Briefspiel:Das Treffen der Verschwörer
Dramatis personae
Teilnehmer des Selziner Schwurs:
- Praiodan ter Braken (Sewakgarde, Familie ter Braken)
- Ludolfo di Piastinza (Haus di Piastinza), als Vertreter von Amaldo di Piastinza, der zur Regelung der Geschäfte des Uthuria-Konsortiums in Bethana weilt.
- Gherita Cortesinio (designiertes Oberhaupt der Familie Cortesinio)
- Aurelio van Kacheleen (Familie van Kacheleen)
- Khardan Luntfeld (Familie Luntfeld)
- Voltan Vesselbek (Familie Vesselbek)
- Rahjane Vistelli (Haus Vistelli)
- Dareius Amarinto (Haus Amarinto)
- Nepolemo Nyke (Stadtrat von Selzin, Familie Nyke)
- Toliban Zwijnhof (Stadtrat von Selzin, Familie Zwijnhof)
- Gerbondo Filotrin (Familie Filotrin, Popoli der Stadt Sewamund)
- Ucian van Hoven (Familie van Hoven)
- Thuna Acosto (Familie Acosto, Geweihtenschaft des Efferd)
- Quinnia Trebenfurt (Familie Trebenfurt)
- Bende ter Groot (Familie ter Groot)
- ein maskierter Fremder mit methumischem Dialekt (anonyme Partei)
- Dragomaris della Carenio (Familie della Carenio)
Zusätzliche Teilnehmer:
- Oleana di Bellafoldi (Haus di Bellafoldi/Stadt Ruthor, Verbündete der Amarinto und Piastinza)
- Tairena Carson (Haus Carson/Shenilo, Verbündete der Amarinto)
- Amelthona d'Illumnesto (Haus d'Illumnesto/Pertakis, Verbündete der Amarinto)
- Khadan Degano (Familie Degano, Familienoberhaupt)
- Dimiona della Carenio (Familie della Carenio, Familienoberhaupt, Ratsmitglied)
- Calvino ya Mornicala (Ratsmitglied und Senator von Sewamund, unfreiwillig, soll in Vertretung des Barons Beschlüsse unterzeichnen)
- Drago Amarinto (Ratsmitglied und Seneschall von Sewamund)
- Sturmfriede ter Beer (Ratsmitglied, unfreiwillig, gibt dem Druck der anderen Familien nach)
- Solavia di Piastinza (Ludolfo di Piastinzas Gattin)
- Tsaida Tribêc (Kämmerin, in Trauerflor, erscheint später)
- Gaspar van Kacheleen (Kapitän der Vankachel)
- Valeran ter Verosen (Commodore von Ruthor)
Condottieri:
- / Daria de Brabanza und Nazir da Silva (Rote Panther)
- Gon Arradh bren Bartakh (Cren-Barrach)
- / Eriakos dyll Arÿios (Cohorte Cyclopäia)
- Karinor Degano (Schildraben)
- Larona ya Scarpone (Kundschafter aus Unterfels)
- Crûvero dû Billanfonto (Baltrirs Dornen)
- Snorri Gerjannasdottir (Bannerträger-Ottajasko, erscheint mit dem maskierten Fremden)
Ort und Zeit
Schloss Corello in Sewamund, 12. Travia 1046 BF, der “Tag der Treue”
Ablauf
- Begrüßung
- Sitzung des Lilienrats zur Schaffung von formellen Voraussetzungen und juristischen Legitimation des Aufstandes
- Militärische und diplomatische Lagebesprechung der Verbündeten
- Planung des gemeinsamen Vorgehens
Die Sitzung des Lilienrats
Sitzung des Lilienrats am 12. Travia 1046 BF |
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Ankunft und Begrüßung
Der maskierte Fremde betrat mit einem fast schon provokanten Lächeln den Ballsaal, die Absätze seiner neuen glänzend-schwarzen Reitstiefel klackerten auf dem Parkett, sein schwarzer Umhang wehte schwungvoll und die Feder seines Hutes wippte im Takt seiner Schritte. Einige Schritte hinter ihm folgte die eher praktisch-soldatisch gekleidete Condottiera Snorri Gerjannasdottir. Der Fremde stoppte als er bei der Gruppe um Khardan Luntfeld und Aurelio van Kacheleen] angekommen war, verneigte sich formvollendet und deutete auf die inzwischen neben ihm stehende Condottiera. “Signores, wie Ihr sehen könnt, halte ich mein Wort. Die Bannerträger warten vor der Stadt und sind, ebenso wie ich, voller Vorfreude sich den Schergen des Barons entgegen zu stellen.”
Als die Baronin von Ruthor Oleana di Bellafoldi in einem geschmackvollen Kleid der neuesten Kusliker Mode den Saal betrat, blickte sie kurz in die Runde, ein schwaches Lächeln bildete sich auf ihren feinen Gesichtszügen. Sie war vor gar nicht allzu langer Zeit hier gewesen, auf dem jährlichen Ball des Irion von Streitebeck. Eine eher trockene Angelegenheit und Pflichtübung, da der phecadische Sittenstrenge ausstrahlende Streitebeck nicht gerade für seinen Sinn für Feste und gesellschaftliche Anlässe solcher Art bekannt war. Sie hatte bemerkt, dass die Unzufriedenheit mit dem Baron und seine Einmischung in die Angelegenheiten der Kaufleute in Sewamund in den letzten Götterläufen zugenommen hatte. Auch hatte sie eine gewisse Sympathie für seine Lage, stand sie doch regelmäßig vor ähnlichen Herausforderungen mit den eigensinnigen Pfeffersäcken Ruthors. Dennoch hatte er unzweifelhaft diesmal den Bogen überspannt, neue Steuern waren eine Sache, aber den Verdacht zu erwecken das Rad der Zeit wieder zurückdrehen zu wollen in die alten Zeiten vor dem Thronfolgekrieg, das konnten sich die Patrizier nicht bieten lassen. Jetzt hatte er es sich auch noch mit dem Landadel verdorben, sehr gründlich sogar. Die Erstürmung der Feste Amardûn und der Brand in Amarinto waren ein Fehler, die Amarinto würden nun nichts unversucht lassen, um ihn zur Rechenschaft zu ziehen. Das hatten ihr Vetter Dareius und ihre Tante Efferdia sehr deutlich gemacht, als sie im Castello Belvedere vorsprachen. Obwohl sie fast ein wenig Mitleid mit dem Streitebeck hatte, war diese Lage ein Glücksfall für sie. Der Einfluss Sewamunds in ihrer Heimatstadt war auf Dauer nicht mehr tragbar geworden, die Ruthorer Patrizier wollten mittelfristig eine Lösung für dieses Problem präsentiert bekommen und nun legte das Schicksal ihr diese Lösung geradezu in den Schoss. Sie musste also nur zugreifen…
Ihr Vetter Dareius trat an sie heran, verneigte sich knapp und sein Handkuss wurde wie immer begleitet von diesem rahjaisch-sanften Lächeln, welches sie bis heute nicht hatte entschlüsseln konnte. “Baronin, eine Freude, Euch heute hier begrüßen zu dürfen. Der Hausherr ist leider verhindert, wie ihr sicher gehört habt…” Sein warmes Lächeln wich einer kalten Maske der Entschlossenheit. “...er ist wie man hört mehr damit beschäftigt, seine Baronie niederzubrennen und meine Verwandtschaft zu dezimieren.” Auch ein wortgewandter Mann wie Dareius Amarinto konnte die Bitterkeit in seiner Stimme nicht kaschieren. Ohne ein weiteres Wort nahm er ihre Hand und führte sie zu einer weiteren Gruppe von Sewamunder Adligen, welche bereits die Ankunft der Baronin erwartet hatten.
Dimiona della Carenio stand neben ihrem ältesten Sohn Dragomaris und weiteren Sewamunder Adligen an der Längsseite des Saales. Sie trug ein elegantes Gewand in gedeckten Erdtönen, mit golddurchwirkten Borten verbrämt - konservativ und standesgemäß. Den passenden Fächer nutzte sie abwechselnd, um sich Luft zuzufächeln oder ließ ihn betont entspannt in den Falten ihres Rockes verschwinden. Esquirio Dragomaris, den die Mutter beim Selziner Schwur vorgeschickt hatte, um die Lage zu sondieren, unterhielt sich angeregt mit Tairena Carson, die die Anwesenden mit Interesse beobachtete. Ihren Blicken war anzumerken, dass sie zum ersten Mal einer solchen Versammlung beiwohnte. Das Oberhaupt der Familie della Carenio bemühte sich unterdessen, die verschiedenen Gruppierungen im Raum im Auge zu behalten. Ganz besonders argwöhnisch beäugte sie den maskierten Fremden. Als sich Dareius Amarinto der Gruppe näherte, trat Dimiona einen Schritt vor. Mitfühlend lächelnd empfing sie den Cavalliere. Sie sprach ihr Bedauern über den Verlust des Familienanwesens und den verheerenden Brand aus, der Amarinto vernichtet und seine Bewohner zu Obdachlosen und Flüchtlingen gemacht hatte. Mit fester Stimme versicherte sie Dareius der Unterstützung durch die della Carenio.
Das Oberhaupt der Amarinto deutete eine Verneigung an: “Habt Dank für eure freundlichen Worte und Euer Mitgefühl Signora, meine Familie und auch ich wissen dies sehr wohl zu schätzen. Man hat mir berichtet, dass Ihr Eure Lager für die Amarinter geöffnet habt. Ich kann euch versichern, die Amarinto werden diese traviagefällige Barmherzigkeit nicht vergessen.” Er nickte auch Dimionas Sohn Dragomaris und Tairena zu und trat dann beiseite, um der Baronin von Ruthor nicht weiter im Wege zu stehen.
Solavia di Piastinza, auf den eminent politischen Anlass der Zusammenkunft sowie die jüngsten gewalttätigen Ereignisse anspielend in ein bequemes und praktisches Jagdkostüm aus waldgrünem Barchent und braunem Leder gekleidet und mit gefiedertem Barett auf dem Haupt, stand links hinter den Arm ihres Gatten (traditionell in farsetto und calzoni a sbuffo) geschmiegt, die Handfläche auf seinem Oberarm, den Mund an seinem Ohr. „Immer noch frisch und blühend, unsere Oleana!“, seufzte sie mit einem gespielten Augenrollen. „Ich bin ja nur wegen ihr hier!“ „Adrett, ohne Zweifel!“, bestätigte ihr Ludolfo trocken. „Aber Du bist hier, weil Bethana Dich langweilt und Dein bornischer Dickschädel eine Wand zum Einstoßen sucht. Ich würde gern sagen: Kümmer' Du Dich um die amici, überlass' mir die traditori, aber heute ist ein Tag, an dem beides zugleich geregelt werden muss.“ Das Haus di Piastinza pflegte den Kontakt zu den Bellafoldi seit Jahren über den alten Colombino, meistens ging es um die Geschäfte des Konsortiums, aber das war eben Geschäft, und heute war es Politik. Ludolfo verbeugte sich formgerecht und lächelte die Baronin an, das Lächeln über eine ernste Miene gelegt, Solavia folgte seinem Beispiel. Ludolfo ergriff das Wort: „Signora! Es ist gut, Euch in diesen ernsten Zeiten hier bei uns zu wissen! Möge es eine ergebnisreiche Versammlung werden!“ Mehr war in diesem Augenblick nicht zu sagen, die Absprachen waren längst getroffen, es ging heute darum, die Entschlüsse in Recht und Gesetz zu fassen.
Rahjane Vistelli betrat Schloss Corello an diesem düsteren Abend der Verschwörung. Ihr Kleid war ein Meisterwerk der Schneiderkunst. Es war aus einem königsblauen Samt gefertigt, der im Schein der Kerzen an den Wänden des Schlosses Corello schimmerte. Das Oberteil war eng anliegend und betonte Rahjanes schmale Taille, während der Rock in reichen, weichen Falten herabfiel. Silberne Stickereien in Form von Ranken und Blumen zierten das Gewand, und Perlen, die im flackernden Kerzenlicht funkelten, schmückten den Ausschnitt. Ihr Haar war kunstvoll geflochten und mit Perlen und Edelsteinen verziert. Ein Diadem zierte ihre Stirn, und lange, feine Spitzenhandschuhe reichten bis zu ihren Ellbogen. Rahjane bewegte sich mit einer Anmut, die ihrem Stand angemessen war, während sie den langen Gang des Schlosses entlangschritt. Ihr Schritt war leicht und selbstbewusst, als hätte sie keine Angst vor den Plänen, die hier geschmiedet wurden.
An diesem Abend hatte Rahjane etwas mitgebracht, das auf den ersten Blick ungewöhnlich schien: einen kleinen Vogelkäfig. In dem Käfig saß ein prächtiger Papagei mit leuchtend grünem Gefieder. Der Vogel war ein Geschenk von ihrem Vetter Bernardo, einem leidenschaftlichen Vogelliebhaber. Er hieß Horasio. Rahjane hatte ihm einige Tricks beigebracht.
Als Rahjane den großen Ballsaal betrat, schenkte sie jedem Anwesenden ein strahlendes Lächeln. Sie begrüßte die anderen Anwesenden mit einer tiefen Verbeugung und einem charmanten Knicks. Ihr Auftreten ließ für einen kurzen Moment die drohende Gefahr und die Intrigen vergessen. Doch hinter ihren grünblauen Augen verbarg sich mehr. Rahjane hatte den Mut, an diesem gefährlichen Spiel teilzunehmen, und sie würde alles tun, um ihre Stadt vor dem tyrannischen Baron Irion von Streitebeck zu schützen. In dieser Zeit der Krise würde Rahjane Vistelli ihre ihr zugedachte Rolle spielen.
Khadan Degano hatte länger mit sich gerungen, ob er zu dem Treffen des Lilienrats kommen sollte und dies lange mit anwesenden Familienmitgliedern beraten.
