Briefspiel:Trauerfeier für Leonardo Cortesinio
Am 14. Travia 1046 BF fand in Sewamund die Trauerfeier für den verstorbenen Patrizier und Ratsherrn Leonardo Cortesinio mit einer Prozession durch die Stadt statt. Viele Häuser zeigten in Anbetracht der Bedrohung durch die Truppen von Baron Irions von Streitebeck vor den Toren der Stadt patriotischen Schmuck und Beflaggungen. Die Prozession für den verstorbenen Patriarchen der Familie Cortesinio folgte einer großen Truppenparade und patriotischen Reden auf der Piazza Nodo. Nach dem Borondienst an der Grablege der Familie trafen sich die Vertreter der hohen Häuser und Familien Sewamunds zum Leichenschmaus in der Villa Cortesinio, wo in kleinem Kreis gemeinsam die Zukunft der Stadt besprochen wurde.
Truppenparade
Die herausgeputzten Truppen des Lilienrats und seiner Verbündeten marschierten vom Heerlager vor Trafiume durch die Vorstadt, über die Sewakbrücke, an der Werft und den Palazzi Amarinto und Wiesen-Osthzweyg vorbei, über den Marktplatz, am Hospital vorbei, über den Kanal durch Periferia, vorbei am Palazzo Phecadien auf die Piazza Nodo. Danach am Palazzo Novo Carenio vorbei zum Kriegshafen und über den Villenstreifen in Periferia zurück in die Altstadt und auf demselben Weg zurück zum Heerlager vor den Toren.
Aufgebot der Seestadt Sewamund
An der Spitze des Aufgebots der Stadt Sewamund marschierten der schwer gerüstete Praiodan ter Braken sowie als Vertreter der Bürger der Stadt Ucian van Hoven, welcher einen Kürass, einen offenen Helm und eine Armbrust aus dem Arsenal der Stadt trug, ebenso wie die ehemalige Stadtgardistin Gwyn ter Leyten und der Tanzlehrer Curtan de Gonzalez, der sich trotz Rüstung beeindruckend elegant bewegte. Hinter ihnen die in blaue Wappenröcke mit dem phecadischen Drachen gehüllten Sewakgardisten sowie die in Lederrüstungen und einfache Helme gekleideten Armbruster der Sewamunder Stadtmiliz, die sich aus den jeweiligen Aufgeboten der Zünfte zusammensetzt.
Dahinter mit ein wenig Abstand die von den kleineren Familien Sewamunds angeworbenen Streitkolbenschwinger der Brüder des Blutes, angeführt von der ebenso in Kürass und Helm und mit Schwert und Schild aus dem städtischen Arsenal gerüsteten ehemaligen kaiserlichen Soldatin Thimorna ter Groot.
Aufgebote der Lilienratsfamilien und ihrer Verbündeten
Aufgebot des Familie Cortesinio
An der Spitze des Aufgebots der Cortesinio marschierten die Familienmitglieder, sowie die Condottieres Daria de Brabanza und Nazir da Silva. Dahinter kamen die meridianischen Söldnerveteranen der Roten Panther in ihren bunten Kleidern, welche den melancholischen brabaker Söldnergesang "Hundert Mann und ein Befehl" in ihrem melodischen südländischen Dialekt intonierten.
Aufgebot des Hauses di Piastinza
Das Aufgebot des Hauses di Piastinza bestand aus den Pikenier-Veteranen von Torvons Piken, einer Handvoll Berittener aus Fostanova sowie der Hausgarde der Piastinza, angeführt vom rüstigen und entschlossen dreinschauenden Torvon di Piastinza.
Aufgebot des Hauses Tribêc
Das Aufgebot des Hauses Tribêc für die Truppenparade und Trauerfeier von Leonardo Cortesinio umfasste die bewaffnete Dienerschaft und Familienmitglieder unter Waffen, darunter zu Pferd Oberhaupt Tsaida Tribêc in Trauerflor und ihr Gatte Amendor ya Dumerzi. Die Tribêcs sind eine angesehene Familie, ihre Präsenz bei der Parade spiegelte ihre Verbundenheit mit dem Verstorbenen und ihre Bedeutung in der Gesellschaft von Sewamund wider. Gleichzeitig fiel natürlich auf, dass die Truppen der Tribêcs nicht dabei waren. Deriago Dellinger trug an der Spitze der Dienerschaft ein gelb-grünes Banner mit dem Familienwappen.
Aufgebot des Familie Luntfeld
Das Aufgebot Khardan Luntfelds sah auf den ersten Blick unscheinbar aus und sorgte doch für eine viel beachtete Abwechslung zwischen all den Fußtruppen und Reitern: Hinter dem alleine reitenden Familienpatriarchen drei auf Lafetten montierte und von je zwei Pferden gezogene Torsionsgeschütze, begleitet von ihren Bedienungen. Ein Banner führte die Truppe nicht mit; jeder in Sewamund wusste, welche Familie Artillerie herstellt.
Aufgebot des Familie della Carenio
Ricardo della Carenio, als eines der älteren Familienmitglieder, mit Gemahlin Tolmana Luntfeld und Schwester Tsabella führten die Familie della Carenio an. Ihnen folgten die jüngeren Familienmitglieder wie Dragomaris. Rondriane Tribêcs Knappe Nandurion della Carenio lief dagegen bei den Tribêcs mit. Die jüngere Generation war ritterlich gewandet. Ricardo, seine Schwester und seine Gemahlin trugen schlichte, aber edle Kleidung grangorischer Machart. Alle trugen Trauerflor und Bänder in den Farben der Familie: blau und gelb.
Aufgebot des Familie van Kacheleen
Aurelio van Kacheleen und seine Frau Velaria Rintswaat führten die Familie van Kacheleen an. Es hatten sich alle verfügbaren Familienmitglieder in kostbares, aber dazu betont schlichtes Tuch gekleidet. Seit jeher bevorzugt das Haus van Kacheleen den konservativen Grangorer Stil. Ähnlich wie das Haus Amarinto trugen auch die van Kacheleens einen schwarzen Trauerflor, allerdings um den linken Arm.
Direkt hinter Aurelio und seiner Gattin hatten sich die zwei Leibwächter der Familie, Reed und Konnar Vuxfell, positioniert. Sie trugen große Schilde.
Diamante Continio, die Gattin von Horasio van Kacheleen, folgte mit den gemeinsamen Kindern Grangorius, Alfredo und Bernadetta van Kacheleen.
Dahinter schloss sich eine Corazza der Kachellogarde an, angeführt von Goswin van Zahlingen. Auf der Brust zu sehen war das Wappen, dieses zeigte neben den beiden markanten Delphinen einen güldenen Blitz in deren Mitte. An den Armen zu sehen waren güldene und schwarze Bänder.
Es folgten Phextobal van Kacheleen mit seiner Gattin Giulia Silbertaler. Kurz dahinter ihr jüngster Sohn Aurelio d.J. van Kachleen, der gemeinsam Hand in Hand mit Clarcina van Kacheleen, der Tochter Travinus' van Kacheleen, ging. Aurelio d.J. trugt wie sein Vater eine Balestrina im Halfter am Bein.
Direkt dahinter folgten Crûvero dû Billanfonto und Gaspar van Kacheleen.
Crûvero führte die Baltrirs Dornen an. Gaspar van Kacheleen, gekleidet in seiner Kapitänstracht, ging direkt neben Crûvero. Im akkuraten Paradeschritt marschierten drei Corazza schweres Fußvolk, dahinter zwei Corazza nostrische Langbogenschützen und zum Abschluss ritt eine Corazza leichte Reiterei. Gekleidet war man traditionell in Schwarz.
Aufgebot des Hauses Vistelli
Eher schlicht bewaffnet und gerüstet führten Rahjane und Gerodan Vistelli eine Handvoll Diener an, die unter Waffen standen. Wo es ihnen jedoch an überzeugender Bewaffnung mangelte, trumpften sie mit gefälliger und modischer Kleidung auf. Alissa Vistelli war mit ihrer tsagefälligen Gewandung ein auffälliger Lichtblick innerhalb der Trauernden und Bewaffneten.
Aufgebot de Familie Vesselbek
Hinter dem Ratsherrn Voltan Vesselbek und unter dem Banner mit dem Wappen der Familie Vesselbek marschierten einige bewaffnete Deicharbeiter.
Aufgebot de Familie Degano
An der Spitze der Abordnung der Familie ging Hausvorstand und Familienoberhaupt Khadan Degano, neben ihm seine Gattin Madalena Degano, ein geborene Gepetto. Noch vor den beiden, hoch zu Ross, sowohl Ross als auch Reiter in prächtiger und repräsentativer Rüstung das Familienbanner haltend, kam Rubec Degano. Der Abgänger der Akademie der Kriegs- und Lebenskunst zu Vinsalt war der Cavalleristo der Familie Degano, seitdem Tassilo Degano durch Heirat in das Haus Trequerce übergegangen war und in den Süden gezogen war.
Hinter Khadan und seiner Frau folgten dann nebeneinander gehend Dorifer Degano mit seiner Frau Ancalita Degano, eine geborene Brigonetti, und Ascandear Degano. Ihnen folgten ein gutes Dutzend weiterer Familienmitglieder. Sämtliche Deganos mit Ausnahme von Rubec waren dabei in dunkle Trauerfarben gekleidet.
