Briefspiel:Goldfelser Affären (3)

Aus Liebliches-Feld.net
Zur Navigation springenZur Suche springen

Auge-grau.png

Stadt Urbasi klein.png Briefspiel in Urbasi Stadt Urbasi klein.png
Datiert auf: ab Ende Phex 1034 BF Schauplatz: Urbasi, Sant'Ageriyano und die Goldfelsen Entstehungszeitraum: ab Herbst 2012
Protagonisten: Tarquinio della Pena, Elfa d'Auspizzi, Pira Rahjalina della Pena, Malvolio della Turani, Carolan della Turani und viele weitere Autoren/Beteiligte: Haus della Pena jH.png Horasio, Haus della Turani.png Turani
Zyklus: Übersicht · Süße Rahjasdienste · Auf dem Weg nach Sant'Ageriyano · Der Salmansforst · Der Keiler · An den Ufern des Mardilo · Weiter flussabwärts · Im Salmansforst (II)

Der Salmansforst

1. Peraine, auf dem Pons Lapideus über dem Mardilo

Mit einem kunstvoll geschwungenen Bogen erhob sich die steinerne Brücke über die Schlucht des tosenden Mardilo und verriet damit viel über die Kunstfertigkeit ihrer Erbauer, angeblich alte Zwerge. Dennoch war es Pira Rahjalina mulmig zu Mute, während sie zu Fuß den Übergang passieren musste. Ihr Blick fiel über die viel zu tiefe Brüstung, die wohl nicht nur von Winzlingen errichtet, sondern auch für diese geschaffen worden war. Sie sah hinunter in die Fluten des Gebirgsflusses, dessen Wasser sich an den glatten Felsen der Schlucht brach und ein Dröhnen in ihren Ohren verursachte. Ihr wurde etwas schummrig, schnell wandte sie sich ab und sah in das Gesicht Carolan della Turanis, der ein Stück vor ihr gelaufen war, nun jedoch lächelnd auf sie wartete.
„Wisst ihr eigentlich, woher der Salmansforst seinen Namen hat?“, fragte er und streckte ihr seine Hand entgegen, die sie dankbar ergriff und sich sogleich etwas sicherer fühlte. „Ich weiß es nicht.“ Sie war froh, dass sie sich mit etwas anderem beschäftigen konnte.
„Es war einer der vom Tyrannen bevorzugten Forste zur Jagd. Und da“, weiter kam er nicht, denn er wurde von seinem eigenen Vater, Signor Malvolio, unterbrochen. „Man sagt, er habe auf diese Ausritte immer wieder in Ungnade gefallene Hofschranzen mitgenommen, die er hier die Schluchten der Goldfelsen hinunterstieß“, der grauhaarige Mann grinste und sah Pira Rahjalina in die Augen, „und man sagt auch, dass deren Seelen noch immer als Geister umhergehen und des Nachts klagend seinen Namen rufen. Deshalb trägt der Wald seinen Namen.“
Pira Rahjalina krallte sich nun in die Hand Carolans, der sie zu beruhigen versuchte. „Nein, nein. Der Salmansforst gilt als ähnlich abgelegen wie die Waldinseln, auf die man den Tyrannen schließlich verbannte und so hält sich der Name bis zum heutigen Tag.“

Schon am Tag nach ihrer Ankunft in Sant‘ Ageriyano waren sie aufgebrochen. Malvolio della Turani und Tarquinio della Pena hatten sich, vielleicht beide beseelt in dem Wunsch den jeweils anderen zu beeindrucken, darauf geeinigt, gemeinsam im fernen und urtümlichen Salmansforst nördlich des Mardilo auf Jagd nach Schwarzwild zu gehen und bei dieser Gelegenheit dem alten Firunheiligtum auf der Albornshöhe einen Besuch abzustatten.
Nur schweren Herzens ließ Hausherr Veciano della Turani seine schwangere Gattin zurück, was ihm deutlich anzusehen war. Er besann sich jedoch seiner Pflichten als guter Gastgeber, ließ sich ein Pferd satteln und begleitete die Jagdgesellschaft.
Eine Handvoll Diener der della Turani und eine noch deutlich geringere Zahl der della Pena begleiteten die Edelleute auf ihrem Weg in die Wildnis. Über Valderinko erreichten sie schließlich den Mardilo, dem sie bis nach Castania in gemächlichem Tempo folgten. Einige Bewaffnete, Knechte und Mägde blieben mitsamt der Pferde hier zurück, während die nun deutlich verkleinerte Jagdgesellschaft den Fluss überquerte und den Salmansforst erreichte.