Es waren keine einfachen Zeiten, so viel stand fest. Zunächst natürlich innerhalb der Familie, wo nach Jahren das schwelende Machtvakuums, letztendlich bereits nach dem plötzlichen Tod von Holdur Degano entstanden, in einen Großbrand übergegangen war. Die Familie war zerbrochen, hatte viele Mitglieder verloren und war letztendlich in einen Kern, nach Khadans Meinung, einem gesunden Kern, geschrumpft. Man hatte sowohl die meisten Gläubigen verloren, die vollends nach Ruthor umgesiedelt waren, die dortigen Besitztümer beansprucht hatten und wohl bald den Namen Degano ablegen würden. Zusammen mit Karianna Degano waren die meisten seefahrenden Deganos ebenfalls verschwunden. Niemand wusste genau wo sie waren und Khadan machte sich Sorgen, viele Fragen gestellt zu bekommen, die er nicht würde beantworten können. Fakt war lediglich, dass sie weg waren. Dazu noch ein paar weitere, die sich von nun an nicht mehr als Teil der Familie sahen. Es blieben damit hauptsächlich diejenigen, die sich in erster Linie als Schiffsbauer sahen. Gewürzt mit einem Condottiere, zwei Seefahrern und ein paar weiteren Ausnahmen.
Zum unnötigen Überfluss kamen dazu noch in diesem unsortierten Zustand die Vorkommnisse zwischen dem Baron und vielen der anderen Sewamunder Familien.
Heute nun sollte es zu einem Höhepunkt kommen und am Ende hatte Khadan sich entschlossen, teilzunehmen. Er hoffte, dass der Punkt mit der Absetzung seiner Vorgängerin als Ratsmitglied schnell abgehakt werden konnte. Ebenso, dass sich eine Mehrheit finden würde, ihm selbst einen Platz im Rat zu gewähren. Erst wenn diese beiden Bedingungen erfüllt waren, würde er das Wort ergreifen können und hoffentlich dazu beitragen, dass es nicht zu großem Bürgerkrieg, und noch mehr Mord und Totschlag kommen würde. Da durchaus auch die Möglichkeit bestand, dass es auf der heutigen Ratssitzung zu Problemen kommen konnte, war Khadan allerdings nicht alleine gekommen. Nach ihm stiegen sowohl Condottiere Karinor Degano als auch sein Sohn Dartan Degano aus der Kutsche aus. Vater und Sohn waren dabei anders als Khadan nicht festlich oder ähnliches gekleidet. Beide trugen ein schweres Rapier und Linkhand, eine schwere, eng anliegende Lederhose mit Füßen in schweren Stiefeln. Darüberhinaus über einem robusten Unterhemd tatsächlich ein ärmelloses Kettenhemd, was für die meisten von einem weiten Rüschenhemd verdeckt wurde. Welches zwar von guter Qualität, aber eher robust als schmückend war. Über dieser Oberbekleidung trugen beide eine Art Kapitänsmantel aus schwerem Stoff und in komplett roter Farbe. Karinor dazu noch einen ebenfalls roten Dreispitz, Dartan ohne Kopfbedeckung.
Khadan Degano selbst trug edle Halbschuhe, weiße Strümpfe und Kniebundhosen. Am Oberkörper ein feines weißes Leinenhemd, was man allerdings nur am geklöppelten Kragen sehen konnte. Da er darüber einen mit Gold und Silberfäden verzierten Wams trug. Darüber als Abschluss der Oberbekleidung eine schwere Schaube aus dunkelblauem Brokat. Um den Hals trug er eine neu angefertigte Amtskette, die mittig auf der Brust von Khadan hängend ein Wappenschild mit dem Deganowappen zeigte. Eine Kopfbedeckung trug auch er nicht. Auffällig war noch, dass er neben seinem Ehering einen ebenfalls schweren silbernen Siegelring trug, der auch das Deganowappen zeigte. Dieser Ring schien neu zu sein.
Aurelio van Kacheleen erschien im biederen Grangorer Kaufmannsgewand. Frisch rasiert. Ein wenig duftete er heute nach Koralle. Zumindest hatte ihm dies sein Figaro versichert, als er nach getaner Rasur seinen Bart mit diesem Duftwasser wässerte. Aurelio war sehr auf das fokussiert, was heute entschieden werden musste. Wobei er manches Handeln überhaupt nicht verstehen konnte. Sei es drum, jeder hatte es sich vorher dreimal gut überlegt. Ihm und dem Rat oblag es heute, das zu bewerten, was geschehen war. Das Motiv, darüber hatte er, grangorisch nüchtern, nicht zu entscheiden.
Zur Sprache sollten die jeweiligen Verfehlungen kommen, auch Alfredo Continio wollte er mittelfristig einen zumindest stilvollen Abgang als Leiter des HPNC Kontors in Sewamund ermöglichen. Als sein Nachfolger würde er sich für ihn gegenüber dem Lilienrat einsetzen. Eine Verlängerung seines Hafenmeisteramtes wäre zudem die Abrundung.
Sitzung
TOP 1: Absetzung von Irion von Streitebeck als "Baron von Sewamund und Vorsitzender des Lilienrats"
Nachdem alle Mitglieder des Lilienrats sowie deren Gäste im großen Ballsaal des Schlosses Corello versammelt waren, Getränke gereicht bekommen und sich begrüßt hatten, trat Senator Calvino ya Mornicala vor und begrüßte die Anwesenden mit gequältem Blick im Namen des Lilienrats der Stadt Sewamund zu dieser Notsitzung und verkündete: „Als Senator stelle ich fest, dass genug Mitglieder des Rates anwesend sind um eine Beschlussfähigkeit herzustellen. Von den Ratsmitgliedern Cortesinio, di Piastinza, Amarinto, van Kacheleen, Vesselbek, Luntfeld und Vistelli wurde als erster Tagesordnungspunkt die Absetzung…“ Er schluckte nervös. „...die Absetzung des ehemaligen Ratsmitgliedes Irion von Streitebeck als Baron von Sewamund und Vorsitzenden des Lilienrats aufgrund von Verrat gegen den Lilienrat und die Bürger der Stadt und Baronie Sewamund, sowie schwerem Landfriedensbruch eingebracht. Gibt es hierzu Diskussionsbedarf oder ist eine direkte Abstimmung gewünscht?“ Der Senator fühlte sich sichtlich unwohl in seiner Rolle und blickte fragend in die Runde.
Sturmfriede ter Beer, die ebenso kaum verbergen konnte, wie wenig sie gerade hier sein wollte, war sie doch nur aufgrund der kaum verhohlene Drohungen der Gegner des Barons hier erschienen, starrte mit hochrotem Kopf aus dem Fenster auf die Bucht von Grangor und schüttelte kaum merklich den Kopf.
Drago Amarinto, rollte dagegen ungeduldig mit den Augen, während er seine Arme vor der Brust verschränkte. Seine Mimik machte ebenso deutlich, dass er diese juristisch fragwürdige Amtshandlung nur als Formalität auf dem Weg zum eigentlichen Zweck dieses Treffens, der Planung des Gegenschlags gegen Irion von Streitebeck, ansah. Als er an den kürzlichen Tod seines Bruders Rimaldo und seines Onkels Rondrician durch die Hand der Schergen des Barons dachte, verfinsterte sich seine Miene zusehends.
Während des Treffens ließ Rahjane Vistelli ihren Papagei auf einer kleinen Stange auf ihrem Schoß sitzen. Der Vogel beobachtete die Runde aufmerksam und wiederholte leise einige der Worte, die geführt wurden. Als Senator Calvino ya Mornicala die Diskussion über die Absetzung von Irion von Streitebeck eröffnete, zögerte Rahjane nicht lange, ihren Standpunkt klarzustellen. Sie erhob sich von ihrem Platz, wobei sie geschickt ihren königsblauen Rock in Falten legte, um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. „Ich, Rahjane Vistelli, stehe ohne Vorbehalt für die Absetzung von Irion von Streitebeck ein“, begann sie mit ruhiger, bestimmter Stimme. „Die schweren Anschuldigungen gegen ihn sind keineswegs leichtfertig erhoben worden. Sewamund und seine Bewohner mussten schon genug unter ihm leiden. Es ist an der Zeit, dass wir die Gerechtigkeit unserer Stadt und Baronie wiederherstellen.“ Rahjane bemühte sich, ihren Worten sowohl Überzeugung als auch Entschlossenheit zu verleihen. Sie wusste, dass dieser Moment entscheidend war.
„So ist es“, bestätigte Dimiona della Carenio mit ernster Miene. „Worum es vor allem geht, ist die Wiederherstellung der Gerechtigkeit, sowie die Frage nach Rechtssicherheit für die Stadt Sewamund und die Baronie. Der Zustand ist untragbar und erfordert eine konzertierte Aktion! Wir, als Lilienrat, sind in der Pflicht für das Wohl der Bürger unserer Stadt, Rechtssicherheit wiederherzustellen. Ich wäre froh, wenn es zu einer einstimmigen Entscheidung käme, wie vorzugehen ist.“
Ihr Blick ging in die Runde.
Tsaida Tribêc war viel zu spät dran. Die Besprechung musste längst begonnen haben. Daher war keine Rücksicht zu nehmen auf Garderobe und Frisur, ihre Anwesenheit war viel wichtiger. Mit gerefftem Rock schritt sie durch die eben noch bevölkerten Gänge von Schloss Corello, wo ein Diener bereits damit beschäftigt war, den Boden zu fegen, auf den Ballsaal zu. Dorthin, wo sie vor ein paar Jahren nach ihrer Krönung zur Baronin von Veliris noch mit Irion von Streitebeck getanzt hatte. Er würde heute nicht anwesend sein, vorbei waren diese Tage. Was mochte in ihn gefahren sein? Wie konnte er sich nur für solch ein Verhalten verantwortlich zeigen? Hatte sie sich all die Jahre in ihm getäuscht. Bisher waren sie doch immer gut miteinander ausgekommen, gab es allenfalls kleinere Differenzen, aber nun ..? Sie drückte die Türen zum Ballsaal auf und sah in die ernst dreinblickende Runde. Fast alle nennenswerten Personen Sewamunds saßen dort, sogar ihre Tochter hatte es rechtzeitig geschafft. Und war das etwa der Papagei Horasio? Doch jetzt musste sie sich auf die drängenden Angelegenheiten konzentrieren.
Tsaida nahm ihren Platz als Kämmerin im Lilienrat ein und ergriff das Wort, ohne sich Zeit für formelle Begrüßungen zu nehmen. „Meine Damen und Herren des Lilienrats von Sewamund, ich entschuldige mich zutiefst für meine Verspätung. Die Ereignisse haben mich aufgehalten, aber ich habe keine Zeit zu verlieren. Wir alle sind hier, um über die Absetzung von Irion von Streitebeck zu entscheiden, und ich möchte klarstellen, dass ich Maßnahmen für dringend notwendig halte.“
Ihre Stimme war fest und entschlossen, und ihr Blick wanderte durch den Raum, um die Reaktionen der anderen Mitglieder zu erfassen.
Drago Amarinto war sichtlich überrascht, die Tribêc doch noch im Rat zu sehen. Aber nach einem kurzen Moment, in dem er über ihre Worte nachdachte, nickte er ihr immer noch etwas misstrauisch zu.
Aurelio van Kacheleen konnte den Beginn der Sitzung nicht erwarten. Ein Nicken in die Richtung eines Jeden, ob Freund, ob Feind ließ er sich nicht nehmen. “Als überzeugter Unterstützer des Dreililienbundes bricht es mir das Herz, die einst fest Seite an Seite streitenden Familien, plötzlich entzweit vorfinden zu müssen. Er rüttelt an meinem Derebild und lässt Ungutes für unsere geliebte Stadt Sewamund erahnen. Es ist nie zu spät für Diplomatie, das Haus van Kacheleen wird sich bis zum bitteren Ende für den Weg der Diplomatie einsetzen, dass sich dieser nie verschließt und am Ende obsiegen wird.” sprach er mit seiner typisch festen Stimme. Er war selbst von sich überrascht, wie wenig Emotion er in seine Stimme legen konnte.
Khadan Degano war froh, in diesem Moment noch nicht abstimmen zu müssen. Die Lage war kaum noch haltbar und es musste sich was ändern. Andererseits wusste er nicht einzuschätzen, was die Absetzung für eine Reaktion z.B. von anderen Hochadeligen auslösen würde. Könnte sogar gut sein, dass die Horaslegion anrücken würde. Khadan hatte eine Weile mit Karinor darüber gesprochen. Der kannte sich zwar noch weniger in Politik aus als er, aber dafür bestens mit den Momenten, wenn die Waffen sprachen und was danach passierte. Landete man auf der Seite der Verlierer, war es besser, wenn man lediglich als Mitläufer oder angeworbener Söldner galt. Gleichzeitig hieß das natürlich, wenn man auf der Seite der Sieger war, dass man nicht viel aus dem Sieg ziehen kann. Khadan hatte sich schließlich entschieden, nichts zu riskieren. Durch die Spaltung war die Familie eh geschwächt und er wollte nicht riskieren, sie noch weiter zu schwächen.
Senator Calvino ya Mornicala blickte noch ein letztes Mal in die Runde, um sich zu versichern, dass es keine weiteren Wortmeldungen gab. Er atmete noch einmal tief durch: “Nun gut, dann schreiten wir zur Abstimmung. Wer ist dafür, Signor Irion von Streitebeck als Baron und Vorsitzender des Lilienrats abzusetzen?”
Drago Amarinto hob mit wütendem Blick entschieden die Hand.
Rahjane Vistelli saß aufrecht und konzentriert auf ihrem Platz. Als Drago Amarinto entschieden die Hand hob, spiegelte sich in Rahjanes Augen Zustimmung und Entschlossenheit wider. Ihr Blick wanderte kurz zu dem Papagei Horasio, der nun still und aufmerksam verfolgte, was in der Runde geschah. Langsam, aber bestimmt, erhob sie ebenfalls ihre Hand. Ihr Gesichtsausdruck verriet keine Unsicherheit, sondern vielmehr die Entschlossenheit, die empfand.