Dem Anlass angemessen hätte es jetzt normalerweise am ehesten gepasst, wenn nun Condottiere Karinor Degano und seine Schildraben folgen würden. Doch diese, angeheuert vom Haus Amarinto, marschierten in deren Aufgebot mit.
Stattdessen folgten nun Abordnungen der Klientelfamilien der Degano. Darunter die Vacchis aus Paluderas, die Gepettos, Brigonettis und Terumaris aus Sewamund und einige weitere. Die Gepetto und Brigonetti führten dazu jeweils gut ein Terzio Werftarbeiter an, die alle mit Waffen und Rüstungen aus dem städtischen Arsenal ausgestattet waren.
Aufgebot des Hauses Amarinto
Angeführt von Drago Amarinto hatten sich alle verfügbaren Familienmitglieder zu einer schwer gerüsteten Lanze Schlachtreiter formiert, welche neben rot-goldenen Bändern auch einen schwarzen Trauerflor um den Schwertarm trugen. In Zweiergruppen ritten hinter der Anführerin Efferdia di Bellafoldi und ihr Sohn Drugon, Araccio Amarinto und seine Gattin die Rondrageweihte Derya di Salsavûr im Ornat der Ardariten, Amelthona Amarinto in der Ordenstracht der Heilig-Blut-Ritter und Fulminia d'Illumnesto, Arion Amarinto und seine Gattin Lutisana di Costalanza sowie deren Sohn Ralman Amarinto. Dahinter Ricarda ya Cantarra mit ihrem Stiefsohn Dameus Amarinto sowie abschließend Josmina Amarinto mit ihrem Sohn Tiro d'Amarinto.
Mit geringem Abstand folgten ihnen ihre deutlich leichter gerüsteten Knappen sowie einige fahrende Ritter aus dem Gefolge von Dareius Amarinto, angeführt von der Knappin des Familienoberhaupts Skrayana brai Rahjalina Kaarstett und der Ruthorer Ritterin Nandura Ollantur.
Dahinter marschierten die in rote Wappenröcke, Brustpanzer und offene Schaller gerüsteten Langbogenschützen der Amarinto.
Nach dem familiären Aufgebot marschierten die hochgewachsenen und in eine Kombination von traditionellen Kleidungsstücken, Pelzen und horasischen Rüstungen gewandeten Gjalsker-Söldner der Cren-Barrach, angeführt von Gon Arradh bren Bartakh, welcher zu seinem Clan-Mantel einen horasischen Hut mit Feder trug. Bewaffnet waren die Gjalsker mit zweihändigen Äxten, Schwertern und Hämmern, Wurfspeeren und Kettenkugeln.
Hiernach folgten die von Condottiere Karinor Degano und seinem Sohn Dartan Degano angeführten Schildraben. An der Spitze waren Karinor und sein Sohn Dartan, ganz in Rot gekleidet mit Dreispitz, leichter Rüstung, beide ein schweres Korbschwert nach Machart der Kusliker Säbel und ein Linkhand am Waffengürtel. Ihnen folgte ein Terzio schwer gepanzertes Fußvolk bestehend aus Veteranen. Danach ein berittenes Terzio mit schnellen Pferden ausgestattet und mit Bögen bewaffnet. Den Schluss bildeten gut 60 Männer und Frauen leichtes Fußvolk.
Aufgebot des Hauses d'Illumnesto
Unter dem blauen Banner mit den goldenen Greifenköpfen des Hauses d’Illumnesto sowie dem schwarz-silbernen Schlüsselbanner ritten die schwer gepanzerten Rommilyser Reiter, angeführt von der in strahlend-poliertem, aber offenbar ohne jeglichen praktischen Wert versehenem, bronzenem Prunkharnisch gerüsteten Cavalliera Amelthona d'Illumnesto.
Auch ihre beiden Söhne, Solvolio d'Illumnesto, als einstiger Knappe der Barone Alwîn di Bellafoldi und Filburn von Shumir von kriegerisch-militärischer Ausbildung, und Aldigon d'Illumnesto, Luminifer der Praioskirche und spiritueller Halt des Hauses, begleiteten auf kräftigen Streitrössern ihre Mutter. Solvolio trug eine schlichte Gewandung, Aldigon eine elegante, aber nicht opulente Robe der Praioskirche - beide darüber einen polierten Kürass.
Alle trug trugen Trauerflor und Schärpen in den Farben ihres Hauses, blau und gold.
Aufgebot von Stadt und Baronie Ruthor
Das imposante Aufgebot der Stadt und Baronie Ruthor wurde angeführt von Constabler Dareius Amarinto, welcher in einem mit rot-goldenen und blau-goldenen Bändern verzierten Reiterharnisch voranritt. Er trug dabei die Amtsinsignien der Constabler von Ruthor, den vergoldeten Dreizack und das Netz der Retarius-Gladiatoren des alten Bosparan. Neben ihm zu beiden Seiten ritten Baronin Oleana di Bellafoldi und Ratsmeister Argention di Sibertani in zivilen Kleidern als Vertreter der Landstadt und der Baronie. Die Baronin trug dabei entsprechend der alten ruthorer Tradition den Lorbeerkranz der Arenasieger als Zeichen ihres Amtes. Dahinter vier Bannerträger mit dem Muschelbanner der Stadt (getragen von Nandura Ollantur), dem Ozeanidenbanner der Barone sowie den Bannern der beiden Städte Serillio und Pelêshir.
Direkt danach das gepanzerte Fußvolk der Ruthorer Hellebardiere (angeführt von Stordan ya Carven) und die Armbrustschützen der Piratenjäger (angeführt von Marika di Bellafoldi), gefolgt von einigen leicht gerüsteten Waffenknechten mit dem Falkenwappen des Hauses di Saliucello, angeführt von Varina di Saliucello persönlich, die leichtgerüstet mit Lederharnisch und Schlapphut mit Feder und mit ihrer getreuen Arbalette vorneweg ritt. Danach das Aufgebot von Tairena Carson, deren rote Locken lang über ihren Brustharnisch flossen. Zehn allesamt schon etwas ältere Männer und Frauen in einwandfreien Wappenröcken nach neuestem Schnitt folgten ihr, gehalten in Rot, Grün und Gelb, den Farben sowohl des Hauses di Valese als auch Carsons. Die beiden Banner zeigten denn auch den Baum der di Valese ebenso wie den Hahn aus Imdallyo. Bei den Kämpfern, allesamt Fußsoldaten mit Spieß und Säbel, handelte es sich um jene ehemaligen, damals noch jungen Söldner des Thronfolgekrieges, die einst Reo di Valese in L'Odina als Fischer und Fuhrleute angesiedelte, unter der Bedingung, dass sie bei Bedarf das Aufgebot des Landgutes stellen würden. Zu dieser ersten Bewährungsprobe seit langem erschienen sie frisch eingekleidet durch die u.a. für ihre Uniformen bekannte Manufaktur Leonardo Carsone in Gilforn. Dahinter folgte, als Schlachtreiter, Leomar de Gerimaldi und eine Handvoll Waffenknechte zu Fuß.
Ihnen folgten, angeführt von Tilliano Nestefan, die Armbrustschützen der “Arinkenwacht” (mit dem von einem Bolzen durchbohrten Arinkener Löwen als Emblem), der Stadtmiliz von Serillio, sowie die Spießträger der Miliz von Pelêshir, die das traditionelle weiße Wams und weiße Mütze trugen, welche an den Ursprung der Miliz als Aufgebot der Müller erinnern sollen. Angeführt wurden sie von der Miliz-Capitana und Schwertgesellin Sintje ter Molenaar, welche einen blinkenden Kürass über ihrem weißen Wams trug und mit einem hochwertigen Anderthalbhänder bewaffnet war.
Das Ruthorer Aufgebot wurde komplettiert durch die Söldner der Cohorte Cyclopäia unter dem roten Banner mit dem durchstoßenen Zyklopenauge, angeführt vom hünenhaften Condottiere Eriakos dyll Arÿios.
Aufgebot der Stadt Selzin
Neben dem goldenen Füllhorn Selzins flatterte das rot-schwarze Rautenmuster der Brüder des Blutes, deren in schwarze Kürasse gerüstete und mit roten Federn an den Hüten geschmückten leichten Reiter mit ihren Rabenschnäbeln von den Cavalleristi der Selziner Ratsherren Nepolemo Nyke und Toliban Zwijnhof, Salvelino Acosto und Salkya de Gerimaldi angeführt wurden.
Aufgebot von Rondrarich von Streitebeck
Rondrarich von Streitebeck, ganz in Schwarz gekleidet und mit einem geschwärzten Reiterharnisch gerüstet, ritt auf einem schwarzen Schlachtross vor den Thorwalern der Bannerträger-Ottajasko, die von ihrer Hetfrau und Condottiera Snorri Gerjannasdottir angeführt wurden. Dabei hielt Rondrarich stolz das Banner seinen Hauses, an dessen Kanten schwarze Trauerbänder im Wind flatterten.
Reden auf der Piazza Nodo
Als die Truppenparade die Piazza Nodo erreichte, hatte sich dort bereits eine große Menschenmenge mit Sewamunder Bürgern, aber auch Seeleuten, Deicharbeitern, Bauern des Umlandes und nicht zuletzt Flüchtlingen aus Amarinto versammelt. Neben der Siegessäule zum Gedenken an den Sieg über den Dämon Gurondaii war eine kleine Bühne errichtet worden. Auf dieser flatterten die Banner der Stadt Sewamund, der Grafschaft Phecadien und des Herzogtums Grangorien. Am Rand des Platzes waren Stände und Buden aufgebaut, welche später auf Kosten der Familie Cortesinio Speisen und Getränke an die Bevölkerung ausgeben sollten. Die Truppen nahmen Aufstellung um die Säule herum und füllten den Platz mit hunderten Bewaffneten.
