Briefspiel:Zeit des Wandels/Rückkehr aus Almada: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Liebliches-Feld.net
Zur Navigation springenZur Suche springen
(Die Seite wurde neu angelegt: „{{Halboffiziell}}{{:Briefspiel:Zeit des Wandels}} === Rückkehr aus Almada === Im Gasthaus Dâlblick in Dâl Anfang Boron 1046 BF ''"Auf keinen Fall, Kyr…“)
 
 
(3 dazwischenliegende Versionen desselben Benutzers werden nicht angezeigt)
Zeile 14: Zeile 14:
  
 
Die Tür wurde geöffnet und zwei recht große, breitschultrige Männer in Lederrüstung, Lederhosen, schweren Stiefeln und braunen Umhängen traten in die Gaststube. Der Erste war wohl Mitte Dreißig, trug sein blondes Haar zu einen dicken Zopf geflochten, der ihm weit über die Schultern reichte. Er sah sehr gepflegt aus und wirkte recht vergnügt. Der Zweite schien etwas jünger, hatte kurzes, braunes Haar und einen üppigen Vollbart. Auch er machte einen gepflegten Eindruck und blickte freudig zu der Tänzerin, keine zwei Augenblicke später bewegte er sich zum Takt der Musik und es sah durchaus gekonnt aus. Der Blonde ging zum Wirt und bestellte einen Krug Roten und zwei Schüsseln Eintopf. Sein Kamerad tanzte ihm hinterher. <br>
 