Nachdem sich Dimiona della Carenio versichert hatte, dass Drago Amarinto die Hand gehoben hatte, schloss sie sich diesem an und ließ die beringte Rechte in die Höhe schnellen.
Gherita Cortesinio, erschienen im Trauerflor, unterstützte entschieden und emotional die Absetzung des Barons.
Voltan Vesselbek hob die Hand.
Ludolfo di Piastinza erhob zuerst die Stimme: »Das Haus Piastinza ist seit jeher für die Freiheit des Handels und der Städte eingetreten und weist eine ungerechte und willkürliche Besteuerung durch einen Fürsten des Landes entschieden zurück. Dies umso mehr, als das Unrecht und der Verstoß gegen die Gepflogenheiten durch die Ausübung tyrannischer Gewalt durch den Fürsten noch überboten und der Weg des Ausgleichs dadurch abgeschnitten wurde. Wer das Schwert ergreift, soll durch das Schwert umkommen!« Dann hob er die Hand.
Calvino ya Mornicala: “Wer ist dagegen, Signor Irion von Streitebeck als Baron und Vorsitzender des Lilienrats abzusetzen?”
Eisige Stille legt sich über den Rat, während sich diverse Augenpaare nervös ansehen. Niemand hebt die Hand.
Calvino ya Mornicala: “Wer enthält sich in dieser Frage?
Mit starrem Blick erhob Sturmfriede ter Beer ihre Hand. Zögerlich gefolgt von Calvino ya Mornicala selbst. Tsaida Tribêc schüttelte den Kopf und hob die Hand. Auch Khardan Luntfeld murmelt “das ist doch Wahnsinn” und hob die Hand. Aurelio van Kacheleen hob die Hand.
Calvino ya Mornicala blickte auf seine Notizen, zögerte kurz und sprach dann mit überraschend fester Stimme: “Dann stelle ich hiermit folgendes Ergebnis fest, sechs Stimmen für ‘Ja’, keine Stimme Stimme für ‘Nein’ und fünf Enthaltungen. Damit beschließt der Lilienrat der Stadt Sewamund, Irion von Streitebeck von seinem Amt als Baron von Sewamund und Vorsitzender des Lilienrates zu entheben. Der Beschluss ist sofort gültig.”
Trotz dieses schwerwiegenden Beschlusses schien es fast, als ob eine Last von Ratsmitgliedern abfiel. Die Würfel waren gefallen, nun gab es kein Zurück.
Absetzung von Irion von Streitebeck als Baron und Vorsitzender des Lilienrats |
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TOP 2: Absetzung von Karianna Degano als Commodora der Stadt Sewamund
Tsaida Tribêc erhob sich erneut und sprach mit einer klaren, aber bedachten Stimme. „Meine Damen und Herren des Lilienrats, es schmerzt mich, eine weitere Angelegenheit vorzubringen, die das Wohl unserer Stadt bedroht. In diesem Fall müssen wir die Handlungen von Signora Karianna Degano als Commodora der Stadt Sewamund untersuchen.“
Sie atmete tief durch und fuhr fort: „Es ist wahr, dass wir uns in einer außergewöhnlichen Situation befinden, konfrontiert mit der Tyrannei von Irion von Streitebeck und seinen Truppen. Doch in solchen Zeiten ist es von entscheidender Bedeutung, besonnen und entschlossen zu handeln.“
Tsaida Tribêc führte weiter aus: „Die eigenmächtige Entscheidung, Sewamund zusammen mit dem Schiff der Stadt zu verlassen, anstatt sich an der Verteidigung zu beteiligen, ist nicht nur ein schwerwiegender Verstoß gegen ihre Pflichten als Commodora, sondern gefährdet auch das Leben und die Sicherheit unserer Bürger. In dieser kritischen Phase hätten wir ihre Unterstützung gebraucht.“
Ihr Blick wanderte durch den Raum, während sie ihre Argumente darlegte. „Ich sage dies nicht leichtfertig. Wir sind alle mit schweren Entscheidungen konfrontiert. Aber ich glaube, dass es im besten Interesse von Sewamund ist, Verantwortlichkeit für solche Handlungen zu übernehmen. Wir müssen zeigen, dass Selbstsucht in diesen Zeiten nicht toleriert wird.“
Tsaida Tribêc schloss ihre Rede mit nachdrücklichen Worten: „Ich stimme für die Absetzung von Signora Karianna Degano als Commodora der Stadt Sewamund, nicht aus Freude an dieser Entscheidung, sondern aus der Überzeugung heraus, das Notwendige zu tun, um die Stabilität und Sicherheit unserer Stadt zu wahren. Ich bitte die Mitglieder des Lilienrats, diese Angelegenheit mit derselben Sorgfalt zu behandeln, die wir in allen unseren Entscheidungen heute an den Tag legen müssen.“
Ludolfo di Piastinza war entschlossen, einer Klärung der Ambiguitäten im Hause Degano mit einer klaren Stellungnahme für eine der Faktionen nachzuhelfen. Darum stellte er klar, dass das Haus Piastinza mit Karianna brechen wird: "Ich erkläre für das Haus Piastinza, dass wir Karianna Degano als Deserteurin aus ihrem Amt betrachten, die der Stadt in einem entscheidenden Moment die Treue versagt und ihr Amt daher verwirkt hat. Daher stimme ich für ihre Absetzung als Commodora!"
Dimiona della Carenio machte sich die Entscheidung nicht leicht. Sie stimmte Tsaida Tribêc eigentlich zu, doch war sie sich über die Beweggründe der Commodora unsicher. Das Familienoberhaupt der Carenios konnte sich einfach nicht vorstellen, dass die Commodora ein Kriegsschiff stehlen und sich damit aus dem Staub machen würde. Auf der anderen Seite sprachen die Fakten für sich. Am Ende entschied sich Dimiona dafür, sich in dieser Frage zu enthalten.
Aurelio van Kacheleen überlegte kurz und dachte an den letzten Abend zurück, als er sich mit seinem Condottiere Crûvero dû Billanfonto über Taktiken unterhielt. Crûvero sagte ihm doch glatt, dass es sicherlich ein kluger Rote und Schwarze Kamelzug war, mit dem Kriegsschiff vor einer etwaigen Belagerung aus dem Hafen zu fahren, um dann wie ein Sturm aus dem Nebel heraus schlagartig zuzuschlagen.
„Werter Lilienrat, ich nehme von meinem Stimmrecht Gebrauch, um folgendes vorzutragen.“ Aurelio erhob sich von seinem Sitz. Schaute jedem noch einmal eindringlich in die Augen. „Nehmen wir an, es wäre ein kluger Rote und Schwarze-Kamelzug unserer Commodora, sicherlich zum jetzigen Zeitpunkt fühlt es sich nach Feigheit und oder Verrat an, aber stellen wir uns das Unglaubliche vor, ohne Absprache, die sicherlich an falscher Stelle auf fruchtbare Ohren fallen könnte, würde unsere Beschützerin urplötzlich mit dem Kriegsschiff wie ein Sturm aus dem Nebel heraus schlagartig auf unsere Feinde niedergehen und diese überraschen und dadurch vernichten, wie würden wir diese Handlung dann nennen? Ein Sewamunder Patriot wird doch nicht im Antlitz der höchsten Gefahr, wenn es um die Interessen Sewamunds geht, seiner geliebten Stadt den Rücken kehren und gar woanders neu anfangen?“ Aurelio schaute noch einmal jeden einzeln an. „Ich enthalte an mich an dieser Stelle meiner Stimme und hoffe in Efferds Namen auf ein Wunder.“
Dankbar nickte Khadan Degano in Aurelios van Kacheleens Richtung. Er wünschte selbst, dass es so ausgehen würde. Allein der Glaube fehlte ihm, Karianna war nicht mehr die Frau von früher seit dem Tod ihres kleinen Bruders Holdur.
Calvino ya Mornicala verkündete das Ergebnis: “Acht Stimmen für ‘Ja’, keine Stimme für ‘Nein’ und drei Enthaltungen. Damit beschließt der Lilienrat der Stadt Sewamund Karianna Degano von ihrem Amt als Commodora zu entheben. Der Beschluss gilt ab sofort.”
Absetzung von Karianna Degano als Commodora der Stadt Sewamund |
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TOP 3: Aufnahme von Khadan Degano als Ratsmitglied in den Lilienrat
Als die Diskussion über die Aufnahme von Khadan Degano als Ratsmitglied begann, erhoben sich verschiedene Stimmen im Saal. Rahjane Vistelli, die bis zu diesem Zeitpunkt aufmerksam zugehört hatte, hatte von Khadan Degano bisher überhaupt nichts gehört und wusste nicht, was sie von dieser Person halten sollte. Langsam erhob sie sich von ihrem Platz und blickte in die Runde. "Meine Damen und Herren des Lilienrats", begann sie, "ich möchte ehrlich sein. Ich kenne Khadan Degano überhaupt nicht." Einige Mitglieder des Lilienrats mussten bei Rahjanes Bemerkung schmunzeln. Rahjane fuhr fort: "Ich meine, ich habe keine Ahnung, ob Khadan ein guter Tänzer ist, ob er sich in politischen Debatten auskennt oder ob er vielleicht ein begabter Gärtner ist. Vielleicht sollten wir erst einmal sicherstellen, dass er in unsere Runde passt."
"Aber im Ernst", fuhr Rahjane fort, "ich werde mich bei dieser Abstimmung enthalten, da ich Khadan Degano nicht beurteilen kann, ohne mehr über ihn zu wissen. Lasst uns hoffen, dass er ein wertvolles Mitglied des Lilienrats wird." Rahjane nahm wieder Platz, bereit, die Entscheidung des Lilienrats zu akzeptieren, ganz gleich, wie sie ausfallen mochte.
Auch Dimiona della Carenio wusste wenig von Khadan Degano, aber sie kannte die Familie und wusste um ihre nautischen Fähigkeiten. Und sie würden fähige Navigatoren brauchen. Was also blieb, wenn man nicht lang Zeit hatte, sich eines Auswahlverfahrens zu bedienen? Also stimmte sie für Khadan Degano.
"Mit dem alten Holdur haben wir einst gute Geschäfte gemacht. Selbst nach Uthuria führten uns die gemeinsamen Weg. Ein Degano stand bisher zu seinem Wort." Aurelio van Kacheleen nickte Khadan zu.
Khadan Degano nickte Aurelio freundlich zurück und formte mit seinen Lippen ein wortloses 'So sei es!' und fügte im Geiste hinzu 'und hoffentlich endet dann die unrühmliche Episode die mit Holdurs Tod begann und mit Kariannas Alleingang ihr Ende nahm'.
Ludolfo di Piastinza ergriff das Wort: "Khadan Degano vertritt eine bedeutende und ehrwürdige Familie unserer Stadt, die sich um den Handel und die Wohlfahrt Sewamunds durch uneigennützige Inkaufnahme großer Risiken äußerst verdient gemacht hat!" Mit diesen Worte brachte er nebenbei auch ein durchsichtiges, aber beabsichtigtes Eigenlob des Uthuria-Konsortiums zum Ausdruck und stellte klar, dass das Haus, für das er einstand, Interessen und Loyalitäten wahrte, die unabhängig vom aktuellen Konflikt der Heimatstadt mit ihrem Territorialherr waren. Zugleich äußerte er damit eine ebenso klare Parteinahme für eine Fraktion der Deganos, wie er sich eben zuvor von einer anderen Fraktion distanziert hatte. "Möge Khadan Degano die Gelegenheit erhalten, die Ehre seiner Familie zu verteidigen!" Er hob die Hand.
Calvino ya Mornicala verkündete nach der Abstimmung das Ergebnis: "Zehn Stimmen für ‘Ja’, keine Stimme für 'Nein', eine Enthaltung. Damit wird Signor Khadan Degano hiermit als neues Ratsmitglied in den Lilienrat aufgenommen. Sein Stimmrecht gilt ab sofort."
Aufnahme von Khadan Degano als Ratsmitglied in den Lilienrat |
Nein (0):
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TOP 4: Mobilisierung des städtischen Heerbanns/der städtischen Flotte
Calvino ya Mornicala verkündete das Ergebnis: "Mit zehn ‘Ja’ Stimmen, bei zwei Enthaltungen beschließt der Lilienrat der Stadt Sewamund den Heerbann sowie die städtische Flotte zu mobilisieren, die Stadtmiliz einzuberufen, das städtische Arsenal zu öffnen und das Kriegsrecht zu verhängen. Der Beschluss gilt ab sofort."
Drago Amarinto nickte zufrieden, winkte einen Soldaten der Sewakgarde heran, welcher ein eingerolltes Banner herantrug. Er entrollte es vorsichtig und nahm damit hinter Calvino ya Mornicala Aufstellung: Es war das zerschlissene und mit einigen alten Blutflecken verschmutzte Sewamunder Kriegsbanner, welches die Truppen der Stadt während dem Thronfolgekrieg siegreich in die Schlachten bei Morte Folnor und Trellin getragen hatten. Eine weitere Soldatin trat hinter den Senator der Stadt und entrollte das Seekriegsbanner Sewamunds, welches das Sewamunder Flaggschiff 'Broden von Tern' in die Seeschlacht von Phrygaios getragen hatte und welches trotz des Untergangs der 'Broden von Tern' gerettet werden konnte.
Mobilisierung des städtischen Heerbanns/der städtischen Flotte |
Nein (0):
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TOP 5: Ernennung eines Heerführers und Admirals und deren General- und Admiralstäbe
- Heerführer der Bundestruppen
- Kandidaten:
- Dareius Amarinto (Drago Amarintos Vorschlag)
- Gerodan Vistelli (Rahjane Vistellis Vorschlag)
- Calvino ya Mornicala erhob nach der Auszählung der Stimmen das Wort: "Mit 8 zu 4 Stimmen wurde gewählt als General der Bundestruppen und Heerführer Sewamunds sowie seiner Verbündeten: Cavalliere Dareius Amarinto!"