Derweil sich Tarquinio und Malvolio zumeist über aurelassische Politik unterhielten und den sich zumeist aus Pflichtgefühl in ihrer Nähe befindenden und höflich zuhörenden Veciano damit folterten, hielt sich Carolan zumeist in der Nähe Pira Rahjalinas auf.
Er half der jungen Dame, wann immer es vonnöten war, und bot sich allzeit als heiterer Gesprächspartner an. Besonders gerne lenkte er ihre Unterhaltung auf alles, was mit Pferden zu tun hatte. Man musste kein großer Menschenkenner sein, um seine Passion bald zu kennen. Alles, was mit Rössern, deren Zucht und der Reiterei zu tun hatte, erweckte sein Interesse. Er sprach mit glänzenden Augen von Sancha, der Fuchsfalben-Stute Yaquirtaler Zucht, die er derzeit ritt. Ein noch junges und etwas wildes Tier, erklärte er gerne, doch geradezu ideal für ihn. Über die Beziehung zwischen Ross und Reiter vermochte Carolan ausschweifend zu diskutieren und ließ es sich auch nicht nehmen, Pira Rahjalina den Kauf eines Rosenschimmels zu empfehlen, da dieses Tier „mit seiner Anmut und Reinheit“ die Schönheit einer jungen Dame wunderbar unterstreiche.


2. Peraine, im Salmansforst

In dem dichten Zedernwald, der eben erst den für dieses Jahr ungewöhnlich harten Winter abgestriffen hatte und durch den nun der frische Atem der Frühlingsgöttin Tsa wehte, begann am nächsten Morgen die Jagd.
Die Hunde Signor Malvolios streiften, angetrieben von ihren Treibern, durch das schattige Unterholz voran, während die hochgeborene Jagdgesellschaft versuchte trotz der steilen Anstiege zu folgen. Hatten die erfahrenen Jäger dabei weniger Mühe, so dass sie sich noch über die Beschaffenheit der Spur des Wildes austauschen konnten, wurden Pira Rahjalina ihre Defizite vom grimmigen Herrn Firun deutlich vor Augen geführt. Immer wieder musste sie sich vor Luft japsend von ihren treuen Begleitern, dem Armbrustier Finnian und Carolan della Turani, der ihr nur selten von der Seite wich, stützen und helfen lassen, so dass der Abstand zu den weiter vorne gehenden Tarquinio und Malvolio immer größer wurde.
Mochte auch der Frühling in die Goldfelsen eingekehrt sein und die Gebirgsbäche nun gurgelnd den geschmolzenen Schnee ins Tal hinunterbringen, der Herr der Jagd forderte jene, die sich in sein Reich begaben. Das wurde Pira Rahjalina Schritt um Schritt klarer. Doch Stolz hielt sie davon ab bei ihrem Verwandten um Verschnaufpausen zu bitten. Als sie nach Urbasi gekommen war, hatte sie für sich bestimmt nun ein Teil des jüngeren Hauses der della Pena zu sein, nun wollte sie ihre neue Familie nicht durch das Zeigen von Schwäche entehren.

