Gransignorewahlen Shenilo 1031 BF/ Teil I: Unterschied zwischen den Versionen
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Um in Zukunft auch Nicht-Adligen den Zugang zum Amt des Gransignores zu ermöglichen, ist es notwendig einen Präzedenzfall zu schaffen. Da das Vorrecht des Adels nur durch ein Zugeständnis des Adels aufgeweicht werden kann, schlage ich daher vor, unsere Stimmen auf den Kandidaten zu vereinigen, der uns - am besten vertraglich - zusichert bei der Kandidatenaufstellung der Signoria Nobili im nächsten Jahr einen Nicht-Adligen vorzuschlagen. Dies wird auch für den Adligen selbst eher zumutbar sein, weil ein Selbstvorschlagsrecht nicht vorgesehen ist und dem Herkommen widerspräche. Indem er einen Nichtadligen statt einen seiner Konkurrenten aus dem Landadel vorschlägt, erfüllt er eine wichtige Bedingung für einen Gransignore des Volkes und des Patriziats. Danke sehr!" Die Maga setzte sich und stellte sich den Einwürfen der anderen Curatoren. | Um in Zukunft auch Nicht-Adligen den Zugang zum Amt des Gransignores zu ermöglichen, ist es notwendig einen Präzedenzfall zu schaffen. Da das Vorrecht des Adels nur durch ein Zugeständnis des Adels aufgeweicht werden kann, schlage ich daher vor, unsere Stimmen auf den Kandidaten zu vereinigen, der uns - am besten vertraglich - zusichert bei der Kandidatenaufstellung der Signoria Nobili im nächsten Jahr einen Nicht-Adligen vorzuschlagen. Dies wird auch für den Adligen selbst eher zumutbar sein, weil ein Selbstvorschlagsrecht nicht vorgesehen ist und dem Herkommen widerspräche. Indem er einen Nichtadligen statt einen seiner Konkurrenten aus dem Landadel vorschlägt, erfüllt er eine wichtige Bedingung für einen Gransignore des Volkes und des Patriziats. Danke sehr!" Die Maga setzte sich und stellte sich den Einwürfen der anderen Curatoren. | ||
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An diesem heißen Praiostag des Jahres 1031 nach Bosparans Fall quoll der König-Khadan-Platz, sonst eher als Krammarkt der Stadt bekannt, aus allen Nähten. In Windeseile hatte sich der Platz mit etwa 300 Menschen gefüllt. "Dies sind nur die ersten Gaben des Hauses Calven-Imirandi an das Volk von Shenilo", rief ein dicklicher, rotgesichtiger Mann und fuhr mit Kumpanen fort, kleine Münzen, Heller, Silberlinge, unter die Menschen zu werfen, die eifrig danach griffen. Wenige Augenblicke später betrat ein Herr in edlem Gewand, zu seiner Seite zwei Bewaffnete in blau-weiß-roten Wappenröcken, einen kleinen, von Helfern eilends herbeigetragenen Holzkasten. | An diesem heißen Praiostag des Jahres 1031 nach Bosparans Fall quoll der König-Khadan-Platz, sonst eher als Krammarkt der Stadt bekannt, aus allen Nähten. In Windeseile hatte sich der Platz mit etwa 300 Menschen gefüllt. "Dies sind nur die ersten Gaben des Hauses Calven-Imirandi an das Volk von Shenilo", rief ein dicklicher, rotgesichtiger Mann und fuhr mit Kumpanen fort, kleine Münzen, Heller, Silberlinge, unter die Menschen zu werfen, die eifrig danach griffen. Wenige Augenblicke später betrat ein Herr in edlem Gewand, zu seiner Seite zwei Bewaffnete in blau-weiß-roten Wappenröcken, einen kleinen, von Helfern eilends herbeigetragenen Holzkasten. | ||