- Dareius Amarinto trat an den Sitzungstisch des Lilienrats, verneigte sich vor den Ratsmitgliedern und sprach: "Es ist mir eine Ehre, das Heer des Bundes gegen den blutrünstigen Tyrannen Irion von Streitebeck ins Feld zu führen, möge die Herrin Rondra samt ihrer göttlichen Geschwister auf unserer Seite stehen." Danach trat er vor die Kriegsbanner der Stadt, verneigte sich und küsste in einer symbolischen Geste die beiden Banner. Er übernahm das städtische Kriegsbanner mit der linken, wandte sich wieder zu den Lilienratsmitgliedern und streckte die rechte Faust in die Höhe: "Aut vincere, aut mori!"
- Bannerherr der Bundestruppen (Stellvertreter)
- Kandidaten:
- Khardan Luntfeld (schlägt sich selbst vor)
- Praiodan ter Braken (Drago Amarintos Vorschlag)
- Ludolfo di Piastinza d.J. (Tsaida Tribêcs Vorschlag)
- Crûvero dû Billanfonto (Aurelio van Kacheleens Vorschlag)
- Calvino ya Mornicala erhob nach der Auszählung der Stimmen das Wort: "Mit fünf Stimmen wurde gewählt als Bannerherr und Stellvertreter des Heerführers von Sewamunds sowie seiner Verbündeten: Esquirio Khardan Luntfeld!"
- Admiral/in der Bundesflotte
- Kandidaten:
- Gaspar van Kacheleen (Aurelio van Kacheleens Vorschlag)
- Amene Luntfeld (Khardan Luntfelds Vorschlag)
- Nestore Cortesinio (Gherita Cortesinios Vorschlag)
- Calvino ya Mornicala erhob nach der Auszählung der Stimmen das Wort: "Mit 5 Stimmen wurde gewählt als Admiral der Bundesflotte und Heerführer zur See von Sewamund sowie seiner Verbündeten: Esquirio Gaspar van Kacheleen!"
- Nach der Verkündung stand Gaspar van Kacheleen auf. Er wirkte ernst und war kurz in Gedanken versunken. Schließlich trat er ebenfalls vor den Sitzungstisch des Lilienrates, verneigte sich vor den Ratsmitgliedern und sprach: "Es liegt viel vor uns, bei Efferd, Sewamund erwartet, dass jedermann seine Pflicht tut."
- Bannerherr/in zur See der Bundesflotte (Stellvertreter)
- Kandidaten:
- Nestore Cortesinio (Gherita Cortesinios Vorschlag)
- Amene Luntfeld (Khardan Luntfelds Vorschlag)
- Sewakia van Hoven (Tsaida Tribêcs Vorschlag)
- Gaspar van Kacheleen (Aurelio van Kacheleens Vorschlag)
- Calvino ya Mornicala erhob nach der Auszählung der Stimmen das Wort: "Mit 3 Stimmen wurde gewählt als Bannerherr zur See und Stellvertreter des Heerführers zur See Sewamunds sowie seiner Verbündeten: Esquirio Nestore Cortesinio!"
- Der etwas aufgeregt wirkende junge Seeoffizier Nestore Cortesinio trat mit schwungvollem Schritt und leuchtenden Augen vor den Rat und sprach: "Sewamund erwartet, dass jeder Mann und jede Frau seine Pflicht tut. Lasst uns erst den Sieg erringen und dann das Beste daraus machen!"
- Rahjane Vistelli klatschte begeistert in die Hände. Papagei Horasio krächzte: "Krah, seine Pflicht, krah!" Tsaida Tribêc warf ihrer Tochter (und dem Papagei) einen missbilligenden Blick zu.
- Kommandant der städtischen Garnison von Sewamund
- Kandidaten:
- Praiodan ter Braken (Tsaida Tribêcs Vorschlag)
- Drago Amarinto (schlägt sich selbst vor)
- Calvino ya Mornicala erhob nach der Auszählung der Stimmen das Wort: "Mit 6 Stimmen und nach phexischem Gottesentscheid wurde gewählt als Kommandant der Garnison der Stadt Sewamund: Esquirio Praiodan ter Braken!"
- Praiodan ter Braken trat vor, verneigte sich vor den Ratsmitgliedern und sprach: "Der Lilienrat ehrt mich und meine Familie mit dieser Verantwortung. Ich werde den Rat nicht enttäuschen."
TOP 6., 7. und 8.
Tsaida Tribêc erhob sich zunächst und wandte sich an die anderen. "Meine Verbündete, es ist unerlässlich, dass wir darüber nachdenken, wie wir mit den Unterstützern von Irion von Streitebeck umgehen sollen. Diese Anhänger könnten weiterhin eine Bedrohung für Sewamund darstellen, und wir müssen sicherstellen, dass sie keinen Einfluss mehr auf unsere Stadt ausüben können. Wir sollten uns auf Maßnahmen zur Entwaffnung und Überwachung dieser Unterstützer einigen, um die Sicherheit Sewamunds zu gewährleisten.“
Ihre Worte zeugten davon, die Stadt vor weiterem Unheil zu bewahren, selbst wenn Irion von Streitebeck bereits abgesetzt sein sollte.
Rahjane Vistelli schloss sich natürlich dieser Meinung an und sprach den Diebstahl von Stadteigentum durch Commodora Karianna Degano an. "Was den Diebstahl von Stadteigentum durch Commodora Karianna Degano betrifft, sollten wir sicherstellen, dass diese Angelegenheit gründlich untersucht wird. Es ist wichtig, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Wir müssen klären, wie es zu dieser Verfehlung kommen konnte und wie wir sicherstellen können, dass so etwas nicht wieder geschieht."
Ihre Stimme war ruhig, aber bestimmt, als sie ihre Ansichten darlegte.
Schließlich sprach Tsaida Tribêc das Thema des Rechtsgutachtens von Leonora Tribêc und Leon Garlischgrötz an. "Was das Rechtsgutachten meiner werten Schwester zur Unterbesteuerung von Sewamund betrifft, sollten wir dieses Gutachten gründlich prüfen und sicherstellen, dass wir die besten Wege finden, die finanzielle Stabilität der Stadt zu gewährleisten. Wir müssen darauf achten, die Sewamunder nicht unverhältnismäßig stark zu belasten, aber auch sicherstellen, dass Sewamund die notwendigen Ressourcen für Verteidigung und Entwicklung hat."
Ihre Worte zeigten, dass sie sich sowohl um die finanzielle Gesundheit der Stadt als auch um das Wohl der Sewamunder sorgte.
Khadan Degano hob die Hand: "Ich bitte darum, dass die verehrte und nun ehemalige Commodora auf eigenen Wunsch und Kraft eigener Arroganz nun den Namen Karianna Degator trägt und dementsprechend auch so zu titulieren ist. Ab davon würde ich vorschlagen, dass wir diese Punkte auf später verschieben, wenn feststeht, dass der Streitebeck uns nicht alle davongejagt hat…!" Viele der Ratsmitglieder nickten zustimmend.
Aurelio van Kacheleen war es zwar nicht recht, dass nicht sofort klare Maßnahmen ergriffen wurden, aber die Situation gab jetzt eine lange Diskussion einfach nicht her. Er dachte da den vermeintlichen Bankraub vor vielen Götterläufen und dass diejenigen immer noch nicht zur Rechenschaft gezogen wurden. Bei Efferd, das sollte mit der ehemaligen Commodora wahrlich nicht passieren. Jeder Hafenmeister, jeder Kapitän in jedem Hafen sollte informiert werden und sachdienliche Hinweise geben. Ein Kriegsschiff einfach so zu stehlen. Er lief vor Wut rot an, während er sprach. "Wir haben nun Wichtigeres zu entscheiden, dennoch sollten wir Boten in jeden Hafen von hier nach Al’Anfa schicken und eine Belohnung ausloben, ich erwarte, die Commodora eines Tages hier vor dem Lilienrat zu sehen und ich erwarte unser Schiff zurück in seinem Heimathafen." Dann setzte er sich wieder. Dennoch blieb dieser ungewohnt hochrote Stich noch einige Minuten auf seiner Haut.
Khadan Degano erhob sich erneut und sichtlich bemüht, dem Geschäftspartner Aurelio van Kacheleen schnell etwas zu entgegnen: "Nur um dies klarzustellen. Ich wollte mit meinen Worten keineswegs andeuten, dass meine ehemalige Verwandte ohne Verhandlung mit ihrem Taten davonkommen sollte. Die Familie Degano ist ebenso empört und letztendlich dreifach gestraft durch diese Tat. Nicht nur, dass wir viele ehemals geachtete und nun eine schmerzhafte Lücke hinterlassende Familienmitglieder verloren haben. Nicht nur, dass wir als Teil des Patriziats und der Stadt Sewamund den Verlust des Flaggschiffes unserer Flotte ertragen müssen…gerade in den Zeiten, wo es so sehr gebraucht wird. Dazu kommt auch noch, dass Karianna ja ebenfalls die ‘Haimaul’ mitgenommen hat. Ein Schiff, das wir mühsam und mit Blut vor Phrygaios erobert haben. Mit viel Geld und Fleiß danach instand gesetzt, ich selbst habe Stunden damit verbracht, es zu reparieren seinerzeit. Mein Advokat mag darin einen Vorteil sehen und sagen, dass so sämtliche Ansprüche der Familie Degator am Besitz der Familie Degano nichtig bzw. abgegolten sind. Doch mein Herz ist schwer. Ebenso wie die 'Stolz von Sewamund' war es mir immer eine Freude und eine Beruhigung, das Schiff unseren Hafen und unsere Stadt schirmen zu sehen. Doch wie gesagt, die Umstände zwingen uns, diese Taten vorerst ungesühnt zu lassen und uns der direkten und akuten Bedrohung zu stellen!"
Aurelio van Kacheleen nickte Khadan Degano aufmunternd zu. "Ihr könnt Euch sicher sein, dass unsere Familie der Euren in dieser schweren Zeit beisteht. Zu tief war ich mit dem guten Holdur verbunden. Verzeiht meinen Gefühlsausbruch."
Khadan Degano neigte dankbar kurz das Haupt: "Der Tod von Holdur Degano war für meine Familie eine Zäsur und Katastrophe, die bis dieser Tage nachwirkt. Ich hoffe, es gelingt mir nun, sein Werk fortzusetzen, und bedanke mich für das Verständnis und Zuspruch."
Calvino ya Mornicala blickte in die Gesichter der anwesenden Ratsmitglieder: "In Anbetracht der aktuellen Situation werden daher die Punkte 6, 7 und 8 von der Tagesordnung bis zur nächsten Sitzung des Lilienrats vertagt. Im Namen der Stadt Sewamund und Lilienrats wird die Sitzung hiermit geschlossen." Allen Anwesenden war bewusst, dass diese Worte eine neue Ära einleiteten, hatte der Senator doch kurzerhand die übliche Schlußformel abgewandelt und den Teil '..., des Barons von Sewamund...' ausgelassen.
Lagebesprechung
Tagesordnung für die Lagebesprechung
- Der "mysteriöse Fremde" bittet um das Wort
- Militärische Strategie zu Land & Inventur der Truppen
- Militärische Strategie zur See & Inventur der Schiffe, Geschütze, Vorräte und Seekrieger
Der “Mysteriöse Fremde” bittet um das Wort
Der maskierte Fremde hatte sich während der Lilienratssitzung im Hintergrund gehalten und war zumeist ins Gespräch mit den verschiedenen Condottieres vertieft. Der geneigte Beobachter konnte dabei stets seine ausschweifenden Gesten, das selbstbewusste Lächeln an der Grenze zur Arroganz, seine offensichtlich teure und gezielt gewählte Kleidung observieren. Der Mann war offensichtlich kein Geck, aber gab sich jede Mühe, als solcher zu erscheinen. Offenbar war alles an ihm eine Maske, denn unter dem ganzen Gehabe verbargen sich für das aufmerksame Auge die koordinierten Bewegungen eines Soldaten.
Nachdem ihm das Wort erteilt worden war, trat er vor die versammelten Bundesgenossen und verneigte sich. Bei jedem Schritt legte er mehr und mehr seinen künstlichen Habitus, ja sogar seinen Federhut und seine Seidenhandschuhe ab und reichte diese einem Diener. Als er schließlich zu sprechen begann, war sogar sein methumischer Dialekt gänzlich verschwunden, wie bei einer Schlange, die sich langsam immer mehr häutete.
Als er schließlich sprach, so sprach er mit einem klaren phecadischen Dialekt, wie er an der Grenze zum Windhag gesprochen wurde.
“Liebe Bundesgenossen, geschätzte Signoras und Signores, ich danke euch nochmals für das Vertrauen und gedenke nun meinen Teil der Abmachung zu erfüllen und euch endlich meine Identität preiszugeben. Denn nun ist der Zeitpunkt gekommen, wo es gilt, mit Irion von Streitebeck endgültig abzurechnen. Dem Tyrannen und meinem ‘Vater’...” Die letzten Worte sprach er mit sichtlicher Abscheu aus.
Langsam zog er sich die Maske vom Gesicht und dahinter kam ein, dem ein oder anderen durchaus bekanntes Gesicht zum Vorschein: Rondrarich von Streitebeck, der adoptierte Sohn Irions und designierte Nachfolger als Baron von Sewamund.
Aurelio van Kacheleen zeigte ein teilnahmsloses Gesicht ohne Regung. Schnell tauschte er Blicke mit Cavalliere Dareius Amarinto, Esquirio Ludolfo di Piastinza d.J. und Esquiria Gherita Cortesinio, Esquirio Khadan Degano aus und beobachtete deren Reaktionen. Er wartete auf weitere Äußerungen Rondrarichs.