Die Tür wurde geöffnet und zwei recht große, breitschultrige Männer in Lederrüstung, Lederhosen, schweren Stiefeln und braunen Umhängen traten in die Gaststube. Der Erste war wohl Mitte Dreißig, trug sein blondes Haar zu einen dicken Zopf geflochten, der ihm weit über die Schultern reichte. Er sah sehr gepflegt aus und wirkte recht vergnügt. Der Zweite schien etwas jünger, hatte kurzes, braunes Haar und einen üppigen Vollbart. Auch er machte einen gepflegten Eindruck und blickte freudig zu der Tänzerin, keine zwei Augenblicke später bewegte er sich zum Takt der Musik und es sah durchaus gekonnt aus. Der Blonde ging zum Wirt und bestellte einen Krug Roten und zwei Schüsseln Eintopf. Sein Kamerad tanzte ihm hinterher. <br>
 +
 +
''"Khabla mein Freund sag mir, spielen sie bei euch in [[Ranaqídes]] auch so schöne Musik?“ „Keine Sorge Merito auch in der [[Coverna]] kennt man Musik und Tanz. Nur weil ich wenig für’s Tanzen übrig habe heißt es ja nicht gleich dass man in der ganzen Republik Efferdas keinen Sinn für Tanz und Musik hat.“ „Khabla du solltest tanzen, ist gut für die Seele!“ „Ich denke du tanzt genug für uns Beide!"'', lachte der Blonde und sah sich nach zwei freien Plätzen um. <br>
 +
Sein Blick fiel auf einen Tisch etwas abseits, an dem zwei Frauen saßen. Sie schienen Kriegerinnen zu sein. Beide trugen Wappenröcke und man konnte darunter Teile einer Lederrüstung samt Zeug erkennen. An der Wand gelehnt standen wohl ihre Waffen. Eine Glefe, ein Stoßspeer und ein Schild mit einer halbrunden Kerbe.
 +
Die Schwarzhaarige war wohl die Ältere und auch die Größere von den beiden, während die Blonde mit dem geflochtenen Zopf wohl in ihren Diensten stand. Er hatte kurz das Wort ‘Herrin’ vornommen.<br>
 +
Da sonst nur noch wenige Plätze frei waren, entschloss sich der blonde Hüne an der Tafel der beiden Damen um freie Plätze zu fragen. Zumal dieser Tisch sehr günstig platziert war, man überblickte die gesamte Gaststube inklusive der Eingangstür  und ein Fenster bot auch einen Blick auf die Geschehnisse vor dem Gasthaus. Es rechtfertigte jedenfalls die Annahme, die Damen verfügten über ein gewisses strategisches Gespür und waren wohl nicht unerfahren im Kriegshandwerk. So trat er auf die Damen zu, deutete eine Verbeugung an: ''"[[Rondra]] mit euch werte Signoras, ist es zwei, der Alveransleuin treuen Reisenden gestattet an eurer Tafel Platz zunehmen?"'' Inständig hoffte er, dass das Verhalten des immer noch stampftanzenden Meritos in seinem Rücken die Damen nicht verstörte. Kurz stutzte er, war das nicht das Wappen des [[Haus ya Pirras|Hauses ya Pirras]] auf den Wappenröcken der beiden Kriegerinnen? <br>
 +
Beide Damen schauten auf und lächelten. ''"Der Sturmherrin zum Gruße."'', antwortete die Ältere und musterte den Ankömmling von oben nach unten. Danach machte sie eine einladende Geste. ''"Gewiss.Nehmt doch Platz, Dom…?"'' Ehe Ingrimo antworten konnte schaltete sich sein bärtiger Begleiter ein, der immerhin zumindest für den Augenblick das Tanzen eingestellt hatte: ''"Rondra möge immer an eurer Seite stehen, Signoras. Dies ist [[Corporal]] [[Ingrimo Gerber|Ingrimo Khabla Gerber]] und meine Wenigkeit ist Vencelâo Merito Baltagu], Partisanieri und Armbruster."'' Der Almadaner sah von der Schwarzhaarigen zu Ingrimo ''"Khabla, du hast die Signora gehört, setz dich doch!"'', und tat genau das, während er noch sprach. <br>
 +
Der blonde Corporal verfluchte Meritos untrügliches Gespür, immer zu unpassender Zeit die Initiative zu ergreifen. Er neigte noch einmal sein Haupt und setzte sich, während er das Wort wieder ergriff: ''"Vielen Dank Signora! Wenn ich mich nicht sehr irre tragt ihr die Farben des Hauses ya Pirras aus Efferdas."''<br>
 +
Er vermied es [[Belhanka]] zu sagen, wo die ya Pirras eigentlich herstammten aber verbannt worden waren, es war ja schon genug Spannung dass eine ya Pirras und ein Gerber an einem Tisch saßen. Aber vielleicht war sie ja auch eine Cavalliera im Dienste der ya Pirras. ''"Unsere Namen kennt ihr ja nun, mit wem haben wir die Ehre, Signora?“'' <br>
 +
''"Wohl wahr, dies sind die Farben der ya Pirras und vor Euch sitzt Gwena ya Pirras, Abgängerin der [[Kriegerakademie Mutter Rondra]] auf [[Hylailos]] in Begleitung ihrer Knappin Kyrilla Gaspardo aus [[Aquiliano]]. Und ihr seid ein Gerber, Signor?"'' Gwena fiel von der almadanischen Ansprache zurück in der liebfeldische. ''"Versteht mich bitte nicht falsch. Aber die einzigen Gerbers, welche mir bekannt sind, haben handwerkliche Qualitäten und damit meine ich nicht das Waffenhandwerk. Und Eure Familie hat einen Sitz im [[Senat (Efferdas)|Efferdischen Senat]]. Sagt, an welcher Akademie habt ihr Eure Ausbildung genossen und was führt Euch nach Almada?"'' <br>
 +
Natürlich war es eine ya Pirras persönlich. Aber immerhin schien sie nicht besonders voreingenommen. Er nickte anerkennend, als sie ihre Ausbildung an der Kriegerakademie der [[Zyklopeninseln]] erwähnte. Ingrimo lächelte, als er antwortete: ''"Ihr habt recht Signora, die Familie Gerber hat sich bislang nicht gerade als Kriegsherren oder Schlachtstrategen einen Namen gemacht und ich denke nicht, dass sich das allzu bald ändert. Meine Akademie war unteranderem die [[Befreiung von Terubis]] und die [[Schlacht auf den Rosenfeldern]]. Meine Sache war es nie, ein Gelehrter oder Geweihter zu werden und ich wollte mich nicht in die Abhängigkeit der Familie begeben, weil sie mir den Besuch einer Kriegerakademie oder Fechtschule finanziert hat. So habe ich mich zur Efferdischen Garde gemeldet und wurde zum Hellebardieri ausgebildet.  Meine Mutter stammt aus Ragath und so habe ich mich 1031 BF aufgemacht, nach meinen almadanischen Wurzeln zu suchen. Letztlich war ich etwas über 14 Götterläufe im Dienst der Gräflichen Ragather Partisanieri und Armbrustschützen. Wie ihr seht Signora ya Pirras, die Anrede Signor steht mir nicht zu, wenn es euch beliebt sagt Ingrimo."'' <br>
 +
Die Schankmagd kam an den Tisch. ''"So hier kommt die Stärkung für die Herren. Ein Krug Roten und zweimal Eintopf und Brot!"'' Sie stellte das Bestellte auf den Tisch und blickte abwartend in die Runde. ''"Bring uns noch einen Brig-Loer Südhang."'', bestellte Gwena und machte dann eine abwinkende Bewegung. ''"Wie Ihr wünscht, Domna."'', erwiderte die Schankmaid mit einem schnippischen Unterton und entfernte sich flink. <br>
 +
''"Ihr erwähntet gerade zwei Schlachten, wo ihr gelernt habt. Auf welcher Seite habt ihr gekämpft?"'' Ihr Blick wurde angespannt, fast lauernd. <br>
 +
Ingrimo nahm einen ersten Löffel des schmackhaften Eintopfs und biss ein Stück Brot ab. Als er hinunter geschluckt hatte antwortete er der [[Esquiria]] wahrheitsgemäß. ''"Die Efferdische Garde ist die Hausmacht des [[Haus Efferdas|Hauses Efferdas]] und unterstanden seinerzeit Baronin [[Elanor von Efferdas]]. So auch wir Hellebardieri vom Bandiera des Heiligen Parvenus. Wir stritten also auf Seite der Baronin Elanor gegen die [[Galahanisten]] und die Belhankaner."'' Er hatte Gwena während seiner Antwort ernst angesehen. Ihm war nicht entgangen, dass seine Antwort wichtig war und wohl den weiteren Verlauf dieses Gesprächs maßgeblich beeinflussen würde. <br>
 +
Mit einem Lächeln reagierte Gwena auf die Antwort. Sie nahm einen Schluck Wein. ''"Dann habt ihr Seite an Seite mit meinem [[Erdano ya Pirras|Vater]] gekämpft. Gut, gut."'' Man sah ihr die Erleichterung an. Nicht auszudenken, wenn er auf der Gegenseite gekämpft hätte. Der Gedanke kam ihr kurzzeitig, als Ingrimo Armbrüste erwähnte, aber als sie darüber nachdachte, war es doch eine rein zwergische Einheit, die seinerzeit auf den Rosenfeldern übergelaufen war. ''"Die Gräflichen Ragather Partisanieri und Armbrustschützen haben hier aber keine Garnison. Was führt Euch dann in diese Gegend?"'' Sie suchte in ihrer Suppe gezielt nach einem Stück der leckeren Blutwurst und ließ sich diese dann auch schmecken. <br>
 +
Während Gwena sprach, aß Ingrimo von den Eintopf. ''"Interessant, wer hätte es Vermutet, ein Gerber und ein ya Pirras, die für die selbe Sache, auf der selben Seite ins Feld ziehen."'' Der Hellebardieri hatte seinerzeit nicht sonderlich darauf geachtet, welche Wappen und Banner auf wessen Seite ins Feld geführt wurden. Es änderte für den einfachen Soldaten wenig. ''"Ich hielt die Zeit für gekommen etwas anderes zu machen! Zuerst spielte ich mit dem Gedanken nach Norden zu gehen doch mein Waffenbruder Merito wollte gerne das [[Horasreich]] kennenlernen und so fassten wir den Entschluss Efferdas einen Besuch abzustatten."'' Er musterte Gwena kurz. ''"Erlaubt mir eine Gegenfrage Signora ya Pirras, was führt eine adlige Efferdierin so weit von der Heimat weg? Gab es ein großes Turnier oder seit ihr auf  ventiure?"'' Neugierig blickte er die junge Adlige an. <br>
 +
''"Es war von jedem etwas."'', begann Gwena. ''"Zuerst war es eine familiäre Angelegenheit. Dann war es eine Teilnahme an einem Pferderennen im Selkethal, welches die Neugierde weckte. Daraufhin ging ich in die Lehre bei dem Ausrichter des Rennens, um mein Wissen und Talent über das Reiten und das Verhalten der Pferde zu verbessern. Dies wurde auf meiner Akademie sträflich vernachlässigt, müsst ihr wissen. Und nach zwei Götterläufen Lehrzeit geht es wieder an die Küste, wo neue Aufgaben auf mich warten. Wie Ihr seht, haben wir für eine gewisse Zeit wohl den gleichen Weg."'' Gwena prostete Ingrimo zu. ''"Es sei denn, Ihr setzt Eure Reise auf so einem Flusskahn fort."''<br>
 +
Ingrimo erhob ebenfalls seinen Becher: ''"Es ist uns eine Ehre in eurem Gefolge zu reisen Signora ya Pirras! Und nein, ich bin in der Coverna auf einem Landgut nahe Ranaqídes aufgewachsen, mir ist ein Pferderücken sehr viel lieber als Kähne oder Schiffe."'' Während Ingrimo einen Schluck von seinem Wein nahm, ergriff sein Gefährte das Wort: ''"Ich fürchte, nur unsere Reittiere können nicht so ganz mit den sicher sehr edlen Pferden mithalten. Diese zwei Mischungen aus Büffel und Ackergaul ist zwar trotz ihres Alters ausdauernd aber nicht besonders schnell und es könnte gut sein dass eine Meile in vollem Galopp sie direkt in Borons Hallen befördern würde!"'' Merito beendete seine fröhliche Erklärung mit einem Lächeln und prostete den beiden Damen und Ingrimo zu!
 +
Der Blonde zuckte kurz mit den Achseln. ''"Das Gehalt von Gardisten reicht leider nur für Pferde, die eigentlich für den Abdecker bestimmt sind! Ich fürchte also wir können euch nur Gefolgschaft leisten, wenn ihr nicht sehr in Eile seid, Signora ya Pirras!"'' <br>
 +
''"Ich glaube, da müsst Ihr keine Sorge haben, werte Herren. Wir reisen auch nicht direkt nach Efferdas, sondern werden noch einige Orte besuchen, wo Mitglieder meines Hauses sesshaft sind. Also werden wir [[Gerrich]], [[Shenilo]] und [[Margine Amena]] aufsuchen bevor wir Efferdas erreichen. Natürlich nur, wenn Ihr vorhabt uns auf diesem Wege zu begleiten."'' Kyrilla schaute etwas misstrauisch, aber sie war die Offenheit ihrer Herrin fast schon geeohnt. Diese erhob ihren Becher. ''"Nun, seid ihr einverstanden?"'' <br>
 +
Die beiden Männer tauschten kurz Blickte aus, dann sah Ingrimo wieder zu Gwena: ''"Da uns niemand in der Heimat erwartet soll uns ein Umweg nicht stören, zumal Merito sowieso das Horasreich kennenlernen wollte fügt es sich doch ganz gut nicht den direkten Weg zu wählen. Somit ist es ausgemacht, Signora Gwena ya Pirras bis zu den Toren Efferdas‘ werden wir euch getreulich begleiten."'' Er erhob seinen Becher nun ebenfalls ''"Auf das die Alveransleuin und der Weber des Schicksals unserer Reise ihren Segen schenken mögen!"'' <br>
 +
 +
 +
=== Eine Reise über Land ===
 +
 +
Und Vencelâo Merito Baltagui bekam einiges vom Lieblichen Feld zu sehen. Der Weg führte über die Grenze in die Söldnerstadt [[Unterfels]] und von dort aus weiter nach [[Vinsalt]]. Dort verbrachte man einige Tage um das Treiben in der Hauptstadt zu genießen und dem [[Tempelberg]], und dabei besonders den Tempel der Leuin, einen Besuch abzustatten. <br>