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"Bewundernswert, wie der Herr Calven-Imirandi, Geld wie Perlen vor die Säue wirft. Und wozu das alles? Pah! Die Macht in der Stadt befindet sich hier in diesem Saal, in unseren Händen. Und da soll sie auch bleiben. Wir brauchen keinen dahergelaufenen Emporkömmling, der sich beim einfachen Volk beliebt macht. Nein, wir müssen sehen, dass Shenilo Bestand hat, in der Zukunft und gegen die starken Nachbarn. Ich habe in den vergangenen Jahren einflussreiche Beziehungen geknüpft, nicht nur in Shenilo oder der [[Domäne Pertakis]], nein auch weiter bis hin nach [[Vinsalt]]. Wenn Ihr mir Euer Vertrauen gebt, dann werdet Ihr davon profitieren..." | "Bewundernswert, wie der Herr Calven-Imirandi, Geld wie Perlen vor die Säue wirft. Und wozu das alles? Pah! Die Macht in der Stadt befindet sich hier in diesem Saal, in unseren Händen. Und da soll sie auch bleiben. Wir brauchen keinen dahergelaufenen Emporkömmling, der sich beim einfachen Volk beliebt macht. Nein, wir müssen sehen, dass Shenilo Bestand hat, in der Zukunft und gegen die starken Nachbarn. Ich habe in den vergangenen Jahren einflussreiche Beziehungen geknüpft, nicht nur in Shenilo oder der [[Domäne Pertakis]], nein auch weiter bis hin nach [[Vinsalt]]. Wenn Ihr mir Euer Vertrauen gebt, dann werdet Ihr davon profitieren..." | ||
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Während sich am nächsten Abend im kleinen Teich, der den Innenhof des [[Palazzo Calven-Imirandi|Palazzo der Calven-Imirandi]] schmückte, schon der Mond spiegelte, endete mit einem spielerischen Schlussakkord die Tischmusik, trugen livrierte Lakaien dem gut ein Dutzend Gästen einen weiteren Gang des Nachtmahls auf. Die Spitzen des Patriziats waren mit wenigen Ausnahmen sämtlich vertreten, der Adel des Umlandes anwesend, ebenso der Klerus der Stadt. | Während sich am nächsten Abend im kleinen Teich, der den Innenhof des [[Palazzo Calven-Imirandi|Palazzo der Calven-Imirandi]] schmückte, schon der Mond spiegelte, endete mit einem spielerischen Schlussakkord die Tischmusik, trugen livrierte Lakaien dem gut ein Dutzend Gästen einen weiteren Gang des Nachtmahls auf. Die Spitzen des Patriziats waren mit wenigen Ausnahmen sämtlich vertreten, der Adel des Umlandes anwesend, ebenso der Klerus der Stadt. |
Aktuelle Version vom 13. Juli 2024, 11:41 Uhr
Vor der Wahl
Gehört bei einer Patrizierversammlung in Shenilo in jüngerer Zeit
"...Hochverehrte Damen und Herren, die Familie Menaris möchte der Tagesordnung einen weiteren Punkt hinzufügen: Die anstehende Neuwahl eines Gransignors für Shenilo. Aufgrund der Traditionen des Reiches und der Domäne stehen die ehrenwerten Angehörigen des städtischen Ritterstandes, zu dem wir alle zählen, nicht für ein solches Amt zur Verfügung. Dennoch kommt unserem Gremium die Wahl eines aus dem Landadel stammenden Vertreters zu. Als Sprecher der Familie Menaris möchte ich daher einige Vorschläge machen:
Ad primum: Weil unsere Familie aufgrund der Verteilung innerhalb unserer Versammlung das geringste Gewicht hat, scheint eine Vermittlerposition angebracht. Wenn die Damen und Herren dieser Logik folgen wollen, ist es zudem von einiger Bedeutung, dass ein Menaris Hofmagier eines möglichen neuen Gransignors ist.
