Briefspiel:Die Seemannsbraut - 13. Phex 1037 BF - Nachts auf den Zimmern
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Hier geht es um die Ereignisse in Belhanka anlässlich der Brautschau des Croënar di Camaro im Rahmen des Briefspielprojekts Die Seemannsbraut.
Wieder Abends im Casino ya Duridanya
Jetzt gilt es
Auch dieser zweite Tag der Brautschau sollte in kürze sein Ende finden. Nicht weit vom Casino erlosch die Praiosscheibe ein weiteres mal langsam im Meer der Sieben Winde, doch dieses Mal kein Zischen, kein kurzer Moment romantischer Stille. Eher erschien nun alles hektisch. Bedienstete des Casinos schufteten in der Küche oder versuchten ihr Glück damit, den Gästen jeden Wunsch von den Lippen abzulesen. Während viele sich einfach nur an den Tischen mit Glücksspiel jeglicher Form abspeisen ließen, war in einem größeren Saal im hinteren Bereich des Casinos Glücksspiel gerade kein Thema... oder gerade doch? Zumindest gab es einen reichlich gedeckten Tisch mit Essen für eine große Gruppe, auch die Dekoration des Raumes ließ wenig zu wünschen übrig, zudem lag überall ein lieblicher Duft im Raum. Als wenn überall Lavendel wachsen würde. Es sah wirklich alles nach einem Fest aus, einzig die offensichtlich abgesteckte Sitzordnung ließ vermuten, dass es hier heute Abend nicht nur um das Feiern gehen sollte. Ein Tisch wartete mit drei Stühlen auf, an ihnen saßen Isaura di Camaro, Alrik Binder und Migaele di Onerdi und schauten teils gespannt in die Runde, teils auch einfach nur auf ihren reichlich gedeckten Tisch. Der Raum war inzwischen gut gefüllt, knapp 30 Leute waren im Raum und warteten auf eine Art Startsignal. Isaura wurde als erste ungeduldig. „Die Praiosscheibe ist endlich untergegangen?“ fragte Isaura noch ihren an ihrer Seite stehenden Gemahl. Esteban sah etwas genervt aus dem Fenster. Sie hatte ihn das in der letzten Zeit nicht zum ersten mal gefragt. Aber es gab nun mal ein Protokoll. Die Vorführung der Präsente und damit die erste große Prüfung der Brautschau stand an und nicht früher und nicht später als bei Sonnenuntergang. Sein Blick gewann nun aber eine kleine Form von Erlösung. „Sieht endlich danach aus, ja.“ |
„Und sind alle da?“ „Ja. Ich denke, wir können los legen.“ Esteban räusperte sich. „Meine lieben angehenden Töchter, verehrte Gäste, wenn ich kurz um Aufmerksamkeit bitten dürfte. Ihr seht, dass wir hier schon ein Mahl vorbereitet haben, mit dem wir hoffentlich auch gleich für die Strapazen des heutigen Tages entschädigen können. Ich bin sicher, viele von euch werden sich heute voller sorgevoller Gedanken die Füße wund gelaufen haben und ich hoffe, die Aufgabe hat keinem von euch den Appetit vergehen lassen. Als erfahrener Seemann kann ich derweil auch nur raten – selbst wenn... esst heute reichlich. Da man auf hoher See nie so genau wissen kann, wie der Wellengang so sein wird und manch ein Magen darauf gar empfindlich reagieren kann, solltet ihr die Gelegenheit nutzen, ihn jetzt noch einmal zu füllen, wenn es noch festen Boden unter den Füßen gibt. Morgen wird es auch nur noch ein echtes Seemannsfrühstück geben, sprich leckere Krabben mit Dill, Eiern, Butter und Tomate auf Brot, dann geht es nämlich auch schon wieder los auf die Verführerin der Rosen. Bevor ich das Bankett eröffne, will ich dann aber auch schnell noch den offiziellen Kram hinter uns bringen, ihr sollt ja eine schöne Zeit im Kreise unserer Familie haben und da muss man eure Nerven nicht unnötig strapazieren, stimmt es? Ihr alle hattet ja die Aufgabe, euer phexisches Geschick zu zeigen. Daher frage ich mal in die Runde... wer will anfangen? Was habt ihr mit diesem schönen Tag anfangen können? |
Corradas Kunst
„Halt, eine fehlt noch!“, sprang da Horasio ya Papilio auf, der bis dahin unruhig an seinem Platz gesessen hatte. Tatsächlich: Der Stuhl zu seiner Rechten war leer, Kusine Corrada nicht zugegen. Die Gastgeber blickten sich unsicher an. Doch anscheinend hatte die füllige Adelstochter aus Montalto nur auf diesen Augenblick gewartet: Die Tür zur Küche tat sich auf und Corrada trat heraus, ein leichter Schweißfilm auf ihrer Stirn. Hat die Dicke schon mal genascht, um ihr Gewicht zu halten?, mutmaßte insgeheim der eine oder die andere. |
Nicht nur Croënar mochte offensichtlich diese Geste. Mit einem großen Lächeln breitete er seine Hände über der Suppe aus. "Herrin Travia, wir danken dir für dieses Stück Heimat, Zusammenhalt und Wohl in diesem Teller, für den Inbegriff deiner Werte in einer Suppe vereint. Möge er uns nähren und wohl tun, möge er uns sättigen und glücklich sein. Dafür danken wir dir von ganzem Herzen. So sei es." Die restliche Belegschaft stimmte mit einem "So sei es" darin ein. Freudig nahm er einen Löffel, stoppte aber kurz vor seinem Mund... "Äh... moment mal... falscher Kugelfisch?? Kugelfisch ist mehr als giftig?" Sein entsetzter Blick traf Corrada. Wollte sie ihn vergiften?" "Nur die Kugelfischleber ist tödlich. Ein guter Koch weiß das natürlich und entfernt dieses Organ vorsichtig. Zudem ist es ja kein echter Kugelfisch, sondern falscher." "Sind das nicht diese Süßwasser-Zwerg-Kugelfische. Die sind auch nicht gerade gesund. Und kleiner." "Das ist Zwerg-Kugelfisch, nicht falscher Kugelfisch... woher wisst ihr so viel über Kugelfische?" Croënas verlegene Blick traf seine Mutter. Die hatte tatsächlich ein nie zuvor gesehenes breites Grinsen im Gesicht. "Na los, mein Sohn. Lass es dir schmecken. Du weißt, Kugelfisch ist eine ganz besondere Vetivér-Tradition." Isauras Sohn blickte noch einmal auf den Löffel. Dann auf Corrada. Dann wieder auf den Löffel. Er hatte nicht damit gerechnet, hier noch eine Mutprobe abhalten zu müssen. "Wohlan - Travia will es..." Er schluckte widerwillig den Löffelinhalt herunter. Die Suppe schmeckte fantastisch. "Hm... also, sollte ich nun vergiftet worden sein, war es das leckerste Gift, das ich je hatte...", zwinkerte er vorsichtig. Dennoch folgte ein Moment der Stille, der wie ein Messerstich wirken wollte. Zumindest Isaura schien all das aber nicht zu stören. Entspannt und weiterhin lächelnd lehnte sie sich zurück. "Sie hat solch ein Potential...", flüsterte sie ihrem Nebenmann zu. Alrik Binder ließ derweil ein "ich hätte das nicht gegessen..." hören. Er erntete strafende Blicke der beiden anderen Juroren. Als er diese bemerkte, fügte er ein "wegen des Delphinoccos versteht sich" hinzu. Migaele und Isaura entschlossen sich, nicht weiter nachzufragen, die Ausrede sprach für sich. |
Terantinas Gabe
Die Suppe war zwar wahrlich schmackhaft, doch wäre es nach ihm gegangen, hätte er sie gegen eine einfache Efferdaise irgendwo in der Flüchtengasse eingetauscht. Doch das war ihm schon seit Jahren verwehrt. Fast unmöglich inmitten eines Volksauflaufs einen Suppe zu löffeln. Doch einen Volksauflauf zu verursachen, daran hatte sich ein Alrik Binder mittlerweile gewöhnt. Insofern war Belhanka doch recht angenehm. Auch hier wurde er dann und wann erkannt, aber Delphinocco doch nicht so populär wie in Efferdas und einen Auflauf verursachte er hier nicht. Terantina ya Pirras jedoch hätte in diesem Kleid (oder wäre Gewand für dieses fragile Gespinnst aus sündhaft roten durchscheinenden Stoffen angebrachter?) auf offener Straße einen solchen ganz sicher verursacht -selbst in Behanka. Insofern sah er sich genötigt Terantina seinen Mantel um die Schulter zu legen, als diese die versammelte Gesellschaft nach draußen bat, was ihm von Dartan di Camaro ein höchst belustigten Blick einbrachte, wie er bemerkte. Vor dem Hotel lenkte Terantina die Gesellschaft zum nächsten Anlieger. "Mein Geschenk, verehrter Croënar, mag Euch vielleicht wenig nützlich erscheinen und vielleicht zu naheliegend, doch schätzt es nicht zu gering, denn es bewahrt Euch vor einer Sünde", ließ sie vernehmen und wies auf eine kleine hier vertäute Gondel. "Denn auf Freiers Füßen zu wandeln in der Stadt der Liebe und SIE nicht aufzusuchen, nenne ich Sünde. Zumal ich mir sicher bin, dass Ihr IHR das Geschenk Eures anziehenden Äußeren noch nicht hinreichend gedankt habt. Diese Gondel wird Euch heute -so Ihr wünscht- nach Paradisela bringen, wo Ihr sicherlich auch IHREN Beistand für Eure Ehe mit jener, welche Ihr erküren werdet, erbitten könnt. Und Ihr sollt nicht allein fahren, denn SIE liebt es, wenn Freude geteilt wird. Darum habt Ihr die Möglichkeit mit dieser Rose den- oder diejenige zu erwählen, welche Euch heute Nacht begleiten möge." Sie übergab Croënar die Blume mit einem Gesichtsausdruck, den Alrik bei ihr noch nie bemerkt hatte: Sie lächelte, wie stets auch durchaus verführerisch doch mit einem Blick, welchen er nur als eindringlich beschreiben mochte. "Ach ja", fügte die junge Signorina ya Pirras noch hinzu, während sie dem etwas verwirrt dreinschauenden Croënar einen Beutel zuwarf, "Ihr mögt feststellen, dass die größten Freunden des Lebens gar nicht viel kosten, wofür Ihr Euch bei IHR ja auch gleich bedanken könnt." |
Croënar blickte ungläubig auf die Rose in seiner Hand. Eins war klar, Terantina war gerade in die Offensive gegangen. Natürlich zeigte das Präsent von einer gewissen Klasse. Doch nun war er in Nöte gebracht worden. Wie könnte er jetzt schon eine Entscheidung fallen und die Trägerin dieser Rose bestimmen? Er würde automatisch die anderen Brautwerberinnen brüskieren. Anderseits würde er sich nun auch der Göttin Rahja nicht sehr dankbar zeigen, würde er auf dieses Angebot nicht eingehen. Und damit würde er gleich ALLE Bräute brüskieren. Denn könnte eine abgelehnte nähe zur Herrin Rahja in dieser Angelegenheit nicht dann genau so als generelles Desinteresse gewertet werden? Er verkniff sich einen Blick zu seinen Eltern, dieser wäre jetzt genau so als schwäche zu interpretieren zu wesen. Doch Croënar war dieses Spiel auch nicht fremd. Er fing sich, legte den Kopf leicht schief, lächelte Terantina nur an und hielt sich knapp. "Danke." Er drehte sich um und ging zurück in den Saal. Die Juroren betrachteten diese Szenerie mit interessiertem, teils verblüfftem Blick. "Kneift mich, Migaele... sollte diese Frau etwa doch politisches Kalkül besitzen?" murmelte sie leise zu ihrem Nebenmann. "So wie ich das sehe, hat sie entweder aus reiner arroganter Selbstüberzeugung nie daran gezweifelt, selbst diese Rose zurück zu erhalten oder sie hat uns in der Tat bisher sehr erfolgreich zum Narren gehalten. Dann muss man an dieser Stelle den Hut ziehen." "Ohja. Ich erkenne die Handschrift ihrer Tante... das wird noch spannend..." Beide unterbrachen ihr geheimes Flüstern für einen Applaus, den sich Terantina für diese Gondel wirklich auch verdient hatte. Während nun Esteban das Wort wieder übernahm und das nächste Geschenk anforderte, nutzte derweil Croënar einen kurzen unbeobachteten Moment, legte seinem Bruder Dartan eine Hand auf die Schulter und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Dartans Blick verriet, dass er verstanden hatte, dann ging er mit einem süffisanten Lächeln ebenfalls ins innere des Casinos zurück. |