 +
Von dort aus ging es nach [[Gerrich]], zum Gestüt der [[Familie Vinarii]]. Dort mussten sie auch länger als geplant verweilen, denn Gwena musste ihr erworbenes Wissen in Sachen almadanischer Pferdezucht in jeder Einzelheit erklären. Besonders ihr Cousin [[Thersion ya Pirras|Thersion]] zeigte grosses Interesse daran. <br>
 +
Danach ging es weiter nach [[Margine Amena]] auf die Burg von Gwenas Onkel [[Lucrann ya Pirras|Lucrann]] und seiner Frau. Dort musste selbstverständlich der neueste Tropfen aus der Brennerei probiert werden, was die Abreise um einen Tag verzögerte. <br>
 +
 +
Eine der letzten Etappe war das [[Landsitz Aureum Pomum]] kurz vor [[Malur]]. Auch dort wurden sie herzlich von Gwenas Cousin [[Quentan ya Pirras|Quentan]] und seiner Frau [[Elvene Dalidion|Elvene]] empfangen. Das Landgut war immer noch eine Baustelle, aber es sah um einiges besser aus, als bei Gwenas letzten Besuch. <br>
 +
Vencelâo gefiel die Reise und auch Ingrimo genoss es unterwegs zu sein. Die beiden Männer machten sich nützlich wo immer eine Hand benötigt wurde. Da die Beiden weder ein richtiges Ziel hatten, noch irgendwo erwartet wurden, war ihnen einerlei wie lange sie bei den jeweiligen Zielen der Esquiria Gwena ya Pirras verweilten, zumal die Signora stets dafür sorgte das sie gut versorgt waren und stets Quartier erhielten. Das Landgut machte den Eindruck als habe es einiges in jüngerer Vergangenheit durchgemacht. Auch hier machte sich die beiden Männer nützlich und fanden gefallen an der Arbeit. Vor allem Vencelâo, den auch hier alle Merito nannten war als gelernter Schmied sehr gefragt. Ingrimo, der einige Erfahrung in der Holzbearbeitung hatte ging hauptsächlich den Zimmerleuten zur Hand. Abends machten die beiden ehemaligen Gardisten Schießübungen mit ihren Armbrüsten oder sie übten sich im Nahkampf, was wiederum das Interesse der Handwerker weckte und so wurde es bald schon eine Art Ritual dass sich des Abends ein knappes dutzend Männer und Frauen traf und sich, mit von Ingrimo gefertigten Holzschwertern im Schwertkampf unterrichten ließ. Natürlich ging es deutlich lockerer zu als auf einem Kasernenhof, aber es wurde nicht minder engagiert geübt. Gelegentlich ließen die beiden Armbruster auch Interessierte das Schießen mit einer Armbrust versuchen.
 +
Es wollte fast scheinen als hätten die beiden Männer vergessen dass sie eigentlich nach Ranaqídes und Efferdas wollten. <br>
 +
Eines Abends, als die Handwerker und ihre beiden Helfer um ein Feuer herum beisammen saßen, kam die Herrin des Hauses dazu. Elvene Dalidion hatte ein Tablett mit mehreren Tonbechern, sowie zwei Krüge mit Wein dabei. Eine Zofe brachte noch ein weiteres Tablett mit Brot, Wurst und Käse. ''"Greift zu ihr Damen und Herren Handwerker. Wer gut und fleißig arbeitet hat auch gutes Essen und Trinken mehr als verdient."'', sprach Elvene und drückte einem der Schreinergesellen ihr Tablett in die Hand und begann die Becher zu verteilen und einzuschenken. <br>
 +
Als sie Vencelâo und Ingrimo erreichte schenkte sie beiden ein besonders herzliches Lächeln. ''"Auf ein Wort Signores. Ihr habt uns in den letzten Tagen so fleißig geholfen. Habt ihr Euch schon Gedanken gemacht, wie es für Euch weitergeht? Gwena erwähnte, dass ihr sie nur nach Efferdas begleitet. Wir könnten jede helfende Hand gebrauchen.in den nächsten Wochen sollen die Schafherden kommen und draußen muss noch einiges hergerichtet werden. Zäune, Stallungen und noch mehr."''<br>
 +
Die beiden Männer tauschten kurz Blicke und Merito nickte seinem Kameraden zu ehe Ingrimo antwortete: ''"Nun in der Tat sind wir Signora Gwena im Moment nur bis zu den Toren der Stadt Efferdas verpflichtet und euer Angebot ehrt uns sehr Signora Elvene. Es ist nur so, wir sind Soldaten Signora, gerne helfen wir euren Handwerkern, bevor wir untätig herumsitzen, aber unser Handwerk ist das Kriegshandwerk. Wenn ihr eine Haustruppe aufstellen wollt, sind wir, nachdem wir unsere Absprache mit Signora Gwena erfüllt haben, eure Männer. Die meisten der Frauen und Männer hier haben im Übrigen großes Potenzial, auch auf Rondras Pfaden zu wandeln."'' Kurz überlegte er, dann fügte er an: ''"Ihr seid eine wirklich großzügige Dienstherrin, wir werden in jedem Fall gerne davon erzählen und berichten, dass ihr nach tüchtigen Handwerkern sucht."'' <br>
 +
Kurz zeigte Elvene eine leichte Spur von Enttäuschung, fand dann aber sehr schnell das Lächeln wieder. ''"Dann erzählt gerne davon. Und was das mit der Haustruppe angeht, liegt es leider nicht in unserer Entscheidungsgewalt, sondern in Efferdas, beim Onkel meines Mannes, dem Familienoberhaupt. Aber wer weiss, vielleicht sehen wir uns doch schneller wieder als gedacht."''<br>
 +
 +
Am nächsten Tag ging es weiter. Man reiste die [[Silem-Horas-Straße]] an der Küste entlang. Zur großen Verwunderung der beiden Männer ritten die Damen einen Bogen um [[Belhanka]]. Auf Nachfrage kam mir ein kurzes ''"Wir ya Pirras sind in Belhanka nicht gerne gesehen und auch wir machen lieber einen Bogen um dieses Loch."'' Damit war für Gwena dieses Thema auch erledigt.
 +
 +
 +
=== Angekomnen ===
 +
 +
Man erreichte Efferdas und stand vor dem Onerdi-Tor. Gwena wandte sich an die beiden Krieger.''"Nun, wir haben unser Ziel erreicht. Hier trennen sich wohl unsere Wege. Habt ihr Herren denn vor, länger in Efferdas zu verweilen und wenn ja, wo gedenkt ihr zu nächtigen? Ich denke so ein kleiner Umtrunk am Abend, zum Abschluss unserer gemeinsamen Reise, wäre angebracht."'' <br>
 +
''" Ja, leider. Es war eine sehr angenehme und interessante Reise an eurer Seite, Signora Gwena. Nun, der erste Weg führt uns in die Gerberstadt und dann ins [[Quarto Novo]] in den [[Palazzo Pellioni]]. Lange werden wir sicher nicht in Efferdas verweilen, Ein vielleicht zwei Tage. Morgen einen Rundgang durch die Stadt. Ich muss Merito ja ein bisschen etwas von unserer schönen Stadt zeigen, den [[Tempel vom güldenen Dreizack]], [[Hesinde-Tempel Efferdas|Heilig Brigon über den Wogen]] und einige weitere Sehenswürdigkeiten."'' Er zuckte mit den Schultern. ''"Wer weiß vielleicht treffe ich noch ein paar ehemalige Kameraden aus meiner Zeit bei den Hellebardieri. Einen Tag werden wir nach [[Ranaqídes]] reiten und meine Eltern und Geschwister besuchen und dann wird es auch langsam Zeit dass wir uns wieder um ein geregeltes Einkommen kümmern!"'' Ein verschmitztes Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. ''"Ihr benötigt nicht zufällig zwei begnadete Armbrustschützen, die außerdem mit Hellebarde, Pike und Kurzschwert umzugehen wissen?"'' Er lachte. ''"Ja, ein kleiner Umtrunk zum Abschluss unserer sehr angenehmen Reise wäre doch passend, so endet es wie es begann."'' Er überlegte kurz. ''"Mir fallen spontan nur die Seemannslast, die Schenke Bisteni und die Ratstaverne ein. Kennt ihr eine passendere Schenke?"'' Fragend sah er die schwarzhaarige Esquiria an. <br>
 +
''"Ich denke, die Ratstaverne ist angemessen. Also sind wir uns einig. Zur Phexensstunde in der Ratstaverne. Bis dahin gehabt Euch wohl."'' Sie nickte ihren jetzt ehemaligen Reisebegleitern zu und wandte ihr Pferd in Richtung der Palazzos in [[Residencia]]. <br>
 +
 +
Kurz verabschiedete man sich und jeder steuerte  dann sein eigenes Ziel an. Durch die Belhankaner Pforte war man in die Stadt Efferdas gelangt. Der Via Escoba, einer recht breiten Straße, die allerdings an manchen Tagen mehr an einen Jahrmarkt erinnerte hatte man den Stadtteil [[Novalia]] durchquert und sich schließlich vor dem Onerdi-Tor getrennt. Viele Efferdier, nicht nur die Wohlhabenden nannten Novalia auch abfällig das Zyklopäer-Viertel und manche zählten Novalia nicht einmal der Stadt zugehörig. Es war wohl die Natur der Menschen, Fremden mit Vorurteilen und Argwohn zu begegnen. Ingrimo hatte schon mit und gegen Zyklopäer gekämpft, wie Horasier, Almadaner, Albernier und alle Anderen auch waren sie gute und treue Kameraden oder harte, ehrenhafte Gegner gewesen. Er sah keinen Grund, eine Person wegen ihrer Herkunft mit irgendwelchen Vorurteilen zu belegen. Die beiden Gefährten ritten gemächlich durch den Stadtteil und Ingrimo erklärte seinem Freund, welche Gebäude sie sahen und was ihm sonst noch so einfiel. Vorbei am [[Hesinde-Tempel Efferdas|Hesinde-Tempel]] durchquerten sie den Hafen links liegen, lassend den Alten Markt genannten Stadtteil, vorbei am Senatsgebäude.  <br>
 +
 +
Es ging danach alles sehr schnell. Gwena blieb gerade die Zeit um [[Elphya dylli Garén|Mutter]] und [[Niccolo ya Pirras|Brüder]] zu begrüßen und wurde dann sofort zum Senatsgebäude geschickt. Auf ihre verwunderte Nachfrage wurde ihr nur geantwortet, dass ihr Onkel Valerio die Anweisung gegeben hat, sie sofort nach ihrem Erscheinen sprechen zu wollen. Egal wo er sich zu diesem Zeitpunkt aufhielt. <br>
 +
Nachdem sie im Senatsgebäude angekommen war, führte sie einer der Bediensteten durch das Wirrwarr der Gänge, bis zu dem Flügel, wo die Senatoren ihrem Tagwerk nachgehen. Sie fand ihren Onkel in einer hitzigen Diskussion mit [[Tariya di Onerdi]], der Justicial-Kapitana von Efferdas. Als er kurz aufblickte und Gwena erkannte, unterbrach er das Gespräch mit einer forschen Geste und deutete an, das etwas Wichtigeres seine wertvolle Zeit in Anspruch nehmen würde. Mit diesen Worten ließ er die Kapitana stehen, welche ihm wütend hinterher sah.
 +
Strammen Schrittes rauschte Valerio an Gwena vorbei und deutete ihr an, ihn zu begleiten. <br>
 +
Sie gingen in Valerios Amtsstube. Er deutete auf den Platz gegenüber seines Schreibtischs. ''"Ich werde schnell zum Punkt kommen, Nichte, denn ich rechne damit das die Kapitana gleich in Begleitung eines belhankischen Speichelleckers hier erscheinen wird. Zuerst einmal freue ich mich über deine Rückkehr aus Almada. Und zum anderen hoffe ich, dass deine Ausbildung auch Früchte getragen hat. Dies wirst du uns bald beweisen können. Wie dir bekannt ist, waren bis vor kurzem die [[Falcones aurea|Falcones Aurea]] in unseren Diensten. Nun, kurz gesagt, sie wurden wieder nach [[Tamarasco]] beordert und daher wird das [[Haus ya Pirras]] eine eigene Hausgarde gründen. Wir wollen für den Fall der Fälle nicht wehrlos dastehen. Da dein [[Erdano ya Pirras|Vater]] weiterhin Aufgaben im Magistrat wahrnimmt, obliegt es dir unter deiner Führung diese Garde mit Leben zu füllen. Dein Vater wird dir, sofern es seine Zeit zulässt, mit Rat und Tat zur Seite stehen. Außerdem verbleiben zwei Mitglieder der Falcones Aurea hier in Efferdas, die wir bereits rekrutiert haben. Mache dir weitere Gedanken und berichte mir zeitnah von deinen Plänen. Du bis entlassen.” “Aber ich….."'', versuchte Gwena zu entgegnen. ''"Ich sagte, du bist entlassen"'', unterbrach sie Valerio und er deutete demonstrativ zur Tür. <br>
 +
 +