„Wartet Signor Carolan, habt einen Moment Geduld mit mir, meine Beine tragen mich nicht mehr“, erklärte Pira Rahjalina resignierend und stützte sich an einer dunklen Zeder ab, deren Stamm sich vom steilen Grund kommend gewunden den Baumkronen entgegenstreckte.
Der Turani blieb stehen, nickte ihr verständnisvoll zu und befahl Finnian vorzugehen, seinen Vater und Comto Tarquinio zu berichten, dass man sogleich nachkommen werde. Sogleich machte sich der Armbrustier auf den Weg.
„Er wird eine Weile brauchen, ehe er eurem Vetter berichten kann. Sie sind uns weit voraus. Ganz als“, er stockte einen Moment und dachte nach, „ganz als hätten sie versucht uns abzuschütteln.“ Er sann noch einmal, blickte sich dabei im Wald um, sah wie Finnian hinter einem Felsen verschwand und lächelte.
„Dieser Fuchs! Hat es alles so eingefädel!“ Carolan wandte sich seiner einzigen verbliebenen Begleiterin zu, und auf ihren fragenden Blick hin erklärte er seine Worte: „Mein Vater. Er muss es so arrangiert haben, dass wir alleine im Wald enden, in der Hoffnung, Eure Schönheit würde mich zu gewissen Entscheidungen verleiten.“ Etwas peinlich berührt kratzte er sich den Nacken und erklärte weiter: „Er spricht schon eine Weile davon, dass es an der Zeit wäre, mir eine Gattin zu suchen. Vermutlich loten er und Euer Vetter gerade eine Möglichkeit aus. Dazu also dieser Ausflug. Ich hätte es wissen müssen.“ Carolan wich ihrem Blick aus und lachte etwas verlegen. „Nun, Signora Pira, ich bitte Euch darum, diese plumpe Szenerie zu entschuldigen- mein Vater weiß hin und wieder eine Dame nicht mit dem nötigen Charme zu behandeln. Es tut mir aufrichtig leid.“