Cassiopeias Geschick
Nachdem sich die Gesellschaft wieder im Casino eingefunden hatte, erhob sich Cassiopeia, räusperte sich und ergriff dann das Wort, wobei sie langsam und mit wohl bemessen Schritten zum Tische Croënars schritt. "Nun, lieber Croënar, bislang hatten wir leider noch nicht das Vergnügen, ausgiebig miteinander sprechen zu können, daher stand ich zuerst vor dem Dilemma, was wohl ein angemessenes Geschenk für einen Mann sein möge, den ich begehre, über dessen Geschmack ich hingegen wenig weiß. So kam ich zum Entschluss, das wohl niemand Euch besser kennt als Ihr selbst, und so die Zwölfe - und die Juroren - es wollen, werde ich noch viele Gelegenheiten haben, Euch etwas passendes und nützliches zu schenken. Für Tand und Tineff fehlt mir jedoch der Sinn... Womit ich keineswegs die Geschenke meiner Mitbewerberinnen in Abrede stellen möchte! Bei uns in der Familie wird auf das Schenken einfach wenig Wert gelegt. Deshalb hielt ich mich vorerst ganz im Geiste Phexes daran, den gegebenen Betrag mit all meinen Fähigkeiten zu mehren, auf das Ihr ihn in Eurem Sinne verwendet. Bevor ich wieder auf die falsche Blume setze." Und mit einem Augenzwinkern deutete sie auf die Orchidee an ihrem Kleid. Streifte ihr Blick etwa auch die Rose in Croënars Hand? Doch in einer fließenden Bewegung zog sie einen prall gefüllten Geldbeutel aus den Falten ihres Kleides, den sie sodann vor ihm auf den Tisch legte. Das Geräusch allein verriet schon, das sich darin mitnichten etwas leichtes befand. Mit einem Lächeln verbeugte sie sich und kehrte auf ihren Platz zurück. Ihr Geschenk mag vielleicht wenig Originell gewesen sein, aber auf so eine Idee wie Terantina wäre sie nie gekommen. Lieber ihre Fähigkeiten ausspielen, und natürlich (deshalb die Bemerkung mit der Blume) zu den eigenen Fehlern stehen. Die Reaktionen der Juroren waren Kühl und verhalten. Alrik Binder knurrte nur ein unverständliches "Dass der Geldadel keinen Wert aufs Schenken legen ist wahrlich nichts neues...", auch bei Isaura war ein seufzen zu vernehmen, sie wirkte etwas enttäuscht. Wieder suchte sie das Zwiegespräch mit Migaele, so, dass es sonst kein anderer mitbekommen konnte. "Irgendwie Thema verfehlt, oder?" "Schon. Aber dafür hat sie Handelsgeschick bewiesen." "Ja, und es auch sogleich zu einer farblosen Randerscheinung werden lassen. Jeder hatte einen klaren Auftrag, sich was nettes einfallen zu lassen, hatten dazu einen ganzen Tag Zeit. Und wenn man dann den ganzen Tag dazu nutzt, irgendwas anderes zu machen, kann man das auch als Unzuverlässigkeit oder Schluder bezeichnen." |
"Da seid ihr jetzt aber zu hart. Sie hat ja offensichtlich sehr erfolgreich das Startkapital deutlich erhöht." "Mag sein. Dann passt aber die Präsentation nicht. Sie hätte den Beutel auch als Geschenk verkaufen können. Stattdessen kommen solche Ausreden. Sie ist seit zwei Tagen mit der ganzen Familie unterwegs, wenn sie hätte wissen wollen, worauf mein Sohn sich freut, hätte sie ein halbes dutzend Leute einfach fragen können. Sie hätte ihre Fähigkeiten verkaufen können, stattdessen hat sie sich mit ihren Fähigkeiten entschuldigt. Ich verstehe das nicht ganz, so wie ich ihre Blicke ihm gegenüber deute, scheint sie von allen hier sich eine Ehe mit Croënar am ehesten vorstellen zu können. Aber wenn ihr mich fragt, sie tut nicht alles, um dieses Ziel auch zu erreichen. Zumindest ist es keine Visitenkarte, daran zu erinnern, was sie bisher alles falsch gemacht hat." "Ich finde das eigentlich eine sehr ehrliche Vorstellung. Unsere Prüfungen sind ja auch nicht dafür gedacht, dass jeder in jeder Prüfung mit leichtigkeit bestehen kann. Jeder wird irgendwann einen Fehler machen und schlecht aussehen. Sie zeigt dadurch ja, dass sie ihrer Fehler bewusst ist und ein interesse daran hat, es danach besser zu machen." "Das stimmt wohl... aber dann sollte sie auch langsam Anfangen, etwas richtig zu tun. Die anderen vier schlafen nicht. Wäre das eine normale Brautwerbung, in der eine Person um die andere buhlt, könnte man damit sicher punkten. Aber das hier ist eben nun mal ein Wettbewerb. Das muss sie begreifen, sonst läuft ihr die Zeit einfach davon." Croënar hatte inzwischen den Inhalt des Geldbeutels überprüft und zollte ihr Respekt. "Das ist für einen Tag wirklich ein stolzes Sümmchen. Nicht übel. Ich danke euch für euren Einsatz." nickte er ihr freundlich zu. Dann übernahm auch schon Esteban und forderte die nächste Braut auf. |
Darias Kiste
Daria erhob sich in einer fließenden Bewegung von ihrem Platz. Auf ihrem Gesicht keine Spur von Aufregung, vielmehr hatten ihr Blick und ihre Mimik etwas Andächtiges. Santino kannte diesen Ausdruck, es war der eben gleiche, den seine Schwester stets kurz vor einem Auftritt im Theater zeigte, wenn sie halbentrückt hinter den Vorhängen der Bühne entlangschlich und mit ihren Lippen tonlos ein letztes Mal ihre Verse rezitierte. Mit ruhigen, gleichmäßigen Schritten trat sie auf Croënar zu. Das graue Seidenkleid, die Rubinohrringe und die einfache silberne Haarspange, die ihre Haare locker hinter dem Kopf zusammen hielt, waren mehr ein Rahmen für ihr hübsches, junges Gesicht, als Schmuck. Vor sich hielt sie die kunstvoll aus dutzenden unterschiedlichen Holzplättchen zusammengesetzte Schatulle, die sie am Nachmittag auf dem Markt erworben hatte. Die fremdländische Münze trug sie nun als Anhänger an einer feingliedrigen silbernen Kette. Als sie vor Croënar zum Stehen kam, huschte ein fröhliches Lächeln über ihre Züge. „Da auch ich nicht um eure Vorlieben weiß, möchte ich euch einen Einblick in das Schenken, was mir mehr als alles in der Welt am Herzen liegt….“ – erneut umspielte ein Lächeln ihren Mund, diesmal ein wenig neckisch – „ doch dies ist eine Phexprüfung und die Gaben des Listenreichen erhält nur, wer sie sich verdient. Sollte es euch gelingen, dieses Kästchen zu öffnen“ – Daria reichte ihm die Schatulle, die auf den ersten Blick weder eine Öffnung noch einen zur Öffnung dienlichen Mechanismus offenbarte – „findet ihr darin außerdem die Dukaten, die ich nicht ausgegeben habe. Falls nicht… habt ihr immer noch ein recht ansehnliches Kästchen.“ Während Croënar noch ein wenig unschlüssig sein "Geschenk" betrachtete, begab sich Daria bereits wieder zurück auf ihren Platz, auf halbem Weg jedoch drehte sie sich nochmal um und sagte: „Oh eins noch, ich bitte euch es nicht mit roher Gewalt zu versuchen, das wäre schließlich äußerst… unphexianisch.“ Croënar wuchs ein ehrliches Lächeln im Gesicht. Auch sein "Danke" kling schon ganz anders als zuvor noch bei Terrantina. Er wirkte fast wie ein kleiner Junge, als er sich auch sofort an der Kiste zu schaffen machte und gleich mal scheiterte. "Oh... ich seh schon, das ist knifflig." Er drehte die Kiste in alle Richtungen, um nach einem Öffnungsmechanismus zu suchen. "Seid gewiss, ich werde hierfür keine Gewalt anwenden. Sie ist nicht nur bei kleinen Kisten seltenst die optimale Lösung." Von nun an war er mit der Kiste abgelenkt. Doch auch bei den lächelnde Juroren fand das Geschenk durchaus anklang. "Wie Putzig" bewertete Alrik Binder lächelnd und blickte auf Isaura, die natürlich bemüht war, ihren stets grimmigen Blick aufrecht zu halten. |
"In der Tat. Da versucht offensichtlich jemand, den Ton abgeben zu wollen." kurz traf ihr Blick Cassiopeia Trenti, dann aber auch Croënar, der immernoch an der Kiste nestelte. "Der Spieltrieb ist zumindest stark ausgebildet bei der da will ich meinen." Wieder traf ihr Blick ihren Sohn, der soeben mit einem vernehmbaren "KLACK" die Schatulle öffnen konnte und von der Gesellschaft ein freudiges "Aaah" ernete. Stolz hob er seine Trophäe, den Inhalt der Kiste in die Höhe und nickte Daria ein weiteres Mal zu. Ein seltener Anblick zeichnete sich auf Darias Gesicht ab, ehrliche Überraschung. Schließlich hatte ihr der Weinhändler hoch und heilig versichert, die Schatulle ließe sich nur öffnen, wenn man die Münze, die sie noch immer um den Hals trug, über ein ganz bestimmtes der Holzplättchen strich. Da Dartan sie nach ihrem kleinen Ausflug jedoch keinen Augenblick mehr aus den Augen verloren hatte, hatte sie keine Möglichkeit gehabt, den Mechanismus ausgiebig zu testen. Es war schwierig genug gewesen, den Umschlag mit den zwei Jahreskarten für die Komische Oper und die Neunzehneinhalb Dukaten, die sie von ihrer ursprünglichen Barschaft noch übrig hatte unbemerkt in das Kästchen zu schmuggeln. Daria war enttäuscht, schließlich war Glück nicht die phexgefällige Eigenschaft gewesen, die sie bei Croënar zu testen gedacht hatte. Andererseits, dass sie bei der ersten Prüfung den Flieder gewählt hatte, hatte ja auch nichts mit ihrem Wissen um die Bedeutung von Pflanzen zu tun gehabt. Es würden sich sicherlich noch weitere Möglichkeiten ergeben, etwas über Croënars Fähigkeiten und Eigenschaften zu erfahren. Immerhin, sie hatte weder für die Opernkarten, noch für das Kästchen etwas bezahlen müssen. Dass sie der Sängerin und dem Weinhändler verraten hatte, woran sie bei ihren Mitspielern erkennen konnten, ob sie wirklich ein gutes Boltanblatt hatten oder dies nur vorgaben, hatte sich anscheinend für beide ausgesprochen gelohnt, sodass sie bereitwillig ihren Teil der Verhandlung eingelöst hatten. Einzig den Wein für Dartan hatte Daria bezahlen müssen, soweit war der Weinhändler Geschäftsmann geblieben. "Es waren nicht seine Hände, die es öfneten", murmelte Corrada ya Papilio mit ausdruckslosem Gesicht. "Es war seine Begierde." |
Mirinias Finale
Als Esteban abwartend zu den übrigen Brautbewerberinnen blickte, erhob sich Mirinia und trat gemessenen Schrittes vor die Juroren und Croënar. An letzteren richtete sie ihre Worte. „Werter Signore, es war nicht ganz leicht etwas Passendes für Euch zu finden, doch mit zusätzlicher Bearbeitung meinerseits, denke ich etwas angemessenes zu haben, das euch von Nutzen sein wird.“ Sie überreichte ihm den verzierten Südweiser und fügte mit einem Blick in seine Augen den Segensspruch hinzu, den sie in sorgfältiger Kleinstarbeit hineingraviert hatte. „Möge Efferd deine Segel immer mit Wind füllen und dich stets sicher heim geleiten!“ Das Herz würde er sicherlich selbst erkennen und deuten, wie es ihm gefiel. Mit einem Lächeln verneigte sie sich vor den Juroren und schritt an ihren Platz zurück. Auch dieses Präsent wirkte wie ein Treffer. Croënar begutachtete den Südweiser aufmerksam. "Nicht schlecht, für solch einen guten Südweiser |
zahlt man gerne mal zehn bis zwölf Dukaten, dazu mit persönlicher und göttergefälliger Widmung..." er blickte sich kurz um und richtete den Südweiser entsprechend aus. "... er scheint auch richtig zu gehen." lächelte er. "Ich danke euch, das gefällt mir wirklich gut."