Dareius Amarinto war sichtlich verblüfft und versuchte auch gar nicht, das zu verheimlichen. Er wusste zwar um die Differenzen im Haus Streitebeck, aber hatte nicht erwartet, dass Irions designierter Erbe den Aufstand gegen den eigenen Adoptivvater proben würde. Als Aurelio van Kacheleen zu ihm herüber sah, legte er kurz die Stirn in Falten und wandte sich dann wieder Rondrarich zu. Nun war er wirklich neugierig zu erfahren, was ihn dazu gebracht hatte, dieses enorme Risiko einzugehen und sich gegen Irion zu stellen.
Gherita Cortesinio hielt die Hand vor den vor Erstaunen geöffneten Mund, um sich kurz drauf mit dem Fächer frische Luft zuzuwedeln. Vor lauter Erstaunen nahm sie den Blick von Aurelio nicht wahr.
Dimiona della Carenio entfuhr ein Laut der Überraschung. Sie blickte ihren Sohn Dragomaris fragend an, als wollte sie sich versichern, dass auch er nichts von der Person hinter der Maskerade gewusst hatte.
Khadan Degano war ebenfalls sichtlich überrascht und schien vollkommen ahnungslos. Es würde niemanden wundern, wenn der Esquirio, sollte jemand danach fragen, zugeben müsste, vollkommen ahnungslos über diesen internen Streit innerhalb der Familie Streitebeck gewesen zu sein. Ja, es war sogar fraglich, ob ihm die schlichte Existenz des Erben bekannt war. Weniger offensichtlich und wohl nur von einem Magier mittels Gedankenlesen zu erkennen, fragte sich Khadan nach der Offenbarung allerdings, ob das ganze Drama am Ende nur wegen den Ambitionen des Sohnes, den Vater zu ersetzen, stattfand und wie er das finden sollte, dass die Leben von so vielen Menschen deshalb in Gefahr gebracht werden. Sowohl ihr leibliches Wohl als auch ihr Leben im Sinne von Wohlstand und Broterwerb. Khadan wandte sich in Richtung Streitebeck.
"Verzeiht mir die gleich folgende Frage. Ich bin neu in diesem Rat und dazu im Grunde meines Herzens Schiffbauer und kein Diplomat. Könnt ihr kurz überzeugend darlegen, was euch dazu bringt, den eigenen Vater so zu hassen, dass ihr ihn stürzen wollt und ebenso, welche Rolle ihr euch selber, sollte unser aller Vorhaben gelingen, in der Zukunft zugedacht habt?"
Rondrarich von Streitebecks Gesichtszüge verhärteten sich. "Dieser Mann ist nicht mein Vater, auch wenn er mich adoptiert haben mag. Mein Vater ist Isidor von Yaladan und wird es immer bleiben. Aber ihr fragtet warum ich Baron Irion so sehr hasse? Das ist einfach zu beantworten, er hat meine Eltern töten lassen und dafür muss er sterben." Die Entschlossenheit in Rondrarichs blick ließ keine Zweifel zu, dass er es todernst meinte.
Khadan Degano sah sich kurz um. Fast schien es, als ob er jemanden suchen würde. Hinter seiner Stirn ging tatsächlich ein solcher Gedanke durch seinen Kopf. Er wünschte sich Rubec herbei. Der Abgänger der Akademie der Kriegs- und Lebenskunst zu Vinsalt war perfekt für sowas hier vorbereitet. Er dagegen fühlte sich gerade wie an seinem ersten Lehrtag in der Schreinerwerkstatt von Meister Gepetto. "Verzeiht mein Unwissen und meinen Fehler bezüglich eures Adoptivvaters. Ich bin noch nicht lange Ratsmitglied und meine Vorgängerin hat nun…keine Übergabe gemacht." Khadan sah sich den nun nicht mehr unbekannten Fremden einmal genau an. "Nun davon ausgehend, dass diese Anschuldigungen beweisbar sind, auch vor einem Gericht bei dem genannter Mörder ebenso sprechen und eventuell sein Wort geben wird, dass die Dinge anders abgelaufen sind, ist diese Neuigkeit doch wohl von immenser Tragweite, will ich meinen. Ein findiger Advokat könnte damit sicherlich herleiten, dass die Verbrechen gegenüber Sewamund und uns nur weitere einer ganzen Reihe von Verbrechen bis hin zu Mord sind und der Baron deshalb abzusetzen ist. Je nachdem, was eure Erwartungen sind, gibt dies aber natürlich auch ganz andere Möglichkeiten für eine Duellforderung. Wie wären denn eure Pläne, wenn ihr den Kurs bestimmen könntet?"
Rondrarich von Streitebeck überlegte einen Moment und blickte musternd in die Runde: "Natürlich könnte ich ihn zum Duell fordern, nichts lieber als das. Doch ich bezweifle, dass er diese Forderung annehmen würde. Nein, ein Mann wie der Baron muss auf anderem Weg bezwungen werden. Ihr fragtet ja auch, was ich tun würde, könnte ich den Kurs bestimmen. Eure Frage ehrt mich und gerne will ich euch mit allem, was ich über ihn weiß, zur Seite stehen. Nun, meiner Meinung nach gibt es nur zwei Wege, diesen Konflikt zu gewinnen. Zum einen, wenn Irion stirbt. Zum anderen, wenn wir den Herzog auf unsere Seite bekommen. Aber dazu müssen wir Fakten schaffen. Am ehesten erreichen wir dies, wenn wir seine militärische Macht brechen. Noch hat er viele Verbündete, das solltet ihr nicht unterschätzen. Aber wenn wir es schaffen, ihn in der Schlacht zu besiegen, bevor der Herzog zurückkehrt, werden sie ihm auch politisch von der Fahne gehen. Außerdem müssen wir dem Herzog ein Angebot machen für eine Neuordnung ohne Irion. Eine Neuordnung, die den Herzog zumindest nicht schlechter stellt und ihm Gelegenheit gibt, ihn fallen zu lassen und dabei sein Gesicht zu wahren, im besten Fall sogar souverän zu wirken." Während seiner Ausführungen war er mit entschlossenen Schritten vor den versammelten Gegnern Irions auf und ab geschritten, seine Stiefelabsätze untermalten seine Worte mit rhythmischem Klackern. Dann blieb er stehen und blickte wieder Khadan Degano an. "Aber um ehrlich zu sein, würde ich es vorziehen, ihn einfach zu erschlagen."
Die immer noch von der langen Kerkerhaft gezeichnete Gestalt von Gerbondo Filotrin schob sich nach vorne. Der Tuchmachermeister sah alt und dürr aus, aber ein jugendliches Feuer loderte in seinen Augen. "Nach allem, was Baron Irion mir und meiner Familie angetan hat, bin ich offen gesagt nicht überrascht, dass er nicht einmal vor Mord in der eigenen Familie zurückschreckt. Ich möchte euch alle daran erinnern, dass er mich 17 Götterläufe in einen Kerker verbannte, obwohl ich mithalf, die Herrschaft des Nupercanti zu beenden und ihm die Tore zu dieser Stadt öffnete. All das ohne Gerichtsprozess…meine Kinder dachten, ich wäre tot. Meine Enkel wuchsen ohne ihren Großvater auf. Nein, Signoras und Signores, Irion von Streitebeck ist ein Mann, der über Leichen geht, um zu bekommen, was er will. Er hat euch lange getäuscht und sitzt auf einem Thron aus Lügen. Aber das muss jetzt endlich ein Ende haben! Signor Rondrarich hat Recht, wir müssen handeln und uns in eine Position bringen, in welcher der Herzog keine andere Wahl hat, als den Baron fallen zu lassen." Er wandte sich an Rondrarich von Streitebeck und nahm dessen behandschuhte rechte Hand in seine feingliedrigen Hände, blickte ihm lange in die Augen und sprach mit sanfter Stimme. "Signor, ich fühle mit Euch und bedauere Euren Verlust."
Überraschend tönte es aus der Richtung des bislang auffällig schweigenden Khardan Luntfeld: "Nun, über Leichen würden wohl noch viele von uns gehen, wenn sie wüssten, damit durchzukommen. Wer hat denn eigentlich damals den Nupercanti getötet oder töten lassen? Der Streitebeck und war dies womöglich der wahre Grund eurer Kerkerhaft, Filotrin. Ihr wart ein Mittäter oder Mitwisser?"
Sogleich winkte Khardan jedoch ab. Es war nicht seine Absicht, unter den Verbündeten einen Streit vom Zaun zu brechen. An die Runde aller Anwesenden gewandt fuhr er fort: "Fakten schaffen und die Sache so schnell wie möglich zu Ende bringen, ehe der Herzog sich der Sache annimmt oder womöglich der Veliriser sich einmischt, wollen in dieser Sache beide Parteien. Doch so einfach ist die Sache nicht. Der Lilienrat hat der Steuererhöhung offiziell zugestimmt, auch wenn das Ergebnis offensichtlich manipuliert war. Außerdem," Khardan blickte Dareius Amarinto und Amaldo di Piastinza direkt in die Augen, “habt ihr beide Felonie begangen. So etwas darf der Herzog nicht ungestraft durchgehen lassen. Und wer immer einem toten Irion als Baron von Sewamund oder Herr von Streitebeck nachfolgen sollte - Khardan blickte jetzt auf Rondrarich -, Cusimo würde ihm nicht vertrauen können. Womöglich versuchte er die Gelegenheit zu nutzen, Titel und Ländereien einzuziehen und neu zu vergeben - so ist Irion seinerzeit Baron geworden und wer von uns könnte Cusimo daran hindern, Selchion wieder einzusetzen? Außerdem hatten Irion und Tsaida Tribêc stets gute Kontakte an den Herzogshof, während unsere Familien es doch eher mit der Phecadigarde hielten." Khardan zuckte mit den Schultern. "Cusimo auf unsere Seite ziehen” zu wollen, halte ich bestenfalls für waghalsig. Ihn dagegen in eine Situation zu manövrieren, wo er sich angesichts vollendeter Tatsachen und Reue und Unterwerfung von uns Rebellen gönnerhaft und großzügig zeigen und vergeben kann…"
Tsaida Tribêc lauschte den Worten Rondrarichs aufmerksam und betrachtete den jungen Mann genau, als er seine Maske ablegte und seine wahre Identität preisgab. Ein Ausdruck von Überraschung und Interesse zeigte sich auf ihrem Gesicht, als sie ihn erkannte, Rondrarich von Streitebeck, den adoptierten Sohn des Barons, der sich nun gegen seinen Adoptivvater stellte.
Als Rondrarich über die Gründe für seine Gefühlsaufwallung sprach, spürte Tsaida die Abscheu in seinen Worten. Ihre Gedanken wanderten zu den komplexen Intrigen und dunklen Machenschaften der Adelswelt. Die Entwicklung überraschte sie, aber sie erkannte auch die Optionen, die sich daraus ergaben.
Khadan Degano stellte kluge und bedachte Fragen, die die Hintergründe weiter beleuchteten. Tsaida beobachtete Rondrarichs dabei Reaktion sorgfältig. Als Rondrarich von der Möglichkeit eines Duells sprach, ging Tsaida in sich und dachte nach.
Als Gerbondo Rondrarich von Streitebeck sein Beileid aussprach, nickte Tsaida anerkennend. "Gerbondo, eure Worte sind herzergreifend, und ich teile euren Schmerz. Lasst uns gemeinsam daran arbeiten, eine Zukunft für Sewamund zu schaffen, die frei von Tyrannei und Unterdrückung ist."
Rahjane Vistelli hörte aufmerksam zu und verfolgte die Gespräche der Verschwörerrunde. Die Offenbarung von Rondrarich faszinierte sie. Sie spürte eine unerwartete Verbindung zu dem fast gleichaltrigen Mann. Sein Wunsch nach Rache und Gerechtigkeit berührte sie auf unerwartete Weise. Als Gerbondo Rondrarich von Streitebeck Mitgefühl entgegenbrachte, zeigte Rahjane ein leichtes Lächeln, das die Anerkennung für den Mut des jungen Mannes widerspiegelte.
Tsaida Tribêc erhob sich nun, ihre Augen funkelten. "Rondrarich von Streitebeck, eure Offenbarung bietet uns eine einzigartige Gelegenheit. Die Sünden eures Adoptivvaters Irion könnten der Schlüssel zu seinem Fall sein. Wir müssen dieses Wissen gekonnt nutzen, um Herzog Cusimo auf unsere Seite zu ziehen. Eine politische Lösung könnte effektiver sein als ein Duell, wenn wir es richtig anstellen."
Tsaida richtete ihren Blick auf Khadan Degano. "Khadan, eure Überlegungen sind durchaus berechtigt. Die Verfehlungen des Barons bieten uns die Möglichkeit, ihn nicht nur militärisch zu schwächen, sondern auch politisch zu entlarven. Doch Khardan Luntfeld hat ebenfalls valide Punkte angesprochen. Wir müssen sorgsam vorgehen, um nicht selbst in einen Strudel von Anklagen und Vergeltung zu geraten."
Sie wandte sich an die gesamte Versammlung. "Der Herzog muss überzeugt werden, dass die Zukunft Sewamunds ohne Irion von Streitebeck vielversprechender und für ihn das Beste ist. An Selchion mag ich dabei gar nicht denken, es war nicht zuletzt Cusimos Wunsch, ihn abzuziehen. Wir müssen klare und überzeugende Gründe vorbringen, um Cusimos Unterstützung gewinnen können. Die Unterstützung von Rondrarich von Streitebeck kann uns dabei von Nutzen sein, doch wir müssen auch die politischen Realitäten im Auge behalten."
Rahjane Vistelli erhob sich nun ebenfalls und sprach mit einem leicht bewundernden Ton zu Rondrarich. "Rondrarich, eure Entscheidung, euch gegen Irion zu stellen, verdient Respekt. Eure Bereitschaft, Sewamund von ihm zu befreien, zeigt wahren Mut. Lasst uns gemeinsam die Zukunft unserer Stadt gestalten."
Sie wandte sich an die anderen Anwesenden. "Lasst uns gemeinsam einen Plan erarbeiten, der die Macht von Irion von Streitebeck bricht und gleichzeitig den Herzog davon überzeugt, dass wir die bessere Alternative sind." Ihr Papagei Horasio hätte die Worte ihrer Mutter nicht besser wiederholen können.