Ad secundum: Das Oberhaupt des Hauses Calven-Imirandi hat jüngst gegenüber meinem Verwandten Valeran angedeutet, Ambitionen auf die Gransignorswürde zu haben. Die Familie Menaris unterstützt diesen Gedanken aus mehreren Gründen: Es erscheint nicht ratsam ein bestimmtes Haus an die Gransignorswürde zu binden und ihm dadurch einen zu prägenden Einfluss auf die Geschicke unserer Stadt zu geben. Deshalb scheiden sowohl das durchaus ehrenwerte Haus Dorén als auch das so tapfere Haus di Matienna aus. Das Haus Aurandis hat in der jüngeren Vergangenheit durch eine bemerkenswerte Zurückhaltung in politischen Dingen geglänzt, es ist davon auszugehen, dass ein Gransignor Randulfio Aurandis unserer Stadt nicht mit ehrgeizigen Ideen Schwierigkeiten bereitet. Gerade dieser Konservativismus wird sicher aber wahrscheinlich negativ auf die Beziehungen zum Patrizierstand Shenilos auswirken. Eine Entwicklung, die uns nicht recht sein kann. Ludovigo von Calven-Imirandi ist weithin für seinen Ehrgeiz bekannt; das jüngste Abenteuer in Sachen "Fürst von Urbasi" hat diesen Umstand eindrucksvoll gezeigt. Er wird sicherlich versuchen die Gransignorswürde für weit mehr als nur repräsentative Dinge zu nutzen. Genau darin liegen jedoch unserer Möglichkeiten, denn:
Ad Tertium: Der Ehrgeiz des Hauses Calven-Imirandi spielt uns in die Hände. Für seine Wahl zum Gransignor wird Ludovigo weit mehr Zugeständnisse machen als es Randulfio würde. Außerdem hat das Haus Calven-Imirandi kaum Güter und Macht innerhalb der Domäne Shenilo selbst. Die Familie Menaris schlägt sich deshalb als Vermittler zwischen diesem ehrenwertem Gremium und dem Oberhaupt der Calven-Imirandi vor. Wir werden Ludovigo mit einem umfassenden Konzept patrizischer Forderungen an einen neuen Gransignor konfrontieren. Sollte er nicht darauf eingehen, werden wir einen Kompromisskandidaten ernennen. Dabei müssen wir uns der Tatsache bewusst sein, dass wir direkten Einfluss erst wieder in 2 Jahren werden ausüben können. Unsere Chance ist jetzt da, ergreifen wir sie!"
Dorén-Halle, Shenilo, Ende 1030 BF
Brigona Menaris, gewählte Curatorin der Sheniloer Curia Patricii erhob sich und nickte dem Vorsitzenden dankbar zu. "Verehrte Damen und Herren Curatoren, hochverehrter Vorsitzender. In den vergangenen Wochen wurde über die anstehenden Neuwahlen zum Gransignor beraten, die im kommenden Praios 1031 BF stattfinden sollen. Wenn ich von den Überzeugungsversuchen, die mir meine Familie berichtet hat, auf die anderen Curatoren schließen darf, so kann man davon sprechen, dass die Kandidaten geboten, geschmeichelt, versprochen und bestochen haben. Bisher ist die Initiative dabei fast immer von den Adligen ausgegangen. Das muss nicht so bleiben. Bei der Wahlentscheidung ist jeder Curator seinem eigenen Gewissen unterworfen; daneben wird er von den Meinungen seiner Freunde, seiner Verwandten und dem Willen der Bevölkerung beeinflusst, sofern letzterer erkennbar ist. Bisher wurde noch nicht versucht, die Wahl den Interessen aller Curatoren, vulgo: der gesamten Bevölkerung, deren Repräsentanten wir sind, unterzuordnen. Ich möchte daher eine gemeinsame Entscheidung vorschlagen, die