Der Straße folgend ging es vom [[Alter Markt (Efferdas)|Alten Markt]] zwischen den beiden Stadtteilen [[Sanct Parvenus]] zur Rechten und Quarto Novo zur Linken geradewegs auf das Firunstor, einem prächtigen und massiven Bau, der mit schönen blau-grün glasierten Ziegeln verziert war zu. ''"Was? Verlassen wir die Stadt etwa schon wieder?"'' Vencelâo war sichtlich irritiert. Lachend schüttelte der blonde Hüne seinen Kopf so dass sein stattlicher, langer Zopf hin und her flog. ''"Nein, nein! Keine Sorge mein Freund, das ist das Firunstor oder heute auch Inneres Tor  genannt. Es war einst ein Stadttor. Zumindest bis, wenn ich mich nicht irre so um 940 BF der Stadtrat beschlossen hatte, dass das Gerber- und Färberhandwerk samt Abdeckerei aus der Stadt verschwinden muss. Meine….äähm Urgroßmutter? Naja jedenfalls hieß die kluge wie energische Frau [[Isindia Gerber]] und hatte durchgesetzt, dass das Gerberviertel, das heutige Stadtviertel [[Gerberstadt]] hier direkt hinter der Stadtmauer gebaut wurde. Soweit ich weiß hat die [[Familie Gerber]] gemeinsam mit der [[Familie Changbari]] den größten Teil der Kosten selbst getragen. Lediglich die Erweiterung der Stadtmauer und einen Teil des neuen Stadttores hat der Stadtrat bezahlt. Etwas über die Hälfte der Gebäude ist im Besitz der Gerbers, den Rest teilen sich die [[Familie Changbari|Changbari]] und die Stadt Efferdas. Zumindest war das so als ich noch hier gelebt habe."'' Der Almadaner schüttelte verwundert den Kopf.''"Kahbla, ich wundere mich, du sprichst immer von den und die Gerbers, nie von meine Familie, man könnte denke du sprichst von Fremden!"'' Ingrimo zuckte mit den Schultern. ''"Es ist zwar die Familie von der ich abstammen, aber der reiche, berühmte, efferdische Teil meiner Familie ist mir sehr fremd. Sie geben dir ihr letztes Hemd, dafür gehört ihnen aber auch dein Leben. Sie bezahlen dir eine Ausbildung, aber danach bestimmt das Familienoberhaupt was, du wofür die Familie Gerber tust. Wenn das Familienoberhaupt entscheidet, dass es wichtig ist, das Band zu irgendeiner Familie zu stärken, dann musst du eben mit irgendeiner Fremden den Traviabund schließen und in eine völlig fremde Stadt oder ein Dorf am Rande Deres ziehen und dort leben. Nein, das ist nicht das, wie ich mir mein Leben vorgestellt habe. Ich stamme aus der ranaqídischen Linie. Die etwas ärmliche aber dafür freie Linie, was wohl hauptsächlich meiner Mutter [[Floria Gerber|Florida]], eine geborene Furlani aus Ragath, zu verdanken ist. Zwar können sie dir keine Ausbildung an einer Universität oder Akademie ermöglichen, aber dafür hast du sonst alle Freiheiten."'' <br>
 +
Sie passierten das Tor, gleich zu ihrer Rechten befand sich das Badehaus. Ingrimo entschied dass es vielleicht von Vorteil war, wenn sie erfrischt und gepflegt bei der Familie ihre Aufwartung machten und so lud er seinen Waffenbruder in das, den Gerbers gehörende aber von dem wohl aus den Nordmarken stammenden Ehepaar Quisira und Falk Hauer gepachtete und betriebene Badehaus ein. <br>
 +
 +
''"Eine Hausgarde. Ich soll eine Hausgarde gründen und führen."'', empörte sich Gwena schon den Rest des Tages, bis es an der Zeit war, zusammen mit Kyrilla die Ratstaverne aufzusuchen. Schließlich waren sie dort verabredet und trotz der ganzen Neuigkeiten hatte Gwena nicht vor dieses abzusagen. ''"Eine Ehre soll das sein, sagte meine Mutter und mein Bruder war auch keine große Hilfe. Meinen Vater habe ich auch noch nicht zu Gesicht bekommen."'' Kyrilla räusperte sich. ''"Die Pläne Eures Onkels sind sehr überraschend, aber ich muss Eurer werten Frau Mutter beipflichten. Es ist eine Ehre die Garde des Hauses zu führen, zeigt es doch Eure Stärke und das Vertrauen Eures Hauses."'' Gwena lachte. ''"Stärke. Kyrilla, ich zahle 22 Lenze, habe weder in einer militärischen Einheit gedient noch irgendwelche Führungsqualitäten. Was glaubst du wird ein alter Veteran sagen, wenn so jemand wie ich ihm einen Befehl erteilt?” “Er wird sagen ‘Jawohl Corporal, oder Leutnant oder Capitanya, denn wenn er sich Eurer Garde verpflichtet, akzeptiert er auch Euren Stand. Sucht Euch Kameraden Eures Alters. Aus Eurer Akademie, von den Turnieren, auf denen wir waren. Und sobald meine Knappschaft bei Euch endet, werde ich Eurer Garde beitreten. Seht dies schon als meine Bewerbung an."'' Kyrilla lächelte und Gwena blieb nichts anderes übrig als dieses zu erwidern. ''"Sei Dir sicher, dass diese Bewerbung hiermit angenommen ist. Wir müssen dann beizeiten deinen Sold aushandeln."'' Beide fingen an herzhaft zu lachen, dass sich schon die Leute auf dem Forum Notabilium verwundet nach ihnen umdrehte. <br>
 +
 +
Nach dem sie sich ordentlich gewaschen und für eine zusätzliche, finanzielle Zuwendung auch noch andere Dienste der beiden hübschen Bademägde gegönnt hatten ging es nun zum Mietstall um die Pferde ordentlich versorgen zu lassen und dann zum Alchemielabor. Dort sollte [[Kilian Gerber]], sein Cousin und der Alchemist der Familie zu finden sein. Schon früher hatten sich die beiden ganz gut verstanden. Kilian war immer ein ruhiger und freundlicher Zeitgenosse gewesen und im Gegensatz zu seinen älteren Brüdern ohne Vorurteile über die Angehörigen des ärmlichen ranaqídischen Familienzweiges.
 +
Tatsächlich trafen sie den Alchemisten und wie sie erfuhren, die erste Hälfte des neuen, doppelköpfigen Familienoberhauptes dort an. Kilian freute sich sogar sehr den verschollen geglaubten Cousin wiederzusehen.
 +
Man verlegte das unerwartete Zusammentreffen in das nahegelegene „Gerbersche Haus“, dem alten Familiensitz der Familie Gerber, bevor man sich den Palazzo Pellioni im Quarto Novo bauen ließ. <br>
 +
Es wurden die wichtigsten Neuigkeiten ausgetauscht und Kilian vermied auffällig die Themen Ranaqídes, [[Casa della Fiore]] und den ranaqídischen Zweig der Familie. Da aber die Zeit schon fortgeschritten war und es am nächsten Tag sicher auch noch Gelegenheit geben würde sich mit Kilian zu unterhalten beließ es Ingrimo dabei. Mit dem Wissen hier ein Quartier für die nächsten Tage zu haben, verabschiedete man sich und Ingrimo und Vencelâo machten sich, recht ordentlich herausgeputzt auf den Weg zur Ratstaverne um ihre ehemaligen Reisegefährtinnen auf einen Abschiedstrunk zu treffen. <br>
 +
 +
Man hatte gut zusammen gegessen, getrunken und unterhielt sich in entspannter Stimmung.
 +
Gwena nippte an ihrem Wein und fasste ihren Mut zusammen. ''"Nun, Corporal Ingrimo, werden wir einmal kurz ernst, bevor wir zum gemütlichen Teil des Abends zurückkehren. Wenn Ihr noch keinerlei zukünftige Verpflichtungen habt, könntet ihr Euch vorstellen in die Dienste des Hauses ya Pirras zu treten? Dies gilt natürlich auch für Euch Signor Vencelâo. Wohl nicht hier in Efferdas, sondern auf der Burg Margine oder dem Landgut Aureum Ponum."'' <br>
 +
Der blonde Hüne strich sich nachdenklich über das frisch rasierte Kinn. Was für eine überraschende Wende in der Unterhaltung. Sein Blick streifte kurz den Vencelâo’s ehe er sich an Gwena wandte: ''"Nun in der Tat deutete mein Cousin Kilian Gerber an, dass man eine kleine Gerberstadtwehr aufstellen möchte. Nur… ich weiß nicht, ob ihr das verstehen könnt, ich möchte mich eigentlich nicht in den Dienst meiner Familie stellen. Tatsächlich klingt euer Angebot da sehr viel interessanter."'' Er blickte die schwarzhaarige Esquiria forschend an, bevor er weitersprach: ''"Die alles entscheidende Frage ist allerdings, unter wessen Kommando würden wir stehen?"'' Sein Blick war weiter fest auf Gwena gerichtet, während er gespannt auf ihre Antwort wartete. <br>
 +
''"Stand jetzt, unter meinem Oberkommando. Es muss noch ausgearbeitet werden, wie groß die entsprechenden Einheiten werden sollen, aber ich tendiere zu je einem [[Terzio]] in Efferdas, Margine Amena und Malur. Das würde heißen, es wäre noch ein [[Leutnant]] über Euch."'' Kurz hielt Gwena inne, denn sie sah wie sich die Stirn ihres Gegenüber kraus zog. ''"Das soll aber nicht heißen, dass ich Euch den Posten eines Leutnants nicht zutrauen. Im Gegenteil. Aufgrund Euren langjährigen Erfahrung ist es, glaube ich zumindest, Zeit für eine Beförderung. Aber letzten Endes haben mein Vater und mein Onkel das letzte Wort. Aber ich habe ein gewisses Mitspracherecht. Gestattet mir bitte eine Frage. Warum wollt ihr nicht in den Dienst Eurer Familie treten? Dies verwundert mich doch sehr, gibt es doch kaum eine größere Ehre als dem Hause dienen zu dürfen."'' <br>
 +
Ingrimo lächelte zufrieden als Gwena, wie erhofft mitteilte, dass sie das Oberkommando führen würde, als sie dann allerdings einen Leutnant erwähnte wurde sein Blick etwas skeptisch. Allerdings hatte die Esquiria den Grund missdeutet. Und es war ihm auch sichtlich unangenehm, als Gwena ya Pirras erwog, ihn zum Leutnant zu machen. Nachdem sie geendet hatte nickte der Hüne ''"Nun, allererst möchte ich euch sagen, geschätzte Signora Gwena, es ist uns eine Ehre unter eurem Kommando dienen zu dürfen. Verzeiht wenn ich eben etwas unwirsch dreingeblickt habe  doch war dies der Erkenntnis geschuldet dass nicht die Signora Kyrilla die direkte Vorgesetzte sein würde. Ich durfte während unserer gemeinsamen Reise eure Knappin ja ebenso gut kennenlernen wie euch und war nun davon ausgegangen, dass die Knappin in Bälde zur Cavalliera würde und sich in dieser ersten Aufgabe würde beweisen können. Ich hoffe, ihr wisst, es liegt mir nicht daran, mir durch süße Worte das Wohlwollen der Signoras zu erschleichen, ich gebe nur unsere Beobachtungen und Eindrücke wieder."'' Dabei deutete er auf sich und Vencelâo und man merkte dass sich der sonst so selbstsichere Veteran unwohl fühlte als er weitersprach; ''"Wir haben schon unter so einigen Offizieren dienen dürfen und auch müssen und ich erlaube mir zu behaupten inzwischen ein gutes Gespür für die Führungsqualitäten eines Menschen entwickelt zu haben. Euch werte Esquiria und auch eurer Knappin unterstelle ich, dass ihr das Talent habt ein rechtes Maß zu finden, euch den Respekt und die Achtung eurer Soldaten zu gewinnen und ich halte euch für eine kluge Taktikerin. Die Wahl der Lagerplätze möge an dieser Stelle als Beispiel genügen. Obwohl es auf der von euch gewählten Route meist höchst unwahrscheinlich war überfallen zu werden habt ihr die jeweiligen Rastplätze und Nachtlager immer strategisch klug gewählt, zu jedem Nachtlager die Nachtwache eingeteilt und euch nicht davon ausgenommen. Das sind für mich Dinge die einen verantwortungsvollen Befehlshaber auszeichnen. Aber nun genug davon, ich denke ihr versteht nun warum wir gerne unter eurem Kommando dienen wollen. Jetzt zu eurer Frage!"'' Er nahm einen Schluck von dem Roten, blickte kurz, fast hilfesuchend zur Decke, ehe er Gwena wieder ansah: ''"Warum möchte ich nicht in den Dienst der Familie Gerber, meiner eigenen Familie treten? Es sind da mehrere Gründe. Zum Einen ist es für mich nicht das, was ich mir vorstelle, in der Gerberstadt herumzupatrouillieren, wo eh jeder der Familie Gerber hörig ist. Zum Anderen ist es mir lieber eine…. Wie soll ich sagen? ….. Eine gewisse Distanz zu meinem Dienstherrn zu haben. Und der dritte Grund und vielleicht entscheidendste Grund ist, als Soldat ist es selbstverständlich dem Willen und Befehl seiner Vorgesetzten zu folgen, ohne zu hinterfragen, ohne in Zweifel zu ziehen. Ihr bezahlt mich, ihr gebt die Befehle. So und nur so funktioniert eine militärische Einheit. Eine Familie sollte so aber nicht funktionieren! Da bin ich im ranaqídischen Zweig der Gerbers anders erzogen, anders aufgewachsen. Familie heißt für mich Mitsprache und Mitbestimmung gerade und vor allem wenn es um meine eigene Person geht!"'' Er lächelte Gwena mit einem Achselzucken an: ''"Ich glaube, für den letzten Punkt habt ihr nicht sehr viel Verständnis! Soweit ich weiß ist es in Familien von Adel noch viel ausgeprägter, dass jeder Angehörige der Familie seine Rolle erfüllen muss und stets das Wohl und die Ehre der Familie über dem Wohlergehen und dem Wunsch des Einzelnen steht. Vielleicht würde ich anders denken wenn meine Erziehung eine andere gewesen wäre!"'' Er schüttelte seinen Kopf und der mächtige Zopf schwang hin und her. ''"So nun habe ich euch aber genug mit meinen persönlichen Befindlichkeiten gelangweilt. Ihr sollt nur wissen wir haben größtes Vertrauen in und größten Respekt vor euch. Wenn ihr uns noch immer in euren Diensten haben wollt, so schwören wir bei der Unbesiegten, dass wir für euch und die euren immer treu streiten und eher sterben als weichen werden. Ihr könnt immer auf unsere Loyalität zählen!"'' Bei den Worten von Respekt und Vertrauen nickte Vencelâo eifrig und legte, als Ingrimo den Schwur leistete, genau wie dieser seine Faust über sein Herz. <br>
 +
''"Ihr beschämt mich und habt trotzdem Dank für Eure Worte Korporal und auch für Eure Ehrlichkeit in Bezug auf Eure Familie. Und ich glaube, an diesem Tisch sitzen die ersten Mitglieder der [[Alis Grypho]], der Garde der ya Pirras."'' Sie stand auf und rief die Schankmaid zu sich. ''"Bringt uns den besten Tropfen Eures Hauses. Pranoster oder Shenila. Was Euer Keller hergibt. Wir haben etwas zu feiern."''
  