"Wohl gesprochen, werte Rahjane", meldete sich Dimiona della Carenio zu Wort, die sich bislang die verschiedenen Wortäußerungen angehört hatte. "Diese Demaskierung bringt wahrlich eine interessante Wendung, die uns in diesem Ränkespiel womöglich äußerst hilfreich sein kann. Eure Motive, verehrter Rondrarich von Streitebeck, sind mehr als nachvollziehbar, doch wie Khadan Deganos und Khardan Luntfelds Einwürfe deutlich machten, gilt es so einiges zu bedenken. Es geht schließlich um die Zukunft Sewamunds!"
Aurelio van Kacheleen hatte der sich entwickelnden Unterhaltung aufmerksam, teils staunend und doch bisher zurückhaltend beigewohnt. "Rondrarich von Streitebeck, ihr habt Großes vor. Es scheint mir, als seid Ihr zu allem entschlossen und das ist gut so und Ihr wisst vieles, was der Sache von Nutzen sein kann. Insbesondere Eure Kontakte sollten wir alsbald nutzen. Ich hätte da so einige Ideen. Dreh- und Angelpunkt ist der Herzog." Er lächelte vielsagend und ergänzte "Mein Plan ist, die Besteuerungsgrundlage, die zu unserem großen Bedauern äußerst knapp durch den Lilienrat bestätigt wurde, beinhaltet aus meiner Sicht viele handwerkliche Schnitzer. Ich habe als kundiger im Finanzwesen einen Gegenvorschlag erarbeitet und werde diesen im Anschluss an dieses Treffen jeden in einer Depesche zur Verfügung stellen." An die Baronessa Tsaida Tribêc gewandt "Ich brauche Eure Expertise, geschätzte Baronessa. Ein zeitnahes Treffen sollten wir anberaumen. Ein Exemplar wird soeben an den Toren eures Palazzos durch einen meiner Boten abgegeben".
Anschließend drehte er sich um zu Gerbondo Filotrin. "Mit Euch kommt eines der Gesichter der alten Wirren zurück. Ein Held aus fast vergessenen Tagen. Gerbondo, mein Haus steht euch offen. Meine Gastfreundschaft gilt der Euren Familie. Es bedarf beizeiten eines Helden, um zueinander fest zu finden. Ich betrachte Euch als diesen Helden." Dann sprach er zu allen.
"Lasst uns unseren Bund für ein freies Sewamund mit einem neuen Pakt bekräftigen. Einst lebte der Dreilienbund auf... Hoch lebe Sewamund, hoch lebe der Bund.” Er machte eine weitere Pause und ergänzte. "Hoch lebe der Sewamunder Bund."
Anschließend mit gedämpfter Stimme "So lasst uns alles über Iron von Streitebeck zusammentragen, als feste und sichere Belege, die dem kritischen Auge des Herzogs standhalten und dazu führen sollten, nein, müssen, dass Recht gesprochen werden kann. Es geht um nichts anderes als um Sewamund."
Khadan Degano wartete eine ganze Weile, bevor er erneut das Wort ergriff.
"Ich bin mir sicher, es gibt noch jede Menge, was man darüber beraten und vermuten könnte. Doch ich würde an dieser Stelle dazu raten….darum bitten, dass wir nun zunächst beraten und beschließen, was die nächsten konkreten Schritte sind. Ich halte es für sehr wichtig, dass wir ins Agieren kommen…was wir unternehmen, mag nun erst besprochen werden. Aber wir müssen es beschließen und dann muss begonnen werden, es umzusetzen. Sonst werden wir gefühlt noch bis zum Jahresende hier sitzen und am Ende von die Tür eintretenden Soldaten des Barons festgesetzt. Nur mit Reden kommen wir nicht weiter! Welche Strategie zu Land und zu Wasser wollen wir verfolgen? Wer und was soll beginnen, die Strategien umzusetzen. Das müssen wir jetzt klären!"
Rondrarich von Streitebeck hatte den Ausführungen der Sewamunder Patrizier aufmerksam gelauscht, den wohlwollenden Stimmen nickte er in einer dankbaren Geste zu.
Dareius Amarinto ergriff nun noch einmal das Wort: "Signor Degano hat Recht, der Baron steht vor unseren Toren und die Zeit spielt gegen uns. Diesen Kampf gewinnen wir weder auf dem Schlachtfeld, noch der diplomatischen Bühne oder durch moralische Überlegenheit alleine. Geschätzte Freunde und Verbündete, wir werden jeden noch so kleinen Vorteil benötigen, um aus diesem Konflikt siegreich hervor zu gehen.” Er wandte sich an an Rondrarich von Streitebeck: "Ihr, Signor Streitebeck, seit eine entscheidende Figur auf unserem Spielfeld. Ich bin wahrlich froh Euch auf unserer Seite zu wissen, auch wenn die Umstände offenbar eine große Tragik in sich tragen. Doch lasst mich Euch versichern, viele von uns können den Schmerz durch Euren Verlust nachvollziehen." Er blickte traurig zu Gherita Cortesinio, Khardan Luntfeld, Tsaida Tribêc und seinem Onkel Drago Amarinto. Dann ging er einige Schritte auf Rondrarich von Streitebeck zu und reichte ihm die Hand. "Wir fühlen euren Schmerz, auch wir haben durch Irion von Streitebeck geliebte Menschen verloren. Dieser Schmerz, dieser Verlust, sollte uns allen eine Mahnung sein…nur GEMEINSAM werden die schändlichen Untaten dieses Mannes sühnen, nur GEMEINSAM werden wir Gerechtigkeit zurück in unsere geliebte Heimatstadt bringen können." Nach dem Handschlag umarmte er Rondrarich in einer brüderlichen Geste. Die beiden legten sich gegenseitig einen Arm auf die Schulter und wandten sich gemeinsam an den Rest der Patrizier. Rondrarich von Streitbebeck blickte mit wilder Entschlossenheit in die Runde: "So sei es, GEMEINSAM werden wir den Tyrannen stürzen! Es wartet viel Arbeit auf uns, lasst uns beginnen…"
Militärische Strategie zu Land & Inventur der Truppen
Aufklärung
Die militärischen Führungsköpfe der Allianz hatten sich nun um den großen Planungstisch mit den Karten Phecadiens, Sewakiens und der angrenzenden Regionen versammelt. Ein Adjutant hatte die strategischen Holzfiguren aus dem Generalstab in der Burg Sewakstein herangeschafft und Dareius Amarinto begann nun, diese entsprechend dem aktuellen Kenntnisstand aufzustellen. Er platzierte drei große Heerhaufen von weißen Holzfiguren außerhalb der Stadt, einen großen in Amarinto, zwei kleinere in den Weilern Kosgarten (zwischen Norderau und Sewamund) und Mabêc (zwischen Mortêc und Sewamund). Dann platzierte er je einen Haufen von roten Holzfiguren in Sewamund, vor den Toren Trafiumes und etwas weiter südlich in L’Odina. "Soweit wir wissen, sind Irions Truppen in drei Gruppen aufgeteilt, die Hauptarmee mit Haustruppen der Streitebeck und vermutlich Drôler Söldnern in Amarinto, ein kleinerer Heerhaufen der Wiesen-Osthzweyg, vermutlich Haustruppen sowie einige Söldner, in Mabêc. Zudem noch ein schwer einschätzbar Haufen von Söldnern in Kosgarten. Letztere haben wohl das Castell della Leonis im Handstreich genommen. Wir sollten uns also in Acht nehmen, wir haben es offenbar mit gefährlichen Veteranen zu tun. Wir wissen nichts genaues über weitere Truppen in den Diensten des Barons, sollten aber auf alles vorbereitet sein. Selbst eine Landung mit Schiffen in unserem Rücken können wir nicht ausschließen." Er zeigte nun auf die rot lackierten Holzfiguren. "Wir haben unsere Hauptarmee bereits in Sewamund und vor den Toren der Stadt im Süden gesammelt. Die Truppen Ruthors haben sich größtenteils in L’Odina versammelt und können innerhalb jederzeit schnell nach Sewamund verlegt werden." Dareius Amarinto blickte in Richtung seiner Cousine, der Baronin von Ruthor. Diese nickte entschlossen. Er wandte sich wieder an die versammelten Militärexperten. "Wir wissen nur sehr wenig über das Heer des Barons, Zusammensetzung, Verbündete, Schlagkraft und nicht zuletzt exakte Positionen. Wir müssen Späher aussenden, um mehr Klarheit zu gewinnen. Eine gefährliche Aufgabe, eine wichtige Aufgabe und zudem eine Aufgabe, die großes Risiko birgt. Aber auch eine Aufgabe, die großen Ruhm bereithält. Gibt es Freiwillige, die eine solche Mission anführen würden?" Er blickte fragend in die Runde.
Larona ya Scarpone saß auf einem der hintersten Plätze und hatte die Besprechung bisher gespannt verfolgt. Vorgestern war sie mit ihren frisch angeheuerten Söldnern der Unterfelser Briganten in Sewamund angekommen. Und nun saß sie hier zwischen den hohen Herren und Damen der Stadt. Immer wieder beobachtete sie Dareius Amarinto. Sie hatten sich gestern nur kurz gesehen und er war recht distanziert gewesen. Sie konnte das verstehen, dies war sicherlich der angespannten Situation geschuldet. Trotzdem hatte es ihr weh getan. Sie hatte ihn ganz anders in Erinnerung. Larona hatte der Bitte Dareius‘ entnommen, dass er sie für eine Aufklärungsmission brauchen könnte, deswegen zögerte sie nur einen kurzen Moment, bevor sie nun aufstand. "Signori, die Unterfelser Briganten stehen zu Eurer Verfügung! Ihr könnt mir den Auftrag erteilen. Doch wer bezahlt uns jetzt für die Aufklärungsmission? Es ist wie gesagt keine ungefährliche Angelegenheit." Daria della Carenio stand auf. "Die Familie della Carenio möchte gerne ihren Anteil an der Aufklärungsmission beitragen. Wir übernehmen die Finanzierung dieser Kundschafter. Voraussetzung ist, dass ihr Euch der Führung eines unserer Familienmitglieder anvertraut. Mit dieser Aufgabe werde ich meinen Sohn Dragomaris betrauen." Die Condottiera nickte zufrieden. "Das können wir annehmen, solange ich das Kommando über meine Leute habe.”
Crûvero dû Billanfonto schaute Dareius Amarinto tief in die Augen bei seiner Frage nach einem Freiwilligen, der dazu auch anführen wollen würde. Er hob dabei ganz natürlich seinen Arm und trat einen Schritt nach vorn. Anführen, das konnte er und das wollte er. "Signor, Ihr könnt auf mich zählen. Den Auftrag übernehme ich gerne, wenn dies gewünscht ist." Dann trat er vor die Versammelten. Scheinbar wirkte er sehr ruhig und gelassen. "Ich bräuchte hierzu fähige Männer und Frauen, die gewillt sind, in ein solches Alveranskommando mit starken Nerven einzusteigen und vor den Göttern bereit sind, unserer Stadt Sewamund diesen wertvollsten aller Dienste zu gewähren."
Baronessa Tsaida Tribêc erhob sich mit anmutiger Geste und sprach mit ruhiger Stimme: "Signor Amarinto, verehrte Militärführer und Mitbürger von Sewamund, ich danke Euch für Eure klaren Worte. In dieser Frage möchte ich nicht als Kämmerin von Sewamund, sondern als Signora von Tribêc an der Seite unserer geliebten Stadt stehen. Ich teile die Ansicht, dass wir für diese gefährliche Mission Spezialisten benötigen, die mit Finesse und taktischem Geschick agieren. In dieser Hinsicht bin ich bereit, meine Unterstützung anzubieten. Seid versichert, im Dorfe Tribêc hält sich bestimmt noch mindestens eine mir bekannte Person auf, die uns sozusagen von der anderen Seite Neuigkeiten wird überbringen können." Mit diesen Worten setzte sich die Baronessa Tsaida wieder, ihr Blick ruhte auf Crûvero dû Billanfonto und den versammelten Führungsköpfen. Rahjane Vistellis Blick ließ sich anmerken, dass sie keinen blassen Schimmer davon hatte, wovon ihre Mutter sprach. Aber rasch klärte sich dieser Blick hinter die höfische Maske und Rahjane blickte drein wie immer.
Crûvero dû Billanfonto nahm den Beitrag von Baronessa Tsaida Tribec interessiert zur Kenntnis. Innerlich war er froh darüber, in dieser erlauchten Runde überhaupt teilnehmen zu können und sogar sein Wort erheben zu dürfen. Dareius Amarinto war vom alten rondrianischen Schlag. Ein Mann, ein Wort. Ehre. Nun ergaben sich auf einem höchst dynamischen Schlachtfeld Situationen, die in Bruchteilen von Gedankengängen gelöst werden mussten, um Leben zu retten und damit den Vorteil zu bewahren. Hier waren sicherlich auch Methoden gefragt, die später zwar keinen Glanz versprühen, wohl aber einen strategischen Vorteil und hoffentlich einen Sieg einbringen könnten und wenn sie dazu führen, überhaupt überleben zu können. So sprach er: "Baronessa Tsaida Tribec. Ich bin bereit."
Meister Ucian van Hoven meldete sich zu Wort: "Ich hätte eine Idee anzubringen, werte Damen und Herren. Mir ist vor einigen Jahren zu Ohren gekommen, es gebe geheime Gänge und Tunnel unter der Stadt, mit denen man sich unbemerkt von hier nach dort bewegen könne." Einige in der Runde schienen überrascht über Ucians Kenntnisse dieser Untergrundpassagen, während andere neugierig aufhorchten. Einige skeptische Blicke wurden ausgetauscht.