So sahen es scheinbar auch die Juroren. "Sowas hätte mir meine Frau nicht in den Kompass graviert." grummelte Alrik Binder, was vor allem bei Migaele ein Schmunzeln auslöste. "Im Gegensatz zu eurem Bankhausverwalter, stimmt... wirklich ein nettes Geschenk, eine schöne Geste. Wirkte auch gut recherchiert. Gut gemacht." Auch Isaura war nicht anzumerken, dass sie etwas zu meckern gehabt hätte. Damit eröffnete Esteban auch schon das Abendbankett und mit Musik und Gesang ging der letzte Abend auf dem Festland voran. * |
Nachts auf den Zimmern
Allzu lange sollte das Mahl nicht mehr gehen. Die meisten zogen sich nach dem Bankett auf ihre Zimmer zurück oder vergnügten sich noch ein wenig im Casino. Belhanka schlief nicht und vor allem Phelippa di Camaro schien den Aufenthalt in der „großen Stadt“ geradezu zu genießen. Immer wieder huschte sie von Spieltisch zu Spieltisch, verdiente sich als „gutaussehende Glücksfee“ ein paar Jetons, in dem sie reichen Herren über die Würfel pustete oder mit einem scheckigen lachen die „Schicksalskarte“ auswählte. Nur um eben diese Jetons dann im nächsten Spiel auf klägliche Art und Weise wieder zu verlieren und sich von den anderen Männern am Tisch trösten zu lassen. Sie schien dieses Spiel perfekt zu beherrschen und verdrehte dem ein oder anderem verheirateten Mann an diesem Abend die Gedanken. Es wirkte fast, als wolle sie ausloten, bei wem es sich hier um eine gute Partie handeln könnte. Diverse Komplimente kamen zumindest geradezu leichtfertig über die Lippen. So mussten auch Horasio und Santino im Verlaufe des Abends noch einen kleinen Fragekatalog über sich ergehen lassen, bei dem es vor allem auch darum ging, ob sie denn noch ledig wären und wie sowas nur sein könne. Doch auch andere schienen an diesem Abend noch nicht direkt ins Bett gehen zu wollen. Vigo di Camaro wollte sich auch die kleine Kiste ansehen, die Daria ihrem Bruder geschenkt hatte. Dieser hatte auf Grund des Programmes den Inhalt der Schatulle noch gar nicht so genau ansehen können und daher die Kiste noch einmal zur Seite gelegt. Die Kiste hatte den Umzug auf einen Gabentisch nur mit einem Klick-Geräusch konsultiert und stand so eine Zeit lang unbeobachtet herum. Vigo ließ sich von seiner Neugier verleiten und saß seitdem halbe Ewigkeit daran, sie zu öffnen. Keine Chance. Irgendwann gab er auf und ging damit zu seinem Bruder, ihn darum bittend, sie doch noch einmal zu öffnen. Doch auch Croënar schien auf einmal zu verzweifeln. Die Schatulle gab ihr Inneres einfach nicht mehr preis. Irgendwann mischte sich auch Dartan dazu und entführte Croënar in einen Flur, seitdem versuchte Vigo wieder sein Glück… mehr als Erfolglos. Offensichtlich war die Kiste vorher einfach nicht richtig geschlossen worden… und jetzt offenbarte sie ihr ganzes Potential, sehr zu Vigos Leidwesen. Im Flur derweil sorgten Croënar und Dartan dafür, dass sie keine Zuhörer hatten. „Du hast die Rosen und den Bosparanjer?“ kam Croënar gleich zur Sache. „Dies und einen Gondolliere für dieses Boot.“ „Sehr gut. Sie will eine rahjanische Bootsfahrt, die kann sie haben.“ „Und was wirst du in der Zwischenzeit machen?“ fragte Dartan neugierig. „Nun, ich werde erst einmal unseren elterlichen Schatten entweichen und mich dann mal endlich selbst meinen zukünftigen widmen.“ Dartan zog die Augenbrauen in die Höhe. „Lass dich bloß nicht erwischen. Du weißt, wie viel Wert Pai auf dieses Protokoll gelegt hat. Bloß keine Bevorteilung, du sollst einfach nur da sein und gut aussehen, so war die Aufgabe.“ „Ja ja ja, ich weiß, niemand soll später sagen können, sich von unserem Verhalten im Vorfeld benachteiligt gefühlt zu haben… Pai stellt sich das so schön bürokratisch vor, aber herje, es geht hier um meine Ehefrau. Und von fünf Damen da draußen haben drei gerade verlauten lassen, dass sie mich ja gar nicht kennen und eine quasi darum gebuhlt, es erst einmal bei einer rahjanischen Körperlichkeit zu belassen. Diese Damen sind kein Instrument der Etikette oder ein Faktor in Diplomatie, das sind echte Menschen. Ich kann natürlich nicht wissen, was sie denken, aber würde ich mich in ihre Situation rein versetzen, ich hätte auch einfach Angst.“ |
„Stimmt, gerade die Trenti scheint das zum Beispiel geradezu aufzufressen.“ „Und deswegen können mich Pai und Mãe mit ihrem Protokoll auch mal ganz am Sakral. Ich werde mir heute abend die Zeit nehmen und diese Damen mal ein wenig kennen lernen. Einzeln. Ganz in Ruhe und ganz außer der Reihe.“ „Und wie willst du der strengen Beobachtung unserer Eltern entkommen? Ganz zu schweigen von deren Begleitungen. Da braucht dich nur eine Zofe zu sehen und das wird kritisch.“ „Die Damen haben hier zumindest alle ein Einzelzimmer erhalten. Es wird ein kleines Versteck- und Beobachtungsspiel. Phelippa und Vigo werden auch noch einige der Begleitungen ablenken und auch du wirst mir ja im Grunde ein wenig helfen.“ grinste er. „Bleiben noch Pai und Mãe. Gerade Mãe dürfte eine Herausforderung werden. Du weißt, dass Heimlichkeit ihre Paradedisziplin ist, in jeglicher Hinsicht.“ „Sie wird es wahrscheinlich schnell herausbekommen, da hast du recht. Aber ich bin auch keine 14 mehr. Sie weiß genau so, dass sie mit irgendwelchen Strafdrohungen auch komplett ins Leere laufen wird. Ich habe schließlich auch nicht vor, hier irgendjemanden zu verführen oder sonst irgendwie zu verärgern. Ich will einfach mal hören, wie es denen geht. Das einzige Risiko, dass ich sehe wäre, sie aus Versehen zu wecken.“ „Es sei denn, sie schlafen Nackt.“ „Dann würden sie wohl kaum die Tür aufmachen, ich habe ja schließlich nicht vor, einzubrechen. Glaub mir, das wird alles wohl kaum für Probleme im Protokoll sorgen können. Diese Frauen machen hier ne Menge mit und ich denke, den kurzen Moment von „Normalität“ wird auch ihnen etwas Ruhe vor den nächsten beiden Tagen an Bord geben.“ „Lassen wir uns überraschen. Du hast in so fern recht, wenn dann jetzt. Die nächsten beiden Tage wird’s eng und man darf gespannt sein, wer als erstes dem Lagerkoller erliegt. Hochseefahrten dürften nicht alle gewohnt sein. Das läuft bisher sowieso ausgesprochen friedlich ab, wenn du mich fragst. Ich kenne da ganz andere Frauen…“ „Pai hat eine erstaunlich harmonische Auswahl aus den Bewerbern getroffen, nicht wahr? Ich hab gehört, dass sich sogar Calliane Bender beworben haben soll?“ „Dieses Hohlbrot?“ Dartan grinste „da hätte ich die Jungfräulichkeit direkt mal in Frage stellen müssen.“ Croënar lächelte mit. „Ich glaube fast, eine weitere Grundvoraussetzung für Pais Auswahl war, dass alle 5 Bräute dir vorher nie über den Weg gelaufen sind.“ Es setzte für diese Bemerkung einen brüderlichen Schlag in die Magengegend und ein gemeinsames Lachen. „Na los, beginn schon mit deinen Schandtaten.“ „Und du mit deiner…“ So leerte sich der Flur. |
Klopf Klopf, Cassiopeia
Seit dem Treffen der Brüder war inzwischen einiges an Zeit vergangen. Croënar hatte die jeweiligen Zimmer und deren Bewegungen gut beobachtet und fand endlich die Möglichkeit, bei einem der Zimmer zu klopfen. So stand er vor der Tür von Cassiopeia Trenti. „Senhora Cassiopeia? Seid ihr wach?“ "Cassiopeia schrak aus ihren Gedanken auf: sie hatte sich früh zurückgezogen, ob ihrer Tante - zumindest für heute Abend - aus dem Weg zu gehen: die Rüge würde kommen, keine Frage, aber bitte noch nicht heute. Als es klopfte, war sie sich deshalb sogleich sicher, wer es sein müsste, bis ihr gewahr wurde, das Tante niemals eine Nachtruhe wegen etwas derart Trivialem stören würde. Die männliche Stimme bestätigte ihre Vermutung. "Herr Croenar? Seid Ihr es? Wartet bitte einen Augenblick." Cassiopeia saß Fassungslos an der Kommode. Croenar? Hier? Was konnte er wollen? Hastig zog sie ihren Bademantel über ihr unangemessen freizügiges Nachthemd, fuhr sich kurz mit der Hand durch die Haare und öffnete die Tür. "Was gibt es? Ist etwas geschehen?" "Ja, es ist nur meine Wenigkeit. Und nein, es ist nichts passiert. Ich wollte nur mal kurz nach dem Rechten sehen, sprich nachfragen, ob es euch gut geht. Ich dachte, vielleicht habt ihr ja Lust, ein wenig zu plaudern, wenn mal kein anderer außer mir hin hört. Also, habt ihr Lust, mich hinein zu lassen?" Cassiopeia öffnete die Tür zur Gänze und bat ihn mit einer Armbewegung herein. Ein Blick in den Flur, bevor sie die Tür schloss, verriet ihr, dass er wirklich allein gekommen war. Sie war erstaunt, doch auch glücklich: endlich hatte sie mal Gelegenheit, ihn besser kennenzulernen. Wenn auch in einem denkbar ungünstigen Moment: angefangen bei den Sorgen über die Reaktion ihrer Tante auf die heutige Prüfung, weiter mit ihrer unpassenden Kleidung, hin zu ihren ungemachten Haaren. Abgeschminkt war sie auch schon, aber da sie es dort eh dezent angehen ließ, viel das nicht so sehr auf. Insbesondere nicht einem Mann. War er wirklich nur auf einen Plausch hergekommen? "Bitte, kommt herein, setzt Euch. Kann ich Euch etwas zu trinken anbieten? Die Bar ist zwar unten, aber eine Karaffe Wasser habe ich hier. Das Casino lässt nichts zu wünschen übrig... Von Gewinnchancen an den Spieltischen mal abgesehen." Gewann sie ihre Fassung mit einem Augenzwinkern zurück. Er lächelte. "Nein nein, danke. Ich komme gerade aus dem Casino, ich bin froh, wenn ich mal keinen Becher mit irgendeinem Getränk in der Hand halten muss." Er setzte sich auf einen kleinen Beistellstuhl. "Ich gebe sogar zu, dass ich nach all dem Rummel die letzten beiden Tage auch nicht traurig bin, wenn ich mal einen Moment für mich alleine habe. Aber das hier schien mir dennoch erst einmal wichtiger. Denn ich vermute mal, es wird euch gerade ähnlich gehen. Erzählt doch mal. Wie geht es euch bisher so?..." er schreckte ein wenig auf, noch bevor Cassiopeia antworten konnte. "Oh... ich vergaß... das hier ist übrigens keine Prüfung oder so etwas. Falls jemand fragt - vor allem meine Eltern - ich bin nie hier gewesen..." er lächelte. Cassiopeia setzte sich auf die Bettkante, ihm Gegenüber und wohl darauf bedacht, ihm keine besonderen Einblicke unter den Mantel zu gewähren. Seine Aussage hat sie irritiert. Sie musste lächeln. "Stimmt, ich habe gar nicht daran gedacht, das wir Bewerberinnen wohl nicht die einzigen sind, die angesichts der Tragweite der hier getroffenen Entscheidungen etwas Panik haben. Wir haben aber im Gegensatz zu Euch immerhin noch die Wahl, auszusteigen. Nicht das ich es wollte! Ihr Götter, nein! Auch wenn meine Tante mir das vielleicht in Anbetracht meiner vermurksten Prüfungen nahelegen wird." Betreten senkte sie den Blick "Aber Ihr wollt gewiss nicht wieder über die Prüfungen sprechen. Naja, wie soll es mir schon gehen: mir schmerzen die Füße, und ich bin froh, hier im Zimmer etwas Ruhe zu finden, abseits der Hektik. Aber ich freue mich auch schon auf die Weiterreise morgen. Diese Nacht im bequemen Bett genießen, und morgen den Wind in den Haaren. Und keine Sorge, gewiss habe ich lediglich von Euch geträumt. 