  
 
[[Kategorie:Briefspiel in Efferdas|Zeit des Wandels]]
 
[[Kategorie:Briefspiel in Efferdas|Zeit des Wandels]]

Aktuelle Version vom 17. Juli 2024, 22:41 Uhr

Auge-grau.png

Stadt Efferdas.png Briefspiel in Efferdas Stadt Efferdas.png
Datiert auf: 1043 BF - 1046 BF Schauplatz: Efferdas Entstehungszeitraum: Sommer 2022 - 2024
Protagonisten: Familien aus Efferdas Autoren/Beteiligte: Haus ya Pirras.png VivionaYaPirras, Haus Efferdas.png Elanor, Familie Gerber.png Gerberstädter
Zyklus: Übersicht · Prolog ·· Ein neues Oberhaupt · Unter Verdacht · Rückkehr aus Almada


Rückkehr aus Almada

Im Gasthaus Dâlblick in Dâl Anfang Boron 1046 BF

"Auf keinen Fall, Kyrilla. Lieber reite ich tagelang durch, bevor ich wieder auf so einen wackeligen Kahn steige. Nicht nur, dass wir viel Überredungskunst brauchten, um die Pferde überhaupt mitnehmen zu können, auch das Väterchen Yaquir war uns nicht wohlgesonnen. Mir wird nur an den Gedanken daran speiübel. Und das wäre schade um das gute Essen."
Der Wirt hatte es mit der Kriegerin und der Knappin gut gemeint. Er hatte zwei Schüsseln bis zum Rand gefüllt mit einem Eintopf aus weißen Bohnen ,Schweinebauch, Paprikawurst, Blutwurst, Zwiebeln und Knoblauch serviert. Dazu ein großes Stück Weißbrot und einen Becher, auf Wunsch, verdünnten Wein.
"Wie ihr wünscht Herrin.", antwortete die Knappin und schob sich einen gefüllten Löffel in den Mund.
Gwena ya Pirras begann auch zu essen und hing ihren Gedanken nach. Es war ein komisches Gefühl gewesen das Selkethal nach zwei Götterläufen zu verlassen, um wieder nach Efferdas zurückzukehren. Sie hatte viel gelernt, aber aus Sicht ihres Vaters nicht genug. Dies hatte er in seinem letzten Schreiben auf seine gewohnte direkte Weise verewigt. Und doch freute sie sich auf Efferdas. Auf die frische Meeresbrise, den fangfrischen Fisch und natürlich ihre Familie.
"Herrin.", riss sie ihre Knappin Kyrilla Gaspardo aus ihren Gedanken. "Sagt, wie geht es denn weiter, wenn wir Efferdas erreicht haben?” “Nun, das entscheidet ganz allein mein Onkel, unser Familienoberhaupt. Ich befürchte, wir werden wohl etwas länger in Efferdas verweilen dürfen." Gwena setzte ein verzerrtes Grinsen auf.
Im Hintergrund des Gasthauses wurde eine Gitarre gestimmt und einige Tische zur Seite gestellt. Zwei Zahori traten in ihr Blickfeld. Ein Gitarrenspieler und eine Tänzerin. Sie musste an Farfanya und Ta’iro denken und ihr Herz wurde schwer. Nein es war schon besser, wenn sie Almada jetzt verlassen. Die ersten Töne erklangen und das rhythmische Stampfen der Tänzerin begann.


Die Tür wurde geöffnet und zwei recht große, breitschultrige Männer in Lederrüstung, Lederhosen, schweren Stiefeln und braunen Umhängen traten in die Gaststube. Der Erste war wohl Mitte Dreißig, trug sein blondes Haar zu einen dicken Zopf geflochten, der ihm weit über die Schultern reichte. Er sah sehr gepflegt aus und wirkte recht vergnügt. Der Zweite schien etwas jünger, hatte kurzes, braunes Haar und einen üppigen Vollbart. Auch er machte einen gepflegten Eindruck und blickte freudig zu der Tänzerin, keine zwei Augenblicke später bewegte er sich zum Takt der Musik und es sah durchaus gekonnt aus. Der Blonde ging zum Wirt und bestellte einen Krug Roten und zwei Schüsseln Eintopf. Sein Kamerad tanzte ihm hinterher.

"Khabla mein Freund sag mir, spielen sie bei euch in Ranaqídes auch so schöne Musik?“ „Keine Sorge Merito auch in der Coverna kennt man Musik und Tanz. Nur weil ich wenig für’s Tanzen übrig habe heißt es ja nicht gleich dass man in der ganzen Republik Efferdas keinen Sinn für Tanz und Musik hat.“ „Khabla du solltest tanzen, ist gut für die Seele!“ „Ich denke du tanzt genug für uns Beide!", lachte der Blonde und sah sich nach zwei freien Plätzen um.
Sein Blick fiel auf einen Tisch etwas abseits, an dem zwei Frauen saßen. Sie schienen Kriegerinnen zu sein. Beide trugen Wappenröcke und man konnte darunter Teile einer Lederrüstung samt Zeug erkennen. An der Wand gelehnt standen wohl ihre Waffen. Eine Glefe, ein Stoßspeer und ein Schild mit einer halbrunden Kerbe. Die Schwarzhaarige war wohl die Ältere und auch die Größere von den beiden, während die Blonde mit dem geflochtenen Zopf wohl in ihren Diensten stand. Er hatte kurz das Wort ‘Herrin’ vornommen.
Da sonst nur noch wenige Plätze frei waren, entschloss sich der blonde Hüne an der Tafel der beiden Damen um freie Plätze zu fragen. Zumal dieser Tisch sehr günstig platziert war, man überblickte die gesamte Gaststube inklusive der Eingangstür und ein Fenster bot auch einen Blick auf die Geschehnisse vor dem Gasthaus. Es rechtfertigte jedenfalls die Annahme, die Damen verfügten über ein gewisses strategisches Gespür und waren wohl nicht unerfahren im Kriegshandwerk. So trat er auf die Damen zu, deutete eine Verbeugung an: "Rondra mit euch werte Signoras, ist es zwei, der Alveransleuin treuen Reisenden gestattet an eurer Tafel Platz zunehmen?" Inständig hoffte er, dass das Verhalten des immer noch stampftanzenden Meritos in seinem Rücken die Damen nicht verstörte. Kurz stutzte er, war das nicht das Wappen des Hauses ya Pirras auf den Wappenröcken der beiden Kriegerinnen?
Beide Damen schauten auf und lächelten. "Der Sturmherrin zum Gruße.", antwortete die Ältere und musterte den Ankömmling von oben nach unten. Danach machte sie eine einladende Geste. "Gewiss.Nehmt doch Platz, Dom…?" Ehe Ingrimo antworten konnte schaltete sich sein bärtiger Begleiter ein, der immerhin zumindest für den Augenblick das Tanzen eingestellt hatte: "Rondra möge immer an eurer Seite stehen, Signoras. Dies ist Corporal Ingrimo Khabla Gerber und meine Wenigkeit ist Vencelâo Merito Baltagu], Partisanieri und Armbruster." Der Almadaner sah von der Schwarzhaarigen zu Ingrimo "Khabla, du hast die Signora gehört, setz dich doch!", und tat genau das, während er noch sprach.
Der blonde Corporal verfluchte Meritos untrügliches Gespür, immer zu unpassender Zeit die Initiative zu ergreifen. Er neigte noch einmal sein Haupt und setzte sich, während er das Wort wieder ergriff: "Vielen Dank Signora! Wenn ich mich nicht sehr irre tragt ihr die Farben des Hauses ya Pirras aus Efferdas."
Er vermied es Belhanka zu sagen, wo die ya Pirras eigentlich herstammten aber verbannt worden waren, es war ja schon genug Spannung dass eine ya Pirras und ein Gerber an einem Tisch saßen. Aber vielleicht war sie ja auch eine Cavalliera im Dienste der ya Pirras. "Unsere Namen kennt ihr ja nun, mit wem haben wir die Ehre, Signora?“
"Wohl wahr, dies sind die Farben der ya Pirras und vor Euch sitzt Gwena ya Pirras, Abgängerin der Kriegerakademie Mutter Rondra auf Hylailos in Begleitung ihrer Knappin Kyrilla Gaspardo aus Aquiliano. Und ihr seid ein Gerber, Signor?" Gwena fiel von der almadanischen Ansprache zurück in der liebfeldische. "Versteht mich bitte nicht falsch. Aber die einzigen Gerbers, welche mir bekannt sind, haben handwerkliche Qualitäten und damit meine ich nicht das Waffenhandwerk. Und Eure Familie hat einen Sitz im Efferdischen Senat. Sagt, an welcher Akademie habt ihr Eure Ausbildung genossen und was führt Euch nach Almada?"
Natürlich war es eine ya Pirras persönlich. Aber immerhin schien sie nicht besonders voreingenommen. Er nickte anerkennend, als sie ihre Ausbildung an der Kriegerakademie der Zyklopeninseln erwähnte. Ingrimo lächelte, als er antwortete: "Ihr habt recht Signora, die Familie Gerber hat sich bislang nicht gerade als Kriegsherren oder Schlachtstrategen einen Namen gemacht und ich denke nicht, dass sich das allzu bald ändert. Meine Akademie war unteranderem die Befreiung von Terubis und die Schlacht auf den Rosenfeldern. Meine Sache war es nie, ein Gelehrter oder Geweihter zu werden und ich wollte mich nicht in die Abhängigkeit der Familie begeben, weil sie mir den Besuch einer Kriegerakademie oder Fechtschule finanziert hat. So habe ich mich zur Efferdischen Garde gemeldet und wurde zum Hellebardieri ausgebildet. Meine Mutter stammt aus Ragath und so habe ich mich 1031 BF aufgemacht, nach meinen almadanischen Wurzeln zu suchen. Letztlich war ich etwas über 14 Götterläufe im Dienst der Gräflichen Ragather Partisanieri und Armbrustschützen. Wie ihr seht Signora ya Pirras, die Anrede Signor steht mir nicht zu, wenn es euch beliebt sagt Ingrimo."
Die Schankmagd kam an den Tisch. "So hier kommt die Stärkung für die Herren. Ein Krug Roten und zweimal Eintopf und Brot!" Sie stellte das Bestellte auf den Tisch und blickte abwartend in die Runde. "Bring uns noch einen Brig-Loer Südhang.", bestellte Gwena und machte dann eine abwinkende Bewegung. "Wie Ihr wünscht, Domna.", erwiderte die Schankmaid mit einem schnippischen Unterton und entfernte sich flink.
"Ihr erwähntet gerade zwei Schlachten, wo ihr gelernt habt. Auf welcher Seite habt ihr gekämpft?" Ihr Blick wurde angespannt, fast lauernd.
Ingrimo nahm einen ersten Löffel des schmackhaften Eintopfs und biss ein Stück Brot ab. Als er hinunter geschluckt hatte antwortete er der Esquiria wahrheitsgemäß. "Die Efferdische Garde ist die Hausmacht des Hauses Efferdas und unterstanden seinerzeit Baronin Elanor von Efferdas. So auch wir Hellebardieri vom Bandiera des Heiligen Parvenus. Wir stritten also auf Seite der Baronin Elanor gegen die Galahanisten und die Belhankaner." Er hatte Gwena während seiner Antwort ernst angesehen. Ihm war nicht entgangen, dass seine Antwort wichtig war und wohl den weiteren Verlauf dieses Gesprächs maßgeblich beeinflussen würde.
Mit einem Lächeln reagierte Gwena auf die Antwort. Sie nahm einen Schluck Wein. "Dann habt ihr Seite an Seite mit meinem Vater gekämpft. Gut, gut." Man sah ihr die Erleichterung an. Nicht auszudenken, wenn er auf der Gegenseite gekämpft hätte. Der Gedanke kam ihr kurzzeitig, als Ingrimo Armbrüste erwähnte, aber als sie darüber nachdachte, war es doch eine rein zwergische Einheit, die seinerzeit auf den Rosenfeldern übergelaufen war. "Die Gräflichen Ragather Partisanieri und Armbrustschützen haben hier aber keine Garnison. Was führt Euch dann in diese Gegend?" Sie suchte in ihrer Suppe gezielt nach einem Stück der leckeren Blutwurst und ließ sich diese dann auch schmecken.
Während Gwena sprach, aß Ingrimo von den Eintopf. "Interessant, wer hätte es Vermutet, ein Gerber und ein ya Pirras, die für die selbe Sache, auf der selben Seite ins Feld ziehen." Der Hellebardieri hatte seinerzeit nicht sonderlich darauf geachtet, welche Wappen und Banner auf wessen Seite ins Feld geführt wurden. Es änderte für den einfachen Soldaten wenig. "Ich hielt die Zeit für gekommen etwas anderes zu machen! Zuerst spielte ich mit dem Gedanken nach Norden zu gehen doch mein Waffenbruder Merito wollte gerne das Horasreich kennenlernen und so fassten wir den Entschluss Efferdas einen Besuch abzustatten." Er musterte Gwena kurz. "Erlaubt mir eine Gegenfrage Signora ya Pirras, was führt eine adlige Efferdierin so weit von der Heimat weg? Gab es ein großes Turnier oder seit ihr auf ventiure?" Neugierig blickte er die junge Adlige an.
"Es war von jedem etwas.", begann Gwena. "Zuerst war es eine familiäre Angelegenheit. Dann war es eine Teilnahme an einem Pferderennen im Selkethal, welches die Neugierde weckte. Daraufhin ging ich in die Lehre bei dem Ausrichter des Rennens, um mein Wissen und Talent über das Reiten und das Verhalten der Pferde zu verbessern. Dies wurde auf meiner Akademie sträflich vernachlässigt, müsst ihr wissen. Und nach zwei Götterläufen Lehrzeit geht es wieder an die Küste, wo neue Aufgaben auf mich warten. Wie Ihr seht, haben wir für eine gewisse Zeit wohl den gleichen Weg." Gwena prostete Ingrimo zu. "Es sei denn, Ihr setzt Eure Reise auf so einem Flusskahn fort."
Ingrimo erhob ebenfalls seinen Becher: "Es ist uns eine Ehre in eurem Gefolge zu reisen Signora ya Pirras! Und nein, ich bin in der Coverna auf einem Landgut nahe Ranaqídes aufgewachsen, mir ist ein Pferderücken sehr viel lieber als Kähne oder Schiffe." Während Ingrimo einen Schluck von seinem Wein nahm, ergriff sein Gefährte das Wort: "Ich fürchte, nur unsere Reittiere können nicht so ganz mit den sicher sehr edlen Pferden mithalten. Diese zwei Mischungen aus Büffel und Ackergaul ist zwar trotz ihres Alters ausdauernd aber nicht besonders schnell und es könnte gut sein dass eine Meile in vollem Galopp sie direkt in Borons Hallen befördern würde!" Merito beendete seine fröhliche Erklärung mit einem Lächeln und prostete den beiden Damen und Ingrimo zu! Der Blonde zuckte kurz mit den Achseln. "Das Gehalt von Gardisten reicht leider nur für Pferde, die eigentlich für den Abdecker bestimmt sind! Ich fürchte also wir können euch nur Gefolgschaft leisten, wenn ihr nicht sehr in Eile seid, Signora ya Pirras!"
"Ich glaube, da müsst Ihr keine Sorge haben, werte Herren. Wir reisen auch nicht direkt nach Efferdas, sondern werden noch einige Orte besuchen, wo Mitglieder meines Hauses sesshaft sind. Also werden wir Gerrich, Shenilo und Margine Amena aufsuchen bevor wir Efferdas erreichen. Natürlich nur, wenn Ihr vorhabt uns auf diesem Wege zu begleiten." Kyrilla schaute etwas misstrauisch, aber sie war die Offenheit ihrer Herrin fast schon geeohnt. Diese erhob ihren Becher. "Nun, seid ihr einverstanden?"
Die beiden Männer tauschten kurz Blickte aus, dann sah Ingrimo wieder zu Gwena: "Da uns niemand in der Heimat erwartet soll uns ein Umweg nicht stören, zumal Merito sowieso das Horasreich kennenlernen wollte fügt es sich doch ganz gut nicht den direkten Weg zu wählen. Somit ist es ausgemacht, Signora Gwena ya Pirras bis zu den Toren Efferdas‘ werden wir euch getreulich begleiten." Er erhob seinen Becher nun ebenfalls "Auf das die Alveransleuin und der Weber des Schicksals unserer Reise ihren Segen schenken mögen!"


