Briefspiel:Schwertfest in Urbasi (14)

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Auge-grau.png

Stadt Urbasi klein.png Briefspiel in Urbasi Stadt Urbasi klein.png
Datiert auf: 15. Rondra 1033 BF, im Zuge der Marudreter Fehde Schauplatz: Magistratspalast und Renascentia-Platz in Urbasi Entstehungszeitraum: Juli bis September 2011
Protagonisten: etliche Patrizier Urbasis, dazu auswärtige Gäste Autoren/Beteiligte: Haus della Pena aeH.png Dellapena, Haus dell Arbiato.png Dellarbiato, Haus di Onerdi.png Di onerdi, Haus Urbet-Marvinko.png Gonfaloniere, Haus della Pena jH.png Horasio, Haus di Salsavur.png Rondrastein, Familie Dalidion.png Storai, Familie Zorgazo.png Toshy, Haus della Turani.png Turani, Familie van Kacheleen klein.png Van Kacheleen, Familie Carasbaldi.png ZarinaWinterkalt
Zyklus: Übersicht · Eröffnung · Die Carasbaldis · Weitere Auftritte · Panthino und Malvolio · Dalidions und Salsavûrs · Die Efferdier · Auf der Treppe · Auf dem Dach · Die Cavallieri · Turani und Onerdi · Baron Macrin? · Kriegeradlige · Und jetzt die Miliz? · Protestierende Popoli · Lauter Entgeisterte · Leonore und Leomar · Das Ende der Parade

Teil 14: Entgeisterung und ein kurzer Spuk (überreifer Früchte)


Autor: Gonfaloniere

Panthino war das Entsetzen ob dieses Aufmarsches stadtfremder [=nicht in unmittelbaren Diensten der Stadt stehender] Truppen für einen Augenblick anzusehen. Mit einer Mischung aus Entgeisterung und Vorwurfsfülle fixierte er danach den Gonfaloniere. Was trieb den ersten der Priori dazu an, diese Zeremonie in solch plumper Manier für Machtdemonstrationen zu missbrauchen? Sah er sich durch sein unglückliches Wirken in dieser Krise – angefangen bei der unnötigen Eskalation in Brasimento, die andere für ihn bereinigen mussten, bis hin zur jüngsten Inhaftierung der Freischar, freiwilliger Jugendlicher, deren einziges Vergehen es war, mehr Schneid zu zeigen als seine ganze rondrianische Familie zusammen – nun schon so sehr in die Ecke gedrängt? Und warum beteiligte sich Baron Leomar daran, riskierte, dass sein eigener grandioser Auftritt von derlei überschattet wurde?

Panthino schüttelte verständnislos den Kopf, stärker und deutlicher noch, als die ihm anerzogene Etikette es ihn sonst in ähnlicher Situation tun ließ. Von Valpoza in Urbet hätte er derlei erwartet, vor drei Monaten, als er täglichen Umgang mit ihm hatte. Aber das hier waren doch eigentlich altadlige Geschlechter, denen die Grenzen des guten Geschmacks geläufig sein sollten … Dass sie ihre Hausgarden nicht vor dem Hesinde-Tempel, sondern vor dem Palazzo del Castello, dem traditionellen Platz der Milizen gegenüber des Magistratspalastes Aufstellung nehmen ließen, kam noch verschärfend hinzu.


„Heda, das ist unser Platz, da sollten wir stehen!“ Nun mischte sich auch in den (bezahlten?) Jubel des Volkes deutlicher Unmut. „Das sind die Terrorgarden, mit denen sich die Fürstenmörder schon in Flavioras Amtszeit überall eingemischt haben!“ Die ersten Rufe kamen aus dem östlichen und südöstlichen Bereich des Platzes, wo deutlich die gelbroten Fahnen der Nachbarschaft der Schnecke mit Färberbottich und Flaviora-Lotosblüten wehten.