Einige hundert Schritt weiter oberhalb, der Albornshöhe entgegen, erklomm Tarquinio einen gestürzten Baumriesen, der durch seinen Fall eine Lücke im dichten Blätterdach des Waldes gerissen hatte. „Dann sind wir uns also einig, Signor Malvolio. Es freut mich, dass ihr unsere Ambitionen bezüglich einer Aufnahme ins silberne Buch der Stadt unterstützt“, meinte er und sprang lässig vom Stamm hinab.
Der Angesprochene nickte ernst, hob die Hand und blieb dann stehen. „Wir sind nicht allein.“ Er wies auf einige Gestalten, die hinter einigen Zedern auftauchten und geradewegs auf sie zu hielten. Tarquinio führte seine Hand langsam zu seinem Schwertknauf und beobachte, dass Malvolio seinem Beispiel folgte.
Da die näher kommenden Gestalten jedoch keinerlei Anstalten unternahmen selbst zu den Waffen zu greifen, beließ man es zunächst einmal darin sich für den Fall der Fälle bereit zu halten. „Urbasier!“, rief ihnen eine Frauenstimme entgegen und Tarquinio erkannte nun Thylvia di Grello, eine großgewachsene Kämpferin mit breitem Kreuz aus dem Gefolge des Grafen von Marvinko. Er erinnerte sich an ihren Namen und ihr Gesicht, doch abgesehen davon, dass er sie zuletzt auf Burg Goblareth getroffen hatte, fiel ihm nichts weiter zu der Person ein.
Offensichtlich hatte sie auch ihn und seinen Bekannten erkannt, denn schließlich hat er sie richtigerweise ihrer Heimatstadt zugewiesen. Ob sich dies günstig erweisen sollte, würde sich noch zeigen, standen sich doch noch vor kurzem die Gefolgsleute des Grafen und die Urbasier in blutiger Fehde gegenüber.
Begleitet wurde sie von einer kleinen Schar Bewaffneter, die wie sie selbst von einem längeren Wildnisaufenthalt gezeichnet war. Ihre Kleidung war verdreckt, Erde klebte an den Hosenbeinen und ihre Haare hingen ihnen ungewaschen vom Haupte hinab auf die Schultern. Daneben konnte man in manchen Gesichtern und auf den Handrücken Kratzer und Schürfwunden erkennen, wie man sie durch den Besuch eines Dornengeheges oder den Sturz auf steinernen Untergrund davon trug.
Zwei ihrer Begleiter erregten die besondere Aufmerksamkeit Tarquinios. Eine Frau führte an ihrer Seite ein fremd geformten Wanderstock mit sich, dessen okkulte Symbole ihn als Zauberstab auswiesen. Sie trug auch wetterfeste lederne Kleidung, doch während sie dem Beobachter einen tiefen Einblick auf ihr Rahjasfenster gewährte, hatte sie ihr Gesicht unter einem breitkrempigen Hut verborgen und nur selten sah man ihre schnellen blauen Augen neugierig umher wandern. Abgesehen von Stab und rahjagefälliger Störung schien sie unbewaffnet.
An der Spitze der Gruppe stand hingegen ein kleiner drahtiger Mann, dem man sein wahres Alter nur anhand seiner schlohweißen Haare auf dem Haupte und im Gesicht ansehen konnte. Ganz offensichtlich, dies erkannte man an seiner Kleidung, seiner mitgeführten Ausrüstung und an seinen geschickten Bewegungen auf dem Waldboden, war er unter all den Anwesenden derjenige, dessen Kenntnisse um das Leben in der wilden Natur am ausgeprägtesten waren. Während die anderen sich mit Schwertern und Spießen bewaffnet hatten, trug er über seiner Schulter einen Bogen und auf der anderen Seite einen ledernen Köcher mitsamt zahlreicher offensichtlich hervorragend gefertigter Pfeile mit sich. Neben einem Jagdmesser baumelte an seinem Gürtel ein beeindruckendes Jagdhorn. Man stellte einander vor. „Dies sind Horanthe Bleywercker, eine Maga vinsalter Schule zu unserer Begleitung und dies“, Thylvia wies auf den Wildnisläufer, „ist seine Gnaden Firunian von der Albornshöhe.“ Tarquinio lächelte der Zauberin zu, dem Geweihten schenkte er eine kleine Verbeugung, Malvolio tat es ihm gleich, wandte sich aber dann sogleich an Thylvia di Grello.
„Nachdem wir nun die notwendigen Höflichkeiten hinter uns gebracht haben, interessiert es mich doch was eine solch illustre Runde wie euch,“ er blickte sich unter den Neuankömmlingen um, „in den Salmansforst verschlägt.“
„Wir jagen ein Monstrum.“ Erwiderte Thylvia ernsthaft und blickte Malvolio herausfordernd in die Augen. Es gab nicht viele Menschen die dem strengen Blick des turanischen Signors widerstehen konnten. Sie jedoch gab nicht nach.
„Ein jeder Firunsjünger jagt Monster, wer jagt nicht den größten Geschöpfen des Waldes hinterher um den eigenen Ruhm zu mehren“, meinte Malvolio spöttisch.
Der Firungeweihte mischte sich ein. „Ein unheiliges Geschöpf durchstreift den Salmansforst, es ist unsere firungefällige Pflicht es zur Strecke zu bringen.“
Malvolio zog die Augenbraue hoch. Thylvia versuchte zu erklären. „Ein Keiler, von wahrhaft monströser Gestalt, verheert in seinem namenlosen Zorn nicht nur den Forst, sondern wagt sich auch an die Grenzen des Waldes. Menschen und Tiere sind ihm bereits zu Opfern gefallen und meine Familie betrachtet es als zwölfgöttliches Gebot diesem Untier Einhalt zu gebieten.“
Mit seiner rauen und tiefen Stimme meldete sich auch Firunian wieder zu Wort. „Hierbei handelt es sich nicht um das Duell zwischen Jäger und Jagdwild.“
Tarquinio und Malvolio blickten einander an, schweigend wogen sie ihre Entscheidung ab, ehe Malvolio nickte und bekannt gab, dass man sich unter diesen Umständen der gerechten Sache anschlösse. Etwas unschlüssig hierüber wirkte zunächst Thylvia di Grello, doch das bestätigende Nicken des Firungeweihten nahm ihr jede Möglichkeit Einspruch über das Angebot Malvolios einzulegen.
„Gut. Jeder weitere Waffenarm ist willkommen, wir haben bereits zwei auf unserem Weg verloren“, erklärte Thylvia, sah dabei in die gezeichneten Gesichter ihrer Begleiter. „Dem Untier sind wir auf den Fersen. Es kann nicht weit sein, wir hörten es von Zeit zu Zeit gar. Etwas unterhalb,“ sie wies hinüber zu dem Pfad den Malvolio und Tarquinio genommen hatten, „bewegt es sich vermutlich an einem kleinen Bach entlang. Wir gedenken es an einer Felsenwand zu stellen und...“, sie fuhr mit der Beschreibung fort und legte ihren Plan dar, obwohl Tarquinio und Malvolio längst nicht mehr zuhörten. Beide suchten den Blick des anderen. Sie brauchten beide nur einen kurzen Moment um das soeben Gehörte zu verarbeiten und öffneten dann schockiert die Augen.
„Pira Rahjalina!“, entfuhr es Tarquinio.
„Carolan!“, antwortete Malvolio und beiden stockte der Atem.