Archiv:Was man sich in Morgunora so erzählt ... (BB 41)

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Auge-grau.png Quelle: Bosparanisches Blatt Nr. 41, Seite 27
Aventurisches Datum: Ende 1038 BF



Was man sich in Morgunora so erzählt ...

Erster Bericht vom Königsturnier

von Thersion Gedra


Die Heldensänger beginnen bereits erste Verse zu dichten, sie dem künftigen Sieger im Tjost zu widmen, und natürlich will später jeder der erste sein, der beim Festbankett aufspielt. Aber auch die Phexensjünger unter den Turnierbesuchern interessieren sich brennend dafür, wer die größten Aussichten auf den Sieg im Lanzengang hat. Denn wie man uns in den entsprechenden Gaststuben Morgunoras am Südhang Arivors gesagt hat, sind die Wettgewinne in diesem Jahr besonders hoch. Unter den Genannten, aber auch überall sonst, beginnt daher das Gerede um die vielversprechendsten Teilnehmer. Oben auf der Liste stehen natürlich die heimischen Favoriten der Gerondrata, wie Adalrik von Schreyen und Nevinia ya Stellona, aber auch der zuletzt wieder von sich reden machende Torreon de Torri und jene Lanzenreiter, die das Königsturnier bereits einmal für sich entscheiden konnten, wie die inzwischen rüstig gewordenen Septimaner Darion Amarinto und Reo di Valese. Auch Luca di Onerdi, der Siegerin der ‘1000 Meilen von Yaquiria’ (BB#35), oder dem nach der Verurteilung und Hinrichtung seines Bruders Horasio (BB#39) um Rehabilitation bemühten Tarquinio della Pena wäre der Sieg wohl zuzutrauen.

Allerdings ist es in diesem Jahr besonders schwer, sagen uns die Spezialisten, den Turnierausgang vorherzusagen, sind doch Teilnehmer aus fernen Regionen und Reichen, zudem auch manch unbeschriebenes Blatt gen Arivor gereist, um sich in die Turnierrolle einzutragen, wie jener schädelgeschmückte Chababier Fidorion von Wulfenbein, die zyklopäischstämmigen Thirindar-Gevattern oder der Garetier Felian von Perainsgarten – gar aus dem fernen Nostria soll ein Tjoster angereist sein, ein Gerücht, dass wir aber auf der Turnierbahn bestätigt sehen müssen. Zudem sind mit über eineinhalbhundert Teilnehmern allein am Lanzengang aus Nah und Fern derart viele Tjoster angereist, dass das Feld nur schwer zu überblicken ist.

Diesem Umstand ist es auch geschuldet, dass auf Anweisung der Turniermarschallin Elvena d'Abbastanza in diesem Jahr auf dem Schwerterfeld ganze acht Turnierbahnen eingerichtet worden sind. Die Bahnen sind nach großen Heiligen des Rondra-Kults benannt, zu deren Ehre eigens angefertigte Schranken Bildnisse und Symbole ihrer Heldentaten tragen. Auf diesen acht Bahnen sollen zunächst die 32 Tjoster mit der größten Fertigkeit ausfindig gemacht werden, bevor zu den Finalrunden dann wieder auf eine einzelne Turnierbahn umgestiegen wird, auf dass alle Zuschauer in den Genuss des Aufeinandertreffens der Besten der Besten kommen. Die Einrichtung von verschiedenen Turnierbahnen hat manchen alten Recken überrascht das Wort „Neuerung“ flüstern lassen, aber die Turniermarschallin, selbst einst versierte Grenzreiterin und nunmehr seit langem Chronistin der Ardariten, hat Hinweise für solcherlei Regelungen schon in den Überlieferungen der alten bosparanischen Kaiser gefunden. Und wer wären wir, die Errungenschaften der Bosparaner infrage zu stellen?

In den Kellerlokalen Morgunoras werden dagegen ganz andere Ereignisse besprochen: Angeblich sollen Findualia von Marvinko und Bellatrix Aralzin, die vielleicht anziehendsten, aber doch so verschiedenen Hochadligen des Reiches, am Rande des Eröffnungsbanketts in einen heftigen Streit geraten sein. Jedenfalls wollen Beobachter die beiden Damen in geschwerer Diskussion gesehen haben, wiewohl über deren Inhalte nichts an unsere Ohren gedrungen ist. Anzunehmen ist aber, dass die Comtessa Camerlenga die Rolle der Grafentochter vom Sikram kritisiert, die diese beim Fall von Bellatrix‘ Amtsbruder Urras von Malur spielte (BB#40), mit dem die Aralzin ein gutes Verhältnis gehabt haben soll. Gemunkelt wird auch, hinter der Entscheidung des Comto Protector Ralman, in Arivor nicht selbst in die Schranken reiten zu wollen, stecke ein gefährliches Geheimnis! Dass sein Erbe Folnor teilnimmt, mag natürlich ebenso der Grund hierfür sein ...

Alles andere überragend ist aber gewiss die erstmalige Anwesenheit des jungen Horas beim diesjährigen Königsturnier, zumal er in Begleitung seiner Verlobten, der schönen Udora, angereist ist. Angeblich soll sie selbst, die derzeit in Neetha zur Reiterkriegerin ausgebildet wird, den Horas zur Reise nach Arivor überredet haben. Erste Hoffnungen einer Herrscherin, die der Heiligen Salkya, der heldenhaft gefallenen Tante seiner kaiserlichen Majestät, zur Ehre gereichen würde, keimen bereits auf. Umso bedauerlicher ist für viele, dass auf dem Schwerterfeld bereits eine eigene Plattform für den Horas und seinen Hofstaat, komplett mit hölzernen Wehren und seidenen Vorhängen errichtet wird, hinter denen der Herrscher dem Spektakel auf den Turnierbahnen zuschauen wird. Nimmt Udora dort oben Platz, so wird sie kaum ein Zuschauer zu sehen bekommen und nur die erfolgreichsten Teilnehmer dürfen bei der Preisverleihung darauf hoffen, einen Blick zu erhaschen.

(ts)