Eine Reise über Land

Und Vencelâo Merito Baltagui bekam einiges vom Lieblichen Feld zu sehen. Der Weg führte über die Grenze in die Söldnerstadt Unterfels und von dort aus weiter nach Vinsalt. Dort verbrachte man einige Tage um das Treiben in der Hauptstadt zu genießen und dem Tempelberg, und dabei besonders den Tempel der Leuin, einen Besuch abzustatten.
Von dort aus ging es nach Gerrich, zum Gestüt der Familie Vinarii. Dort mussten sie auch länger als geplant verweilen, denn Gwena musste ihr erworbenes Wissen in Sachen almadanischer Pferdezucht in jeder Einzelheit erklären. Besonders ihr Cousin Thersion zeigte grosses Interesse daran.
Danach ging es weiter nach Margine Amena auf die Burg von Gwenas Onkel Lucrann und seiner Frau. Dort musste selbstverständlich der neueste Tropfen aus der Brennerei probiert werden, was die Abreise um einen Tag verzögerte.

Eine der letzten Etappe war das Landsitz Aureum Pomum kurz vor Malur. Auch dort wurden sie herzlich von Gwenas Cousin Quentan und seiner Frau Elvene empfangen. Das Landgut war immer noch eine Baustelle, aber es sah um einiges besser aus, als bei Gwenas letzten Besuch.
Vencelâo gefiel die Reise und auch Ingrimo genoss es unterwegs zu sein. Die beiden Männer machten sich nützlich wo immer eine Hand benötigt wurde. Da die Beiden weder ein richtiges Ziel hatten, noch irgendwo erwartet wurden, war ihnen einerlei wie lange sie bei den jeweiligen Zielen der Esquiria Gwena ya Pirras verweilten, zumal die Signora stets dafür sorgte das sie gut versorgt waren und stets Quartier erhielten. Das Landgut machte den Eindruck als habe es einiges in jüngerer Vergangenheit durchgemacht. Auch hier machte sich die beiden Männer nützlich und fanden gefallen an der Arbeit. Vor allem Vencelâo, den auch hier alle Merito nannten war als gelernter Schmied sehr gefragt. Ingrimo, der einige Erfahrung in der Holzbearbeitung hatte ging hauptsächlich den Zimmerleuten zur Hand. Abends machten die beiden ehemaligen Gardisten Schießübungen mit ihren Armbrüsten oder sie übten sich im Nahkampf, was wiederum das Interesse der Handwerker weckte und so wurde es bald schon eine Art Ritual dass sich des Abends ein knappes dutzend Männer und Frauen traf und sich, mit von Ingrimo gefertigten Holzschwertern im Schwertkampf unterrichten ließ. Natürlich ging es deutlich lockerer zu als auf einem Kasernenhof, aber es wurde nicht minder engagiert geübt. Gelegentlich ließen die beiden Armbruster auch Interessierte das Schießen mit einer Armbrust versuchen. Es wollte fast scheinen als hätten die beiden Männer vergessen dass sie eigentlich nach Ranaqídes und Efferdas wollten.
Eines Abends, als die Handwerker und ihre beiden Helfer um ein Feuer herum beisammen saßen, kam die Herrin des Hauses dazu. Elvene Dalidion hatte ein Tablett mit mehreren Tonbechern, sowie zwei Krüge mit Wein dabei. Eine Zofe brachte noch ein weiteres Tablett mit Brot, Wurst und Käse. "Greift zu ihr Damen und Herren Handwerker. Wer gut und fleißig arbeitet hat auch gutes Essen und Trinken mehr als verdient.", sprach Elvene und drückte einem der Schreinergesellen ihr Tablett in die Hand und begann die Becher zu verteilen und einzuschenken.
Als sie Vencelâo und Ingrimo erreichte schenkte sie beiden ein besonders herzliches Lächeln. "Auf ein Wort Signores. Ihr habt uns in den letzten Tagen so fleißig geholfen. Habt ihr Euch schon Gedanken gemacht, wie es für Euch weitergeht? Gwena erwähnte, dass ihr sie nur nach Efferdas begleitet. Wir könnten jede helfende Hand gebrauchen.in den nächsten Wochen sollen die Schafherden kommen und draußen muss noch einiges hergerichtet werden. Zäune, Stallungen und noch mehr."
Die beiden Männer tauschten kurz Blicke und Merito nickte seinem Kameraden zu ehe Ingrimo antwortete: "Nun in der Tat sind wir Signora Gwena im Moment nur bis zu den Toren der Stadt Efferdas verpflichtet und euer Angebot ehrt uns sehr Signora Elvene. Es ist nur so, wir sind Soldaten Signora, gerne helfen wir euren Handwerkern, bevor wir untätig herumsitzen, aber unser Handwerk ist das Kriegshandwerk. Wenn ihr eine Haustruppe aufstellen wollt, sind wir, nachdem wir unsere Absprache mit Signora Gwena erfüllt haben, eure Männer. Die meisten der Frauen und Männer hier haben im Übrigen großes Potenzial, auch auf Rondras Pfaden zu wandeln." Kurz überlegte er, dann fügte er an: "Ihr seid eine wirklich großzügige Dienstherrin, wir werden in jedem Fall gerne davon erzählen und berichten, dass ihr nach tüchtigen Handwerkern sucht."
Kurz zeigte Elvene eine leichte Spur von Enttäuschung, fand dann aber sehr schnell das Lächeln wieder. "Dann erzählt gerne davon. Und was das mit der Haustruppe angeht, liegt es leider nicht in unserer Entscheidungsgewalt, sondern in Efferdas, beim Onkel meines Mannes, dem Familienoberhaupt. Aber wer weiss, vielleicht sehen wir uns doch schneller wieder als gedacht."