Zuerst betraten die Vertreter der Familie Cortesinio die Bühne und hielten kurze Ansprachen, in denen sie den ermordeten Patrizier und Ratsherrn Leonardo Cortesinio ehrten.
Rede von Dareius Amarinto
Nach den Cortesinios trat Dareius Amarinto als Heerführer der Bundestruppen auf die Bühne. Als Turnierstreiter war er es gewohnt, vor großem Publikum zu stehen, auch war ihm die Ansprache des Offiziers gegenüber den Truppen vor der Schlacht nicht fremd, aber dieser Tag war anders. Der Konflikt mit dem Baron war an einem entscheidenden Punkt angekommen. Dareius dachte an die Erstürmung der Feste Amardûn und das einstmals so prosperierende Dorf, welches nun in Schutt und Asche lag. Er selbst war in dieser Festung geboren worden und aufgewachsen. Er hatte in den Gassen des Dorfes mit seinen Geschwistern gespielt und den Hund des Bäckers von der Kette gelassen, so dass dieser die Hühner des alten Joost gejagt hatte. Natürlich hatte es niemand gewagt, ihn als Sohn des Herrn von Amarinto für diese Streiche zu bestrafen. Aber als sein Vater davon erfuhr, hatte er einen seiner üblichen Tobsuchtsanfälle bekommen und ihn mit dem Handschuh geohrfeigt. Mit dem Alter und dem Einfluss seiner Mutter war er inzwischen milder geworden. Es war dennoch eine friedliche Kindheit, die er in Amarinto verbracht hatte.
Traurigkeit erfasste Dareius als er daran zurückdachte, Amardûn war in den Händen des Streitebeck, das Dorf nur noch rauchende Ruinen. Gut, dass der alte Joost das nicht mehr miterleben musste. Er war bereits vor dem Thronfolgekrieg friedlich eingeschlafen und zu Boron gegangen.
Dareius sammelte sich, erinnerte sich daran, was von ihm erwartet wurde. Er hatte eine große Verantwortung übertragen bekommen. Wenn die Sewamunder nicht an den Sieg glaubten, war ihre Sache bereits verloren und alle Opfer umsonst. Er musste seine eigenen Zweifel beiseite legen und seine Aufgabe erfüllen. Er straffte seinen Körper und wandte sich an die Sewamunder und ihre Verbündeten vor ihm.
Er sprach von der kritischen Situation, in der sich die Stadt befand, den Untaten und Taten der letzten Monde, den großen Verlusten, die man zu beklagen hatte. Er zählte all jene auf, die diesem Konflikt bereits zum Opfer gefallen waren. Als er von den Toten von Amarinto sprach, lief ihm eine Träne, die er nicht zurückhalten konnte, die linke Wange herunter und seine Stimme zitterte. Er versicherte den Anwesenden, er würde alles geben, um dieses Unrecht welches der Baron über Sewamund und ganz Sewakien gebracht hatte, zu sühnen – und sei es sein eigenes Leben. Er dankte den Verbündeten für ihren Großmut und den Sewamundern für ihre Willensstärke, sich nicht der Tyrannei zu beugen. Er mahnte sie, dass die größte Herausforderung und die größten Opfer noch vor ihnen lagen. Aber er erinnerte auch daran, dass Sewamund und Sewakien bislang immer stärker aus diesen Krisen hervorgegangen waren. Zum Abschluss zog er sein Schwert, die versammelten Bewaffneten taten es ihm gleich. Er reckte sein Schwert in den Himmel über Sewamund, so dass die göttliche Leuin das Blitzen der Klingen nicht übersehen konnte und brüllte, so laut er nur konnte: "Sewamunda invicta! Sewakia invicta! Rondra auxilia!"
Und so reckten alle ihre blitzenden Klingen gen Alveran und es erschallte aus hunderten Kehlen: "Sewamunda invicta! Sewakia invicta! Rondra auxilia!"
Rede von Tsaida Tribêc
Nun bat auf der Piazza Nodo Tsaida Tribêc um Gehör.
"Liebe Sewamunderinnen und Sewamunder, liebe Verbündete und Freunde unserer Stadt und unserer Heimat Sewakien. Wir stehen heute hier, um gemeinsam über unsere Zukunft zu entscheiden und um derer zu gedenken, die ihr Leben im Konflikt mit dem Baron verloren haben.
Wir haben geliebte Menschen verloren, unter ihnen meine tapfere Nichte Rondriane, die für ihre Überzeugungen standhaft blieb und ihr Leben im Dienst für die Werte, an die sie glaubte, verlor. Ihr tragisches Schicksal erinnert uns daran, dass die Sicherheit, die wir so schätzen, oft einen hohen Preis fordert. Diese Krise hat uns allen viel abverlangt. Jeder von Euch hat in den vergangenen Wochen Opfer gebracht. Doch es ist dieser Gemeinschaftsgeist, der uns auszeichnet und der uns auch in dunklen Zeiten Hoffnung gibt.
Als Oberhaupt der Familie Tribêc fühle ich eine tiefe Verantwortung, nicht nur für meine Familie, sondern für uns alle. Die Tribêcs haben seit Generationen dazu beigetragen, die Sicherheit und das Wohl dieser Stadt zu gewährleisten. Wir haben in der Vergangenheit immer unsere Rolle in der Verteidigung und im Dienst an der Gemeinschaft gespielt, und das wird sich auch in Zukunft nicht ändern.
Wir müssen nun entscheiden, wie wir weiter vorgehen wollen. Unsere Stadt und unsere Ideale sind bedroht, aber ich bin fest davon überzeugt, dass wir diese Herausforderungen meistern können, wenn wir zusammenstehen. Es geht nicht nur darum, Widerstand zu leisten, sondern auch darum, eine Vision für die Zukunft zu entwickeln – eine Zukunft, in der Gerechtigkeit für uns nicht nur ein Gefühl ist, nicht nur Worte, sondern gelebte Realität.
In dieser kritischen Phase unserer Geschichte dürfen wir nicht zulassen, dass sich Angst und Zwietracht unter uns breitmachen. Wir müssen Wege finden, unsere Differenzen zu überbrücken und gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten. Das erfordert Dialog und manchmal auch Kompromisse, aber vor allem erfordert es Mut und Entschlossenheit.
Lasst uns daher nicht in Verzweiflung oder Angst verharren. Wir, die Tribêcs, stehen bereit, um unsere Pflichten zu erfüllen, und ich rufe jede Familie, jeden Bürger auf, dasselbe zu tun. Zusammen können wir die Herausforderungen meistern und aus diesem Konflikt gestärkt hervorgehen.
Lasst uns also nicht vergessen, dass wir mehr sind als nur die Summe unserer einzelnen Teile. Wir sind eine Gemeinschaft, die in der Vergangenheit bereits viele Herausforderungen gemeistert hat. Und ich bin überzeugt, dass wir auch diese Prüfung bestehen werden, wenn wir uns auf unsere Stärken besinnen und gemeinsam handeln.
Ich danke Euch allen, dass Ihr heute hier seid, um mit uns zu stehen und zu zeigen, dass wir uns nicht unterkriegen lassen. Gemeinsam sind wir stark. Gemeinsam können wir eine bessere Zukunft für Sewamund und Sewakien schaffen! Danke."
Rede von Aurelio van Kacheleen
Aurelio van Kacheleen trat nach Tsaida Tribêc auf die Piazza Nodo.
"Volk von Sewamund", nach einer kurzen Pause fuhr er fort:
"Verbündete der Sewamunder Sache, das Schicksal hat uns heute hier zusammentreffen lassen, um einem der Unseren das letzte Geleit zu geben. Der tiefen Schmerz des Verlustes der ehrenwerten Familie Cortesinio ist auch gleichzeitig der tiefe Schmerz meiner Familie. Wir sind aufgrund der unsäglichen Umstände untröstlich, wie mein alter Freund und Geschäftspartner Leonardo Cortesinio den plötzlichen und gewaltvollen Weg auf Golgaris Schwingen antreten musste. Möge der Herr Boron ihn in sein ewiges Reich würdevoll aufnehmen."
Aurelio wartete einen Moment bevor er weitersprach.
"Aber ich möchte auch an all die anderen Opfer der Wirren erinnern. Bei den Zwölfen verspreche ich, alles dafür zu tun und Sorge zu tragen, dass ein jeder Mord hoffentlich aufgeklärt werden kann. Wir werden nicht vorher ruhen, den üblen Schergen der Verdammnis und Boshaftigkeit das widerwärtige Handwerk zu legen und dieses Gaunervolk der gerechten Strafe zuzuführen. Bis dahin haben die Götter eine große Prüfung für uns vorgesehen. Sewamunds Zukunft, die Zukunft seiner Bewohner wird derzeit bedroht. Einst sichere Orte sind Opfer der Flammen geworden und viele redliche Menschen wurden von Ihren Schollen gewaltsam vertrieben und haben auf Ihrer Flucht bewußt den Weg in unsere Stadt gefunden. Auch wenn unsere Stadt nun aus allen Nähten platz, bieten wir denen die Hoffnung und Sicherheit benötigen, eben diese. Und noch viel mehr, wir geben denen die in großer Not sich befinden, Schutz und eine Zukunft. Dafür stehen wir ein. Ein Jeder der heute den Weg hierhin gefunden hat. Volk von Sewamund, laßt uns Seite an Seite stehen und wenn es sein muß, Rücken an Rücken, kämpfen. Für die gerechte Sache, für unsere Stadt, den Lilienrat und für unseren Herzog. Dennoch und hier hoffe ich auf die Vernunft, laßt uns versuchen, einen günstigen Weg aus dem Dilemma zu finden. Jeder Kampf, jeder Krieg wird eines Tages mit Verhandlungen und durch Diplomatie beendet und so wird es auch in unserem Fall sein."