Quinnia Trebenfurt runzelte die Stirn und äußerte sich skeptisch: "Geheime Gänge unter der Stadt? Das klingt nach Aberglauben und Märchen, nicht nach etwas, das in einem ernsten Kriegsplan berücksichtigt werden sollte." Ucian ter Hoven antwortete mit einem schelmischen Glitzern in den Augen: "Oh, ich versichere Ihnen, meine Herren, diese Gänge existieren. Ich habe vor vielen Jahren, in meiner Jugend, selbst einen davon genutzt, um einen besonderen Auftrag auszuführen. Wenn wir die genaue Lage und Beschaffenheit dieser Pfade kennen, könnten wir vielleicht tatsächlich Vorteile daraus ziehen." Die Anwesenden schauten sich gegenseitig an, und die Idee, diese geheimen Wege zu nutzen, begann sich in den Köpfen der Ratsmitglieder zu formen. Mancher, der den Bankraub nicht vergessen hatte, betrachtete Ucian mit undurchsichtigem Blick, während Tsaida Tribêc und Rahjane Vistelli ihre Überlegungen austauschten. Es schien, als ob diese unbekannten Pfade unter Sewamund neue strategische Möglichkeiten eröffnen könnten.
Dareius Amarinto war zunächst skeptisch, als Meister Ucian von diesen Gängen sprach, aber er sah keinen Grund, warum er die Unwahrheit sagen sollte. "Geschätzter Meister, erlaubt mir die Frage, wo diese Gänge enden und ob es also möglich wäre, einige Späher weit genug außerhalb der Stadt in die Nacht verschwinden zu lassen, ohne die Wachen des Barons zu alarmieren? Zudem stellt sich die Frage, ob man so vielleicht Truppen unbemerkt in die Flanke der gegnerischen Armee bewegen könnte?"
Aurelio van Kacheleen schreckte hoch. Über was redete der van Hoven da und bei Efferds Wogen, woher wusste er von diesen Gängen? Auf seiner Stirn bildeten sich viele Falten. Tief in ihm war dieser Stich in sein Herz zu fühlen. Gänge, Bankraub, Schande … mischten sich mit dem Verlangen nach Aufklärung, Wut und … Rache. Er und Crûvero tauschten sich kurz aus. "Meister Ucian van Hoven, erzählt uns mehr von diesen Gängen und dem Zwecke, warum diese angelegt wurden? Befindet sich gar in dem Neu-Hovenhaus ein Zugang zu diesem Tunnelsystem? Sicherlich ist Euch bekannt, dass Gereon van Hoven seit dem Kauf des Hauses vertraglich für unser Haus tätig ist." Noch kratzte Aurelio an der Oberfläche.
Auch Khardan Luntfeld zog eine Augenbraue hoch. Er war nicht überzeugt, dass die Stadt wirklich so untertunnelt war, wie van Hoven sagte, dazu war der Grundwasserspiegel aufgrund des nahen Meeres doch viel zu hoch, oder nicht? Insgeheim war er allerdings entschlossen, die Keller und Fundamente des Palazzo Luntfeld sehr gründlich kontrollieren und weitere Informationen in Steinmetz- und Baumeisterkreisen einholen zu lassen.
Dareius Amarinto wandte sich nochmals an Ucian van Hoven und Praiodan ter Braken, während das Stimmengewirr im Hintergrund an Intensität gewann: "Nun gut, ich bin gerne bereit mich auf Euer Wort zu verlassen. Geht morgen mit Capitan ter Braken und einigen seiner Männern los und erkundet die Tunnel und berichtet mir danach wie wir sie zu unserem Vorteil nutzen können." Praiodan ter Braken nickte und auch Ucian van Hoven nickte mit einem selbstbewussten Lächeln.
Bekannte Informationen über das Heer des Barons
Gemeinsam trug man alle verfügbaren Informationen über das Heer des Barons zusammen und kam zu folgendem Ergebnis:
- Hauptarmee (in Amarinto), wird von Irion von Streitebeck angeführt: etwa ein Regiment, besteht aus Splissergarde (Haustruppen der Streitebeck), Drôler Söldner (Neunte Kohorte, Drôler Pikeniere), Reiter der Goldenen Legion, Küstengarde (Haustruppen der Tribêc, stehen wohl heimlich auf Seiten des Lilienrats), dazu einige Raubritter und Strauchdiebe aus Garlan, zudem wurde das Banner der Stadt Odilshus gesehen, sowie einige unbekannte Kriegshaufen.
- Heerhaufen in Mabêc (zwischen Mortêc und Sewamund), wird von Alara von Wiesen-Osthzweyg angeführt: wird auf etwa ein bis zwei Bandieras geschätzt, darunter gesichert die Phecanischen Jäger (Haustruppen der Wiesen-Osthzweyg) und Söldner unter Condottiera Usvina Tribêc de Trebesco, vermutlich aber noch weitere unbekannte Einheiten.
- Heerhaufen in Kosgarten (zwischen Norderau und Sewamund), unklar, wer der Anführer ist: zwei bis vier Bandieras, es wurden die Banner von Arkos Schar und Zylvas Haufen gesichtet, unbestätigte Gerüchten sprechen auch von der Goldenen Distel. Hinzu kommen vermutlich auch Überläufer der Sewakgarde aus dem Castell della Leonis.
- Detachment im Castell della Leonis, unklar, wer der Anführer ist: unbekannte Anzahl von Truppen als Besatzung der Festung.
- Es ist anzunehmen, dass Irion von Streitebeck auch strategische Punkte im Hinterland der Baronie mit Truppen gesichert hat. Mögliche solche strategische Punkte wären: Tribêc (Hafen), Osthzweyg (Weg nach Norden durch den Phecanowald), Trestal (Weg nach Norden durch den Phecanowald), Weg von Nupercanti nach Pagon in der Baronie Veliris (Umgehung des Sewak).
Militärische Strategie
Nachdem die Aufklärung diskutiert worden war, wandte sich Dareius wieder an die Gruppe und sah vor allem Rondrarich von Streitebeck an. "Ich denke, ich spreche auch für Signor Rondrarich, wenn ich sage, ich würde nichts lieber tun, als Baron Irion zu einem Duell fordern, auch einem aufs dritte Blut, wenn wir damit diesen Konflikt ohne größeres Blutvergießen beenden könnten. Ich denke, es wäre einen Versuch wert, auch wenn ich ehrliche Zweifel hege, dass er ein solches persönliches Duell als Götterurteil annehmen würde. Der Baron mag ein überdurchschnittlicher Fechter sein, aber er ist auch ein kühl kalkulierender Mann. Das Risiko, alles zu verlieren, wäre ihm wohl zu groß. Eine Ablehnung der Forderung wäre zudem keine große Schande für ihn. Aber ich denke, es wäre einen Versuch wert, zumal es unsere Entschlossenheit auch nach außen deutlich untermauern würde. Eine Alternative wäre das Angebot, den Konflikt durch einen Stellvertreterkampf 12 gegen 12 Recken zu entscheiden. Wir sollten uns aber der Risiken eines solchen Vorgehens bewusst sein. Wir wissen wenig über die Armee des Barons, er hat sicherlich einige äußerst fähige Krieger in seinen Reihen. Meinungen?"
Crûvero dû Billanfonto zögerte auch diesmal nicht, während er mutig wie sicher sprach. "Es ist mir eine große Ehre, in Eurer Gegenwart sein zu dürfen." Bewundernd schaute er Dareius an. Viel hatte er über diesen Mann gehört. Beeindruckendes. "Kriege werden auf dem Schlachtfeld geschlagen, so sei es bei Rondra, aber sie werden doch in den Köpfen gewonnen." Dabei verneigte er sich vor Dareius. "Signor, Ihr seid ein Held der Stadt. Eure Weisheit und Kampfkraft sind bekannt und daher gefürchtet. Der Baron würde unter keinen Umständen in einen Zweikampf um alles oder den Tod mit Euch treten. Dazu ist Euer Schwertarm zu geübt." Crûvero schaute kurz zu seiner Schuhspitze. "Solange wir in Sewamund genug zu essen und zu trinken haben, wird es ein Geduldsspiel sein. Der längste Atem wird gewinnen. Aber wer hat den längsten Atem? Was passiert, wenn ein Land eines ehrbaren Sewamunders nach dem anderen durch die Söldner des Barons geplündert wird, in Flammen aufgeht, die dort ansässige Menschen hilflos sind und um Gnade betteln? Können wir solche Bilder ertragen? Ich stelle die Frage, wollen wir solche Bilder ertragen? Sicher ist, er wird dies alles unternehmen, nur um uns zu reizen, um uns zu locken. Die sichere Stadt zu verlassen." Er setzte eine Pause. "Und er würde damit wohl Erfolg haben. Dennoch liegt meine tiefste Überzeugung darin, selbst das Heft des Handelns in den eigenen Händen zu behalten. Es sollte uns obliegen, zu agieren. Der Baron sollte zum Reagieren gezwungen werden. Zum Nachdenken. Grübeln sollte er und fluchen. Nennen wir es die Macht der 1000 Nadelstiche. Hier ein Angriff auf eine Nachhut, dort ein Angriff auf eine Vorhut. Ein abgebranntes Lager. Vernichtetes Essen. Tote Reitpferde. Hinterhalte, Fallen. Unterbrechung der Versorgung. Angriffe aus dem Hinterhalt. Angriffe in den Rücken der Verteidigung. Ein plötzlicher Pfeilhagel aus dem Nichts." Er schaute nun von einem zum anderen. "Wir müssen in seinem Kopf stattfinden und in den Köpfen seiner Mannen und Söldner. Es ihnen schwer machen, ihnen die Lust am Kampf zu nehmen. Sie zu frustrieren. Ey." Das „Ey“ sagte er sehr laut. Anschließend verneigte sich Crûvero und trat zurück ins Glied. "Ihr könnt auf mich zählen." Stolz stand er nun inmitten der wichtigsten Entscheider dieser stolzen Stadt Sewamund.
'Dareius Amarinto lächelte angespannt in Anbetracht der Lobeshymnen. Die Worte schmeichelten seinem Ego, aber er versuchte, sich selbst daran zu erinnern, dass man Irion von Streitebeck keineswegs unterschätzen durfte. Er war nicht nur ein brillanter Politiker, sondern auch ein gefährlicher Fechter. Unzweifelhaft war er im Kampf erfahrener als der Streitebeck, dazu noch jünger, aber Arroganz oder überzogenes Selbstbewusstsein hatte schon andere "Helden" zu Fall gebracht. Er hob beschwichtigend die Hände. "Habt Dank, mein Herr, für Eure schmeichelhaften Worte. Doch mag es etwas vorschnell sein, von Helden zu sprechen. Noch ist nichts erreicht, die Arbeit liegt noch vor uns. Wir sollten nicht den Fehler machen, uns im Selbstlob zu ergehen, solange der Kampf nicht gewonnen ist. Ich verstehe eure Perspektive, der Krieg ist oft nicht so schön wie in alten Büchern und Erzählungen. Dennoch habe ich Hoffnung, dass wir mit Baron Irion von Streitebeck einem Mann gegenüberstehen, der die Götter achtet, der die Gebote der Herrin Rondra achtet. Ich denke, wir können ihn von einem ehrenhaften Götterentscheid, sei es auf dem Schlachtfeld oder im Duell, überzeugen. Er wird darauf eingehen, wenn wir ihm das Gefühl geben können, uns überlegen zu sein. Aber unsere Chance zum Sieg ist gegeben, wenn wir ihm dieses Gefühl geben können, ohne dass es den Tatsachen entspricht. Wir müssen also unsere militärischen Kapazitäten bündeln und effektiv nutzen, während wir den Baron ablenken, in Sicherheit wiegen und ein falsches Bild von Verzweiflung vermitteln. Dann bekommen wir unseren entscheidenden Kampf und, wenn wir es klug anstellen, stehen dann die Zeichen gut für unseren Sieg." Er blickte auf die strategische Karte vor ihm. "Vielleicht können wir einen Zwist unter unseren Verbündeten inszenieren und die Information darüber an den Feind durchsickern lassen?"
Baronessa Tsaida Tribêc lächelte anerkennend und fügte mit einem Hauch von Ironie hinzu: "Euer wohlüberlegter und ritterlicher Ansatz, Dareius Amarinto, würde sicherlich die Gunst einer gewissen Rondinella von Trebesco gewinnen. Die Ehre und die Gebote der Herrin Rondra stehen zweifellos hoch im Kurs bei einigen Mitgliedern des Adels. Ein geschickt platziertes Gerücht über einen möglichen Götterentscheid durch Duell könnte sich schnell verbreiten und ihm die Aussicht auf einen ehrenhaften Ausgang bieten. In der Welt der Diplomatie und Intrigen kann eine gut gewählte Allianz genauso effektiv sein wie ein Schwert im Duell." Sie neigte leicht den Kopf in Richtung von Dareius und fügte hinzu: "Ich bete voller Hoffnung darum, dass wir auf einen Mann treffen, der die Werte Rondras in Ehren hält." Mit einem angedeuteten Knicks nahm sie wieder Platz.
Die Erwähnung von Rondinella von Trebesco traf einen wunden Punkt bei Dareius Amarinto, den er nur mühsam überspielen konnte. Der Konflikt hatte ihm bisher eine hervorragende Gelegenheit geboten, dieses Thema zu verdrängen, auch wenn seine Medica Orleane ya Pirras und seine Cousine Corvona di Bellafoldi einhellig davon abgeraten hatten. Das Aufeinandertreffen mit Rondinella beim Turnier in Mortêc, welches sie sogar noch in beeindruckender Manier gewann, die Offenlegung ihrer wahren Identität. All das kurz nach dem Aufeinandertreffen mit der atemberaubenden Turnierstreiterin Larona ya Scarpone. Das hatte sein sorgsam zurecht gelegtes Weltbild ins Wanken gebracht. Als ihn dann kurz nach dem Turnier noch der wunderbare, nach der Exotik und den Wundern des wilden Südens duftende Brief von Cavalliera Dela von Saladuk aus Chababien erreichte, war die emotionale Krise perfekt… Mit Mühe ordnete er seine Gedanken und sandte geistig einen, nicht ganz ernst gemeinten, Fluch an Tsaida Tribêc. Er straffte seine Schultern und setzte sein gewohntes Lächeln auf. "Ihr habt wie immer Recht Baronessa und ich teile Eure Hoffnung. Wir sollten ihm dieses Angebot eines Duells oder Götterentscheids so schnell es geht überbringen. Wer würde diese, der göttlichen Leuin gefällige, Aufgabe übernehmen? Zugleich wäre dies auch eine hervorragende Gelegenheit, mehr über das Heer des Barons herauszufinden." Er blickte erwartungsvoll in die Runde.