„Das soll die neue Garde Urbasis sein? Ein solcher Haufen adelshöriger Gecken?“ Endlich konnte man auch einen der Verursacher dieses Unmuts erkennen, da er an der obersten Statue der Marvinkotreppe empor – der Heiligen Lutisana von Kullbach auf die Schultern (!) – geklettert war. Wütend ballte er die Faust.

Verdeckt von der Volksmenge wurde dann plötzlich ein Eimer mit Küchenabfällen herumgereicht, direkt vor dem Portal und Balkon des Urbet-Marvinko-Palastes. Als Wurfgeschosse missbraucht, flogen die ersten überreifen Früchte über den halben Platz. Sie sollten die Hausgarden der Salsavûr und della Pena treffen, das war überdeutlich, doch viele flogen zu kurz und landeten mitten auf dem Platz. Nur eine Handvoll traf ins Ziel, den Pferden an den Hals, den Berittenen auf den Panzer. Ein kurzer Spuk, denn die begrenzte Munition war schnell aufgebraucht. Der Jubel anderer Nachbarschaften erstarb.

Dann, als wäre nichts gewesen, skandierten die „Schnecken“ wieder lauthals ihre Parolen, brüllten ihren Trotz aus hundert Kehlen den Hausgarden entgegen. Die Nachbarschaft des Schafs daneben tat es ihnen gleich und nach und nach fielen auch viele der übrigen in das ohrenbetäubende Gebrüll ein.


Autor: Horasio

Nur beiläufig hatte Tarquinio della Pena die Parade verfolgt und sich statt dessen mit seinem Gast, Alvaro della Pena, unterhalten. Er hatte ihm von den jüngsten Entwicklungen im Yaquirbruch berichtet und die vielversprechenden Erfolge seines Bruders Horasio aufgezählt. Im Norden des Reiches schien sich vieles zu Gunsten seiner Familie zu wenden. Ihr Gespräch endete als man nach dem Auftritt der Cavallieri mit dem Erscheinen der Miliz rechnete und von den Silbernen Löwen und Eisenwölfen überrascht wurde. Gespannt beobachtete Tarquinio die Reaktion des Pöbels, der zunächst schockiert schwieg, ehe einige (aus Furcht?) zu jubeln begannen. Der Jubel schlug schließlich um, als sich die Adelsaufgebote gar auf den Plätzen der Miliz aufstellten.

Überreife und verdorbene Früchte flogen kurz auf die Rösser und Reiter, die Nachbarschaften skandierten ihre Parolen. Der Gonfaloniere und der "Held von Urbasi" waren zu weit gegangen. Sie verstanden die Stadt noch nicht, den Stolz ihrer Bewohner und die uralten Traditionen des Volkes. Tarquinio blickte sich gespannt um unter den Patriziern der Stadt. Wie würden die alten Häuser Urbasis reagieren?


Autor: Dellarbiato

Mit leichtem Lächeln nahm Alessandero dell'Arbiato das Spectaculum in Ansicht. Wie es schien, hatten sich der Gonfaloniere und sein Haus dafür entschieden, mit diesem Schauspiel nicht nur den Popolo der Stadt, sondern auch diverse Signori herauszufordern. Ob es wohl zu Gewalttätigkeiten kommen würde? Von den della Pena hatte er nichts anderes erwartet, eine protzige Zurschaustellung, auf die der unbetrauerte Fürst Traviano stolz gewesen wäre. Allerdings gab es eine andere Möglichkeit: War dies der Auftakt zu einer Machtübernahme? Würden die Bewaffneten vor dem Palazzo del Castello ihre Waffen ziehen, die Menge auseinandertreiben und die versammelte Signoria gefangensetzen?

Nein, entschied Alessandero, wahrscheinlich nicht. Aber er beschloß, diese Möglichkeit nicht zu vergessen. Vielleicht kam irgendwann der Tag, an dem er selbst diesen Plan ausführen würde. Selbstverständlich zur Rettung von Ruhm und Ehre der Fürstlichen Gemeinde.

"Cito ignominia fit superbi gloria", sagte er schließlich laut und wartete ab.

"Contritionem praecedit superbia", stimmte ihm jemand zu.