Aurelio wirkte sehr ernst.
"Es liegt viel vor uns, bei Efferd, Sewamund erwartet, dass jedermann seine Pflicht tut."
Er wählte sehr sorgsam die letzten Worte aus, die vor nicht allzu lange Zeit, Gaspar van Kacheleen bei seiner Vereidigung zum Admiral der Bundesflotte sprach.
Trauerfeier in der Villa Cortesinio
Dramatis personae
Eingeladene Gäste der Cortesinio waren jene mächtigen Patrizier des Sewamunder Lilienrats, die als die Patrioten bereits im Selziner Schwur am 8. Rondra im Castello Selzin und spätestens beim "Treffen der Verschwörer" auf Schloss Corello am 12. Travia ihre Aufrichtigkeit, Heimatliebe und ihren Mut bewiesen hatten. Daher fanden sich an folgendem Abend folgende Personen in der Villa Cortesinio ein:
- Aurelio van Kacheleen
- Khadan Degano
- Dareius Amarinto
- Khardan Luntfeld
- Voltan Vesselbek
- Rahjane Vistelli
- Dragomaris della Carenio
- Amaldo di Piastinza
Möge der sanfte Flügelschlag des Raben
Deine Wege jetzt und in alle Ewigkeit
begleiten.
Wir trauern um
EsquirioMitglied des Lilienrats unserer Freien Stadt Sewamund
Villa Cortesinio
14. Travia 1046 nach der öffentlichen Trauerfeier am Marktplatz
Selig ist der Mensch, der sich abmühte.
Denn er hat das Leben gefunden und
Eröffnung
Die letzten Töne von Posaunen, Querflöten, Trommeln und Lauten des Trauermarschs erstarben, als der Zug ihr Ziel erreichte. Eine angespannte Ruhe senkte sich über die Menschenmenge.
Die gepanzerten Söldner des Roten Panther, die den Toten und die lebenden Patrizier bis zur Villa Cortesinio eskortiert hatten, nahmen Formation ein. Die gebellten Befehle des Hauptmann-Geweihten ließen die Truppe im Salut strammstehen, während die Hausgarde der Familie Cortesinio die Wache übernahm. Der Sarg des Verstorbenen wurde von sechs wackeren Trägern von der Kutsche in den reichlich mit Fahnen, Girlanden und Blumengestecken geschmückten Stadtpalast überführt. Die zierliche Tochter und neue Familienoberste, die Ehefrau, der Sohn, und weitere Familienmitglieder betraten mit einer Borongeweihten und den geladenen Honoratioren den Palast. Trotz der vielen Füße blieb es still auf dem mit bestickten Tulamidenteppichen bedeckten Steinfußboden, während die Gruppe sich hinab in die Familiengruft begab, um dem Toten die letzte Ehre zu erweisen.
Der Hauch des Todes streifte die Seelen der Anwesenden.
Später, nachdem im Kuriositätenkabinett des toten Sammlers Schrumpfköpfe der Mohas, in Vitrolgläsern gelagerte Meerestiere mit Mäulern und Tentakeln, ein ausgestopftes Echsenwesen mit Händen und Beinen wie ein Mensch und zahlreiche andere erstaunliche wie exotische Sammlerstücke begutachtet, und der üppige, voller seltener südländischer Pflanzen wuchernde botanische Garten durchschritten ward, sammelte man sich zum Leichenschmaus im festlichen Kabinett. Diener brachten Gänge voller Speisen mit reichlich Gewürzen aus aller Welt, es wurde Brabaker Tabak gereicht. Die Stimmung wurde eine Spur konspirativ, als die Hausherrin Gherita Cortesinio in der kleinen Runde die Stimme erhob.
"Meine sehr verehrten Gäste. Freunde und Geschäftspartner meines lieben Herrn Vaters und der Familie Cortesinio. Wir sind heute zusammengekommen, um ihm zu gedenken.
Er erlebte in seinen Jahren viele schmerzhafte Verluste. Der Herr Boron nahm ihm früh seinen Vater, einen Bruder und zwei Kinder. Doch nicht kalt ließ er sein Herz werden, sondern offen und freundlich. Unermüdlich knüpfte er Bande und war ein allseits wohl geachteter und respektierter Mann. Redlichkeit, Heimatliebe, Freiheitssinn, dem Schicksal zu trotzen, auch Treue, Ehrlichkeit, Geschäfts- und Familiensinn und Besonnenheit waren Eigenschaften, die ihn ausmachten. Es sind auch Werte dieser unserer schönen, freien Stadt. Und sie sollen es bleiben!"
Gherita Cortesinio erhob ihr Glas und schaute allen in die Augen.
"Lasst uns auf diese Werte anstoßen. Auf Leonardo. Auf Sewamund. Auf unsere Zukunft!"
Dareius Amarinto, der zu diesem Anlass schlichte Kleidung nach Kusliker Schnitt und in dunklen Tönen trug, hob ebenso sein Glas: "Auf Sewamund, auf eine selbstbestimmte Zukunft!"
Auch Dragomaris della Carenio stimmte in den Trinkspruch ein. Laut und vernehmlich ließ er ein "Auf unsere Stadt Sewamund, frei und selbstbestimmt!"
Rahjane Vistelli erhob ihr Glas. "Auf Leonardo, auf Sewamund und auf die unerschütterliche Stärke, die uns in dieser dunklen Stunde eint. Möge sein Andenken uns leiten und unsere Entschlossenheit stärken."
Khadan Degano erhob ebenso sein Glas, ergänzte aber keinen weiteren Trinkspruch, sondern beließ es bei den Gesagten.
Diskussion über Konsequenzen des Konflikts
Gherita Cortesinio eröffnete die Diskussion mit "Ein Wert ist etwas, was verloren gehen kann. Es ist eine Haltung zur Welt und den Menschen im Angesicht der Götter. Ein Wert ist es wert, verteidigt zu werden. Der Mörderbaron hat von der ersten Stunde an begonnen, diese Werte mit Füßen zu treten. Er achtet nicht unsere Lebensweise. Selbst wenn wir mit ihm Frieden schließen, kann morgen ein Dolch Euch, Khadan, über das Nirgendmeer fahren lassen. Findet man vielleicht Euch, Aurelio, erhängt im Hafen. Der Angriff des Barons ist nicht nur ein militärisches Scharmützel, er ist ein Angriff auf das güldenste, das innerste unserer Heimat. Das Band, das uns verknüpft. Entweder der Baron stirbt, oder er regiert mit Angst und Terror, und wir gehen unter." Sie holte kurz Luft und fuhr fort: "Es kann nur den Sieg für uns geben. Doch damit nicht Despotismus erneut Einzug erhält in unsere Stadt, muss sich auch nach einem Sieg Ordnung einfinden. Und wie diese Ordnung, basierend auf unseren Werten, aussehen soll, will ich heute mit euch besprechen. Liebe Freunde, freiheitsliebende Patrioten, lasst uns Rat halten über unsere Zukunft. Wer wird diese Stadt regieren? Wem ist nicht zu trauen? Wie soll der Lilienrat verfasst sein? Erklären wir die Republik, wie es Belhanka einst tat? Erhalten wir die Ordnung mit einem Baron als primus inter paris als unserem Haupt? Wie gehen wir mit den anderen unterstützenden Familien Sewamunds um, die sich am Selziner Schwur beteiligt haben, partizipieren sie an der Macht?"