Am nächsten Tag ging es weiter. Man reiste die Silem-Horas-Straße an der Küste entlang. Zur großen Verwunderung der beiden Männer ritten die Damen einen Bogen um Belhanka. Auf Nachfrage kam mir ein kurzes "Wir ya Pirras sind in Belhanka nicht gerne gesehen und auch wir machen lieber einen Bogen um dieses Loch." Damit war für Gwena dieses Thema auch erledigt.


Angekomnen

Man erreichte Efferdas und stand vor dem Onerdi-Tor. Gwena wandte sich an die beiden Krieger."Nun, wir haben unser Ziel erreicht. Hier trennen sich wohl unsere Wege. Habt ihr Herren denn vor, länger in Efferdas zu verweilen und wenn ja, wo gedenkt ihr zu nächtigen? Ich denke so ein kleiner Umtrunk am Abend, zum Abschluss unserer gemeinsamen Reise, wäre angebracht."
" Ja, leider. Es war eine sehr angenehme und interessante Reise an eurer Seite, Signora Gwena. Nun, der erste Weg führt uns in die Gerberstadt und dann ins Quarto Novo in den Palazzo Pellioni. Lange werden wir sicher nicht in Efferdas verweilen, Ein vielleicht zwei Tage. Morgen einen Rundgang durch die Stadt. Ich muss Merito ja ein bisschen etwas von unserer schönen Stadt zeigen, den Tempel vom güldenen Dreizack, Heilig Brigon über den Wogen und einige weitere Sehenswürdigkeiten." Er zuckte mit den Schultern. "Wer weiß vielleicht treffe ich noch ein paar ehemalige Kameraden aus meiner Zeit bei den Hellebardieri. Einen Tag werden wir nach Ranaqídes reiten und meine Eltern und Geschwister besuchen und dann wird es auch langsam Zeit dass wir uns wieder um ein geregeltes Einkommen kümmern!" Ein verschmitztes Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. "Ihr benötigt nicht zufällig zwei begnadete Armbrustschützen, die außerdem mit Hellebarde, Pike und Kurzschwert umzugehen wissen?" Er lachte. "Ja, ein kleiner Umtrunk zum Abschluss unserer sehr angenehmen Reise wäre doch passend, so endet es wie es begann." Er überlegte kurz. "Mir fallen spontan nur die Seemannslast, die Schenke Bisteni und die Ratstaverne ein. Kennt ihr eine passendere Schenke?" Fragend sah er die schwarzhaarige Esquiria an.
"Ich denke, die Ratstaverne ist angemessen. Also sind wir uns einig. Zur Phexensstunde in der Ratstaverne. Bis dahin gehabt Euch wohl." Sie nickte ihren jetzt ehemaligen Reisebegleitern zu und wandte ihr Pferd in Richtung der Palazzos in Residencia.

Kurz verabschiedete man sich und jeder steuerte dann sein eigenes Ziel an. Durch die Belhankaner Pforte war man in die Stadt Efferdas gelangt. Der Via Escoba, einer recht breiten Straße, die allerdings an manchen Tagen mehr an einen Jahrmarkt erinnerte hatte man den Stadtteil Novalia durchquert und sich schließlich vor dem Onerdi-Tor getrennt. Viele Efferdier, nicht nur die Wohlhabenden nannten Novalia auch abfällig das Zyklopäer-Viertel und manche zählten Novalia nicht einmal der Stadt zugehörig. Es war wohl die Natur der Menschen, Fremden mit Vorurteilen und Argwohn zu begegnen. Ingrimo hatte schon mit und gegen Zyklopäer gekämpft, wie Horasier, Almadaner, Albernier und alle Anderen auch waren sie gute und treue Kameraden oder harte, ehrenhafte Gegner gewesen. Er sah keinen Grund, eine Person wegen ihrer Herkunft mit irgendwelchen Vorurteilen zu belegen. Die beiden Gefährten ritten gemächlich durch den Stadtteil und Ingrimo erklärte seinem Freund, welche Gebäude sie sahen und was ihm sonst noch so einfiel. Vorbei am Hesinde-Tempel durchquerten sie den Hafen links liegen, lassend den Alten Markt genannten Stadtteil, vorbei am Senatsgebäude.

Es ging danach alles sehr schnell. Gwena blieb gerade die Zeit um Mutter und Brüder zu begrüßen und wurde dann sofort zum Senatsgebäude geschickt. Auf ihre verwunderte Nachfrage wurde ihr nur geantwortet, dass ihr Onkel Valerio die Anweisung gegeben hat, sie sofort nach ihrem Erscheinen sprechen zu wollen. Egal wo er sich zu diesem Zeitpunkt aufhielt.
Nachdem sie im Senatsgebäude angekommen war, führte sie einer der Bediensteten durch das Wirrwarr der Gänge, bis zu dem Flügel, wo die Senatoren ihrem Tagwerk nachgehen. Sie fand ihren Onkel in einer hitzigen Diskussion mit Tariya di Onerdi, der Justicial-Kapitana von Efferdas. Als er kurz aufblickte und Gwena erkannte, unterbrach er das Gespräch mit einer forschen Geste und deutete an, das etwas Wichtigeres seine wertvolle Zeit in Anspruch nehmen würde. Mit diesen Worten ließ er die Kapitana stehen, welche ihm wütend hinterher sah. Strammen Schrittes rauschte Valerio an Gwena vorbei und deutete ihr an, ihn zu begleiten.
Sie gingen in Valerios Amtsstube. Er deutete auf den Platz gegenüber seines Schreibtischs. "Ich werde schnell zum Punkt kommen, Nichte, denn ich rechne damit das die Kapitana gleich in Begleitung eines belhankischen Speichelleckers hier erscheinen wird. Zuerst einmal freue ich mich über deine Rückkehr aus Almada. Und zum anderen hoffe ich, dass deine Ausbildung auch Früchte getragen hat. Dies wirst du uns bald beweisen können. Wie dir bekannt ist, waren bis vor kurzem die Falcones Aurea in unseren Diensten. Nun, kurz gesagt, sie wurden wieder nach Tamarasco beordert und daher wird das Haus ya Pirras eine eigene Hausgarde gründen. Wir wollen für den Fall der Fälle nicht wehrlos dastehen. Da dein Vater weiterhin Aufgaben im Magistrat wahrnimmt, obliegt es dir unter deiner Führung diese Garde mit Leben zu füllen. Dein Vater wird dir, sofern es seine Zeit zulässt, mit Rat und Tat zur Seite stehen. Außerdem verbleiben zwei Mitglieder der Falcones Aurea hier in Efferdas, die wir bereits rekrutiert haben. Mache dir weitere Gedanken und berichte mir zeitnah von deinen Plänen. Du bis entlassen.” “Aber ich…..", versuchte Gwena zu entgegnen. "Ich sagte, du bist entlassen", unterbrach sie Valerio und er deutete demonstrativ zur Tür.

Der Straße folgend ging es vom Alten Markt zwischen den beiden Stadtteilen Sanct Parvenus zur Rechten und Quarto Novo zur Linken geradewegs auf das Firunstor, einem prächtigen und massiven Bau, der mit schönen blau-grün glasierten Ziegeln verziert war zu. "Was? Verlassen wir die Stadt etwa schon wieder?" Vencelâo war sichtlich irritiert. Lachend schüttelte der blonde Hüne seinen Kopf so dass sein stattlicher, langer Zopf hin und her flog. "Nein, nein! Keine Sorge mein Freund, das ist das Firunstor oder heute auch Inneres Tor genannt. Es war einst ein Stadttor. Zumindest bis, wenn ich mich nicht irre so um 940 BF der Stadtrat beschlossen hatte, dass das Gerber- und Färberhandwerk samt Abdeckerei aus der Stadt verschwinden muss. Meine….äähm Urgroßmutter? Naja jedenfalls hieß die kluge wie energische Frau Isindia Gerber und hatte durchgesetzt, dass das Gerberviertel, das heutige Stadtviertel Gerberstadt hier direkt hinter der Stadtmauer gebaut wurde. Soweit ich weiß hat die Familie Gerber gemeinsam mit der Familie Changbari den größten Teil der Kosten selbst getragen. Lediglich die Erweiterung der Stadtmauer und einen Teil des neuen Stadttores hat der Stadtrat bezahlt. Etwas über die Hälfte der Gebäude ist im Besitz der Gerbers, den Rest teilen sich die Changbari und die Stadt Efferdas. Zumindest war das so als ich noch hier gelebt habe." Der Almadaner schüttelte verwundert den Kopf."Kahbla, ich wundere mich, du sprichst immer von den und die Gerbers, nie von meine Familie, man könnte denke du sprichst von Fremden!" Ingrimo zuckte mit den Schultern. "Es ist zwar die Familie von der ich abstammen, aber der reiche, berühmte, efferdische Teil meiner Familie ist mir sehr fremd. Sie geben dir ihr letztes Hemd, dafür gehört ihnen aber auch dein Leben. Sie bezahlen dir eine Ausbildung, aber danach bestimmt das Familienoberhaupt was, du wofür die Familie Gerber tust. Wenn das Familienoberhaupt entscheidet, dass es wichtig ist, das Band zu irgendeiner Familie zu stärken, dann musst du eben mit irgendeiner Fremden den Traviabund schließen und in eine völlig fremde Stadt oder ein Dorf am Rande Deres ziehen und dort leben. Nein, das ist nicht das, wie ich mir mein Leben vorgestellt habe. Ich stamme aus der ranaqídischen Linie. Die etwas ärmliche aber dafür freie Linie, was wohl hauptsächlich meiner Mutter Florida, eine geborene Furlani aus Ragath, zu verdanken ist. Zwar können sie dir keine Ausbildung an einer Universität oder Akademie ermöglichen, aber dafür hast du sonst alle Freiheiten."
Sie passierten das Tor, gleich zu ihrer Rechten befand sich das Badehaus. Ingrimo entschied dass es vielleicht von Vorteil war, wenn sie erfrischt und gepflegt bei der Familie ihre Aufwartung machten und so lud er seinen Waffenbruder in das, den Gerbers gehörende aber von dem wohl aus den Nordmarken stammenden Ehepaar Quisira und Falk Hauer gepachtete und betriebene Badehaus ein.

