Briefspiel:In den Kerkern von Amardûn

Aus Liebliches-Feld.net
Version vom 24. April 2024, 16:56 Uhr von Amarinto (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springenZur Suche springen

Auge-grau.png

Stadt Sewamund klein.png Briefspiel in Sewamund Herzogtum Grangor.png
Datiert auf: ab Ende 1045 BF Schauplatz: vor allem Stadt und Baronie Sewamund, darüber hinaus Phecadien und benachbarte Landstriche Entstehungszeitraum: ab Frühjahr 2023
Protagonisten: alle Sewamunder Familien, sowie diverse externe Machtgruppen Autoren/Beteiligte: Haus Amarinto.png Amarinto, Haus Tribec.png Tribec, Haus di Piastinza.png DiPiastinza, Familie Luntfeld.png Luntfeld, Familie della Carenio.png Carenio, Familie Degano.png Marakain, Familie van Kacheleen.png Kacheleen, Familie Vesselbek.png Vesselbek, Familie Cortesinio.png Cortesinio, Haus Carson.png OrsinoCarson, Haus della Pena jH.png Horasio, Haus ya Pirras.png VivionaYaPirras
Zyklus: Übersicht · Präludium - 1045 BF · Der Eklat - Praios 1046 BF · Der Selziner Schwur - Rondra 1046 BF · Die Sewamunder Delegation in Shenilo · Interludium - Efferd 1046 BF · Der Tag der Treue - Travia 1046 BF · Das Treffen der Verschwörer · Trauerfeier für Leonardo Cortesinio · Treffen bei Tovac


6. Travia 1046 BF, Feste Amardûn

Autor: Amarinto

Cariana Amarinto wird im Kerker ihrer eigenen Burg gefangen gehalten

Cariana Amarinto saß alleine in dem feuchten Kerkerraum in den Gewölben unter der Feste Amardûn. Der Burg, deren Kastellanin sie selbst war, welch eine Demütigung. Von ihrem einzigen Fenster aus, konnte sie im Madalicht die Ruinen des Dorfes erkennen, welches die Schergen des verfluchten Barons niedergebrannt hatten, bevor sie die Stammburg ihres Hauses erstürmten. Soviele Tote, darunter auch ihr Onkel Rimaldo und ihr Großonkel Rondrician, sie hatten die Festung nicht lange gegen die Übermacht verteidigen können. Zumal die Gegner sogar Kampfzauberei einsetzen. Sie hatte sich Cavalliere Yulion von Streitebeck ergeben, sonst wäre sie wohl ebenso von Condottiera Usvina Tribêc de Trebesco erschlagen worden. Mit einem triumphalen Lachen war sie von dieser irren Drôlerin, Condottiera Zûna da' Drûnabal im Kerker ihrer eigenen Festung eingesperrt worden und jeder Versuch, den Baron zu sprechen, war ins Leere gelaufen. Sie hoffte inständig, ihr Bruder und der Rest ihrer Familie würden bereits den Gegenschlag vorbereiten. Sie wandte sich vom Fenster ab, es war etwas kühl geworden und man hatte ihr nur eine dünne Decke zugestanden, die sie nun wie einen Umhang trug.

"Ihr seht aus wie eine Königin, wie eine Königin der Bettler zwar, aber nichtsdestotrotz verrät Eure majestätische Haltung Euer edles Geblüt." Die Stimme gehörte einer Figur, welche einen schwarzen Umhang trug, ein Mann, sein Gesicht war vollständig von einer schwarzen Maske verborgen, nur seine Augen und Lippen waren zu erkennen. Er stand in der geöffneten Türe und trat einen weiteren Schritt in den Raum. Neben und hinter ihm standen drei weitere Gestalten, ebenso in schwarze Umhänge gekleidet und die Gesichter hinter Masken verborgen. Zwei von ihnen waren der Körperform nach vermutlich Frauen. "Ein vergiftetes Kompliment, aber derzeit kann ich nicht wählerisch sein. Mit wem habe ich die Ehre und wie kommt es, dass ihr Euer Gesicht vor mir verbergt, mein Herr?" Der Anführer der Gruppe lachte. "Nein, wählerisch solltet ihr wirklich nicht sein im Moment. Hier, ich habe Euch etwas mitgebracht." Er hielt ihren prachtvollen roten Umhang mit dem Pelzbesatz und dem eingestickten Wappen der Amarinto in der Hand und legte ihn auf ihr Bett. Eine der Frauen trat vor und stellte einen Korb mit Brot, Würsten und Käse, sowie eine Flasche Wein und ein Kristallglas auf den kleinen Tisch neben dem Bett. "Dann kann ich also annehmen, dass Euch die Regeln und Grundwerte der Etikette und des Anstands mehr bedeuten, als diesen wilden Grobianen, welche mich hierher gebracht haben?" Der Unbekannte lachte wieder. "Anstand und Etikette sind doch das Wichtigste in dieser Welt, ohne sie würden wir doch in die Barbarei zurückfallen." Er trat vor und bedeutete ihr mit seiner behandschuhten Hand, ihm ihre Hand zu reichen. Zögerlich folgte sie der Aufforderung. Er ergriff die Hand sanft und führte sie zum Handkuss an seinen Mund. "Sehr angenehm, Eure Bekanntschaft zu machen, Signora."