Dareius Amarinto nickte der Ratsherrin zu und erhob sich, um dann in die Runde zu sprechen: "Ihr sprecht mir aus dem Herzen Signora Gherita. Die in der Stadt verübten Bluttaten und spätestens die Orgie der Gewalt in meiner Heimat Amarinto haben uns bitterlich vor Augen geführt, dass Baron Irion uns in den vergangenen Götterläufen wohl ein überzeugendes Schauspiel geliefert und uns in Sicherheit gewogen hat, nur um dann unvermittelt zuzuschlagen und sein wahres machthungriges Antlitz zu zeigen. Ein Antlitz, welches wohl schon während der Sewamunder Fehde zum Vorschein kam als er Gerbondo Filotrin in den Kerkern von Phecanostein verschwinden ließ und auch andere Verbündete wie die Efferdier und Torrems nach und nach kaltstellte. Vielleicht wollten wir es nicht sehen, vielleicht waren wir geblendet von dem Wunsch nach Frieden nach den Verheerungen des Thronfolgekriegs. Jedoch steht nun fest, Irion von Streitebeck hatte wohl schon lange das Ziel, das Rad der Zeit zurückzudrehen und Sewamund wieder unter seine Herrschaft zu zwingen. Er dachte wohl, wir wären satt, weich und schwach nach den Jahren des Friedens und des Wohlstandes. Aber er hat sich getäuscht und er wird den Preis dafür bezahlen. Ein freies Sewamund kann es in der Zukunft nur ohne den Baron geben. Seine Position und privilegierte Stellung als Stadtoberhaupt und Ratsvorsitzender muss getilgt und die Stadt in Zukunft durch ein würdiges Haupt aus den Reihen der verdienten Patrizierfamilien vertreten werden. Ebenso müssen wir mit scharfem Blick die Würdigen von den Unwürdigen trennen und nur Familien in unseren Reihen dulden, die sich klar zur Freiheit bekennen und gegen die Despotie kämpfen. Daher, liebe Signores und Signoras, erlaubt mir die offenen Worte sollten wir die Familien Nardini, ya Diamero und da Vigiani für immer aus unserer Stadt verbannen. Ebenso sollten die Häuser Streitebeck und Wiesen-Osthzweyg, bis auf einzelne ehrenhafte Ausnahmen, auf unbestimmte Zeit suspendiert werden. Ich plädiere dagegen dafür, bei den Familien ter Beer, Continio, van Hoven und ya Mornicala Milde walten zu lassen. Wir haben deutliche Signale erhalten, dass sie ihre initiale Unterstützung Irions aufrichtig bereuen oder gar von ihm benutzt wurden. Vor allem die van Hoven und Continio haben zudem ebenso geliebte Angehörige verloren, die brutal aus dem Leben gerissen wurden." Dann wandte er sich an Rahjane Vistelli. "Baronessa, auch wenn ihr hier als Vetreterin des Hauses Vistelli sitzt, so seid ihr dennoch eine Tochter des Hauses Tribêc. Unsere Familien haben, die Herrin Rondra mag es bezeugen, wahrlich keine positive gemeinsame Vergangenheit. Aber dennoch möchte ich hier, als Symbol des neuen Sewamund, mit gutem Beispiel vorangehen und im Namen des Hauses Amarinto für die Aufrichtigkeit und Ehrenhaftigkeit des Hauses Tribêc bürgen. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass die Tribêc unverbrüchlich auf unserer Seite stehen und uns nicht enttäuschen werden. Wenn die Amarinto und Tribêc ihre alte Feindschaft überwinden können, mag dies symbolisch für das neue Sewamund stehen. Ein Sewamund, in dem wir gemeinsam für die Interessen unserer Stadt streiten und alle an einem Strang ziehen. Einem Strang wie ihn nur die Stadt des Heiligen Stordian hervorbringen kann!" Gerade zum Ende hin hatte Dareius die poetische Theatralik des Dichters nicht mehr ganz abschütteln können. Aber dennoch erweckte er den Eindruck, als ob die Worte durchaus aus tiefstem Herzen kamen.
Rahjane Vistelli erhob sich von ihrem Platz. Mit einer kleinen, aber feierlichen Geste, als würde sie einen unsichtbaren Vorhang zur Seite ziehen, begann sie zu sprechen. "Meine lieben Freunde, verehrter Dareius," begann sie, ihre Stimme schwankte leicht zwischen Ernst und einer fast spielerischen Leichtigkeit. "Eure Worte berühren mein Herz zutiefst, und ich kann gar nicht anders, als sie mit der gleichen Offenheit und Aufrichtigkeit zu erwidern, die sie verdienen. Das Haus Amarinto und das Haus Tribêc, ja, das klingt fast wie eine alte Ballade, in der die Helden nach langen Irrwegen und Missverständnissen endlich zueinander finden." Sie machte eine kleine Pause, während sie gedankenverloren in die Runde blickte, als ob sie nach den richtigen Worten suchte. "Wir alle hier, wir stehen am Beginn einer neuen Ära für Sewamund, und es ist nur passend, dass alte Zwiste endgültig begraben werden. Wie sagt man so schön? Aus Feinden können die treuesten Freunde werden." Rahjane blickte Dareius direkt an, ihre Augen funkelten mit einer Mischung aus Entschlossenheit und Hoffnung. "Im Gedenken an Rondriane Tribêc, die Cousine meiner Mutter, die in Garlan ihr Leben ließ, möchte ich betonen, dass ihr Tod nicht vergebens war. Sie starb für die Ideale, die wir alle teilen, und es ist unsere Pflicht und Ehre, diese Ideale in Ehren zu halten und für eine Zukunft zu kämpfen, in der Freiheit und Gerechtigkeit für alle Bürger Sewamunds selbstverständlich sind." Rahjane schien kurz in Gedanken zu versinken, bevor sie sich wieder fing. "Aber sehen wir nicht gerade darin, wie kostbar und wie zerbrechlich unser Leben und unsere Verbindungen sind? Wie wichtig es ist, dass wir uns gegenseitig unterstützen und für unsere gemeinsamen Werte einstehen?" Ihre Stimme nahm nun einen entschlosseneren Ton an. "Also ja, Dareius, ich nehme eure Hand – im übertragenen Sinne natürlich – und sage: Lasst uns diesen neuen Bund feiern! Das Haus Amarinto und das Haus Tribêc, vereint im Bestreben, Sewamund zu einem Ort der Hoffnung zu machen. Mögen unsere Familien und unsere Stadt aus den Schatten der Vergangenheit ins Licht einer strahlenden Zukunft treten." Mit einer fast theatralischen Verbeugung, die ihre Worte unterstrich, nahm Rahjane wieder Platz, ihre Wangen leicht gerötet von der Anstrengung. Sie schien sich ihrer Rolle als Brückenbauerin bewusst, auch wenn ihre Art, dies auszudrücken, leicht verschroben erfolgte. Dareius schenkt ihr ein ehrliches Lächeln und verbeugte sich ebenso in ihre Richtung.
"Darf ich?" Khardan Luntfeld hob die Hand und nach einem zustimmenden Nicken erhob er sich und schaute Rahjane Vistelli an. "Ihr spracht gerade über Rondriane Tribêc, ihren Tod und Ideale." Khardan hob sein Glas. "Vergessen wir dabei nicht Rondrianes Gemahl, meinen Onkel Silem Luntfeld. In rahjanischer Liebe und Treue zu ihr suchte er vorgestern das Feldlager des Barons auf, um Rechenschaft und Satisfaktion für sie, seine große Liebe, zu verlangen. Sicherlich dumm, aber darum umso ehrenswerter. Mögen sich die beiden in Borons Hallen wieder begegnen." Einen Moment stockte Khardan entrückt, ehe er fortfuhr: "Und Ihr spracht von Verbindungen. Nun, was Rondriane und Silem verband war nicht nur die Liebe Rahjas, sondern im übertragenen Sinne auch Lehnsadel", Khardan blickte auf Dareius, Rahjane und Amaldo, "und Geldadel", Khardans Blick wanderte weiter zu Aurelio, Voltan, Dragomaris und Khadan. "Eine auch in unserer Zeit noch seltene Verbindung, keine Ahnung weshalb...doch ich schweife ab und blicke stattdessen auf uns." Khardan Blick ging einmal um den Tisch. "Wir sitzen hier gemeinsam, wir streiten gemeinsam für unsere Freiheit und wir beraten gemeinsam über unsere Zukunft, denn wir sind nicht nur Landadel oder Stadtadel, wir sind Sewamunder Adel! Wir sind Lilienratsfamilien!" Mit ins Leere blickenden Augen setzte Khardan sich unvermittelt und ließ das Echo seiner letzten Worte verhallen.
Nach einer sehr langen Weile Schweigen sah sich Khadan Degano schließlich auch noch gezwungen, etwas zu sagen. Er wollte keinen Krieg, er wollte Schiffe bauen. Dazu hatte die Familie Degano gerade eine sehr schmerzhafte Zeit voller interner Streitigkeiten und Zerwürfnisse hinter sich. Natürlich ausgebrochen zu einer absoluten Unzeit, wo auch die Ressourcen der Familie fast komplett auf ein Pferd gesetzt waren. Der Bau der Sulva und ihre anschließende Ausrüstung war sehr riskant gewesen. Zum Glück hatte das Schiff inzwischen einige erfolgreiche Fahrten gemacht und es deutete sich an, dass ohne die aktuelle Lage weitere Schiffe der gleichen Bauart bei der Werft geordert werden würden. Also eigentlich allen Grund, diesen Konflikt so schnell wie irgend möglich zu beenden. Doch gleichzeitig war ein Nachgeben nach all dem, was geschehen war, inzwischen auch nicht mehr möglich. "Ich würde sehr gerne einen Weg sehen, wie man dies alles friedlich und schnell lösen könnte. Doch den Göttern sei es geklagt, gibt es diesen wohl nicht mehr. Wir sollten von daher und meiner Meinung nach nun mit aller Kraft und dem, was uns zur Verfügung steht versuchen, den Baron zu besiegen. Die Zeit für Zurückhaltung ist vorbei. Nun geht nur noch alles oder nichts!"