einer zukunftsgewandten Strategie folgt. Das Vorrecht des Landadels auf die Position des Gransignores ist eine aus der Tradition gewachsene Beschränkung des Kandidatenkreises. Sie spiegelt ausdrücklich nicht die Mehrheit des Volkes oder auch nur die Mehrheit der hier versammelten Sprecher der verschiedenen Gruppen der Stadt wider. Im folgenden Jahr wird der Gransignor von der vom Adel besetzten Signoria Nobili gewählt werden, mithin eine Verhärtung des Adelsvorrechts zu erwarten sein. Um in Zukunft auch Nicht-Adligen den Zugang zum Amt des Gransignores zu ermöglichen, ist es notwendig einen Präzedenzfall zu schaffen. Da das Vorrecht des Adels nur durch ein Zugeständnis des Adels aufgeweicht werden kann, schlage ich daher vor, unsere Stimmen auf den Kandidaten zu vereinigen, der uns - am besten vertraglich - zusichert bei der Kandidatenaufstellung der Signoria Nobili im nächsten Jahr einen Nicht-Adligen vorzuschlagen. Dies wird auch für den Adligen selbst eher zumutbar sein, weil ein Selbstvorschlagsrecht nicht vorgesehen ist und dem Herkommen widerspräche. Indem er einen Nichtadligen statt einen seiner Konkurrenten aus dem Landadel vorschlägt, erfüllt er eine wichtige Bedingung für einen Gransignore des Volkes und des Patriziats. Danke sehr!" Die Maga setzte sich und stellte sich den Einwürfen der anderen Curatoren.
An diesem heißen Praiostag des Jahres 1031 nach Bosparans Fall quoll der König-Khadan-Platz, sonst eher als Krammarkt der Stadt bekannt, aus allen Nähten. In Windeseile hatte sich der Platz mit etwa 300 Menschen gefüllt. "Dies sind nur die ersten Gaben des Hauses Calven-Imirandi an das Volk von Shenilo", rief ein dicklicher, rotgesichtiger Mann und fuhr mit Kumpanen fort, kleine Münzen, Heller, Silberlinge, unter die Menschen zu werfen, die eifrig danach griffen. Wenige Augenblicke später betrat ein Herr in edlem Gewand, zu seiner Seite zwei Bewaffnete in blau-weiß-roten Wappenröcken, einen kleinen, von Helfern eilends herbeigetragenen Holzkasten.
"Bürger von Shenilo! Wohlbekannt ist euch, das nach dem Tode des großen und edelmütigen Herren Benedict ein neuer Herr für die Stadt gefunden werden soll. Weise möge die Entscheidung der Curatoren ausfallen, denn diese Entscheidung ist für unsere Stadt so wichtig wie für den Menschen Wasser und Luft. Seine Edelwohlgeboren, Herr Ludovigo Beryllion von Calven-Imirandi, Consiliere von Ruthor etc.pp. gibt hiermit allen Menschen der Stadt und des Landes Kund und zu Wissen, dass er gewillt ist, seine Kraft in den Dienst seiner neuen Heimat zu stellen, die auch die eure ist. Ein Held im Kriege ist er und ein edler Mensch im Frieden. Wohl soll es euch ergehen, wird er gewählt, und Freiheit und Frieden werden ihre segensreichen Strahlen über die Stadt aussenden. Volk von Shenilo! ..." Der rotgesichtige unten in der Menge war dazu übergegangen, süße Kuchen an die Kinder zu verteilen. Einige Menschen zogen ab, genug waren aber da, die jubelten und "Hoch Ludovigo!" riefen.
In diesem Moment schlug ein Vorhang zu im Palazzo des Hauses Calven-Imirandi, der an einer Ecke des Platzes stand. Ein junger Mann lächelte. Er war sich seiner Sache sicher...