'Einen Besucher? Des Nachts? Selbst wenn, hätte ich ihn doch im Schlafe nie gehört'" schauspielerte sie mit gespielter Überraschung. Ein sanftes Lächeln bei Croënar verriet, dass er die Anspielung verstanden hatte. "Wäre wirklich schön, wenn man mal vom Thema Prüfungen weg käme, nicht wahr? Ein Hauch von Normalität eben. Und habt keine Sorge, ihr könnt nicht nur aussteigen, wenn es euch danach ist, es stellt auch keinen Ehrverlust dar, wenn man sich anders entscheiden sollte. Schaut meine Nichte Amaryll an. Die hat so eine Brautwerbung ja auch schon mit sich mitmachen lassen müssen, sie wäre fast an den Albernischen Prinzen Finnian ui Bennain verheiratet worden. Der Cronconvent entschloss sich nur mit einer hauchdünnen Mehrheit für Ricarda Ash Manek. Es klingt natürlich etwas menschenfeindlich zu sagen, es hätte ihren "Marktwert" deutlich verbessert, aber wenn man sagen würde, es hätte dem Ruf des Hauses di Camaro geschadet, diese Wahl nicht für sich gewonnen zu haben, würde ich ganz klar widersprechen. Ich gebe zu, nach all den negativen Erfahrungen, die Amaryll mit Verlobungen, Versprechen und Bünden gemacht hat, würde ich ihr es gönnen, fände sie jemanden zum Lieben für ihre spätere Ehe, aber irgendwie scheint es nicht ihr Schicksal zu sein. Aber schlecht ergeht es ihr wirklich nicht. Der einzige, der aus dieser Sache hier garantiert nicht raus kommt, dürfte ich sein." grinste er. "Grämt euch also nicht und fürchtet auch eure Tante nicht. Jetzt bin ich hier, wenn ihr schon immer etwas fragen wolltet, was eure Tante nicht zugelassen hätte, ist hier der Moment." "Nein, ihr versteht mich falsch. Meine Tante wird mir einen Abbruch vermutlich nahelegen, es als 'verschwendete Zeit' bezeichnen, aber ich... Nun..." Sie wurde rot, und beschämt senkte sie den Blick. "Ich mag Euch. Schon als kleines Mädchen fand ich Euch toll, auch wenn ich Euch ja nur aus der Ferne sah. Nie hätte ich zu träumen gewagt, einmal um Eure Gunst werben zu dürfen. Eine Frage, die mich seit kurzem sehr beschäftigt, ist auch genau das: wie kommt es, dass Ihr Euch früher keine Dame aus eigenem Antrieb gesucht habt?" "Warum?" er lachte auf. "Als wäre das je meine Entscheidung gewesen. Auch mit meiner Geburt war mein Schicksal stets geebnet. Ich bin der Erbe des Hauses. Seit jeher wusste ich, dass meine Ehe immer einen Zweck erfüllen soll, den Zweck, die Macht des Hauses zu mehren. Alles im Sinne der Dynastie. Die Republik ist noch immer neu und lange Zeit wollte meine Familie erst einmal ihren Platz im "Gefüge der neuen Welt." finden, wie sie es nannten. So lange war eine Hochzeit nicht erlaubt. Ich bin schon verwundert, dass sie inzwischen endlich ein Einsehen hatten. Aber wann auch immer ich mal das Interesse für eine Dame entwickelte, war sie entweder nicht gut genug für meine Eltern... oder meine Eltern etwas zu abschreckend für meine Flammen. Ich werde nie vergessen, wie Mæ der armen Lucretia Aquistapace zu einer Kugelfischsuppe einlud... die kleine war damals 15 Jahre alt... aber nun ja. Irgendwann konnten sie es eben nicht mehr auf die lange Kante schieben. Wer weiß, vielleicht hat auch die Hochzeit meiner Schwester Simona sie etwas erweichen lassen..." er erinnerte sich an das Geständnis, dass er noch gar nicht beantwortet hatte. Lächelnd nahm er ihre Hände. "Und bevor ich es vergesse, ich danke euch für euren Mut, mir gerade dieses Geständnis zu machen. Glaubt mir, Cassiopeia, allein für die Strapazen, die wir euch in diesen Tagen auferlegen, werdet ihr für immer eine offene Tür in unserem Hause haben. Es wird keinen Grund geben, mich nur aus der Ferne zu beobachten. Wie ihr seht, bin ich auch nur ein einacher Mensch aus Fleisch und Blut. Kein Grund, mich auf einen Sockel zu heben. Ich bin ja nicht mal mein eigener Herr." Ihre Händen zuckten kurz unter der Berührung, dann wurde sie wieder rot und lächelte ihn an. "Ein Leben im Goldenen Käfig. Ein bisschen kommt mir das bekannt vor: bereits vor dem Tod meiner Mutter übernahm Madalena große Teile meiner Erziehung. Ihr war früh klar, das ich ihr dereinst als Matriarchin nachfolgen soll. Nach Mutters Tod und Vaters... Rückzug ließ sie mich quasi nie von ihrer Seite weichen. Es hat wochenlangen Überredens bedurft, sie zu dieser Reise zu überreden, und das ich wirklich keinen Ehrgeiz habe, mein ganzes Leben ausschließlich den Büchern und Finanzen zu widmen. Einen Teil des Lebens darf das gerne ausmachen, aber dennoch bin ich eine Frau, möchte um meiner selbst willen geliebt werden, und nicht wegen dem Geldwert, den ich einbringe. Und ich träume von Kindern, die Mama zu mir sagen... Das ist zwar keine Frage, aber eine Aussage, die meine Tante mir nie zugestehen will. Wie steht es mit Euren Träumen, Croënar? Wie malt Ihr Euch Eure Zukunft mit Eurer Zukünftigen aus? Und habt dank für das Angebot. Ein ehrlicher, guter Freund ist fast so gut wie ein ebensolcher Gatte." |
"Meine Zukunft mit meiner Gattin? Eine... interessante Frage. Ich muss gestehen, ich habe sie mir bisher noch gar nicht gestellt. Beziehungsweise... das, was ich bisher hatte noch nicht in Frage gestellt. Wenn ich mir das Idyll eines Familienlebens vorstelle, dann waren das bisher solche Sachen wie... mit dem kleinen zum Delphinocco gehen. Oder eine Akademie aussuchen. Dann die Frage, wie man die Gattin dazu bekommt, mit einem gut auszukommen. Jetzt, da ich meine potentielle Gattin quasi kenne, fällt mir auf, dass ich mir nun Fragen stellen muss in Richtung "Was geht mit welcher Gattin nicht mehr?" Ich schätze zum Beispiel Terrantina nicht als jemanden ein, der ruhige Abende am Kamin zu schätzen weiß. Ich glaube nicht, dass ich Daria zu einer Fahrt mit dem Segelschiff in stürmischer See überzeugen könnte, beziehungsweise sie ein Vergnügen daran hätte, sich die Gischt ins Gesicht schlagen zu lassen und den Sturm zu genießen. Angesichts Corradas guter Küche sehe ich mich auf einmal als übergewichtiger Wonneproppen vor mir... ihr seht... es ist gerade irgendwie turbulent. Wie kommt ihr denn mit euren Mitbewerbern zurecht? "Hm, beim Eröffnungsbankett haben wir uns kurz unterhalten, aber ansonsten eher wenig gesprochen. Ich brauche eine Weile, bis ich mit neuen Menschen warm werde. Dennoch glaube ich, dass Ihr der armen Corrada unrecht tut: nehmt meinen Bruder Thalio: dünn wie ein Hering, aber futtert für zwei. Ihr scheint ja bislang auch keine Anlagen für einen Bauch zu haben. Daria fehlt vielleicht nur der schützende Arm an ihrer Seite, und Terantina... Vielleicht wird sie in einigen Jahren ruhiger?" Und mit einem Augenzwinkern fügte sie hinzu: "Ich denke, die zahme und die wilde Seite einer Frau sollten sich die Waage halten. Und nur ihr Gemahl beide zur Gänze kennen. Was denkt ihr denn, ginge mit mir an Eurer Seite nicht? Sprecht nur frei heraus, mit Ausflüchten ist niemandem geholfen." "Oh, das war nicht auf Corradas Leibfülle bezogen, sondern wirklich auf ihre Kochkunst. Die Suppe war großartig. Und was an eurer Seite nicht ginge?..." Croënar überlegte eine Weile. "Ihr erwartet eine Antwort, der nichts Rationales inne wohnt. Sehr ihr? Da sitze ich nun und soll eine Antwort auf meine Zukunft finden, eine Zukunft mit einer Frau, über die ich nichts weiß. Und wer weiß, ob das, was ich von euch bisher kennen lernen durfte der Rivalität, der Verpflichtung oder dem Wettbewerb geschuldet ist. Bisher ist mein Eindruck, dass ihr euch in einer gewissen... Schüchternheit wohler fühlt. Ich wäre nicht sicher, ob ihr eine Person wärt, die ein Bad in der Öffentlichkeit genießen würde. Ich werde irgendwann sehr viel Kontakt mit unseren Bootsmännern und ähnlichen haben. In meiner Zukunft sehe ich natürlich auch ihre Feste und wie wir zum Gelage geladen wären und mit ihnen Feiern würden. Ob das etwas für euch wäre, kann ich im Moment schwer einschätzen. Aber ich kann es genau so wenig einschätzen, ob dies eine Zukunftsvision sein würde, die ich vermisse. Ihr seht... solche Fragen sind schwer zu fassen. Oder hat euch das in irgendeiner Art Aufschluss gegeben? "Hat es. Fürs erste reicht es mir ja schon, dass Ihr lange überlegen musstet, was schwierig werden kann. Aber ich will Euch dennoch eine Antwort geben: ich werde definitiv nicht die Frau sein, die Euch bei einer Festivität die Schau stiehlt, mich aber auch gewiss nicht an einem der hinteren Tische verkriechen, bis alles vorbei ist. Mir Euch an meiner Seite wäre mir vor nichts bange. Aber Ihr sagtet es schon, und dieses Spiel soll ja keine Einbahnstraße sein: was würdet Ihr gern über mich wissen?" frug sie, während sie vorsichtig seine Hände streichelte. An der Seite meiner Tante bin ich ja auch bei einigen Feierlichkeiten zugegen. Aber Ihr habt Recht: einen Abend am Kamin oder im Theater ziehe ich für gewöhnlich vor. Croënar ließ das Streicheln gewähren, doch er notierte dies mit einer gewissen Vorsicht. Er mag versteckt und überraschend kommen, aber dies war dann doch eine kleine Form der heranmache, die ihn hätte beeinflussen können. Und so viel Disziplin musste er doch schon wahren. Entsprechend bildete er sich nicht zu viel drauf ein. "Was ich gerne wissen würde? Im Moment vor allem, ob ihr Glücklich seid. Was ihr von mir und meiner Familie haltet. Bereuht ihr die Entscheidung eurer Tante? Und naja... wahrscheinlich auch, ob ich das sein werde, was ihr euch für eine Ewigkeit so gedacht habt?" "Ob ich glücklich bin... Eine schwierige Frage... Im Moment sehr: ein warmes Zimmer, gute Unterhaltung... Alles, was ich mir wünschen kann. In Bezug auf unsere Situation versprühe ich mehr Nervosität als Glück, insbesondere was die Prüfungen anbelangt. Und das Ergebnis. Von Euch und Eurem Vater halte ich sehr viel, Ihr scheint mir sehr nach ihm zu kommen, ein geschickter Stratege und Anführer. Eure Mutter... Sollte ich besser nicht gegen mich aufbringen, so wie ich die Geschichten deute. Aber das habe ich auch nicht vor, wollen wir doch beide das Beste für ihren Sohn. Die Entscheidung meiner Tante, mich teilnehmen zu lassen? Nein, die bereue ich ganz und gar nicht. Allgemein gesehen, werde ich aus diesem Wettstreit wohl als Gewinnerin hervorgehen, egal ob ich die erste Wahl bin oder nicht: Tante Madalena hat eingesehen, dass sie mir die Unternehmensführung nicht aufbürden kann. Also sollte ich glücklich sein. Hm, ob Ihr der seid, mit dem ich die Ewigkeit verbringen möchte, weiß nur Satinav allein. Aber Travia weiß, dass ich es mir im Moment gut vorstellen kann und mein bestes gebe, um es umzusetzen." "Wenn eure Tante dies eingesehen hat... was war denn dann euer Ziel? Was wolltet ihr stattdessen machen?" Eine Familie gründen. Versteht mich nicht falsch, ich mag die Arbeit, aber gar nicht aus dem Büro zu kommen, nichts zu haben außer der Arbeit... Dann werde ich irgendwann eine biestige, alte Jungfer. Nicht, das ich Tante für so eine halte, aber nicht jeder ist dafür geschaffen. Ein Leben ohne einen Mann und eigene Kinder würde mich mit Sicherheit sehr verbittern. Nur eine Familie gründen? Mehr ist da nicht? Ich meine... das ist natürlich ein ehrenvolles Ziel, aber ich stelle es mir auch etwas aufreibend vor, sein ganzes Leben dann nur anderen zu widmen. Es braucht doch auch etwas fürs eigene Wohlgefühl. So wie bei mir das Segeln, bei meiner Schwester die Sternkunde oder bei meinem Bruder der Körperkult. Gibt es denn keinen Gedanken, der euch innerlich erfüllt?" "Ah, Ihr sprecht von der Freizeitgestaltung? Kinder sind ja insbesondere in den ersten Jahren ein Vollzeitjob, aber Segelreisen mit der ganzen Familie stelle ich mir sehr schön vor. Ansonsten würde ich gern wieder mehr wandern gehen, so meine Zeit es zulässt. In Efferdas natürlich gern an den Küsten entlang. Die Ruhe und Abgeschiedenheit, die Geräusche und Gerüche der See, Rufe der Möwen und der Wind in den Bäumen." Genießerisch schloss sie kurz die Augen, und ein Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus. Di 14:28 Er lächelte mit. "Das klingt in der Tat schön. Und wie ein kleines Abenteuer. Wahrscheinlich wären die entlegenen Villen im Ranfandelwald bei unserem Land bei Saliceria genau das richtige. Ein uriger, verwunschener Wald, der den Eindruck hinterlässt, als könne man Tage und Wochen darin verlieren, immer wieder kleine Häuschen mitten im Nirgendwo, die einem Abgeschiedenheit gewähren..." er kam ins Stocken. Moment... da war doch noch diese Villa Tranquilla seiner Mutter... "Anderseits... äh... auch nicht ungefährlich da... aber die kleinen Seen bei Toricum sind natürlich auch was Feines. Ihr habt Recht, die Coverna ist ein wunderbarer Platz zum Verweilen. Vielleicht wird euch das ja sogar noch zum Vorteil. Ihr kennt unsere Heimat schon, die anderen meistens nicht." Es klopfte erneut an der Tür. Die Stimme des jungen Vigo war zu hören. "Croënar! Das Wiesel fischt im Ziegenstall!" Der angehende Bräutigam sah auf seine Werberin. "Sieht so aus, als müsse ich auch schon wieder weiter, bevor mein Fehlen auffällt... habt ihr noch eine letzte Frage?" "Ja, eine noch: wir Bewerberinnen sind vermutlich die Ziegen, aber wer ist das Wiesel?" Er lachte. "Weder noch. Diese Losung ist nicht personenbezogen. Wäre auch wirklich dämlich, wenn, da mein Bruder ja davon ausgehen müsste, dass auch ihr das hier hören könntet." er stand auf. "Wohl denn, Cassiopeia, es hat mich gefreut. Nun muss ich aber los. Ich wünsche euch viel viel Glück für die nächsten beiden Tage." Sie erhob sich ebenfalls und geleitete ihn zur Tür. "Dämlichkeit wollte ich Euch nicht unterstellen, aber es freut mich, dass Ihr mit einem heiteren Gedanken hinausgeht. Ich wünsche Euch noch eine Gute Nacht und habt dank für den Wunsch." Als sie die Tür hinter ihm schloss, murmelte sie "Ich werde es wohl brauchen." Doch sie drängte die Sorgen um das kommende zurück, machte sich mit den glücklichen Gedanken an das Gespräch bettfertig und schlief nach einem kurzen Gebet alsbald ein. |