Aurelio van Kacheleen hatte sich bisher zurückgehalten. Die derzeitige Situation wog schwer und die Wolken hingen düster und tief über dem eigentlich oft sonnigen Ort Sewamund. So stand er nach Khadans Worten auf und ergriff das Wort: "Signora Gherita, mein tiefstes Beileid in diesen dunklen Stunden der Angst, der Ungewissheit und des Schreckens." er holte kurz Luft "Leonardo Cortesinio war mir ein alter Weggefährte, ein guter Geschäftsfreund, ein Mann von Ehre und höchster Würde. Er war mir ein verläßlicher Freund und was noch viel bedeutsamer ist, er war ein wahrhafter Streiter der Sewamunder Sache. Die Familie van Kacheleen steht in tiefer Trauer an der Seite der Familie Cortesinio. Möge der Herr Boron über ihn wachen. Wir werden in steter und bester Erinnerung behalten." Aurelio wirkte aufrichtig und sehr gerührt, während er sprach. "Kommen wir nun zu dem Moment, wo es sich entscheiden soll, wie wir weiter vorgehen werden. Ich habe mich erkundigt und nicht nur den Hausjuristen herangezogen, sondern hatte ein Gespräch mit der bekannten Sozietät Bolburri aus Unterfels. Die familiären Verbindungen möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich betonen und dennoch darauf hinweisen, dass es sich nicht um eine Gefälligkeit handelt. Es geht um eine feine Einschätzung der sich uns darbietenden Situation. Hierzu schlage ich ein Gespräch mit der Kanzlei vor. Der Lilienrat sollte dies veranlassen." Er räusperte sich. "Meine Herren und meine Damen, bei all den Emotionen, die diese Angelegenheit hervorruft, dürfen wir eines nicht vergessen" sein Blick ging über die Anwesenden "Baron Irion von Streitebeck ist Baron von Sewamund und vor dem Herzog brauchen wir gewichtige Gründe, damit unser Handeln als legitim einzustufen ist. Hierzu ist eine aus Sicht der van Kacheleen gegebene Legitimierung erforderlich und diese Legitimierung bedarf gründlicher und stabiler Gründe, die vor den Augen des Herzoges Bestand haben. Wenn wir in Summe ausreichend Gründe auf unserer Seite haben, können wir mit breiter Brust agieren, andernfalls sollten wir nach diesen Gründen suchen und diese zusammentragen." Ein erneuter Blick in die Runde verschaffte ihm eine Übersicht über die Regungen der Anwesenden. "Wir sollten uns alle darüber einig sein, dass Krieg den Handel beeinträchtigt und somit unseren Wohlstand in seinen Grundfesten gefährdet. Unsere Kriegsherren können uns Ihre Einschätzung der derzeitigen Lage geben und uns hinsichtlich militärischer Optionen beraten. Diplomatie und eine Drohkulisse, die unseren Widersacher dazu einlenken lässt, sich an den Tisch zu setzen und auf Augenhöhe zu verhandeln, dass sollte unser Ziel sein und je nachdem welche gewichtigen Gründe wir anführen können, wäre die schärfere Waffe und damit unser Faustpfand, die Diplomatie. Ich möchte eine grundlegende Änderung ansprechen. Was wir brauchen, ist etwas Neues. Was dann vom 'Alten' bleibt, ist abzuwarten." Aurelio holte tief Luft und sprach dann weiter. "Ich nehme Dareius Amarintos Worte zum Anlass und kann nur zur Milde raten. Ein Jeder kann sich in einer Schwächephase der Orientierung befinden und sich zur rechten Sache...ehrlich auf aufrichtig...zurückbesinnen. Auch hoffe ich inständig auf unsere ehemalige Commodora und auch dort auf eine Rückführung des Sewamunder Kriegsschiffes. Dies werden wir an anderer Stelle noch besprechen müssen, worauf ich aber abziele ist der Umstand, dass wir die Verfassung Sewamunds überdenken müssen. Insbesondere die Rolle eines Barones im Lilienrat und unmittelbar in den Mauern der Stadt selbst. Mir schwebt hier eine andere Form vor, die dem Lilienrat und damit den in Sewamund ansässigen Familien die im Lilienrat vertreten sind, die Ausübung der Macht überträgt. Ein wenig wie in unserer HPNC Partnerstadt Grangor. Ein wenig. Der Baron kann seine Macht vor den Mauern der Stadt in seiner Baronie ausüben. Dies würde zukünftige Interessenskonflikte vermeiden. Wie dies im einzelnen aussehen könnte, müssen wir im weiteren Verlauf besprechen. Wir brauchen wie schon gesagt, für alle unsere Überlegungen gewichtige Gründe und ein formidables Angebot für unseren Herzog. Damit dieser in dieser neuen Realität einen größeren Zweck sieht, als in der alten Realität." Damit endete Aurelio.
Debatte über die politische Ordnung nach dem Konflikt
Politisches Verhältnis zwischen Stadt, Baronie und Umland
Dareius Amarinto ließ sich ein mitgebrachtes altes Pergament reichen, welches er sogleich auf dem Tisch ausrollte. Es zeigte eine alte Karte des nördlichen Lieblichen Feldes. Er deutete auf Sewamund und die durchaus ungewohnten Grenzziehungen in der Region. "Es wurden bereits einige weise Worte gesprochen und interessante Punkte genannt. Ich möchte diese nun zum Teil aufgreifen und zusammenführen. Diese Karte aus dem Sewamunder Stadtarchiv zeigt den Norden unseres Reiches und stammt aus der Zeit des Kusliker Herzogtums 466 bis 751 BF. Deutlich zu sehen in der Grafschaft Phecadien ist die Baronie Sewamund, welche knapp drei Jahrhunderte lang über die Lande auf beiden Seiten des Sewak herrschte. Ein großer Teil der Lande, die wir heute als Sewaklande oder Sewakien kennen. Eine natürlich gewachsene Region, die sich über den alten Namen Sewamunds, Sewakia, vermutlich bis in die bosparanischen Zeiten zurückverfolgen lässt. Dies schließt auch die Stadt Selzin und andere Ländereien auf dem Gebiet der Baronie Ruthor bis L'Odina, den Sewakforst und den Rigol ein. Eine politische Wiedervereinigung dieser Lande, der Sewaklande, wäre also nur natürlich und würde eine jahrhundertealte Tradition weiterführen." Er pausierte und gab den anderen Patriziern Gelegenheit die Karte zu studieren. "Natürlich liegt eine Änderung der Grenzen unseres Herzogtums weder in unseren, noch in den Händen des Herzogs und dürfte gegen den Widerstand der Gräfin von Bethana unmöglich durchzusetzen sein. Ein politischer Bund der Sewaklande, unter der Führung Sewamunds, wäre jedoch vielleicht politisch durchsetzbar und könnte ein Garant für Frieden, Prosperität und politische Stabilität in der Region werden. Mit der Stadt Sewamund und der Baronie Sewamund als Grundpfeilern wäre ein solcher Bund vermutlich attraktiv als Schutzmacht und würde unseren Verbündeten wie der Stadt Selzin oder kleineren Landherrschaften die Gelegenheit geben, politisch zu partizipieren. Hierzu müsste aber natürlich eine entsprechende Versammlung als politisches Organ etabliert und mit relevanten Kompetenzen versehen werden." Dareius lehnte sich zurück und blickte erwartungsvoll in die Gesichter seiner Mitstreiter.
Khadan Degano hatte lange überlegt, ob er dazu etwas kommentieren sollte. Ein Blick auf die Karte hatte ihn augenblicklich zu der Überzeugung gebracht, dass solch eine Lösung viele Vorteile hätte. Doch er konnte sich kaum vorstellen, dass es möglich sein würde, dies umzusetzen. Als dann auch niemand anderes dazu etwas sagen wollte beschloss er sich nicht in die Gefahr zu begeben als Dummkopf dazustehen und beließ es daher bei einem "Ein sehr interessanter Ansatz...doch sollten wir vorher vielleicht erst einmal den Baron besiegt haben, bevor auf derlei mehr Überlegungen fließen, wenn man mich fragt."
Dareius fuhr fort: "Ein solches Bündnis muss sowohl für das städtische Patriziat und die selbstbewussten Bürger und Kaufleute Sewakiens, als auch für den Landadel anschlussfähig sein. Eine Adelsversammlung nach Art der alten Landstände oder aber auch ein kommerziell ausgerichteter Bund wie beispielsweise die Nordmeer-Compagnie können diesem Anspruch nicht gerecht werden. Daher plädiere ich für einen Kompromiss, eine föderative aristokratische Republik, mit dem Ziel einer gemeinsamen Handels- und Kriegspolitik und der internen Lösung von Streitigkeiten über Vergleiche." Er machte eine kurze Pause um seinen Worten Raum zu geben. "...eine Republik der Vereinigten Sewaklande! Die Grundlagen dafür sind ja im Prinzip bereits gelegt, werte Freunde. Ich darf euch an das Treffen mit unseren Verbündeten im Schloss Corello und den Selziner Schwur erinnern. Wenn wir das bereits geschlossene Bündnis auch nach diesem Konflikt konservieren können und der Versammlung der Verbündeten gewisse Kompetenzen zusprechen, kann eine solche Republik ein wichtiger Machtfaktor in der Septimana werden und uns sowohl militärisch als auch wirtschaftlich absichern. Wichtig ist dafür aber Führungspersonen aus unserem und dem Kreis unserer Verbündeten zu gewinnen, welche diese Republik zusammenhalten können, trotz der sicherlich nicht immer gleichen Interessen. Eine solche Republik könnte Statthalter in verschiedenen Bereichen, wie See- und Landkriegsführung oder Handel aus ihren Reihen wählen wie wir es bereits zur Führung unserer Bundestruppen in diesem Konflikt getan haben. Um diesen Bund symbolisch zu stärken, könnte diese Republik in Zukunft im Schloss Corello tagen. Ein Gebäude, welches wie kein zweites für den Versuch der Barone steht, ihre eigenen Interessen über das Wohl der Gemeinschaft zu stellen. Was haltet ihr davon, geschätzte Signoras und Signores?" Er nahm sein Weinglas und nahm einen Schluck, um seine Lippen zu befeuchten.
