgestiegen war, und überließ seinen Gästen den Vortritt.


Im Speisesaal, wenig später

Das Praiosmal versank gerade in zinnoberrotem Leuchten hinter den weichen Hügeln des Umlands, als im Palazzo della Turani zum Abendmahl gebeten wurde. Im großen Speisesaal, der mit seinen schweren dunklen Holzbalken und alten Fresken sehr rustikal anmutete, fanden sich nach und nach die hohen Gäste des Hauses an einem langen Tisch ein. Neben dem Hausherrn Veciano saß diesmal auch seine Gemahlin, eine kleine zierliche Gestalt mit braunem Haar, die recht blass um die Nase zu sein schien. Offenbar kostete es sie viel Überwindung, trotz der dauerhaften Übelkeit anwesend zu sein. Ihr Ehemann dankte es ihr mit einem strahlenden Lächeln.
Aber auch Malvolio della Turani, das berüchtigte Familienoberhaupt in spe, war nun anwesend. Allein mit seiner dunklen Kleidung und seiner strengen Präsenz überschattete er die liebevolle Szenerie zwischen seinem Neffen und dessen Gattin. Seine klaren, hellgrünen Augen waren durchbohrend wie eh und je, und ebenso kalt in ihrem Ausdruck. Seinem Gast Tarquinio begegnete er ernst, aber respektvoll, für dessen Base hatte er jedoch nur ein kaum interessiertes Nicken übrig.
Freundlicher dagegen blickte der älteste Sohn des alten Reibeisens, Carolan della Turani, drein. Er mochte vielleicht etwa 30 Sommer gesehen haben und war für seine treuen Kriegsdienste am Vaterland weithin respektiert. Sein markantes Gesicht wurde schon bei der Begrüßung der Gäste von einem charmanten Lächeln aufgehellt, das während des Essens keine Anstalten machte, sich zu verflüchtigen. Er mochte die Selbstsicherheit und Ernsthaftigkeit seines Vaters geerbt haben, das stand außer Frage, doch besaß er unzweifelhaft eine lebensfrohe, charmante Ader, für die sein Vater überhaupt keinen Nerv besaß.
„Ich hoffe doch, dass Ihr eine gute Fahrt hierher hattet, Signora Pira?“ verwickelte er die junge Dame bei der Vorspeise in ein Gespräch. „Man sagte mir, es sei in Kutschen höchst anstrengend, hier nach Sant’Ageriyano heraufzufahren. Auf dem Rücken eines Pferdes dagegen ist es ein wahres Hochgefühl.“ Er reichte Pira Rahjalina die Schale mit dem Brot. „Habt Ihr eine Passion für das Reiten, Signora?“
Als sie sich aus der Schale ein Brot herausnahm, trafen sich für einen kurzen Moment ihre Augen. Sie lächelte, senkte den Kopf und schlug die Augen nieder. "Ja, ich habe leider erst spät das Reiten gelernt, doch es bereitet mir große Freude", erwiderte sie schüchtern.
Tarquinio mischte sich in die Unterhaltung ein. "Die Signora ist eine ganz ausgezeichnete Reiterin. Ich kenne niemanden, der so spät den Umgang mit Rössern erlernte und nun einen solchen Umgang mit diesen Tieren pflegt", er legte seine Hand auf die Schulter seiner Verwandten, "ihr scheint wirklich überaus talentiert zu sein", lobte er sie weiter und bemerkte verschmitzt wie ihr sanfte Röte ins Gesicht stieg.
Gnädig drehte er sich zu ihrem Gastgeber und versuchte das Thema zu wechseln. "Verzeiht Signor Malvolio, ich bedankte mich bereits für die traviagefällige Aufnahme von mir und meinem Gefolge auf eurem Landsitz, doch nun möchte ich euch auch danken für diese edle Mahlzeit. Eure Küche hat ganz außergewöhnlich gute Arbeit geleistet, mein Kompliment! Und dieses Wild", er stieß seine Gabel in eine dünne Scheibe roten Fleisches, "ist außergewöhnlich zart. Wer auch immer es erlegte, hat eine vorzügliche Auswahl getroffen."