Klopf Klopf, Daria
Croënar hingegen sputete sich, um kurz im Casino sich an einen Stehtisch zu stellen und eine Ausgabe des Bosparanischen Blattes zu lesen. Kurz kam dort sein Vater an ihm vorbei, was er zu einem kurzen Smalltalk nutzte. Kaum, dass Esteban den Raum wieder verlassen hatte, spurtete er wieder aus dem Casino und begab sich in Lauerstellung. Als die Zeit passte, klopfte er an die nächste Tür, diesesmal die der Daria di Monte Fuori. Zwar hatte Daria eigentlich geplant, den Abend im Casino zu verbringen um Croënar eine Chance zu geben, ihr die Münze abzunehmen, aber das war ja nun nicht mehr nötig und so hatte sie sich gleich nach dem Essen in ihr Zimmer zurückgezogen. Schließlich stand der Termin der Premiere ihres Theaterstückes, im Gegensatz zu einem endgültigen Manuskript. In dem Moment, in dem Croënar an ihre Tür klopfte, war sie so vertieft in den großen Monolog ihres Antagonisten, dass sie es kaum mitbekam. „Ähm, ja herein… die Tür ist nicht verschlossen.“ Sagte sie nach einigen Augenblicken geistesabwesend. Croënar steckte seinen Kopf durch die Tür. "Störe ich?" "Croënar, nur ein bisschen?" sagte Daria mit verspieltem Tonfall. "Ich dachte ihr seid längst auf Paradisela, mit der Kandidatin eurer Wahl. Schließlich verlassen wir morgen Belhanka schon wieder und Senhora ya Pirras hat es selbst gesagt, es wäre eine Sünde an der Herrin Rahja dieses Geschenk verkommen zu lassen.... Oh, ihr seid doch nicht etwa gekommen, meine Begleitung zu erbeten." Daria zwinkerte schelmisch. "Sagen wir, ich habe dieses Angebot zur Familiensache erklärt." grinste er. "Nein, dieser Abend soll allen Brautwerberinnen gehören, daher habe ich mich mal davongestohlen und wollte einfach nach dem rechten Sehen. Ihr fühlt euch noch wohl?" "Ich habe keinen Grund mich zu beklagen, die letzten Tage waren ausgesprochen unterhaltsam. Familiensache, soso, da habt ihr euren Kopf ja gerade noch mal aus der Schlaufe gezogen. Es scheint mir keine sonderlich gute Wahl zwischen einer verärgerten Göttin und vier verärgerten Brautanwerberinnen zu entscheiden. Und wen habt ihr nun mit wem geschickt?" "Ich werde mich hüten und die Frage einfach so beantworten." lachte er. "Es stimmt schon, diese Wahl hätte mich vor Probleme gestellt, aber sagen wir einfach - die gefundene Lösung sollte alle zufrieden stellen. Aber schön zu hören, dass ihr euch wohl fühlt. Ihr scheint diese Prüfungsgeschichten eh recht unbeschwert anzugehen. Wie kommt es, dass euch dieser Erfolgsdruck scheinbar gar nicht beeinträchtigt?" Auch Daria lachte "Meine Frage nicht beantworten wollen und dann schnell eine Gegenfrage stellen um das Thema zu wechseln, wie geschickt, nun ja ich werde es schon noch herausbekommen. Und was eure Frage angeht, ich stehe seit ich laufen kann auf der Bühne, was wäre ich für eine Schauspielerin, wenn ich unter Druck nervös wirken würde. Außerdem..." Daria zögerte "... Ausserdem?" "Croënar, ihr scheint mir ein guter Mensch zu sein, recht stattlich und auf den ersten Blick sympathisch, aber seien wir ehrlich, ich kenne euch nicht und ihr kennt mich nicht und sollte ich dieses Spiel hier gewinnen, sollen wir, zwei völlig fremde, einander heiraten, dem Wohl unserer Familien wegen..." "Skurriler Gedanke, nicht wahr? Das ist letztendlich auch der Grund, warum ich mich hier hin gestohlen habe. Meine Eltern scheinen zwar der Meinung zu sein, dass es dem Protokoll nicht gut täte, würde man sich vorher etwas kennen lernen, aber die müssen das Leben danach ja nicht führen. Entsprechend dachte ich mir, man könne zumindest die kurze Zeit nutzen, um sich wenigstens ein wenig kennen zu lernen. Ganz ohne Prüfungen und der ganze Schmu." Daria lächelte. "Schön, dass ihr es auch so seht. Und wie wollt ihr das anstellen mit dem Kennenlernen am Bruchtei eines Abends?" "Keine Sorge, ich bin da realistisch, die wenige Zeit, die wir haben wird nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein darstellen. Aber alles besser als gar nichts. Wir können uns zumindest ein paar wenige Fragen um die Ohren werfen über Sachen, die uns im Moment interessieren. Sowas wie... naja... wie würde das hier ablaufen, wenn Ihr das Sagen hättet?" "Ich denke ein jeder sollte selbst über sein Schicksal entscheiden dürfen. Wenn es nach mir ginge, gäbe es wohl keine Prüfungen, aber da das wohl außer Frage steht, fände ich es nur fair, wenn auch wir Bewerberinnen euch Prüfungen stellen dürften. Terantina und ich haben unser Glück ja schon versucht, mit mittelmäßigem Erfolg." Daria zuckte mit den Schultern. "Aber was bringt es sich über vergossenen Wein zu grämen. Wie hat euch euer Geschenk gefallen?" "Das ... äh.... scheint... kaputt gegangen zu sein. Zumindest bekommen wir es nicht mehr auf..." Daria lachte. "Oh im Gegenteil, wenn es sich nicht öffnen lässt scheint es nun doch zu funktionieren!" "Das heißt, wir dürfen noch ein wenig daran tüfteln? Ich hätte den Inhalt der Schatulle wohl doch sorgsamer studieren sollen... und was euren Einwurf betrifft, ja, das wäre wohl nur gerecht gewesen, wenn man auch mich als geeigneten Ehemann hätte prüfen dürfen. Aber da ich ja priore verheiratet werden soll, dürfte auch das nicht in das Protokoll meiner Familie gepasst haben. Wie freiwillig seid ihr denn dieser Einladung nachgekommen? Auch eher Familiengesteuert oder aufgeschlossen?" Daria grinste. "Ich hätte Santino am liebsten in den Yaquir geworfen und meinen Großvater gleich hinterher." Croënar blickte lachend zur Decke. "Ohja, das kommt mir bekannt vor. Habt ihr euch wenigstens revanchieren können?" "Naja nach unserer Ankuft habe ich zumindest meinem Bruder eine schlaflose Nacht verschafft, aber ich muss auch zugeben, dass ich mir das genze hier schlimmer vorgestellt hatte. Gerade bin ich nicht wirklich aktiv auf Rache aus. Wie habt ihr die letzten Tage empfunden?" "Auch angenehm. Niemand der vorgestellten Damen scheint mir gänzlich unverträglich zu sein. Ich war vor diesen Tagen doch deutlich nervöser. Aber die Vorauswahl, die meine Eltern getroffen haben, schien doch schon mit Bedacht erfolgt sein. Von daher halten sich auch meine Rachegelüste in Grenzen. Zumal ich ja eh nie die Wahl hatte. Das wurde mir sehr früh beigebracht und diverse Einladungen meiner damaligen Begleiterinnen zu einer "Fischsuppe" meiner Mutter haben mir auch stets klar gemacht, dass es meine Eltern damit sehr ernst meinen. "Und ihr habt euch nie dagegen zur Wehr gesetzt? Keine romantischen Eskapaden, keine öffentlichen Szenen?" Ach... natürlich. Auch ich war einmal fünfzehn Jahre alt. Aber ich denke, im Großen und Ganzen bin ich doch eher Eskapadenfrei geblieben. Das wurde mir ebenso |
eingepflanzt. Die großen Skandale machten immer andere, sei es Dartan oder Phelippa. Und auch Simona war so ein Fall für sich. Aber naja... bei mir hieß es immer "du übernimmst mal die Familie" oder "du wirst mal Senator" und solche Geschichten. Gebetsmühlenartig. Da bleibt eben was hängen. Aber ich lebe auch nicht schlecht. Ich bin bei leibe kein Mensch, der die Langeweile sucht."
"Davon gibt es auch schon genug." Lachte Daria. "Und was tut ihr normalerweise gegen Langeweile?" "Einiges. Ich verbringe sehr viel Zeit mit Segeln, das ist durchaus eine kleine Kunstform. Dann bin ich wie jeder in Efferdas natürlich ein begeisterter Anhänger des Delphinoccos. Hier und da helfe ich auch den Mannschaften unserer Kriegsschiffe bei ihren Alltagsaufgaben. Das kann auch schon mal ganz Zeitfüllend sein. Das mag jetzt nicht wie die große Theaterbühne klingen, nicht so extravagant, aber auch aus dem Alltag Efferdas kann man schöne Abende raus holen.“ "Oh ihr wärt überrascht, wie profan der Theateralltag sein kann, wirkliche Extravaganz findet man meist nur in den Logen. Aber ich will nicht verhehlen, dass ich die Bühne liebe. Ein gutes Stück zu spielen hat etwas wahrhaftiges, obwohl oder vielleicht gerade weil es nur Spiel ist, ist es in vielerlei Hinsicht ehrlicher als der Umgang den man sonst häufig, und gerade in unseren Kreisen, miteinander pflegt... Ich schweife ab verzeiht. Wie sähe denn der perfekte Abend in Efferdas eurer Meinung nach aus?" "Der Perfekte Abend in Efferdas..." er geriet ins Grübeln. "... das ist schwer zu definieren, da Efferdas so vielseitig ist. Er bietet viele Möglichkeiten und alle sind sie auf ihre Art und Weise perfekt. es gibt Punkte zum Genießen. Zum Beispiel der Wasserfall, das ist ein Ort zum Innehalten, bei dem man sehr viel Zeit verlieren kann. Versteht man die Unterhaltung als möglichkeit zur Perfektion ist ein Abend am Parveneum, dem Theater mit ihrer besonderen Beleuchtung und ihren oft phantasmorgischen Vorführungen oftmals perfekt. Die engen Gassen Neoleas sind meist sehr lebendig und wer auf Geselligkeit steht und seine Brieftasche verteidigen kann, wird bei den Zyklopäern schnell glücklich. Oder wenn nach dem erfolgreichen Alrik-Binder-Pokal die Stadtbewohner ihre Spieler jubelnd und jauchzend durch ihre Gassen tragen. Ab und an gewinnt auch mal die Residencia, das ist dann schon ein perfektes Fest. Aber es hat auch etwas, wenn sich die Leute durch die engen, steilen Gassen von St. Parvenus tummeln. Dann ist wirklich Leben in der Bude. Aber auch wenn die Flauta über die Stadt herein bricht und alles auf einmal nur noch wie in Zeitlupe zu leben scheint, ist das manchmal ein sehr erhebender Moment... habt ihr euch denn schon ein wenig mit Efferdas befasst? Immerhin besteht ja eine Chance von eins zu fünf, dass ihr die Stadt etwas besser kennen lernen könnt?" "Ihr meint mein Leben dort verbringen. Viel mehr, als die Eindrücke zwischen der Zeit meiner Ankunft und unserer Abfahrt mit der Verführerin der Rosen kann ich leider nicht vorweisen. Zudem wusste ich ja auch bis kurz vor meiner Abreise in Unterfels noch nichts von meinem Glück. Aber der kurze Einblick, war durchaus positiv." "Ach herje, man hat euch nicht mal wirklich eine Vorbereitungszeit gelassen? Das tut mir jetzt leid. Zu Efferdas gibt es zumindest einen sehr treffenden Satz. "Wir sind hier nicht die größten, die vermögendsten, die schönsten oder die besten. Aber Efferdas ist einzigartig. Für den das nichts Besonderes ist, für den bleibt immer noch Urbasi." "Höre ich da einen Hauch Rivalität heraus?" "Zwischen Urbasi und Efferdas? Rivalität ist noch nett umschrieben. Die beiden Städte haben durchaus ihre gemeinsame Geschichte seit der Republiksgründung und gerade die Ländereien den Sikram entlang sind schon Schauplatz einiger Rivalitäten gewesen. Ihr könnt ja mal Migaele di Onerdi fragen, der hat da durchaus einiges am eigenen Leib erleben dürfen. Wir nehmen das zwar nicht allzu persönlich... was man ja auch daran sieht, dass mit Mirinia di Bassalo auch hier eine Urbasierin anwesend ist. Zudem ist meine Schwester mit einem Urbasier verheiratet. Aber dennoch, so schnell vergisst man das auch nicht." "Nun, was wäre das Leben auch ohne ein wenig Rivalität. Aber nunja, wisst ihr schon was ihr tut, wenn das alles hier vorbei ist?" Ihr meint, wenn die Brautschau vorüber ist?