Rahjane Vistelli hörte Dareius' Vorschlag interessiert zu, während ein Hauch von Skepsis ihre Züge umspielte. Als er von einer Republik der Vereinigten Sewaklande sprach, verzog sie leicht die Stirn und warf rasch einen kurzen Blick zu den anderen Patriziern, um ihre Reaktionen zu erfassen. "Ein interessanter Vorschlag, Dareius," begann sie mit nachdenklicher Stimme, aber freundlich. "eine Republik...das klingt nach einer großen Veränderung, oder? Doch ich kann nicht umhin zu bemerken, dass der Begriff Republik in unserer Stadt nicht gerade geläufig ist." Sie lächelte leicht und fuhr fort: "Aber das Konzept einer gemeinsamen Vereinigung der Sewaklande unter Führung Sewamunds hat seinen Reiz. Eine solche Struktur könnte eine starke Basis für Zusammenarbeit und Sicherheit bieten." Ihr Blick wanderte kurz zu Dareius, bevor sie weitersprach. "Vielleicht könnten wir den Begriff etwas anpassen, um ihn Sewamunds Traditionen anzupassen? Eine Vereinigung der Sewaklande klingt doch recht passend. Es betont unsere Einheit und Verbundenheit, während wir gleichzeitig die Macht und Autorität der Stadt unterstreichen." Sie schaute in die Runde, die Augen voller Begeisterung für die Möglichkeiten, die sich boten. Titel und Namen zu finden, machte ihr Spaß. "Was haltet ihr davon, liebe Freunde? Eine Vereinigung, die uns alle zusammenführt und den Status unserer Stadt erhöht?"
Dragomaris della Carenio erhob sich. "Ich möchte Euch in Eurem Eifer nicht zu sehr limitieren, werter Dareius", begann er vorsichtig. "...aber auch mir ist der Begriff Republik eindeutig zu weit gegriffen und auch nicht dem Modell entsprechend, das meine doch eher konservative und traditionalistische Familie gutheißen würde. Somit stimme ich weit mehr dem Vorschlag von Rahjane Vistelli zu. Eine Vereinigung kann mehrgestaltig sein, diverse Ziele verfolgen: politische ebenso wie phexische. Einheit und Verbundenheit sind wichtige Schlagworte. Sie sollten unbedingt in der Präambel der zu erstellenden Gründungsurkunde erscheinen. Und um die Machtstellung der Stadt Sewamund hervorzuheben fände ich, dass diese auch im Namen vorkommen sollte. Mein Vorschlag wäre hier klassisch: consociatio sewamundis." Nun blickte auch Dragomaris neugierig in die Runde, wie sein Vorschlag ankommen würde.
Dareius Amarinto wandte sich nochmals an Signora Rahjane und Signor Dragomaris nachdem er ihren Ausführungen zugehört: "Ich kann Eure Skepsis sehr gut verstehen, mancher hier mag sich sicherlich gefragt haben, warum gerade ein Anhänger der Herrin Rondra einen so vermeintlich modernen Begriff wie den der Republik im Munde führt und dann auch noch mit sozusagen rondrianischem Eifer." Er lächelte nachdenklich. "Doch möchte ich an dieser Stelle nochmal klarstellen, dass mir keinesfalls eine Republik im Sinne Belhankas oder Efferdas’ vorschwebt. Nichts läge mir ferner. Im Gegenteil, ich denke unser Verständnis von Republik wurde durch Belhankas Aufstieg seit dem Thronfolgekrieg geprägt. Die Ursprünge der Republik liegen jedoch nicht in den südlichen Handelsstädten, sondern im Treueschwur der Theaterritter, welche doch gerade für uns als Phecadier die ehrenvollen Helden der Vergangenheit darstellen. Wenn wir ins ferne Bornland blicken, ebenso Abkömmlinge der phecadischen Theaterritter, so wird dieses als Republik der Aristokratie geführt, Kaufleute, Priesterschaft und Ritter gemeinsam, gebaut auf den glorreichen ritterlichen Traditionen. Dort versammeln sich die Besten des Reiches um gemeinsam aus ihrer Mitte als Ersten unter Gleichen einen Vertreter zu wählen oder abzuwählen, sollte dieser nicht im Sinne der Gemeinschaft handeln. Man entscheidet nur über die wichtigsten Fragen gemeinsam und lässt ansonsten den Mitgliedern ihre notwendige Autonomie. Ist es nicht auch das, was uns antreibt, wo wir doch ebenso tapfere Erben der Theaterritter sind wie unsere Vetter im Bornland? Sollten wir ihnen nicht also nacheifern, in einer phecadischen Republik der Besten, zum Wohle der Gemeinschaft?" Der rondrianische Eifer hatte ihn sichtlich ergriffen, als er an die glorreichen Tage der Theaterritter zurück dachte.
"Ich kann mich der Argumentation des ehrenwerten Dragomaris nur anschließen. Belhanka hin, Bornland her - der Begriff 'Republik' hat für mich etwas Dämonokratisches und ich darf doch davon ausgehen, wir sind uns einig, die Popoli bei politischen Entscheidungen außen vor zu lassen. Gleichzeitig kann ich mich aber auch nicht mit bosparanischen Begriffen anfreunden, auch wenn die Renascentia gerade angesagt ist." Entschuldigend blickte Khardan Luntfeld Dragomaris Della Carenio an. "Ich selbst habe zunächst an 'Stadt und Baronie von Sewamund' gedacht, aber falls Euch, Dareius, ein Konstrukt wie der Sheniloer Bund vorschwebt, wo womöglich auch Veliris - die Stadt, wenn auch nicht der Baron - oder Ruthor mit drin ist. Dann ist dies wohl auch nicht das Richtige. Allerdings tönt 'Vereinigte Sewaklande' doch irgendwie faszinierend..."
Dareius zog eine Augenbraue fragend hoch. "Mit einer Beteiligung der popoli hat dies doch nicht im geringsten zu tun, niemand von uns hat ein Interesse an solchen praiosungefälligen Ideen. Wie ich bereits ausführte, ist die Adelsrepublik ein seit Jahrhunderten etabliertes und sowohl dem Herren Praios als auch der Herrin Rondra gefälliges Herrschaftssystem. Was die Belhanker treiben, ist dabei doch vollkommen irrelevant. Wir entscheiden schließlich selbst, wie wir unser politisches System gestalten wollen und nicht Belhanka. Der Sheniloer Bund ist jedoch tatsächlich ein interessantes politisches Kontrukt, aber ich kann nicht nachvollziehen, was Veliris und Ruthor mit einem von Sewamund dominierten politischen Bündnis zu tun haben sollten. Weder haben diese Städte ein Interesse daran, mit uns ein solches Bündnis einzugehen, noch glaube ich, dass wir ein solches Interesse haben. Vielmehr geht es doch darum, auch solche Verbündeten wie Selzin oder Landadlige der Umgebung in ein von uns politisch dominiertes Bündnis zu integrieren."
Khadan Degano hatte zugehört und der ursprüngliche Vorschlag des Amarinto gefiel ihm eigentlich recht gut. Er persönlich hätte auch nichts gegen eine 'richtige' Republik nach Vorbild Belhankas gehabt. Aber ihm war natürlich bewusst, dass dies nicht machbar war. Den Einwurf mit den Popoli empfand er eher als polemisch und ihm war nicht ganz klar, was der verehrte Luntfeld damit erreichen wollte. Auch in Belhanka konnte man wohl kaum davon reden, dass dort die Popoli mitbestimmten. Das einzige Beispiel, was ihm einfiel, was eventuell passen könnte, war dieses kurzlebige Konstrukt in Sibur, was aber kaum existierte, schon wieder aufgelöst war. Er runzelte ein wenig die Stirn und dachte nach, was damit gemeint sein sollte, als Dareius Amarinto noch einmal versuchte zu sagen, was er gemeint hatte. Daraufhin ergriff er das Wort: "Ist es nicht viel entscheidender, was es an sich für eine Herrschaft werden soll, als welchen Namen sie dann trägt? Grundsätzlich halte ich diese Idee jedenfalls für sehr unterstützenswert!"