Cariana nahm eine etwas weniger defensive Haltung ein. "Ebenso, mein Herr. Aber ihr habt mir immer noch nicht gesagt, warum ihr Euer Gesicht verhüllt und warum ihr mir Euren Namen nicht nennen wollt?" Der Unbekannte wandte sich lachend zu seinen Begleitern um, sie lachten ebenfalls. "Sagt mir Signora, ihr wollt sicher doch den Baron sprechen. Ich kann Euch dabei gerne behilflich sein. Aber ihr müsst mir eine Frage beantworten. Ich verspreche Euch, es ist nur eine kleine unbedeutende Frage." Cariana kniff die Augen zusammen. "Ahja? Das kommt auf die Frage an, würde ich sagen. Aber wozu warten, stellt sie und dann werden wir sehen!" Der Unbekannte verschränkte die Arme vor der Brust. "Was wisst ihr über Euren Großonkel Arracio Amarinto und seinen Nachlass?" Die Frage erstaunte Cariana, sie hatte so ziemlich alles erwartet, aber nicht Fragen nach ihrem lange verstorbenen Großonkel, dem früheren Stadtrichter von Sewamund. "Hm, nun also er verstarb vor etwa zehn Götterläufen an dieser seltsamen Seuche, die damals in Sewamund grassierte. Sein Nachlass liegt so weit ich weiß im Palazzo Amarinto in Sewamund. Aber es handelt sich dabei nur um juristische Texte und seine persönliche Korrespondenz. Er war kein Mann, der sich viel aus Reichtümern machte." Die Begleiter des Unbekannten murmelten unverständliches. Er selbst atmete deutlich hörbar die kalte Nachtluft ein. "Ich verstehe. Vielen Dank für die Auskunft, Signora. Aber ich befürchte der Baron ist ein beschäftigter Mann, daher ist es schwer abzusehen, wann er Euch empfangen kann. Ich werde sehen, was ich tun kann." Sein sichtbarer Mund zeigte ein amüsiertes Lächeln.

In Cariana wallte Wut auf, so eine hinterlistige Schlange! Er hatte wahrscheinlich nie vorgehabt, ihr wirklich zu helfen. Sie hob an, ihm eine entsprechende Anklage ins Gesicht zu schmettern doch er kam ihr zuvor und nickte seinen Begleitern zu, welche sie mit überdurchschnittlicher Agilität und Kraft umringten und festhielten. Dann nahm er ein schwarzes, seidenes Tuch aus seinem Ärmel und knebelte sie mit geübtem Griff. Die Begleiter fesselten ihre Hände und Beine. Ihre zusammengebundenen Arme knüpften sie mit einem Lederriemen an einem eisernen Ring der an der Decke befestigt war und zum Einhängen einer Lampe diente. Sie wollte schreien, doch der seidene Knebel verwandelte ihre Hilferufe nur in ein undeutliches, dumpfes Geräusch. Dann riss ihr eine Begleiterin des Unbekannten das Hemd vom Oberkörper und warf es zerknüllt auf ihr Bett. Die kalte Luft strich sanft über ihren nackten Oberkörper. Derweil hatte die andere Begleiterin eine bösartig aussehende, neunschwänzige Peitsche aus ihrem Umhang hervorgeholt. Furcht machte sich in Carianas Körper breit, sie war eine Ritterin und Gefahr war ihr nicht unbekannt, die Zahl ihrer früheren Verletzungen Legion. Dennoch hatte sie Angst, noch nie zuvor stand sie der Gefahr so hilflos gegenüber wie nun. Die Unbekannte mit der Peitsche holte aus und ließ die dünnen Lederriemen mit den bösartigen Stacheln auf ihren Rücken niedersausen. Cariana zuckte zusammen, der Schmerz war kaum auszuhalten. Beim zweiten Hieb, diesmal mit noch größerer Wucht, platzte die Haut auf und ihr warmes Blut rann in Strömen den Rücken herunter, färbte ihre roten Hosen tiefrot und tropfte auf den Steinboden.

Noch ein Hieb.

Cariana zuckte zusammen. Das Gesicht mit der ausdruckslosen schwarzen Maske und dem amüsierten Lächeln verschwamm vor ihren Augen. Tränen liefen ihr über das Gesicht. Warum taten sie das? Sie war eine Adlige, dazu noch hatte sie ihnen bereits alles gesagt, was sie wusste.

Noch ein Hieb.

Der Schmerz war unmenschlich. Der Unbekannte hatte einen Handschuh abgestreift und ein wenig ihres Blutes mit dem Zeigefinger aufgenommen. Er führte den Finger zum Mund und kostete etwas von ihrem Blut mit der Zunge. Carianas Sicht war verschwommen, langsam wurde ihr Schwarz vor Augen, da sah sie etwas Ungewöhnliches: Er hatte nur vier Finger an dieser Hand, der kleine Finger fehlte. Wieder ein Hieb. Das letzte was sie erkennen konnte, bevor sie bewusstlos wurde, war, dass der Unbekannte sich vor ihr verneigte und dabei murmelte: "Anstand und Etikette, Signora." Er lächelte höhnisch.