“ "Genau" Wieder grinste er. "Na was wohl. Flitterwochen. Ich werde mir Zeit nehmen, meine neue Ehefrau richtig kennen zu lernen. Ich hatte zumindest nicht vor, danach dem Mätressentum zu verfallen." "Dann hätte sich die ganze Mühe hier ja auch nicht wirklich gelohnt." Lachte Daria. Dann fragte sie mit gespielter Unschuld. "Und wer wäre momentan eure Favoritin für die Flitterwochen." Sie beobachtete Croënar mit wachen Augen. Croënar lachte auf. "Netter versuch." Daria gab sich enttäuscht "Alle spannenden Fragen wollt ihr nicht beantworten. " "Tja, ihr versucht einen angehenden Senator zu heiraten. Das "plappern" geziemt sich da nicht. Aber ich kann euch verraten, dass, solltet ihr die Eine aus fünfen sein ich - sofern ich dieses Gespräch nun beurteilen kann - kein enttäuschter Efferdasi wäre. Tröstet euch dies?" "Missmut mit Schmeicheleien abwenden. Ihr werdet sicherlich einen ausgezeichneten Senator abgeben. Oh und seid gewarnt, sollte ich die eine sein, werdet ihr merken, dass es nicht einfach ist, Geheimnisse mir gegenüber zu bewahren." "Das muss ich dann ja auch nicht mehr." zwinkerte er ihr zu. Von der Tür machte sich ein Klopfen bemerkbar. "Pssst, die Wale kreisen über den Wasserfall..." hörte man eine Stimme hinter der Tür. "Das ist mein Signal, ich muss schon wieder weiter. Ich hoffe, diese Unterhaltung hat das Interesse an Efferdas noch aufrecht halten können. Habt ihr noch eine letzte Frage?" "Oh sicherlich, es hat mich sehr gefreut endlich mal unter vier Augen mit euch zu sprechen. Im Moment habe ich keine Fragen mehr, aber sagt mir Bescheid, wenn ihr das Kästchen öffnen konnten." Daria zwinkerte "Viel Spaß bei der Konkurrenz. " "Da haben wir morgen viel Zeit führ, die nächste Prüfung ist erst am zweiten Tag auf hoher See angesagt, damit sich alle an die Hochsee gewöhnen können. Ich freue mich drauf. Dann auch euch noch viel Erfolg." Er nickte und verließ ihr Zimmer. Er hatte einen engen Zeitplan und musste sich sputen, um so zufällig im Empfangsbereich seiner Mutter über den Weg zu laufen." |
Klopf, Klopf, Mirinia
Auch kurze Zeit später war sein Terminplan nebst Spionagenetz immer noch Lupenrein. So konnte er erfolgreich an der nächsten Tür klopfen, dieses Mal die der Mirinia di Bassalo. Mirinia war gerade dabei ihren Schmuck abzulegen als es an der Tür ihres Zimmers klopfte. 'Nanu, wer möchte denn zu so später Stunde etwas von mir?' Sie schritt zur Tür und öffnete. "Oh, Signore Croenar!" Sie schaute ihn überrascht und fragend an. "Ich hoffe, ich störe nicht. Ich habe mal eine freie Minute genutzt und wollte einfach mal fragen, wie das Wohlbefinden ist." Sie zog erstaunt eine Augenbraue hoch. "Ich hätte nicht erwartet das so etwas zu so später Stunde im Protokoll vorgesehen ist?" "Gemäß Protokoll sitze ich jetzt wahrscheinlich irgendwo auf meinem Zimmer und bete zu den Göttern um eine gute Schiffsfahrt sowie ein wohlmundendes Frühstück. Mit verlaub, ich habe für heute genug Protokoll hinter mir. Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, wenn ihr auch viel Wert auf das Protokoll legt, bin ich natürlich nie hier gewesen..." Seine schnippische Antwort brachte sie zum Schmunzeln und ihr wurde bewusst, dass sie immer noch im Flur herumstanden, wo jederzeit jemand vorbeikommen könnte um ihr Gespräch zu belauschen. "Nun, sagen wir so, ich hatte nicht erwartet dass Ihr euch gegen des Protokoll euer Mutter auflehnen würdet. Aber vielleicht wollt ihr hereinkommen und wir setzen unser Gespräch dort fort?" Sie öffnete ihm die Tür und trat wieder in ihr Zimmer. "Sehr gerne... danke..." er trat ein. "Und ich erlaube mir manchmal, ein erwachsener Mann zu sein. Meine Mutter wird sicher irgendwie hiervon erfahren, aber was will sie machen? Ich bin ja keine zwölf mehr. Wirkt sie denn so gefährlich?" "Gefährlich würde ich nicht gerade sagen, aber durchsetzungsstark und respekteinflößend trifft es wohl. Aber ich habe keine Angst vor ihr, wenn ihr das meint. Auch wenn das wohl viele hier für klüger halten würden." Sie ging durch den Raum und ließ sich auf ihrer Bettkante nieder, Croenar wies sie mit einer Hand auf dem einzigen Stuhl platz zu nehmen. "Da ihr euch nach meinem Wohlbefinden erkundigt habt, ich kann euch beruhigen es sind alle sehr freundlich und ich würde sagen, dass ich diese Reise durchaus genießen kann. Dass mein potenzieller Ehemann offenbar auch Interesse an dem persönlichen Ergehen seiner Brautbewerberinnen hat ist auch ein gutes Zeichen." "Es hätte mich in der Tat deutlich schlimmer treffen können." lächelte er und nahm platz. "Freut mich auch zu hören, dass es euch gut geht. Es war mir doch ein Anliegen, mal außerhalb dieses Protokolls nach dem Rechten zu sehen. So ist man dann nicht mehr ganz so ein Fremder." "Bei einer so das Leben verändernden Entscheidung will man es ja nun auch nicht mit Fremden zu tun haben. Ich muss sagen, es beruhigt mich, dass es außer mir noch jemandem so geht. Also habt ihr eine bestimmte Frage an mich?" "Eine bestimmte nun nicht. Ich bin jetzt nicht hin gegangen und habe mir einen Fragekatalog überlegt. Im Grunde muss man ja auch erst einmal gucken, ob man sich so außerhalb des Protokolls überhaupt etwas zu sagen hat. Kennt ihr diese... anonyme Stille? Wenn man sich gegenüber steht und sich eigentlich gar nichts sagen will, obwohl man sollte? Ich glaube, hätte ich mir jetzt einen Fragekatalog gemacht, wäre es irgendwann dazu gekommen, einfach weil mir die Fragen dann ausgegangen wären. Die Frage "wie geht es euch" ist dahingehend schon ein ganz guter Einstieg. Aber die ist ja nun beantwortet." lächelte er. "Dann hat euch die Familie di Camaro also noch nicht in Gänze abgeschreckt." "Nein das hat sie auf jeden Fall nicht getan ", lächelte sie zurück. "Aber dann kann ich jetzt vielleicht ein paar Fragen stellen, die mir unter den Nägeln brennen. Sagt, wäre es für euch in Ordnung, wenn eure Ehefrau neben den familiären Aufgaben auch einer eigenen Tätigkeit gewerblicher Natur nachgehen würde? Ihr wisst ja, dass ich als Silberschmiedin tätig bin, und dieses Handwerk liegt mir sehr am Herzen." "Ich hoffe sogar darauf. Meine Vorstellung einer Ehe war nicht die, dass ich dann mein Leben führe und die Frau nur noch zuhause auf mich wartet. Ich nehme schon irreparablen Einfluss auf das Liebesleben dieser Person, da muss ich nicht auch noch die Berufung vereinnahmen. Es könnte nur sein, dass ihr in Efferdas sehr wenig Silber vorfindet. Die Coverna selbst hat außer Lehm kaum Bodenschätze, unsere Erze lassen wir uns über die Familie Khalides über die Zyklopeninseln kommen. Silber ist da selten dabei. Das ist ja dann doch eher eine Urbasische Spezialität." lächelte er. Seine Antwort entlockte ihr ein erleichtertes Lachen. Zumindest in dieser Sicht brauchte sie sich wohl keine Sorgen zu machen. Auf seine anderen Einwände erwidert sie "Die Mengen die ich an Silber für meine Arbeit benötige werden uns sicher nicht vor ein Problem stellen, sollte es soweit kommen. Außerdem ist mein Cousin im Moment dabei unsere Handelbeziehungen nach Efferdas etwas zu erweitern." Sie legte den Kopf schief und betrachtete ihn. "Aber sagt, was füllt denn eure Tage in Efferdas?" "Da gibt es vieles. Die Stadt ist doch schon sehr wandelbar. Es geht ein wenig nach dem Wind. Kommt er von Süd, dann weht der Duft der Bäcker Neoleas bis zur Residencia. Dann kommt man schnell auf den Gedanken, sich dort unter das Alltagsleben der Zyklopäer zu mischen. Die haben immer ein kleines Festchen irgendwo und feiern ihr leben, dort bin ich dann sehr gerne. Kommt der Wind aus dem Norden, weht er den herben Geruch des Gerberviertels zu uns hinüber. Dann gehe ich meistens auf meinem kleinen Segelboot auf die Reise. Weht kein Wind und es nicht gerade Flauta gehe ich auch gerne mal dem Delphinocco nach. Wobei ich eher lausig bin, vergleicht man das mit den Spielern, die um den Alrik-Binder-Pokal buhlen. Aber ich bin ein ganz passabler Paixador, wenn ich und mein Bruder zeit haben, geht es dann auch mal ins Wasser." "Ich habe bis jetzt nur ein Paar Tage vor unserer Reise in Efferdas verbracht, und dass es eine ganz eigene Dynamik hat ist mir dort bereits aufgefallen. Aber ich hatte bisher zu wenig Zeit um die Stadt wirklich kennen zu lernen. Aber zumindest bei den großen Wasserfällen bin ich gewesen und sie haben mich sehr beeindruckt. An einem Ort wie diesem kann man nicht anders als Efferds Macht zu huldigen.... was mich auf die nächsten Tage bringt. Ich bin noch nie zur Hochsee gefahren, und auch das wird sicherlich eine eindrückliche Erfahrung. Ich bin sehr gespannt was uns erwartet, und jetzt schon Dankbar, dass ich im Gegensatz zu meinem Vater einen widerstandsfähigen Magen besitze!" fügte sie mit einem fast schon frechen Grinsen hinzu. "Der Wasserfall ist sogar von beiden Seiten imposant, also auch darunter. Dort befindet sich der Efferdsgarten, welcher vom Tempel gepflegt wird. Da unser Cousin der Tempelvorsteher ist, dürfen wir Camaros dort sogar hin, das ist sonst nur den Geweihten erlaubt. Da der Wasserfall ja aus Süßwasser besteht, sind dort am Wasserrand genau wie im Wasser selbst Wasserpflanzen aller Art angebracht worden, Richtung Wasserfall die Süßwasserpflanzen, Richtung Auslauf dann die Salzwasserpflanzen. Ein spannender Anblick. Weiter im Wasser soll es sogar Perlenaustern geben. Doch diese gelten als dem Efferd heilig, die dürften nicht mal wir aus dem Wasser nehmen. Und um die Hochsee macht euch mal keine Gedanken. Wenn das Wetter so bleibt wie gestern wird das eine sehr ruhige Fahrt. Wenn Nebel aufkommt. Dann darf man davon ausgehen, dass sich das Wetter ändert. Danach sah es bisher ja nicht aus." "Gut, dann hoffe ich morgen nicht durch Nebel zurück an Bord zu gehen." Sie blickte aus dem Fenster in die Dunkelheit. "Ich hätte noch eine Frage... ich hoffe ihr haltet mich danach nicht für ein unwissende Landratte." Ein kleines Lächeln erschien wieder auf ihren Lippen. "Ich habe schon so viel von Efferds Geschöpfen, den Delphinen gelesen, ich finde, es sind wunderschöne und majestätische Tiere, auch wenn ich bisher nur Zeichnungen bewundern durfte. Aber stimmt es, dass sie beizeiten Schiffbrüchige vor dem Ertrinken retten und ans sichere Ufer geleiten? In |
den Heiligengeschichten wird natürlich davon berichtet, aber habt ihr schon mal jemanden kennengelernt dem das wiederfahren ist? Also einem einfachen Menschen, keinem Geweihten oder so?" Sie hielt inne und wurde etwas rot. "Denkt ihr, wir werden welche zu Gesicht bekommen auf unserer Reise?"