Aurelio van Kacheleen fühlte sich angesichts der angeregten Diskussion bestätigt. Etwas Neues musste her. "Wir sollten bei allem sehr aufpassen, wie wir vor dem Herzog auftreten. Er hat bereits eine Stadt mit Grangor, die ihm 'entzogen' wurde", das Wort 'entzogen' betonte Aurelio sehr, "und nun könnte ihm vielleicht mit Sewamund das gleiche passieren. Das sollten wir vermeiden. Unser Ansinnen sollte es sein, aus der Angelegenheit gestärkt hervorzugehen und uns nicht einen Makel nachsagen zu lassen, gar im Unrecht zu sein. Daher ist mir bei allem was kommen wird, wichtig, dass es auf einem festen Fundament gebaut wird. Wie ein Vesselbekscher Deich, der Sewamund viele Jahrhunderte mit guter Wartung und Ertüchtigung vor den Sturmfluten beschützen soll. Freunde Sewamunds, lasst uns mit Augenmaß handeln und mit Vorsicht an diese Sache herangehen. Dem Herzog wird es wichtig sein, dass Sewamund ein treuer Steuerzahler bleibt und sein Einfluß gewahrt bleibt. Wie können wir dies anstellen?" Er schaute fragend in die Runde. "Wenn die Rechte und Pflichten des Barons vollständig an den Lilienrat zurückgegeben werden, der Lilienrat damit zu seinem eigenen Herren wird, der Baron selbst würde außerhalb der Stadtgrenzen herrschen. Ich stelle mir gerade die Frage, wie wir dann damit umgehen wollen, dass es zwei gleichberechtigte Souveräne gäbe, die Stadt Sewamund und der Baron auf Augenhöhe? Vielleicht müssen wir hierfür eine weitere Ordnung schaffen, die der Herzog kraft seines Amtes bestätigt?" Vielleicht gelang es Aurelio so, die Diskussion weg vom Thema 'Demokratie' zu führen. Er hatte die berechtigte Sorge, dass damit der gesamte Plan einer neuen Ordnung auf ein Minimum an tatsächlicher Umsetzungswahrscheinlichkeit schwinden könnte.
Die Frage des zukünftigen Stadtoberhaupts
Rahjane Vistelli meinte, dass die versammelte Gemeinschaft nur auf einen Vorschlag von ihr gewartet hatte. Daher erhob sie sich, ihre Augen leuchteten mit einer Mischung aus Entschlossenheit und Vision. Sie spürte die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf sich gerichtet, während sie langsam Worte wählte, um ihre Gedanken möglichst klar zu formulieren. "Meine geschätzten Mitstreiterinnen und Mitstreiter, liebe Freunde von Sewamund," begann sie. "In dieser Zeit des Umbruchs und der Neuordnung ist es wichtig, dass wir nicht nur die äußere politische Struktur Sewamunds in Betracht ziehen, sondern auch die inneren Mechanismen, die unsere Gemeinschaft zusammenhalten." Sie machte eine kurze Pause, um weitere Worte zu finden, bevor sie ihre Ideen weiter ausführte. "Wir alle hier verstehen die Wichtigkeit einer stabilen Leitung, einer Leitung, die von uns getragen wird und gleichzeitig die nötige Autorität besitzt, um Entscheidungen zum Wohle aller zu treffen. Daher schlage ich vor, dass die Ämter im Lilienrat für einen bestimmten Zeitraum gewählt werden sollen, um eine regelmäßige Rotation und eine Erneuerung der Leitungskräfte zu gewährleisten." Ein sanftes Murmeln ging durch die Runde, als Rahjane mit ihren Vorschlägen fortfuhr. "Außerdem halte ich es für angebracht, ein vorsitzendes Amt zu schaffen, um eine klare Leitung und Koordination des Lilienrats zu gewährleisten. Die Frage bleibt: Welchen Titel soll diese Person tragen? Stadtmeister? Palatin? Hochmeister? Ich hätte da einige Ideen, aber ich neige dazu, einen Titel zu bevorzugen, der unsere Traditionen ehrt und zugleich die Verantwortung und Macht des Amtes betont." Ein Lächeln spielte um Rahjanes Lippen. "Vielleicht könnte dieser Titel Lilienvogt lauten? Ein Symbol für die Treue zu unseren Werten und zur Stadt Sewamund. Oder Stadtprälat, um die Bedeutung dieses Amtes als spirituellen Führer und Beschützer unserer Gemeinschaft zu unterstreichen. Oder doch Großmeister, um die Autorität und Weisheit zu betonen, die dieser Position innewohnt?" Sie schaute in die Runde, bereit, alle mit weiteren Vorschlägen zu versorgen. "Vielleicht könnte der Titel auch Stadtpatron lauten, als Symbol für die Schutzherrschaft über unsere geliebte Stadt und ihre Bewohner. Oder Gewaltiger, um Stärke und Entschlossenheit zu betonen, die erforderlich sind, um Sewamund in diesen turbulenten Zeiten zu führen. Oder vielleicht Lilienherr, um die Verbindung zu unserem Lilienrat und seiner Geschichte zu betonen. Oder was haltet ihr von Stadtprotektor? Ein Titel, der die Verantwortung und Pflicht zur Verteidigung unserer Stadt und ihrer Werte symbolisiert." Sie machte eine kleine Pause, um die Reaktionen der anderen zu beobachten, bevor sie mit einem entschlossenen Ausdruck fortsetzte. "Unabhängig von der Wahl des Titels ist es entscheidend, dass die Person die Fähigkeit und den Willen besitzt, Sewamund mit Integrität, Weisheit und Entschlossenheit zu führen. Lasst uns gemeinsam darüber beraten und eine Entscheidung treffen."
"Auch ich befürworte einen Titel, der die Traditionen unserer Stadt unterstreicht und Verantwortung der Aufgabe deutlich macht. Lilienvogt, will mir gefallen, oder um bei meinem vorherigen Vorschlag zur Bezeichnung des Bundes zu bleiben, könnte ich mir auch 'protector Sewamundis' vorstellen." Dragomaris della Carenio nickte wohlwollend.
Dareius Amarinto nickte ebenso zustimmend. "Ja, der Titel des Protektors spiegelt auch meiner Meinung nach sehr gut die Aufgaben und Pflichten des Sewamunder Stadtoberhauptes wieder. Zudem hat dieser Titel bereits eine gewisse Tradition in Sewamund, mehrfach wurde die Stadt in Übergangsphasen von einem Protektor geführt. Ein Protektor von Sewamund wäre ein deutliches Zeichen nach Außen um für alle Zeit deutlich zu machen, wir lassen uns niemals unterjochen!"
"'Protector von Sewamund' nannte sich damals Elanor von Efferdas, Dareius," erinnerte sich Khardan Luntfeld an die Zeit der Nupercanti-Krise zurück, "und für mich hat der Begriff eindeutig etwas Bevormundendes. Sewamund und der Lilienrat benötigen keinen Beschützer - wir sind willens und in der Lage, dies selbst zu tun. Ich lehne einen solchen Titel auf jeden Fall ab. Falls allerdings eine Mehrheit des Lilienrats eine Verfassung befürwortet, die auf etwas republikähnliches hinausläuft, weshalb als Stadtoberhaupt dann nicht der gute alte bosparanische Konsul?"
"Protektor von Sewamund nannten sich auch Reon Torrem, Irion von Streitebeck und nicht zuletzt auch Ratsherr Amaldo di Piastinza." Er nickte Signor Amaldo dabei lächelnd zu. "Wird es nicht also Zeit, dass die Stadt und der Lilienrat diesen Titel ein für alle Mal für sich selbst beanspruchen und damit jede Fremdherrschaft auch symbolisch für die Zukunft zurückweisen?"
Rahjane dachte bei sich: Ist der 'gute alte bosparanische Konsul' nicht ein bosparanischer Begriff und hatte Khardan nicht vorhin gesagt, er habe etwas gegen bosparanische Begriffe? Sie war hin und her gerissen und ihr wurde ein wenig schummrig. Diese Titelfrage musste geklärt werden und es musste jedem recht gemacht werden. Aber war das überhaupt möglich? Wer könnte das wissen? Sie war mit ihrem Bosparano am Ende.
"Wäre dies eine Abstimmung und wäre alles andere was dem Titel des Oberhauptes vorweg geht ebenso geklärt...so würde meine Stimme beim Titel 'Lilienvogt' landen! Diesen halte ich für wesentlich passender als sowas wie Protector oder Konsul. Ein Vogt deutet auch meiner Meinung nach immer an, dass es jemand ist, der zwar eingesetzt ist, um zu regieren. Aber auch jederzeit seines Amtes wieder enthoben werden kann. In unserem Fall dann vielleicht eher durch Wahl als durch Federstrich eines Lehnsherrn, aber dennoch muss er jederzeit zum Besten des Rates handeln, da dieser ihn sonst absägt." meldete sich Khadan Degano.
"Ja, ein Lilienvogt könnte es doch sein. Mir gefällt dieser Name und er passt hervorragend zu unserer Stadt und gibt dem Lilienrat als höchstes Gremium eine besondere Bedeutung." Aurelio van Kacheleen hielt sich diesmal auffallend knapp in seiner Antwort, schien aber zufrieden.
"Ich möchte hier nur zu bedenken geben, dass das Amt eines Vogtes die Verwaltung einer Stadt oder einer Herrschaft im Namen eines höheren Adligen bezeichnet. Ich selbst verwalte beispielsweise als Stadtvogt von Serillio die Stadt für die Baronin von Ruthor und die Bürger Serillios empfinden dies durchaus als eine Form der Fremdbestimmung." Dareius Amarinto runzelte leicht die Stirn. "Ein Lilienvogt würde also nach Außen eine gewisse Unselbständigkeit signalisieren, gerade eigentlich das, was wir für die Zukunft deutlich von uns weisen wollen. Die autonomen Vertreter des Horas als Baron von Holdan und Hussbek tragen den Titel eines Seneschalls. Dies würde einer Stadt wie Sewamund, die sich standesgemäß mit den Baronen des Reichs messen möchte, eher zustehen. Meiner Ansicht nach würde also beispielsweise ein Seneschall von Sewamund oder auch Lilienseneschall viel eher das Selbstbewusstsein einer mächtigen Landstadt verkörpern als ein vergleichsweise kleiner Vogt."