Balia von Shenilo
Die Balia von Shenilo (von hor. Balia = Macht) bezeichnet im weiteren Sinne die Versammlung der Patrizier, Zunftvorsteher, Geweihten und anderer bestimmender Frauen und Männer der sheniloer und ponterranischen Eliten nach dem Ende der Ponterranischen Landherrenhändel und der Fahnenschlacht von Gilforn, die im Winter und Frühjahr 1033 BF stattfanden. Im engeren Sinne werden darunter auch die Beschlüsse der Versammlung begriffen.
Die Balia bezog alle Matriarchinnen und Patriarchen der Unterzeichner des Sheniloer Friedens - namentlich nun auch die Familie di Asuriol, Haus di Selshed und Haus di Côntris - aber auch der Bevollmächtigten aus Chetan, Côntris, Sodanyo und Balthar mit ein. Den Vorsitz der Verhandlungen, an deren Ende Ergänzungen des Friedens sowie der politischen Ordnung des Sheniloer Bundes und der Civitas Shenilo standen, führte als kommissarisches Stadtoberhaupt der Erste Rat Gishtan re Kust.
Beschlüsse der Balia (Auswahl)
- Die von Ludovigo von Calven - im Text der Beschlüsse der Balia wird meist vom Calvener oder dem Despoten aus Calven gesprochen, aber nie der volle Name des ehemaligen Stadtoberhauptes benutzt - neu geschaffenen Ämter werden aufgelöst, die überlebenden Anhänger Ludovigos verzichten auf ihre diesbezüglichen Rechte. Lediglich Tolman Cordur, der auf sein Amt als Herold verzichtet hat, wird ob seines rechtzeitigen Seitenwechsels das Amt erneut angetragen.
- Die Neuwahlen zu Gransignore und Magistrat sollen erst nach Beilegung der Krise, im Praios 1034 BF stattfinden, bis dahin führt Gishtan re Kust kommissarisch die Geschäfte der Stadt. In bewährter Manier - so hatte man die Magistratspflichten bereits nach dem Krieg der Drachen an Consilieri des Consilium Draconis verteilt - übernehmen Consiliere Branibor und Consiliere Teclador ebenfalls kommissarisch die Aufgaben der vakanten Magistratsposten des Iustitiars und des Secretario.
- Dartan di Côntris legt das Amt des Präfekten von Côntris formell nieder, statt seiner wird zur Abfindung seiner „Verluste und Tränen“ – und um etwaige Diskussionen über die Rechtmäßigkeit seiner Wahl zum Gransignore im Praios 1033 BF zu vermeiden – Endor Dorén zum Präfekten von Côntris erhoben. Auch das faktisch von Kuslik und dessen Seesöldnern beherrschte Balthar soll einen Präfekten erhalten. Die städtischen Präfekten sollen stets aus den Reihen altgedienter Gransignores ernannt werden, und die Kompetenzen eines Delegierten im Kronkonvent erhalten (der Delegierte der Landstadt Côntris hat dabei Stimmrecht, derjenige von Balthar nur Sitzrecht). Auf diese Weise wird die "Außendarstellung" des Bundes von in Verwaltung und Repräsentation geschulten Führungskräften übernommen. Darüber hinaus soll so gewährleistet werden, dass die Amtsträger nicht die Mittel des Gransignoreamtes nutzen, um eine Wiederwahl vorzubereiten. Ein amtierender Präfekt, dessen Amtszeit mindestens zwei Jahre dauert, darf nicht zur Wahl als Gransignore aufgestellt oder auf die Kandidatenliste des Consilium Draconis zur Magistratswahl aufgenommen werden.
- Im Gegenzug erhalten Sodanyo, Côntris und Chetan mehr Mitspracherechte in der Signoria von Shenilo. Aus den Städten wird je ein Gesandter benannt, der stimmberechtigtes Mitglied der Signoria wird. In Anlehnung an alte Traditionen wird der Gesandte von Sodanyo als „Gesandter des Arinkelwaldes“ (kurz „Gesandter des Waldes“), die beiden anderen als „Gesandter der (Ocker)Felsen“ (Chetan) bzw. als „Gesandter der (Yaquir)Wellen“ (Côntris) bezeichnet.
- Da mit der Baronsernennung Dartan di Côntris‘, ebenso wie Guiliana di Matiennas und Orsino Carsons alle „Sheniloer Barone“ gleichzeitig Mitglied des Sheniloer Bundes und Gefolgsleute von - jeweils unterschiedlichen - Comites sind, ähnlich Marino von Calven als baronsgleicher Schirmer der Flut sowie der jeweilige Präfekt von Côntris - verfügt die Balia Regelungen, die das Abstimmungsverhalten von Bundmitgliedern im Kronkonvent festlegen sollen. Ähnlich dem „hylailischen Modus“ sollen stimmberechtigte Mitglieder des Sheniloer Bundes niemals ausdrücklich gegen die Stimme des sheniloer Delegierten im Kronkonvent abstimmen, wohl dürfen sie aber sprechen und sich der Stimme enthalten.
- Schwierigkeiten bereitet die Vermeidung einer ähnlichen Pattsituation bei der Wahl des Gransignore wie im Praios 1032 BF, die Ludovigo zum Rückzug bewog und Teil seiner späteren Aufstiegsstrategie wurde. In Anknüpfung an die Tradition der entscheidenden Stimme des Gesandten des Arinkelwaldes bei den Wahlen in der alten Domäne Pertakis entscheiden beim Stimmengleichstand in der Eteria die Gesandten von Fels, Wald und Wellen.