Er grübelte. "Hm. Also persönlich kenne ich jetzt niemanden, der in letzter Zeit von einem Delphin gerettet worden wäre. Aber auch ich kenne Geschichten. Sie sind in der Tat Boten und Helfer des Herren Efferd und wenn Ihre Geweihten ihre Hilfe erflehen, dann sollen diese tatsächlich auch in Form von Delphinen erscheinen. Da gibt es den Schirmer der Flut aus Shenilo, welcher beim Untergang dieses Logenschiffes auf dem Yaquir vor einigen Jahren auf diese Art und Weise einige Leute vor dem Ertrinken gerettet haben soll. Am eigenen Leib habe ich dies aber noch nicht erfahren. Und so sehr ich die kleinen Tummler auch schätze, bin ich auch nicht unglücklich drüber. Auf eine Nah-Ertrinken-Tod-Erfahrung kann ich gut verzichten. Ob wir sie nun auf hoher See sehen werden... ich würde das nicht ausschließen. Sie gelten als Bote des Glücks zu hoher See. Wohlmöglich braucht es dazu einige Gebete an den Herren Efferd. Oder den Herren Phex, je, wie man es nehmen möchte." "Oh natürlich wünsche ich niemandem überhaupt in solch eine schreckliche Situation zu kommen, euch am allerwenigsten. Aber ich denke der Gedanke gibt schon Hoffnung für die Seelen, die sich in Efferds Reich begeben, da es schließlich immer wieder zu Schiffbrüchen kommt. Ich hoffe doch sehr, dass wir uns nicht seiner Gnade auf diese Weise anempfehlen müssen. Ich werde es auf jeden Fall in meine Gebete einschließen. Und wenn Efferd und Phex uns gnädig sind, wird mir vielleicht ein Blick auf diese faszinierenden Wesen gewährt, auch ohne Schiffbruch." "Die Gründungsgeschichte von Efferdas beruft sich auf genau solch einen Schiffbrüchigen. Von daher glaubt mir, ihr seid mit dieser Hoffnung irgendwo willkommener als unter Efferdasi. Wobei da die Geschichte mit dem Delphin etwas anders ablief..." "Tatsächlich? Die Geschichte würde ich gerne hören, aber das würde uns wahrscheinlich die halbe Nacht wach halten, oder? "Irgendwann wird uns ein Knopfsignal über das Ende dieser Unterhaltung informieren, das stimmt. Die Kurzgeschichte sieht so aus, dass die Schiffsbesatzung, auf der sich St. Parvenus befand auf Hoher See in eine unglaubliche Flaute bewegte und die Lebensmittel aufgebraucht wurden. Sie fischten also im Meer und fischten so einen Delphin. Und in ihrem großen Hunger aßen sie ihn. Parvenus war der einzige, der sich weigerte. Und als Efferd dann die Mannschaft des Schiffes mit einem Sturm strafte und das Schiff sank, war Parvenus der einzige, der an Land gespült wurde. Die komplette Geschichte wäre wirklich etwas lang. Ich hoffe, eh, dass meine ganzen Geschichten diese Stadt nicht auf ein zu hohes Ross stellt. Ich meine, in Urbasi wird es das ja auch alles geben. Also bis auf Delphine vielleicht." "Ich bin mir sicher es ist den Göttern gefällig, dass ihr eure Stadt und Heimat so liebt. Und ihr habt Recht, Urbasi hat auch seine Geschichten und seine Vorzüge, auch wenn wir keine Delfine haben. Unser Esel mag uns zwar manchen Spott einbringen, aber vielleicht werde ich ja die Gelegenheit haben euch dazu eine Geschichte zu erzählen." Sie zwinkerte ihm zu." Gibt es denn sonst etwas, das ihr gerne wissen möchtet, bevor ihr mich wieder verlasst? Schließlich habt ihr noch kaum eine Frage an mich gerichtet." "Natürlich habe ich so einige Fragen. Ich hatte zwar auch die Frage im Bauch, ob ihr euch vorstellen könntet, in Efferdas glücklich zu werden. Immerhin ist Urbasi doch eine eher dem Herren Ingerimm gefällige Stadt, während Efferdas da wohl ein klarer Widerspruch sein dürfte. Da ich euch für sehr Götterfürchtig einschätze, machte ich mir da durchaus meine Gedanken darüber. Aber ich glaube, das muss ich gar nicht. Aber was mich interessieren würde... seid ihr darauf vorbereitet worden, irgendwann von eurer Familie verheiratet zu werden? Oder musste man euch erst mit dem Holzhammer überzeugen?" "Mir war immer bewusst, einmal möglichst gut verheiratet zu werden, das hat mein Vater schon mein Leben lang klar gemacht. Also war ich nicht überrascht, nein. Aber ich muss sagen, diese Brautschau bietet mir eine deutlich bessere Möglichkeit als einfach verlobt worden zu sein und damit vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden. Hier kann ich zwar letztlich nicht den Ausgang bestimmen, aber wenn ihr mir überhaupt nicht zusagen würdet, hätte ich ja zumindest die Möglichkeit gehabt auszusteigen. Allein diese Wahl zu haben ist ja schon etwas wert. Und das ist bei euch sicher nicht anders, oder? Wenn euch eine Kandidatin überhaupt nicht zusagen würde, und ihr das der Jury mitteiltet, würden sie diese Frau sicher nicht auswählen, richtig?" „Ich hätte es nicht offen sagen können. Das hätte einen viel zu großen Ehrverlust für die Familie bedeutet und uns eine satte Fehde ins Haus flattern lassen. Aber sagen wir, ich bin nicht ganz waffenlos." für einen kurzem Moment dachte er an Terantina und Dartan. Sie würden wahrscheinlich gerade im Moment Darias Bosparanjer ausprobieren. Und er wünschte ihnen viel Vergnügen dabei. "Dennoch, ich muss meinen Eltern für eine gute Wahl danken. Das hätte auch ganz anders ausgehen können. Ich bin zwar auch nicht traurig, dass es nun solch eine offene Brautschau geworden ist, wie ihr schon sagt, man hätte mir auch einfach jemanden vor die Nase setzen können. Und so sehr ich darauf vorbereitet worden bin, ein wenig Rebell dürfte wahrscheinlich in allen von uns stecken. Doch ihr könnt mir glauben, wirklich beruhigend sind doch eher Gespräche wie diese hier. Keine Stille..." Erst als er das betonte, fiel ihr auf wie lange sie sich jetzt angeregt unterhalten hatten. Nachdem das Gespräch etwas holperig begonnen hatte, war das doch eine wünschenswerte Entwickelung gewesen. "Es freut mich das zu hören. Und ich möchte mich dafür bedanken, das ihr dieses Gespräch möglich gemacht habt Croenar." Er winkte ab. "es war mir genauso wichtig wie nun euch. Aber wie gesagt, wenn jemand fragt... ich war natürlich niemals hier..." in diesem Moment gab es auch schon das erwartete Klopfzeichen. "Croënar! Der Igel piekst die Miesmuschel." "Dann... werde ich wohl schläunigst aufbrechen müssen.... habt ihr noch eine Frage, Mirinia?" "Ja die hätte ich: Werden wir im Verlauf unserer Reise noch einmal Gelegenheit zu solch einem Gespräch bekommen?" "Wir werden die nächsten beiden Tage auf einem kleinen Boot verbringen. Ich befürchte, so schnell wird die Gelegenheit nicht mehr kommen. Sofern ihr also nicht auch irgendann heute nacht das Protokoll umgehen wollt, wird das schwer. Oder meint ihr Generell? Dann sei gesagt, dass meine Tür euch immer offen stehen wird." lächelte er. "Das ist das mindeste, wenn wir euch schon eine solche Schau zumuten müssen." "Gut, das muss mir wohl fürs Erste reichen und nach den zwei Tagen an Bord wird sich vielleicht noch eine Gelegenheit biete. Wie es scheint ist die Phex-Prüfung also nicht ganz abgeschlossen. Möge Boron über eueren Schlaf wachen, auf dass ihr morgen gestärkt in die Reise starten könnt.“ "Zumindest nicht für mich, stimmt." grinste er. "Euch dann ebenfalls noch eine angenehme Nacht." Damit verschwand er auch schon durch die Tür, wieder ins Casino, wo er kurz danach Alrik Binder zu einem Getränk einlud. Kaum war auch Binder vertrieben, wagte er sich noch einmal in die Flure. Es war nun inzwischen doch schon spät geworden, hoffentlich war er inzwischen nicht so weit, die Personen schon zu wecken. Aber einen Versuch wollte er noch wagen und besuchte so Corradas Zimmer. Bevor er klopfte, lauschte er noch einmal an der Tür. Wenn von darin kein Geräusch mehr zu vernehmen war oder gar ein Schnarchen, wäre ein Klopfen nun mehr als unangebracht... |
Lausch, lausch, Corrada
... doch Corrada ya Papilio schlief allein, mit sanftem Schnarchen, den satten, zufriedenen Schlaf der Gerechten.
Ein unmoralisches Angebot
Etwa zur selben Zeit fand Dartan Terantina ya Pirras im Casino vor. Er wartete ab, bis diese sich an einen Ausschank begeben hatte, um dort ein Getränk zu sich zu nehmen. Dann gesellte er sich dazu, die Haare frisch gekämmt, wohlduftend und in einem sehr dünnen, ja fast durchscheinenden Hemd mit kurzen Ärmeln gekleidet, darüber eine ärmellose Weste mit Rosenornamentik. Dazu legte er sein verführerischstes Lächeln auf. „Senhora Terantina, wie ich sehe, konntet ihr euch noch nicht zum Schlafen durchringen? Darf ich euch etwas Gesellschaft leisten?“ „Natürlich, gerne doch. Ihr könnt mir gerne etwas Gesellschaft leisten. Und ja, ich gebe dieser Nacht durchaus noch die Chance, eine ganz besondere zu werden.“ „Wegen der Gondel, nicht wahr? Ich muss sagen, mit diesem Präsent habt ihr bei allen ordentlich Eindruck hinterlassen. Eine Flussfahrt nach Paradisela bei Nacht… phantastisch. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass dies eine ganz besondere, romantische Atmosphäre schafft. Ihr beweist Geschmack. Es ist ein Drama, dass wir schon morgen früh los müssen.“ „Nun, euer Bruder wird ja wohl kaum jetzt schon ins Bett gehen, die Nacht ist doch noch jung.“ „Das sicher nicht, aber gestehe, ich glaube nicht, dass er heute schon auf das Angebot eingehen wird. Er hat ja im Grunde auch Gastgeberpflichten. Würde er sich jetzt für eine Dame entscheiden, hätte er zwar eine Herzensdame, aber gleich vier Fehdehandschuhe. Wie könnte er nur so viele Menschen auf einmal brüskieren. Nein, ich würde mich schon sehr wundern, wenn er heute noch nach Paradisela reist.“ „Ach… Vielleicht ist er ja ein Rebell? Ich gebe die Hoffnung noch nicht auf.“ „Na, den Rebellen nennen sie doch eher mich. Croënars Leben war stets das der Verpflichtungen, meins das der Freiheiten. Wie gesagt, ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass er heute noch nach Paradisela reist… ohne euch nun zu sehr enttäuschen zu wollen. Ihr habt euch sicher schon auf diese Gondelfahrt gefreut… wobei… wenn ihr etwas flexibel seid, vielleicht könnt ihr dieser Freude ja noch nachgehen?“ „Was meint ihr?“ Dartan nestelte an sich herum und zog eine rote Rose aus seiner Westentasche. „Nun, auch ich habe hier ein sehr belhankanisches Geschenk für euch, ich kenne zufällig eine Gondel, die heute Nacht herrenlos sein wird, kenne zudem einen guten Gondolliere und bin im Besitz eines echten 1032er Bosparanjer aus Königslage. Vielleicht habt ihr ja Interesse, mitzukommen. Wir stehlen uns heimlich davon, damit niemand etwas merkt und wir verhindern einen schlimmen Götterfrevel. Was haltet ihr von der Idee?“ Dartan setzte sein verführerischstes Gesicht auf. Terantina schaute ihren so unverhofften Galan schmollend an, dann lachte sie. "So rebellisch, dass Ihr einer Aspirantin Eures Bruders ohne sein Wissen ein so unverhohlen rahjanisches Angebot machtet, seid Ihr nicht, mein lieber Dartan. Auch wenn es göttinnengefällig wäre." Sie kam sehr nah an ihn heran, strich ihre Haare zurück, die sie seit der Schiffsreise zumeist offen trug, (was er anziehender fand wie auch ihr wesentlich dezenteres Puder, verglichen mit ihrem Erscheinungsbild noch in Efferdas) und roch an ihm. "Hmmm", schmollte sie erneut und zog ihre Stirn kraus, "aber ihr meint es wahrhaft ernst: Ein teurer Bosparanier, ein gleichwohl passend wie geschmackvoll gewähltes Gewand, ein Duftwasser aus einer der besten Parfümerien der Stadt. Aus Eurer Sicht und der Eures Bruders vielleicht eine Art Rache für mein Geschenk, welches Ihr einfach mit Eurem Bruder zusammen hättet genießen können. Ihr solltet doch wissen, dass auf Paradisela nicht nur körperliche sondern auch geistige Genüsse warten." Nach einer kurzen Pause schien ihr ein neuer Gedanke zu kommen. "Oder aber ist dies eine Prüfung, ob ich auch die traviagefälligen Tugenden schätze", fuhr sie fort und rückte von ihm ab. Einen Lidschlag lang sah sie wahrhaft bestürzt aus, bevor sie wieder lachte. "Ich kann Euch wahrlich versichern nein! Auch bin ich fürchterlich nachtragend, insbesondere wenn verweigert wird, was ich großzügig anbiete." Ihre heitere Miene strafte das Gesagte Lügen. "Aber gut, Phex war der Patron dieser Tage nach dem Willen Eures Hauses. Gern will ich also einwilligen, doch wir stehlen ganz im Sinne Phexens das Geschenk Eures Brudes und fahren gen Rahjas Garten. Ihr stehlt Eurem Bruder eine Aspirantin und ich stehle" -sie strich mit dem Finger über seine Wange- "ihm seinen Bruder." Sie rückte wieder näher an ihn heran. "Wenn ihr einverstanden seid, besiegelt es mit einem Kuss!" Dartan grinste. Auch wenn sie schonungslos sofort erkannte, was hier für ein Spiel gespielt wurde, war das erreichen seines Zieles einfacher als er es sich gedacht hatte. Terantina machte sein Spiel einfach mit. Irgendwie imponierte ihm Terantina. Tatsächlich schien man sich in ihr sehr getäuscht zu haben. Diese Frau nahm nicht nur sich selbst war, sie nahm ihr Umfeld sehr wohl ebenso wahr und wusste mit großem Talent damit zu spielen. Für ihn aber auch ein Zeichen aufzupassen, was er als nächstes zu tun hatte. "Das klingt nach phexischen Prüfung, wie sie genau nach meinem Geschmack ist." lächelte er und akzeptierte das Angebot eines Kusses ohne große Umschweife. "Und keine Sorge, mein Glauben an die Göttin Rahja ist viel zu groß, als dass ich mich für eine Prüfung travianischer Tugenden einspannen lassen würde. Es hat einen Grund, warum meine Eltern solche Spielchen wie die mit meinem Bruder nicht mit mir veranstalten. Und wenn ihr schon Theorien äußert, wie es sein kann, dass ich ein solches Bronjarenstück wagen kann, euch als Brautwerberin meines Bruders in die Nacht Paradiselas zu entführen, so vergesst nicht, dass ich vielleicht der Einzige hier bin, der eure offensichtliches Talent erkennt und zu schätzen weiß. Und gerade dann wäre ein Aufenthalt in Belhanka doch geradezu verschwendet, würde man ihn nicht entsprechend seiner Qualitäten nutzen." Er stand auf, gab Terantina seine Hand und führte sie so von ihrem Hocker. "Wohlan, dann wollen wir uns doch einmal an diese Mutprobe der besonderen Art heran wagen. Wie sagte schon Callistus ya Malachis so schön: "Mut steht am Anfang des Handelns, Glück am Ende." Er ließ ihre Hand los. "Ich würde vorschlagen, ich gehe zuerst zur Gondel und ihr kommt in zwei Minuten nach? Man sollte in diesem Casino voller Leute unsere Versuche der Heimlichkeit vielleicht besser nicht gleich zu Beginn ad absurdum führen." Er zwinkerte und ging zwei Schritte Rückwärts, ihre Augen dabei stets fixierend. Als Terantina kurze Zeit später an der Gondel angekommen war, hatte sich Dartan bereits in Position gebracht. Er stand in der Gondel, statt Hemd und Weste zierte nur noch ein Handtuch seinen freien, muskulösen Oberkörper. In seinen Händen hatte er den Stab, mit der er die Gondel antreiben würde. Es war fast dunkel, er hatte die einzige Lampe direkt vor sich gestellt, sodass sie ihn von unten anstrahlte und einige geheimnisvolle Schatten auf ihn warf. In der Gondel selbst war zudem ein kleines Tischlein, die Flasche Bosparanjer und zwei Gläser aufgestellt. Die Flasche war tatsächlich exquisit und Dartan war froh, sie kurzfristig hier im Casino aufgetrieben zu haben. Genaugenommen stand sie einfach herrenlos da rum und war mit einer kleinen Schleife versehen. Wahrscheinlich eins der vielen Präsente, die seine Familie im verlaufe des Abends erhalten hatte. Die genaue Herkunft kannte er nicht und ebenso blühte in ihm nicht der Hauch einer Ahnung, dass es sich um ein Geschenk der Daria di Monte Fuori handelte. Aber es kümmerte ihn auch nicht. Für diesen Anlass war sie mehr als gut. "Bereit für die Bugenhogschen Bäder? Dann steigt ein." Dartan legte sich mächtig ins Zeug, das musste man ihm lassen. Ganz sicher war ihm bewusst, dass das Spiel seiner Muskeln unter der zunehmend schweißglänzenden Haut ein durchaus ästhetischer Anblick war, der durch das Licht der Laterne noch verstärkt wurde. Gegen den sternenübersäten Himmel wirkte seine Statur noch größer und viriler. Mein Levthan, lächelte Terantina in sich hinein, er würde wahrlich ein Bad brauchen, vielleicht sogar ein heilsames Dampfbad für seine verkrampften Muskel. Denn sicher lenkte er die Gondel sicher und geschickt, würdig Spross einer Familie zu sein, die von der Seefahrt lebte, gegen die Strömung des Sikram. Doch ganz sicher war dies nicht etwas, was er tagtäglich ausübte. Er hatte also Ansporn verdient und so fraß sie ihn mit Blicken genüßlich auf, auch wenn sie sich fragte, ob er das Tuch, welches er um die Lenden trug, wenn es ins Rutschen käme, zu sichern trachten würde oder in seiner gesamten männlichen Pracht an den Goldeln anderer Nachtschwärmer vorbeistaken würde. Sie verbiss es sich ebenso, auch nur kurz einmal an dem Tuch zu ziehen wie sich ein Glas Bosparanier einzuschenken und ihm zuzuprosten. Endlich, der Anleger kam näher. Im Stillen begann Dartan die Gondolieri, welche mit dieser Plackerei tagein tagaus ihr Brot verdienten, zu bewundern. Immerhin war ihm warm. Zwar war es für eine Nacht Mitte Phex schon recht mild, auf dem Fluss war es jedoch so frisch, dass sich |
der Körper Terantinas mit einer Gänsehaut überzogen hatte, welche sie aber zugegebermaßen noch anziehender aussehen ließ. Während er die letzte Strecke stakte, fantasierte er, wie er sie mit seinen sicher nunmehr schwieligen Händen in seine Arme zog, um sie zu wärmen. Mochte dieses Mädchen den Griff rauer schwieliger Hände?