Yarbosco Aurandis:
Nur wenige Tage nach dem Münzauftritt des Hauses Calven-Imirandi gab es auf dem König-Khadan-Platz ein wahres Volksfest: Spielleute machten Musik, über einem Feuer drehte sich ein ganzer Ochse, dessen leckeres Fleisch umsonst an die Sheniloer verteilt wurde, mehrere Fässer mit Landwein standen bereit, den Feiernden den Durst zu löschen. Barden verbreiteten Lobeshymnen über Yarbosco Aurandis, der sich nur kurz sehen ließ, um den Ochsen anzuschneiden und den ersten Becher mit Wein zu füllen. Danach zog es den intriganten Aurandis in verschlossene Hallen, wo er zu den einflussreichen und wohlhabenden Bürgern sprach.
"Bewundernswert, wie der Herr Calven-Imirandi, Geld wie Perlen vor die Säue wirft. Und wozu das alles? Pah! Die Macht in der Stadt befindet sich hier in diesem Saal, in unseren Händen. Und da soll sie auch bleiben. Wir brauchen keinen dahergelaufenen Emporkömmling, der sich beim einfachen Volk beliebt macht. Nein, wir müssen sehen, dass Shenilo Bestand hat, in der Zukunft und gegen die starken Nachbarn. Ich habe in den vergangenen Jahren einflussreiche Beziehungen geknüpft, nicht nur in Shenilo oder der Domäne Pertakis, nein auch weiter bis hin nach Vinsalt. Wenn Ihr mir Euer Vertrauen gebt, dann werdet Ihr davon profitieren..."
Während sich am nächsten Abend im kleinen Teich, der den Innenhof des Palazzo der Calven-Imirandi schmückte, schon der Mond spiegelte, endete mit einem spielerischen Schlussakkord die Tischmusik, trugen livrierte Lakaien dem gut ein Dutzend Gästen einen weiteren Gang des Nachtmahls auf. Die Spitzen des Patriziats waren mit wenigen Ausnahmen sämtlich vertreten, der Adel des Umlandes anwesend, ebenso der Klerus der Stadt.
"Ich will hier über meines verehrten Bruder Yarbosco Aurandis' Volksbelustigungen keine Worte verlieren, die ihn kränken könnten", begann Ludovigo von Calven-Imirandi die Tischrede, "vielmehr heute meiner Freude über unsere Zusammenkunft Ausdruck verleihen. Ich will auch seine Rede nicht beantworten, in der er behauptet, einen Emporkömmling und Fremden sähet ihr vor euch - ich sage, ihr seht einen, der mit ganzem Herzen seine Heimat Shenilo annimmt und verehrt. Nein, einer der den Pöbel mit Worten im Geheimen schmäht und auf der Straße sich von ihm auf den Schild heben lässt, den will ich nicht kommentieren. Ich sage: Wir brauchen die Bürger der Stadt, denn ohne die arbeitenden Hände des Körpers kann der Magen nicht gefüllt werden und so der Kopf nicht leiten. Und wir alle zusammen müssen leiten, die Stadt durch ein solche gefährliches Fahrwasser leiten, Stadtadel, Landadel, Handelsmann und Ritter. Das machtgierige Ruthor wirft gelüstige Augen auf unsere Lande, das gesetzlose Westenende muss beruhigt werden und vor allem - das herrschsüchtige Pertakis schläft nicht! Die Stunde unserer Schwäche wird es ausnutzen. Die Stunde unserer Schwäche aber wird die Stunde unserer Entzweiung sein - vereint müssen wir handeln und kämpfen! Ich will nicht den Herrn Yarbosco schmähen, wie er es mit meiner Person tut. Ich will helfen, dass wir vereint neues Schaffen, statt mich mit Konkurrenten zu bekriegen. Verbindungen nach Vinsalt? Nicht das es die nicht gäbe in meinem Hause - aber wichtiger sind Taten. Und wer focht im Kriege, der jüngst vergangen, für Shenilo? Der Aurandis etwa? Nein, ich aber will mich nie zurückhalten beim vereinten Kampf für unsere Stadt. Vereint muss Shenilo aufsteigen zum Höchsten, den Göttern zum Wohlgefallen, den Feinden zur Wehr, den Bürgern zur Freude! Nun aber, Freunde, lasst es euch weiterhin schmecken, und wägt wohl, was euch lieber ist: Erpressung", Ludovigo blickte in die Runde", oder Bündnis? Hader oder Befriedung? Mein Glas nun auf den Heiligen Geron, den Schützer der Stadt, und auf diese selbst!"
