Briefspiel:Urbasi nach dem Verrat (6)

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Stadt Urbasi klein.png Briefspiel in Urbasi: Urbasi nach dem Verrat (5) Stadt Urbasi klein.png


Auricanius von Urbet-Marvinko, 23. Praios:

„Familieninterna sind dies also? Euer Bundesgenosse wendet sich gegen die Stadt, in deren Dienste ihr getreten seid – und ihr weigert euch vollumfänglich im Dienste dieser Stadt zu stehen, weil ein Eid gebrochen würde, den ihr nie hättet geben dürfen? Wenn denn der Bruch nicht längst durch den Verbündeten begangen wurde, der um euer Verhältnis zur Fürstlichen Gemeinde ja wissen sollte …

Exzellenzia, aus euch spricht dieselbe Engstirnigkeit, die euch trotz eures Helden-Titels vor zwei Götterläufen die Wahl zum Gonfaloniere gekostet hat …

Ich stelle die Interessen meines Hauses dagegen hinter diejenigen Urbasis, der Stadt, die auch in Sachen Torremunds die Nachfolge meines Bruders angetreten hat, wie euch aus der von euch mitverfassten Forderung an Efferdas ja bekannt sein sollte. Werft mir aber noch einmal vor, ich würde zu Eidbruch aufrufen, wo dieser längst eingetreten ist, und ich überlege es mir mit der Feindschaft noch einmal …“

Die Ungehaltenheit des Geweihten war herauszuhören, auch wenn sein Tonfall deutlich ruhiger geworden war.


Alessandero dell'Arbiato, 23. Praios:

Alessandero dell'Arbiato

"Wahrlich, Ehrwürden, wie könnt Ihr nur an der Ehrenhaftigkeit des Hauses unseres Amtsbruders, dem Angehörigen der urbasischen Signoria und Priore ruris Leomar della Pena zweifeln", erhob sich Alessandero und blickte tadelnd zum Praiosgeweihten.

"Sicherlich, der Torrem hat urbasische Ansprüche mit Füßen getreten und den Priore ruris, welcher nebenbei gesagt auch für die ländlichen Güter des fürstlichen Urbasi zuständig ist, dabei wie den Hauptdarsteller einer Komödie aussehen lassen, aber wie wir alle wissen, ist Leomar della Pena ein ehrenhafter Mann!

Und wie könnt Ihr sagen, Leomar della Pena solle seinen Verpflichtungen aus seinem Pakt mit diesem Individuum nicht nachkommen, Verpflichtungen, welche es der efferdischen Soldateska ermöglichten, nach Belieben einen Anspruch auf Torremund zu erheben und damit der Fürstlichen Gemeinde zu schaden. Denn, Ehrwürden, Leomar della Pena ist ein ehrenhafter Mann!

Auch dieser Sikramtaler Ritterbund ist sicherlich eine ehrwürdige Gemeinschaft, welche sicherlich noch viele Götterläufe Bestand haben wird. Nungut, zwar scheinen die efferdischen Mitglieder in diesem Bund mehr nützlich-naive Helfer zur Durchsetzung ihrer finsteren Absichten zu sehen, aber Leomar hier hat sein Wort gegeben und Leomar della Pena ist ein ehrenhafter Mann!

Es wurde gerade der Grundsatz der Vertragstreue angesprochen, Ehrwürden, und ich muß meinem Amtsbruder Leomar zustimmen: Ein Pakt muß eingehalten werden, bis die Bedingungen, unter denen er geschlossen wurde, von einer anderen Seite gebrochen wurde. Es tut nichts zur Sache, daß ein solcher Pakt, welcher schon in betrügerischer Absicht gefertigt wurde, nach allgemeinem Verständnis und dem gesunden Menschenverstand seine Bindungskraft verliert, denn Leomar della Pena ist ein ehrenhafter Mann!

Ihr mögt natürlich andere Ansichten haben und getreu dem Grundsatz 'Criminis indultu secura audacia crescit', Nachsicht mit Verbrechen läßt die Unverfrorenheit sorglos gedeihen, eine Bestrafung der Schuldigen fordern. Aber, Ehrwürden, Leomar della Pena hat Euch gerade erklärt, daß er sich urbasischen Ansprüchen auf torremsches Gebiet leider, leider widersetzen müsse. Dies gebiete ihm seine Verpflichtung gegenüber dem Torrem und wie wir alle wissen, ist Leomar della Pena ein ehrenhafter Mann!

Natürlich, Amtsbrüder und -schwestern, können wir uns auf unseren Leomar verlassen. Sagte er nicht gerade, daß er seine Treue zu Urbasi unverbrüchlich sei und er alle Beschlüsse dieser Versammlung vollumfänglich mittrage? Dies ist doch das mindeste, was wir von einem Mitglied der Signoria im allgemeinen und einem Mitglied des Consiglios verlangen können. Sicherlich, sollten Leomar della Pena andere Verpflichtungen wie zum Beispiel seine Treue gegenüber dem torremschen Paktierer dabei hinderlich sein oder sollte er noch andere, uns nicht bekannte Versprechungen und Pakte eingegangen sein, oder sollten andere Paktierer dieses Ritterbündnisses weiterhin Urbasi schaden wollen, so würde uns Leomar della Pena davon unterrichten, denn, Ehrwürden, verehrte Versammlung, Leomar della Pena ist ein ehrenhafter Mann!