"Eine Hausgarde. Ich soll eine Hausgarde gründen und führen.", empörte sich Gwena schon den Rest des Tages, bis es an der Zeit war, zusammen mit Kyrilla die Ratstaverne aufzusuchen. Schließlich waren sie dort verabredet und trotz der ganzen Neuigkeiten hatte Gwena nicht vor dieses abzusagen. "Eine Ehre soll das sein, sagte meine Mutter und mein Bruder war auch keine große Hilfe. Meinen Vater habe ich auch noch nicht zu Gesicht bekommen." Kyrilla räusperte sich. "Die Pläne Eures Onkels sind sehr überraschend, aber ich muss Eurer werten Frau Mutter beipflichten. Es ist eine Ehre die Garde des Hauses zu führen, zeigt es doch Eure Stärke und das Vertrauen Eures Hauses." Gwena lachte. "Stärke. Kyrilla, ich zahle 22 Lenze, habe weder in einer militärischen Einheit gedient noch irgendwelche Führungsqualitäten. Was glaubst du wird ein alter Veteran sagen, wenn so jemand wie ich ihm einen Befehl erteilt?” “Er wird sagen ‘Jawohl Corporal, oder Leutnant oder Capitanya, denn wenn er sich Eurer Garde verpflichtet, akzeptiert er auch Euren Stand. Sucht Euch Kameraden Eures Alters. Aus Eurer Akademie, von den Turnieren, auf denen wir waren. Und sobald meine Knappschaft bei Euch endet, werde ich Eurer Garde beitreten. Seht dies schon als meine Bewerbung an." Kyrilla lächelte und Gwena blieb nichts anderes übrig als dieses zu erwidern. "Sei Dir sicher, dass diese Bewerbung hiermit angenommen ist. Wir müssen dann beizeiten deinen Sold aushandeln." Beide fingen an herzhaft zu lachen, dass sich schon die Leute auf dem Forum Notabilium verwundet nach ihnen umdrehte.

Nach dem sie sich ordentlich gewaschen und für eine zusätzliche, finanzielle Zuwendung auch noch andere Dienste der beiden hübschen Bademägde gegönnt hatten ging es nun zum Mietstall um die Pferde ordentlich versorgen zu lassen und dann zum Alchemielabor. Dort sollte Kilian Gerber, sein Cousin und der Alchemist der Familie zu finden sein. Schon früher hatten sich die beiden ganz gut verstanden. Kilian war immer ein ruhiger und freundlicher Zeitgenosse gewesen und im Gegensatz zu seinen älteren Brüdern ohne Vorurteile über die Angehörigen des ärmlichen ranaqídischen Familienzweiges. Tatsächlich trafen sie den Alchemisten und wie sie erfuhren, die erste Hälfte des neuen, doppelköpfigen Familienoberhauptes dort an. Kilian freute sich sogar sehr den verschollen geglaubten Cousin wiederzusehen. Man verlegte das unerwartete Zusammentreffen in das nahegelegene „Gerbersche Haus“, dem alten Familiensitz der Familie Gerber, bevor man sich den Palazzo Pellioni im Quarto Novo bauen ließ.
Es wurden die wichtigsten Neuigkeiten ausgetauscht und Kilian vermied auffällig die Themen Ranaqídes, Casa della Fiore und den ranaqídischen Zweig der Familie. Da aber die Zeit schon fortgeschritten war und es am nächsten Tag sicher auch noch Gelegenheit geben würde sich mit Kilian zu unterhalten beließ es Ingrimo dabei. Mit dem Wissen hier ein Quartier für die nächsten Tage zu haben, verabschiedete man sich und Ingrimo und Vencelâo machten sich, recht ordentlich herausgeputzt auf den Weg zur Ratstaverne um ihre ehemaligen Reisegefährtinnen auf einen Abschiedstrunk zu treffen.

Man hatte gut zusammen gegessen, getrunken und unterhielt sich in entspannter Stimmung. Gwena nippte an ihrem Wein und fasste ihren Mut zusammen. "Nun, Corporal Ingrimo, werden wir einmal kurz ernst, bevor wir zum gemütlichen Teil des Abends zurückkehren. Wenn Ihr noch keinerlei zukünftige Verpflichtungen habt, könntet ihr Euch vorstellen in die Dienste des Hauses ya Pirras zu treten? Dies gilt natürlich auch für Euch Signor Vencelâo. Wohl nicht hier in Efferdas, sondern auf der Burg Margine oder dem Landgut Aureum Ponum."
Der blonde Hüne strich sich nachdenklich über das frisch rasierte Kinn. Was für eine überraschende Wende in der Unterhaltung. Sein Blick streifte kurz den Vencelâo’s ehe er sich an Gwena wandte: "Nun in der Tat deutete mein Cousin Kilian Gerber an, dass man eine kleine Gerberstadtwehr aufstellen möchte. Nur… ich weiß nicht, ob ihr das verstehen könnt, ich möchte mich eigentlich nicht in den Dienst meiner Familie stellen. Tatsächlich klingt euer Angebot da sehr viel interessanter." Er blickte die schwarzhaarige Esquiria forschend an, bevor er weitersprach: "Die alles entscheidende Frage ist allerdings, unter wessen Kommando würden wir stehen?" Sein Blick war weiter fest auf Gwena gerichtet, während er gespannt auf ihre Antwort wartete.
"Stand jetzt, unter meinem Oberkommando. Es muss noch ausgearbeitet werden, wie groß die entsprechenden Einheiten werden sollen, aber ich tendiere zu je einem Terzio in Efferdas, Margine Amena und Malur. Das würde heißen, es wäre noch ein Leutnant über Euch." Kurz hielt Gwena inne, denn sie sah wie sich die Stirn ihres Gegenüber kraus zog. "Das soll aber nicht heißen, dass ich Euch den Posten eines Leutnants nicht zutrauen. Im Gegenteil. Aufgrund Euren langjährigen Erfahrung ist es, glaube ich zumindest, Zeit für eine Beförderung. Aber letzten Endes haben mein Vater und mein Onkel das letzte Wort. Aber ich habe ein gewisses Mitspracherecht. Gestattet mir bitte eine Frage. Warum wollt ihr nicht in den Dienst Eurer Familie treten? Dies verwundert mich doch sehr, gibt es doch kaum eine größere Ehre als dem Hause dienen zu dürfen."
Ingrimo lächelte zufrieden als Gwena, wie erhofft mitteilte, dass sie das Oberkommando führen würde, als sie dann allerdings einen Leutnant erwähnte wurde sein Blick etwas skeptisch. Allerdings hatte die Esquiria den Grund missdeutet. Und es war ihm auch sichtlich unangenehm, als Gwena ya Pirras erwog, ihn zum Leutnant zu machen. Nachdem sie geendet hatte nickte der Hüne "Nun, allererst möchte ich euch sagen, geschätzte Signora Gwena, es ist uns eine Ehre unter eurem Kommando dienen zu dürfen. Verzeiht wenn ich eben etwas unwirsch dreingeblickt habe doch war dies der Erkenntnis geschuldet dass nicht die Signora Kyrilla die direkte Vorgesetzte sein würde. Ich durfte während unserer gemeinsamen Reise eure Knappin ja ebenso gut kennenlernen wie euch und war nun davon ausgegangen, dass die Knappin in Bälde zur Cavalliera würde und sich in dieser ersten Aufgabe würde beweisen können. Ich hoffe, ihr wisst, es liegt mir nicht daran, mir durch süße Worte das Wohlwollen der Signoras zu erschleichen, ich gebe nur unsere Beobachtungen und Eindrücke wieder." Dabei deutete er auf sich und Vencelâo und man merkte dass sich der sonst so selbstsichere Veteran unwohl fühlte als er weitersprach; "Wir haben schon unter so einigen Offizieren dienen dürfen und auch müssen und ich erlaube mir zu behaupten inzwischen ein gutes Gespür für die Führungsqualitäten eines Menschen entwickelt zu haben. Euch werte Esquiria und auch eurer Knappin unterstelle ich, dass ihr das Talent habt ein rechtes Maß zu finden, euch den Respekt und die Achtung eurer Soldaten zu gewinnen und ich halte euch für eine kluge Taktikerin. Die Wahl der Lagerplätze möge an dieser Stelle als Beispiel genügen. Obwohl es auf der von euch gewählten Route meist höchst unwahrscheinlich war überfallen zu werden habt ihr die jeweiligen Rastplätze und Nachtlager immer strategisch klug gewählt, zu jedem Nachtlager die Nachtwache eingeteilt und euch nicht davon ausgenommen. Das sind für mich Dinge die einen verantwortungsvollen Befehlshaber auszeichnen. Aber nun genug davon, ich denke ihr versteht nun warum wir gerne unter eurem Kommando dienen wollen. Jetzt zu eurer Frage!" Er nahm einen Schluck von dem Roten, blickte kurz, fast hilfesuchend zur Decke, ehe er Gwena wieder ansah: "Warum möchte ich nicht in den Dienst der Familie Gerber, meiner eigenen Familie treten? Es sind da mehrere Gründe. Zum Einen ist es für mich nicht das, was ich mir vorstelle, in der Gerberstadt herumzupatrouillieren, wo eh jeder der Familie Gerber hörig ist. Zum Anderen ist es mir lieber eine…. Wie soll ich sagen? ….. Eine gewisse Distanz zu meinem Dienstherrn zu haben. Und der dritte Grund und vielleicht entscheidendste Grund ist, als Soldat ist es selbstverständlich dem Willen und Befehl seiner Vorgesetzten zu folgen, ohne zu hinterfragen, ohne in Zweifel zu ziehen. Ihr bezahlt mich, ihr gebt die Befehle. So und nur so funktioniert eine militärische Einheit. Eine Familie sollte so aber nicht funktionieren! Da bin ich im ranaqídischen Zweig der Gerbers anders erzogen, anders aufgewachsen. Familie heißt für mich Mitsprache und Mitbestimmung gerade und vor allem wenn es um meine eigene Person geht!" Er lächelte Gwena mit einem Achselzucken an: "Ich glaube, für den letzten Punkt habt ihr nicht sehr viel Verständnis! Soweit ich weiß ist es in Familien von Adel noch viel ausgeprägter, dass jeder Angehörige der Familie seine Rolle erfüllen muss und stets das Wohl und die Ehre der Familie über dem Wohlergehen und dem Wunsch des Einzelnen steht. Vielleicht würde ich anders denken wenn meine Erziehung eine andere gewesen wäre!" Er schüttelte seinen Kopf und der mächtige Zopf schwang hin und her. "So nun habe ich euch aber genug mit meinen persönlichen Befindlichkeiten gelangweilt. Ihr sollt nur wissen wir haben größtes Vertrauen in und größten Respekt vor euch. Wenn ihr uns noch immer in euren Diensten haben wollt, so schwören wir bei der Unbesiegten, dass wir für euch und die euren immer treu streiten und eher sterben als weichen werden. Ihr könnt immer auf unsere Loyalität zählen!" Bei den Worten von Respekt und Vertrauen nickte Vencelâo eifrig und legte, als Ingrimo den Schwur leistete, genau wie dieser seine Faust über sein Herz.
"Ihr beschämt mich und habt trotzdem Dank für Eure Worte Korporal und auch für Eure Ehrlichkeit in Bezug auf Eure Familie. Und ich glaube, an diesem Tisch sitzen die ersten Mitglieder der Alis Grypho, der Garde der ya Pirras." Sie stand auf und rief die Schankmaid zu sich. "Bringt uns den besten Tropfen Eures Hauses. Pranoster oder Shenila. Was Euer Keller hergibt. Wir haben etwas zu feiern."