Er sprang auf den Steg und vertäute die Gondel. Als er sich umschaute, sah er, dass sich Terantina ihr Kleid einem Schal gleich um die Schultern gelegt und erneut diesen unsäglich Brokatbeutel über die Schulter gehängt hatte. In den Händen hielt den Bosparanier und die Gläser. Umsichtiges Mädchen, man sollte nicht umkommen lassen. So galant wie möglich half er ihr, indem er sie am Ellenbogen fasste, aus dem Gefährt. Zwar verweigerte sie ihm, indem sie sich behende auf den Weg in Richtung der Thermen machte, sowohl seine eben noch erhoffte Belohnung als auch nur eine kleine Verschnaufpause, doch immerhin gewährte sie ihm so einen Blick auf ihre wogenden Hüften, welche er so während der Bootsfahrt nicht hatte genießen dürfen. Während sich seine verkrampften Muskeln im warmen Wasser lösten, unterhielt er sich angeregt mit Terantina, wie es hier üblich war. Sich bereits in den Bädern dem Rausche hinzugeben galt als verpönt, da es die Thermen auf die Niveau eines billigen Badehauses herabgewürdigt hätte und als unzivilisiert ja göttinnenlästernd angesehen wurde, da man den Göttinnendienst verweigerte. So wurde gewahr, dass Terantina sehr viel über Musik -akademische wie volkstümliche- wusste, was ihn verwunderte. Seine Frage, warum sie dann nicht auf der Reise nach Belhanka etwas zum Besten gegeben hätte, beantwortete Terantina indem sie sich erhob, ihm einen Kuss auf die Wange hauchte und mit einem "Ich erwarte Euch in einem viertel Stundenglas im Rosengarten" entschwand. Er entschied sich zu trödeln. Sollte sie ruhig etwas warten. So etwas steigert bekanntermaßen die Vorfreude. Dennoch war er enttäuscht, als er im Rosengarten neben einer angenehme Wärme verströmenden Feuerschale auf einer Decke zwar 'seine' entkorkte Bosparanierflasche und zwei gefüllte Gläser entdeckte aber keine Terantina. Er stand jedoch nur einen Moment unschlüssig vor der Decke, bevor sie ihn von hinten umschlang und sich an ihn drückte. Die Wärme, die von ihr ausging, durchströmte auch ihn augenblicklich. "Ich emfände es als passend uns nun vom Ihr und Euch zu lösen, anzustoßen und uns zu duzen*, raunte sie ihm ins Ohr. Dartan fürchtete zwar völlig zu recht, dass zum Zuprosten Terantina ihre Umarmung lösen werde, was er selbst gegen ein Glas des besten Bosparaniers als schlechten Tausch empfand. Doch er tröstete sich damit, dass sich sicher später noch genügend Gelegenheit ergeben würde. Weil Terantina ihr Glas in seinem Zug leer trank, tat es auch Dartan ihr gleich. Nach den Anstrengungen der Bootsfahrt und dem Bad im heißen Wasser, benebelte ihn das edle Getränk auf angenehme Art recht schnell, so dass es Terantina recht leicht gelang ihn auf die Decke zu ziehen und sich auf ihn zu setzen. Mit den Händen schlug sie einen Bogen um sein Haupt, sah ihm tief in die Augen, sprach "Möge uns der Segen Rahjas zuteil werden" und küsste ihn innig. Als Terantina den Kuss löste, rangen sie beide nach Atem und Dartan verspürte die unbändige Lust einen zweiten Kuss dieser Art folgen zu lassen, doch sie sah ihn beinah streng an. "Du bist ihr bei weitem nicht so nah, wie du sein solltest", stellte sie fest und es klang so, wie ihn einst sein Bosparanolehrer getadelt hatte. "Du wirst meine Hilfe brauchen", fuhr sie sanfter fort und langte erneut nach der Bosparanierflasche. Dartan schlug die Augen auf, um sie gleich wieder zu schließen. Ein rachsüchtiger Strahl von Praios Antlitz hatte sich in seine Kopf gebohrt. Die Sonnenscheibe hatte sich gerade erst über den Horizont erhoben, doch der Strahl hatte schon genug Kraft besessen durch den vom Fluss heraufgezogenen Dunst zu dringen.Der Tau hatte sein Gesicht befeuchtet, was er als angenehm empfand, während die Decke und Wärme Terantinas seinen Körper warm gehalten hatte. Seinen Körper, der sich bleischwer anfühlte, während er doch gleichsam vermeinte zu schweben. Was Wunder nach dieser Nacht. Er hatte ihr ob der Strapazen der Überfahrt mit Freuden die Führung überlassen, hatte sich von ihr mit Bosparanier gelichsam füttern lassen, hatte Zärtlichkeiten emfangen, welche er sich zwar hatte vorstellen können, nicht jedoch die Empfindungen, welche sie bei ihm auslösten. Irgendwann war die Flasche alle, doch sie hatte aus jenem unsäglichen Brokatbeutel einen Kelch gezaubert und mit Wein gefüllt. Einem sehr guten schweren Rotwein. Dem besten Wein, den er jemals getrunken hatte, genaugenommen das Beste, was er jemals getrunken oder besser noch zu sich genommen hatte. Und dann...!? Dann verschwamm alles in einem Nebel, nein Schleier oder Strudel der Leidenschaft oder besser Extase? Bis er oder beide Rahja geopfert hatten. Das heißt, hatten sie? Oder er? Neben ihm regte sich Terantina. Er drehte den Kopf zur Seite und öffnete nun deutlich vorsichtiger die Augen. Sie lag bäuchlings auf ihre Unterarme gestützt und schaute ihn mit dem Lächeln eines jungen Mädchens an, welche dem angebrochenen Tag voll Zuversicht entgegensah. Wie konnte sie nur derartig frisch und von dieser Nacht so gar nicht in Mitleidenschaft gezogen aussehen? "Ich hoffe Du hast erkennen können, welche Freuden die Göttin dem wahrhaft Gläubigen zuteil kommen lassen kann." Sie drehte sich in Richtung der Morgenröte um. "Praios lässt sein Angesicht wieder über Dere scheinen. Zeit sich zu entscheiden", sagte sie versonnen, "hier verweilen und den Rausch der letzten Nacht noch nachklingen lassen, sogleich in den Tempel gehen und ihr für ihre erwiesenen Gnade danken oder aber", sie wandte sich ihm mit traurigen Augen wieder zu, "du sputest dich in den Schoß deiner Familie zurückzukehren und die Abfahrt jenes Schiffes nicht zu verpassen." Dartan blickte irritiert auf ihre Gegenüber. Dieses Angebot war... eigenartig. Im Anbetracht der aufgehenden Sonne und ihrer sicher noch nicht standesgemäßen Kleidung müsste Terantina noch einen viel größeren Grund zur Hektik haben. "Die Wahl steht mir tatsächlich frei. Meine Familie würde es nicht großartig wundern, würde ich mich für einen Aufenthalt in Belhanka entscheiden. Aber... was ist mit dir? Solltest du nicht die selbe Hektik verspüren müssen?" Ternatina zog ein halb strenges halb spöttisches Gesicht. Dasselbe Gesicht wie schon letzte Nacht, schoss es ihm durch den Kopf, bevor sie ihm unmissverständlich klar gemacht hatte, dass die Nacht nach ihrem Gutdünken noch nicht zuende sein sollte. "Liebster Dartan, was soll ich mich erneut auf Efferds Gnaden verlassen, um um einen Mann zu buhlen, der mich weder will, noch verdient. Ich möchte weder deinen Bruder noch deine Familie schmähen, doch das hat eine ya Pirras nicht nötig. Und du solltest wissen, dass ich hierher gehöre. Wenn du also gehen willst, grüße das Tantchen von mir, sie wird mich verstehen." Sie warf die Decke von sich, stand auf und sah sich suchend nach ihrem Kleid um. Dartan lächelte. Sie hatte recht. Er war hier, weil Croënar einen eigenen Weg dafür gefunden hatte, unliebsame Gemahlinnen los zu werden. Eigentlich ging er davon aus, dass er einfach nur das Instrument eines Streiches sein sollte, aber nun wurde ihm klar, dass er selbst viel mehr das Instrument einer "ehrenhaften Entlassung" war. Croënar und Terantina hatten überhaupt nicht zusammen gepasst. Sie war die Extravagante, die Frau mit Glamourfaktor, die Liebe und Freiheit schätzte. Und er der bodenständige, pflichtbewusste, stille und manchmal etwas bidere Mann. Wie hätten die beiden nur zusammen passen sollen. Er hatte das früh erkannt und auch Terantina wird das sehr schnell gewahr geworden sein. So blieb ihr der Ehrverlust, "abgelehnt" worden zu sein erspart. Es wurde zu ihrer eigenen Entscheidung, ja mehr als das, sie wurde für ihren bisherigen Einsatz - vor allem diese Gondel auch noch entschädigt. Er blickte in Richtung Hafen, wo das rote Glimmern am Himmel allmählich verblasste. Dann wieder auf Terantina. Er musste lachen. Wäre er an Croënars Stelle gewesen, diese Frau wäre wahrscheinlich geradezu Ideal für ihn gewesen. Er fing an zu lächeln. "Ich befürchte, ihr werdet einen anderen Boten für eure Tante benötigen. Wie ihr schon sagt, nach einer Nacht solcher Erfahrungen ist der Dankesgang zum Tempel einfach Pflicht. Vielleicht habe ich ja Glück und ihr wollt mich auch dann noch als Begleitung akzeptieren." Terantina versuchte nur in sich hinein zu lächeln. Er hatte immer noch nicht verstanden. Um Zeit zu gewinnen, streifte sie sich ihr Kleid über, welches zwar immer noch ein entzückender Hauch eines Nichts war, jedoch nicht mehr recht präsentabel erschien. Wie wahrscheinlich auch der Rest von ihr, wenn sie so ihre Haare betrachtete. "Nun wahrlich liebster Dartan seid ihr würdig mich vor Rahjas Altar zu führen", antwortete sie ihm augenzwickernd. "Doch zunächst, denke ich, sollten wir uns erneut den Thermen zuwenden und erst danach dem Tempel." Sie würde ihm noch früh genug offenbaren können, dass ihr Weg zwar gemeinsam in den Tempel hinein führen, er den Weg hinaus jedoch würde allein bestreiten müssen. |