Aurelio van Kacheleen überlegte kurz bevor er sprach. Sicherlich wollte er sich aus den Spitzen der Vorrednerin vollends heraushalten. "Mein Sohn Horasio van Kacheleen könnte als Teil einer kleinen Delegation diesen heiklen Dienst übernehmen."
Der Rondrageweihte Leomar Tribêc, Raffaele della Carenio und Rubec Degano hatten stumm die Hand gehoben, während Aurelio van Kacheleen das Wort ergriffen hatte. Dareius Amarinto nickte den Vieren zu. "So sei es. Die Signores Horasio, Rafaele und Rubec sowie Euer Gnaden werden gemeinsam gehen. Ihr werdet morgen ein gesiegeltes Dokument mit der Forderung erhalten, welches ihr dem Baron und nur diesem übergebt. Eine kleine Bedeckung unter Parlamentärsflagge wird Euch bis zum Heerlager des Barons begleiten, danach seid Ihr wohl auf Euch alleine gestellt. Viel Erfolg und mögen die Herrin Rondra und ihre Geschwister mit Euch sein!"
Rahjane Vistelli, die still zugehört hatte, erhob sich, ihr Gesicht von nachdenklichem Ernst geprägt: "Der Gedanke, einen Zwist unter uns zu inszenieren, ist sehr reizvoll. Ich fiele bestimmt auf solcherlei Taktik hinein. Dennoch gebe ich zu Bedenken, dass Irion bestimmt auch Informanten in unserer Stadt hat. Wir müssen also bei der Inszenierung vorsichtig sein und unsere wahren Absichten verschleiern." Sie überlegte einen Herzschlag lang. Dann räusperte sie sich und blickte vorsichtig in die Runde. "Wer weiß, vielleicht beobachtet er uns ja jetzt schon? Wir könnten hier und jetzt eine Meinungsverschiedenheit oder Diskussion über die Strategie veranstalten. Vielleicht sogar eine öffentliche Auseinandersetzung, die aber letztendlich zu einem vorgetäuschten Kompromiss führt. Das Ganze könnten wir dem Baron als unüberwindbare Spaltung erscheinen lassen." Rahjane blickte in die Runde und schloss ihre Ausführungen mit den Worten: "Was haltet ihr von dieser Täuschung? Könnte sie uns helfen, den Baron von Sewamund zu überlisten?"
Dareius Amarinto wandte sich Rahjane Vistelli zu und nickte sanft während ihrer Ausführungen. "Danke, werte Baronessa. Ich stimme Euch zu, der Baron hat sicher seine Augen und Ohren überall in der Stadt. Gewiss ein Nachteil, der uns aber auch zum Vorteil gereichen kann, wenn wir es geschickt anstellen. Ein solche Täuschung muss jedoch realistisch wirken. Wenn wir verschiedene Versionen von dieser möglichen Spaltung verbreiten, könnte die Täuschung realer wirken, als wenn überall nur eine gleichlautende Version im Umlauf wäre."
Crûvero dû Billanfonto schmunzelte. So langsam kam Bewegung in diese Veranstaltung, die ganz nach seinem Geschmack war. Er und Aurelio tauschten sich erneut kurz aus, dann sprach er: "Eine Spaltung würde vieles bewirken können, insbesondere wenn sich diese Spaltung in einem nach außen wie innen gut begründeten Moment ergibt. Ein Streit unter Führenden, beispielsweise wegen einer Liebschaft oder das Platzen einer Geldschuld oder ähnlichem….” Er schaute zu Aurelio van Kacheleen, der merklich seit dem Bekanntwerden der unterirdischen Gänge und Tunnelsysteme getriebener wirkte. Aurelio spürte den Blick seines Condottiere. Ihr Blickkontakt stellte ein ehernes Band dar. "Herrschaften, bei den Zwölfen und bei allem, was mir und meinem Hause heilig ist", sprach Aurelio, "die Nachrichten zu diesem Tunnelsystem erwecken böse Erinnerungen in mir. Erinnerungen an eine Zeit, die ich für meine Familie vergessen lassen möchte." Er schnaufte tief, bevor er mit zittriger Stimme weiterfuhr: "Hiermit gelobe ich bei den Zwölfen, nicht weiter zu ruhen, bis die Ereignisse, die sich seinerzeit am Palazzo Aurelio abspielten, vollständig aufgeklärt sind. Zur Ergreifung und Bestrafung der Täter werde ich 100 Dukaten ausloben." Sichtlich ergriffen schaute Aurelio ins Rund der Versammelten.
Khardan Luntfeld nickte Aurelio anerkennend zu, konnte jedoch sein Schmunzeln über Rahjanes Vorschlag nicht ganz verbergen und hoffte von Aurelio deswegen nicht falsch verstanden worden sein. In seinen Augen war ihr Vorschlag ziemlich naiv: Sollte der Baron in diesem Kreis hier Spione haben - Khardan ging davon aus - wüsste er doch von diesem inszenierten Zerwürfnis vom ersten Augenblick an, dass es eben inszeniert war und würde es nicht ernst nehmen.
Militärische Strategie zur See & Inventur der Schiffe, Seekrieger, Geschütze und Vorräte
Verfügbare Schiffe, Seekrieger und Geschütze
Gemeinsam wurden eine Liste der verfügbaren Schiffe, Seekrieger und Geschütze zusammengestellt:
- Die Peraineblume liegt im Hafen, ist allerdings nur leicht bewaffnet.
- Die Fleute Alliane sowie die Kutter Sieg bei Phrygaios und Ariano der Familie ter Beer liegen im Hafen und könnten von der Stadt requiriert werden, sind allerdings unbewaffnet (die "Alliane" ist sehr leicht bewaffnet).
- Die Bannerträger-Ottajasko ist mit ihrem Drachenboot in Sewamund. Die Bannerträger sind zudem auch als erfahrene Seekrieger einsetzbar.
- Der Belhanka-Schnellsegler Gischttochter der Familie Cortesinio, ist im Hafen von Ruthor. Es handelt sich um einen filigranen, schneller und wendiger Küstensegler, aber nur sehr leicht bewaffnet. Könnte jedoch Geschütze auf dem Deck aufnehmen. Besatzung ist aber nicht sonderlich kampferfahren.
- Die Fleute Meermaid der Familie Cortesinio, ein 3-mastiges bewaffnetes Handelsschiff, liegt ebenfalls in Ruthor. Sie ist etwas behäbig, aber stabil und mit großem Laderaum oder Platz für Geschütze. Aktuell leichte Bewaffnung. Kann sich gegen Piratenangriffe wehren.
- In der Hafenfestung sind die Sewakdrachen, die Seesöldner Sewamunds, stationiert. Sie verfügen über Matrosen, Geschützbediener und einige Geschütze samt Munition. Allerdings wurden sie durch die Desertion von Karianna Degano geschwächt, da diese Material und einige Mitglieder der Einheit mitgenommen hat.
- Die Vankachel befindet tatsächlich in Sewamund. Gaspar van Kacheleen wurde durch Aurelio dazu angehalten, die Weiterfahrt abzusagen.
- Auf der Deganowerft befinden sich eine kleine Anzahl leichte Rotzen und Hornissen mitsamt einer sehr überschaubaren Menge an Munition auf Lager.
- Munition ist im Magazin der Familie Luntfeld genug vorhanden und auch einige schwerere Rotzen würden sich finden. Allerdings gibt es Bedenken aufgrund des Mangels an fähigen Richtschützen - für sowas benötigt man echte Spezialisten.
- Die Stadt Ruthor bietet an, als Teil der Bündnis-Vereinbarung zwei bewaffnete Handelsschiffe (eine Schivone und eine Karavelle) unter Kommando von Commodore Valeran ter Verosen zur Verfügung zu stellen.
Efferdia di Bellafoldi befindet sich zum Zeitpunkt des Treffens in Nevorten, um dort mit den führenden Häuptern der Stadt zu verhandeln. Es gibt Anzeichen, dass sich in Nevorten eine Mehrheit finden könnte dafür, den Lilienrat zu unterstützen, um die Hilfe während dem Ruthor-Konflikt zu vergelten. Der Umfang ist aber noch unklar.
Militärische Strategie zur See
Nachdem die verfügbaren Ressourcen besprochen waren, steckten die Verantwortlichen zur See die Köpfe zusammen. Hierzu wurden die Karten durch nautische Karten der der Septimana auf dem großen Planungstisch ausgetauscht. Sie gaben den geografischen Bereich des Hafens von Sewamund sowie der angrenzenden Küstenstriche bis Grangor und Selshed wieder.
Gaspar van Kacheleen ergriff das Wort: "Dabei fällt mir als erste Amtshandlung ein, dass wir unsere Freunde aus Ruthor und den anderen Seestädten um Beistand bitten sollten. Sie verfügen über die so wichtigen Schiffe, die uns erst in die Position versetzen können, einer Blockade sinnvoll etwas entgegenzusetzen. Meine Herren, ein Jeder möge bei Efferds Wogenrauschen in sich gehen und das in den Kriegshafen schicken, was uns zur See einen Vorteil bringen kann. Hiermit beantrage ich offiziell explizit Hilfe zur See von der Stadt Ruthor zu erbitten." Er legte die mitgebrachten Markierungen auf die Karte und bildete die Schiffe im Kriegshafen ab. Schnell wurden die Schifffahrtswege durch rote Schnüre markiert. "Wenn ein Schiff den Sewamunder Hafen anlaufen möchte, so müssen unsere Feinde dieses ab einem gewissen Zeitpunkt beobachten, um in seine Nähe zu kommen, bevor es in den Hafen einläuft." Gaspar schaute ins Rund der Anwesenden. "Dies lässt den Schluss zu, dass sich ihre Schiffe permanent in der Nähe befinden müssen. Ich stelle mir die Frage, wo gehen sie vor Anker und wo füllen sie ihre Vorräte auf? Die Fischer gaben uns bereits wertvolle Informationen, in der Admiralität wird ein Modell der Septimana nachgebaut und wir werden alle wesentlichen Koordinaten, Schifffahrtsrouten, Strömungen, Winde … einfach alles auf diesem Modell nachbauen können." Er räusperte sich kurz. "Hierzu lade ich jeden fähigen Modellbauer, Fischer, Kapitän auf See ein, uns mit seinem Detailwissen in dieser prekären Situation auszuhelfen und somit zu einem Modell beizutragen, das uns in die Position des Agierens manövrieren wird. Auch lade ich jeden Anwesenden hiermit ausdrücklich ein, am 14. Travia in der Admiralität zu einer weiteren Lagebesprechung zu erscheinen." Der Tisch, um den alle standen, war reihum dicht belegt. Die Augen schauten auf das, was Gaspar auf den Karten zeigte, während er sprach und insgesamt dämmerte es langsam, was Gaspar vorhatte. "Ja, wir werden den Hafen so ertüchtigen, dass er als Abschreckung dient. Wir sollten große Sorge darauf verwenden, so wehrhaft zu erscheinen, dass ein Überfall von der Seeseite als zu kostspielig erscheinen wird, auch sollten wir die Geschütze so platzieren, dass ihre Reichweite dafür sorgt, dass sich die feindlichen Schiffe nicht heran wagen. Das verschafft uns Luft. Wenn wir das erreicht haben und wir weiterhin mit allen Informationen versorgt werden, sollten wir ihnen eine Falle stellen können. Sie in Sicherheit zu wiegen ist das eine, ihnen dann eine schmerzliche Niederlage dann zuzufügen, wenn sie am wenigstens damit rechnen, das sollte unser Handeln lenken." Er nahm einen Schluck aus einem Wasserpokal, sein Mund fühlte sich vom Reden so trocken an. Sicherlich war er auch nervös, unter all den großen Herrschaften zu stehen und mit der soeben aufgetragenen Pflicht, Sewamund zu schützen. Es erfüllte ihn mit Stolz. "Kommen wir zu den Schiffen, die uns derzeit zur Verfügung stehen. Wir bündeln die Kräfte im Kriegshafen, so wie einst die VIII. Flottille der Heimatflotte der Horaskaiserlichen Marine. Die Absperrkette wird für Sicherheit sorgen. Die Hafenfestung und der Hafen selbst wird von unseren Seekriegern bewacht werden. Wir müssen wachsam sein. Ihr Vorteil ist es derzeit, dass sie unsere Situation sehr wohl kennen und beobachten können. Wir dagegen wissen noch nicht, wo sie sich aufhalten, auf uns lauern und sich in vermeintliche Sicherheit zurückziehen. Das müssen wir korrigieren und ausgleichen. Wir brauchen mehr Aufklärung. Hat jemand Ideen zur Aufklärung?" Thuna Acosto gab als Antwort: "Unsere Fischer sind regelmäßig auf See und ein bekannter Anblick. Wir könnten einige vertrauenswürdige Fischer beauftragen, ihre Augen offenzuhalten." Gaspar nickt zufrieden.
Nachdem alles besprochen war und der Stab festgelegt wurde, sprach Gaspar zu den Anwesenden: "Der Stab wird ständig in der Admiralität tagen. So ist gewährleistet, dass Entscheidungen unverzüglich und direkt getroffen werden können. Die uns zur Verfügung stehenden Schiffe werden unverzüglich durch Geschütze ertüchtigt, zum Seegang ausgerüstet und mit Mannschaften und Seekriegern versehen."