So bleibt mir denn nichts anderes, als Leomar della Pena zur Auswahl seiner Bundesgenossen zu beglückwünschen, welche im sogenannten "Sikramtaler Ritterbund" vereint erst dem Torrem und seinen efferdischen Helfern den Griff nach Torremund, die Verhöhnung der fürstlichen Gemeinde Urbasi und die fortgesetzte Negierung urbasischer Ansprüche ermöglichte. Ich bin sicher, sie sind genauso ehrenhaft wie Leomar della Pena und halten diesem Bund weiterhin die Treue - denn ist nicht bei Verträgen mehr der Wille der Vertragspartner als der Wortlaut zu beachten?"

Alessandero machte eine kurze Pause, während das Geschrei auf der Piazza lauter wurde.

"Nachdem wir also nunmehr die Frage der Ehrenhaftigkeit geklärt hätten, erlaube ich mir nochmals die Frage, wie wir reagieren wollen, sollte aus Efferdas keine zufriedenstellende Anwort auf dieses..... dieses Schreiben", er wedelte geringschätzig mit seiner Ausfertigung, "eingehen. Denn was gedenkt unser Gonfaloniere dann zu tun? Worte bringen uns hier nicht weiter, verehrte Versammlung, nein, dieser Konflikt wird erst mit Blut und Stahl gelöst werden.

Daher verlange ich, ein urbasisches Heer aufzustellen, welches die Botschaft unserer Missbilligung nach Efferdas trägt, dem Zentrum dieser ungeheuerlichen Verhöhnung der Fürstlichen Gemeinde. Ich verlange, daß sich der sogenannte Senat dieser Pestbeule vor uns verantwortet. Blanker Stahl sei unsere Nachricht, das Schwert unser Bote und efferdisches Blut soll uns antworten. Ich verlange, daß sich Urbasi als im Kriege mit Efferdas befindlich betrachtet und ich verlange, daß die Schuldigen mit ihrem Leben für diesen Frevel wider Praios einstehen. Efferdas delenda est!

Verehrte Anwesende, der Padrone der Wollzunft sprach an, daß er nicht für die Ahnen meines Hauses sprechen könne.

Nun, Signore Niccolo, meine Ahnen kämpften mit den Theaterrittern, meine Ahnen waren zugegen, als der letzte von ihnen unter den garethischen Priesterkaisern sein Leben für Rondra gab. Meine Ahnen, Signore Niccolo, sind seit Jahrhunderten im Dienste Rondras und zogen mit in den Kampf um die Freiheit vom garethischen Joch. Und nicht nur ich, auch andere hier können mit ähnlichen Vorfahren aufwarten.

Signore Niccolo, wenn ich sage, daß meine Vorfahren von mir, von uns erwarten, daß wir uns nicht nur auf lächerliche Ultimaten verlassen oder höfliche Traktate austauschen oder gar bettelnd auf die Knie fallen, um die Ansprüche Urbasis durchzusetzen, dann meine ich damit, dass mein Blut mir befiehlt, mit Rondras Hilfe für Urbasi zu streiten. Generationen blicken auf mich, daß nicht ein Augenblick der Schwäche einen Schatten auf die Ruhmestaten der Alten wirft. Aus Rondras Hallen dringt ihr Verlangen zu mir. Eine lange Reihe, welche mit der Urahnin meines Geschlechts beginnt und mit meinem kürzlich verstorbenen Vater endet, ruft nach Gerechtigkeit und verlangt das Ausbrennen jener eiternden Wunde, welche das Gift des Verrates ausspuckt.

Efferdas hat den Wind gesät, dann soll Efferdas auch den Sturm ernten. Und ich bin überzeugt, ein Großteil der Anwesenden, welche ebenfalls auf eine mehr oder weniger ruhmreiche Vergangenheit zurückblicken können, teilt meine Ansicht."


Leomar Romualdo della Pena, 23. Praios:

Leomar della Pena

Schon beim dritten ‚Leomar della Pena ist ein ehrenhafter Mann‘ war Leomar aufgesprungen, wurde jedoch zunächst von seiner neben ihm sitzenden Tochter zurückgehalten. Zwei weitere Absätze der langatmigen Ansprache Alessanderos später, hatte er sich aber von dieser losgemacht und schritt dem Ausgang entgegen, langsamen Schrittes und unter Zuhilfenahme seines Stockes, denn seine Kriegsverletzung machte ihm immer noch zu schaffen.

Als er an Alessandero dell’Arbiato vorbeikam, der sich in seiner selbstgefälligen Ansprache weiterhin im Kreis drehte, sich dabei aber offensichtlich beständig in der Schönheit seiner Worte sonnte, spie er vor diesem kräftig aus, würdigte ihn dabei aber keines Blickes.

Erst als dieser auf seinen Vater zu sprechen kam, wandte sich der Baron im Gehen noch einmal um und rief in die pathetischen Worte Alessanderos hinein:

„Wenn euer Vater euch hier sehen könnte, so würde er sich im Grabe umdrehen. Er wusste noch was Eide und Bünde wert waren. Er hätte nicht durch selbstgefällige Reden und seine eigene Eitelkeit diejenigen verprellt, die eigentlich auf seiner Seite standen“.

Und noch ehe der Priore structuris seine Rede beendet hatte, war Leomar entschwunden und ließ Gattin und Tochter im Sitzungssaal zurück, die sich nun ratlos anblickten.


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