Wie auch immer Ludovigo von den Einzelheiten der Rede erfahren hatte, wunderten sich einige. Fröhlich ging nun der Abend weiter, bis um die Mitternachtsstunde die letzten Gäste heim fuhren. Wie freuten sich aber Klerus wie Bürger, als am nächsten Morgen ein Herold erschien und verkündete, das Haus Calven-Imirandi habe folgendes zu verkünden:
"... dass der edle Herr Ludovigo gelobt, dem Hause des Herrn Praios ein endlich neu vergoldetes Dach, dem Hause der Hesinde aber eine seltene Schlange der Südlande und weise Bücher, dem der Rondra Waffen und Rüstung, dem der Rahja Öle und Kerzen und wohlriechende Essenzen zu spenden. Das hört, ihr Bürger!"
Brigona Menaris:
Am Mittag des kommenden Tages saßen einige der "Feiernden" des Abends in der Dorén-Halle von Shenilo wieder zusammen, als die Curia Patricii zu einer ersten Beratung zusammentrat. Man diskutierte die Auftritte der Kandidaten und schließlich erhob sich ein gewundener Stab in die Luft, die Hand der Maga Brigona Menaris führte ihn.
"Werte Curatoren," begann die Patrizierin, als man ihr das Wort erteilt hatte, "nun haben wir alle die Gelegenheit gehabt einen Eindruck von den Kandidaten zu erhalten." Mit einem Stirnrunzeln unterbrach sie sich selbst: "Einige werden sagen, dass wir nicht alle Kandidaten gehört haben, möchte doch der geschätzte Endor Dorén" – sie vermied den Titel des Adligen bewusst - "offenbar nicht eigens zu Volk oder Patriziat sprechen. Ich denke aber, werte Curatoren, dass dies auch einen Eindruck davon geben kann, wie Haus Dorén zu verfahren gilt ...
Doch auch die vollmundigen - und giftigen! - Worte seiner beiden Kontrahenten sollten uns, unabhängig davon, wie jeder Einzelne zu ihnen steht, nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie alle einem wesentlichen Trugschluss unterlegen sind: Sie glauben, werte Curatoren, dass die Macht noch immer allein in den Händen des alten Adels ruht! Esquirio Yarbosco will uns wie Scholaren, deren Verfehlungen man beim Rektor verrät, zum Einlenken bringen. Er weiß, wer ihn zu wählen hat, aber er weiß nicht, welchen Respekt er uns zu zollen hat! Signore Ludovigo dagegen, weiß, was wir hören wollen, er weiß jedoch nicht, WER ihn wählen muss! Er spricht zum Volk und verspricht ihm das Gold der Stadt der Sonne; dann spricht er zu Klerus und Adel, obwohl nur Zünfte und Patriziat über die Wahl entscheiden können.
Ich meine daher, werte Curatoren, dass eines für uns ganz klar sein muss: Nicht im Pomp, im Dünkel und der Geltungssucht des alten Adels liegt die Zukunft unserer Stadt. Nicht der Signoria Nobili, deren drei vergangene Wahlen einen wahnsinnigen, einen maßlosen und einen waghalsigen Gransignor hervorbrachten, dürfen wir das Schicksal unserer Stadt und ihres Umlandes überlassen. Nur ein Vertreter der aus der Curia hervorgegangen ist, kann wahrhaft im Interesse Shenilos sein.