- Ähnlich hitzig wird die Diskussion um das Schicksal von Signoria und Curia geführt. Während der Landadel mit einigem Recht auf die Teilschuld der Curatoren an der Katastrophe pochen kann, stemmen sich die verbliebenen Mitglieder der Curia vehement gegen eine Beschneidung ihrer politischen Rechte – vornehmlich wird die Gransignorewahl diskutiert. Angesichts der sich im Reich langsam durchsetzenden Nomenklatur bestehen zudem Mitglieder der Signoria auf die Änderung des Zusatzes Nobili in Patricii oder zumindest eine Ersetzung des entsprechenden Zusatzes bei der mit nicht-patrizischen Mitgliedern besetzten Curia. Zudem drängen gerade die einfachen Bürger Shenilos auf einen Zuwachs an Mitspracherechten und weisen auf den Umstand hin, dass einige Ursachen und Dynamiken der Landherrenhändeln sich lediglich aus den Zwistigkeiten des Patriziates ergeben hätten. Schließlich wird eine Verschmelzung der beiden Gremien beschlossen, die Eteria (von aurel. Gefährten, gemeint sind die Gefährten des Stadtheiligen Gerons des Einhändigen) soll fürderhin die Zügel der Macht in Händen halten und zweijährlich über die Person des Gransignore entscheiden. Sitze in der Signoria stehen nur den Matriarchen und Patriarchen der 16 herrschenden Geschlechter sowie den drei Gesandten zu.
- Die Curia, die den Zusatz Patricii einbüßt, wird nach dem ungefähren Vorbild der Grangorer Äußeren Stube zum nachrangingen, aber in Gänze von der Bürgerschaft gewählten Stadtrat. Dieser behält einige der wichtigen Befugnisse des Stadtrates, wiewohl die Eteria sich die aus dem Status der Landstadt ergebenden Rechte vorbehält. Zu den alle drei Jahre stattfindenden Wahlen zur Curia dürfen sich keine Patrizier aufstellen lassen. Indes sind es freilich vielfach Klienten der herrschenden Familien, die mit deren Unterstützung Curatoren werden. Bis zur ersten freien Wahl der Curia im Tsa 1036 BF – in Anlehnung an den Gründungstag des Bundes im Tsa 1029 – besteht die Curia aus den gewählten nicht-patrizischen Mitgliedern der alten Curia sowie aus den Vorstehern der Sheniloer Gilden und Zünfte.
- Durch Ergänzungen im Sheniloer Frieden werden die Privilegien der Landstadt und die hinzugewonnenen Hochadelsrechte (Recht zur Nobilitierung, Sitz, Wort und Stimme im Kronkonvent, Fehderecht, Standartenrecht, Freigerichtsbarkeit, Befestigungsrecht) gedeutet und festgeschrieben. Während sie in ihrer Gesamtheit bei der Eteria verbleiben, delegiert diese die Ausübung an den Magistrat: Gransignore (Nobilitierung), Constabler (Fehderecht, Standartenrecht), Iustitiar (Freigerichtsbarkeit), Erster Rat (Delegierter im Kronkonvent), Camerlengo (Handel mit magischen Metallen, Kauf von Grundbesitz), Cancellario (Befestigungsrecht gemeinsam mit dem Constabler, dazu kommen Kanzleibefugnisse, die Ordnung der Magistratskorrespondenz, Aufsicht über den städtischen Grundbesitz) und Secretario (keine unmittelbaren, dafür aber Wacht über den Sheniloer Frieden und die städtischen Archive, Siegelung von Nobilitierungs- und anderen Urkunden des Magistrats) können sie bis zur Abwahl oder bis zum Veto (absolute Mehrheit in der Eteria) verhältnismäßig frei ausüben.
- Zur Anpassung an die verlängerte Amtsperiode des Gransignore wird auch die Amtszeit der Magistratsbeamten verlängert. Fürderhin soll jeder gewählte Gransignore drei Magistratsbeamte (erstmalig 1034 BF den Iustitiar, den Ersten Rat und den Secretario, 1036 dann Camerlengo, Constabler und Cancellario) für jeweils vier Jahre bestimmen dürfen. Wie bisher erfolgt die Auswahl aus einer Kandidatenliste des Consilium Draconis.
- Ob der unrühmlichen Rolle der Sheniler Tempelgarde, vor allem aber aufgrund der notorisch klammen Kassen insbesondere nach den horrenden Kriegskosten wird eine Zusammenlegung beider städtischer Garden in die Wege geleitet. Während die Garde in Größe bestehen bleibt wird deren Trennung aufgehoben. Die Garde wird fürderhin nur nach Zuständigkeitsbereich und Wamsfarbe unterschieden (Grünhemden und Rothemden sind weiterhin für Tempel und Lehrinstitute einerseits und städtische Belange andererseits verantwortlich). Angrond Menaris hat vorher durch seinen Verzicht auf das Amt des Gardehauptmanns den Weg frei für die Reinstallation Rondrian Vistellis als Hauptmann der Sheniloer Garde gemacht.
- Erst Monate nach den Landherrenhändel gelingt geschäftstüchtigen Sheniloer Familien – darunter die Gabellano, die Wankara und die Cordur – der Wiederaufbau des Geschäftsbetriebes der niedergegangenen Banca di Shenilo in neuen Räumlichkeiten. Mit einigen Kunden und Kontakten wird eine Bank ohne auswärtigen Einfluss ins Leben gerufen, die allerdings das Patrozinium des Stadtheiligen behält und weiterhin als Geronsbank bezeichnet wird. Der vom Camerlengo der Curia vorgeschlagene Direktor wird zukünftig deutlich stärker als bisher vom Rat der Silberfüchse, in dem alle Anteilseigner mit vierstelligem Dukatenwert sitzen, überwacht.