Deshalb hat meine Familie den Kandidaten, die allesamt nach überkommener Tradition dem Landadel entstammen, ein Angebot überreicht. Die Stimmen all jener, die mit dieser Tradition zu brechen wünschen, sollen dem Kandidaten gehören, der nach der Wahl die Wählbarkeit eines Mitglieds der Oberschicht Shenilos erklären wird. Das Haus Calven-Imirandi hat diesem unserem Gesuch stattgegeben. Nutzen wir diese Chance, auf dass jene Farce, der zuzuhören wir gezwungen waren, eine zeitlich beschränkte bleibt!"
Brigona, deren Stimme in den vergangenen Sätzen stetig etwas durchdringender geworden war, faltete die Hände um ihren Stab und fixierte die um sie Sitzenden.
"Und lasst mich noch ein letztes sagen, werte Curatoren. Nicht vor der Wahl haben wir uns dazu verpflichtet dem Gransignore zu dienen. Und nicht vor der Wahl wollen wir daher einem zukünftigen Gransignore dienen, und sei es auch nur als Aug' und Ohr!" Mit einem vielsagenden Blick in die Richtung stirnrunzelnder Curatoren schloss die Magierin.
Daryl Brahl:
Nachdem sich das allenthalben ausgebrochene Getuschel und das wütende Getöse einiger Curatoren langsam wieder gelegt hatten, erhielt nun der schwer gewandete Daryl Brahl das Wort.
"Meine Damen und Herren, sicherlich müssen nicht alle Anwesenden daran erinnert werden, dass wir der stolze Rat unseres blühenden Shenilos und seines Volkes sind. Natürlich vertreten wir damit nicht nur das Patriziat. Doch muss ich der Maga durchaus zustimmen: Das einfache Volk mit Geschenken zu kaufen, zeigt uns nur wenig von des Kandidaten politischer Gesinnung. Wir dürfen uns also von solcherlei Spielereien nicht beeinflussen lassen. Sehr wohl ist es aber für den Rat von Belang, in welchen Händen der Einfluss der Position des Gransignores liegen wird. Nicht aus Eitelkeit und Herrschsucht möchten wir dieses Amt auch dem Patriziat zugänglich machen; nein, wir müssen diese
unsere Stadt und seine Bürger auf die bestmögliche Weise vertreten.
Und wie kann dies besser geschehen, denn aus der Curia selbst bestimmt? Wir, die wir direkt vom Volke bestimmt wurden! Darum müssen wir all jene unterstützen, die uns ein solches Recht verschaffen mögen - und dies auch zusichern.
Bedenket dies, und nicht das lächerliche Grollen eines intriganten Adligen! Wählt für die Stadt, wählt weise!"
Ein Blick noch in die Augen der Menaris, dann setzte sich der Patrizier wieder. Die Maske seines Gesichts war nicht zu lesen. Aber wer versuchte dies schon, derweil der Klamauk erneut losbrach – bis einem weiteren Curator das Wort erteilt wurde.
Tyerka Wankara:
Einige Zeit verging, bis sich Tyerka Wankara zögerlich erhob und mit ihrer eher zarten Stimme versuchte, gegen die Diskutierenden anzukommen.
"Wir alle, die wir hier sitzen, wissen doch nur zu gut, warum das Amt des Gransignors bisher nur für den Landadel vorgesehen war. Weil man der Meinung war, dass er etwas Besseres sei! Und weil sie der Meinung waren, ein "normaler" Bürger, so wie Ihr, so wie ich - So wie Wir alle es sind, nicht in der Lage sei eine Stadt zu leiten, und auf den richtigen Weg zu führen, die Probleme ihrer Bürger zu erkennen - und in den Griff zu bekommen. Aber wer, frage ich euch. Wer kennt die Probleme eines Bürgers besser, als wir, die wir doch ganz normale Bürger sind? Deshalb bitte ich euch, seid vernünftig und wählt weise."
Ein letzter Blick schweifte in aller Ruhe durch die Anwesenden, dann ließ sich Tyerka Wankara wieder nieder und ließ den Diskussionen weiter freien Lauf.