[Ich gehe davon aus, daß die Signori des Bosparano mächtig sind (oder zumindest vorgeben, es zu sein):
"Der Ruhm eines Hochmütigen wird rasch zur Schande."
"Hochmut kommt vor den Fall"]


Autor: Storai

Leonore Dalidion beobachtete sehr genau, wie die Nachbarschaften Torneocampos reagierten. Sie selbst kochte vor Wut und es kostete sie ungewöhnlich viel Mühe dies nicht zu übermäßig zeigen. Am liebsten würde sie dem Pöbel die Küchenabfälle des eigenen Palazzos der letzten drei Monate zur Verfügung stellen. Diskret natürlich. Trotz Rodrigos beschwichtigendem Arm stapfte Leonore wutentbrannt in Richtung des Gonfaloniere auf dem Balkon. Ingalfa bemerkte dies und auch ihren Gesichtsausdruck. Wie ein Baum sich der ankommenden Springflut entgegenstellt, trat Ingalfa vor ihre Schwester.

"Du bist zornig und das kann ich verstehen, aber wir werden zur rechten Zeit die rechte Antwort finden" sagte sie Leonore in die Augen schauend und sie an beiden Schultern fassend. "Was die beiden dort unten aufführen ist ungeheuerlich!" raunte Leonore wutenbrannt zurück. "Ich verlange auf der Stelle eine Erklärung des Gonfaloniere." Ingalfa merkte, dass der Zorn verrauchte und in kalte Wut umschlug. Sie selbst sah den Fehler des Löwen und des Gonfaloniere ebenfalls und war erschrocken. Dies weckte dunkle Erinnerungen an Zeiten die niemals wieder kommen durften. Ingalfa warf ihrer Schwester einen vielsagenden Blick zu, ließ diese passieren und folgte ihr in Richtung Balkon. Dabei schaute sie sich um, ob noch andere Patrizier stante pede protestieren wollten und ebenfalls anrückten. Das Lächeln auf dem Gesicht ihrer Schwester sah sie nicht.


Autor: ZarinaWinterkalt

Baldur und Aldare genossen die Parade. Baldur fand es bewundernswert, dass sich das Oberhaupt der Familie della Pena tatsächlich selbst unter die Cavalliere begeben hatte. Schließlich war er auch nicht mehr der Jüngste. Ihm selbst lag so etwas nicht, und er war froh, dass seine Familie so gut durch Ludovigo vertreten wurde.

Aldare dachte bei sich, wie sehr man doch die Eigenheiten der jeweiligen Familien an ihren Cavalliere ablesen konnte, und schmunzelte innerlich. An sich hatte sie gegen keine Familie und gegen kein Haus irgendetwas, sie wusste, dass man eben mit jedem unterschiedlich umgehen musste. Alle unter einen Hut zu bringen war allerdings fast unmöglich. In Zukunft würde sich die Familie Carasbaldi noch mehr Gedanken machen müssen, wo sie stand...

Ein wenig schockiert war Baldur, als er erkannte, dass anstelle der Arbalettieri die Haustruppen der di Salsavûr und della Pena hinter den Cavallieri ritten. Sein freundliches Gesicht fror einen Moment ein, bevor sich seine Brauen nachdenklich zusammenzogen. Was hatte das zu bedeuten? War der Einfluss des Landadels fast unbemerkt so sehr gestiegen? War es nur eine Geste, die zeigen sollte, dass man auch ohne Arbalettieri zurechtkam, und das Volk ermutigen sollte? Eine offene Provokation?

Das Volk schien gespalten, sich aber nach kurzem Jubel eher gegen die Haustruppen zu wenden. Sogar ein wenig Gemüse wurde geworfen - seiner Meinung nach keine besonders angenehme Art, Ablehnung zu zeigen, jedoch sehr wirksam.

Aldare hingegen überlegte in diesem Moment, wer wohl das Gemüse so schnell in Reichweite geschafft hatte... aber sie hatte einen Verdacht, auf den natürlich jeder in der Stadt schnell kam. Ihr Blick suchte Panthino von Urbet-Marvinko, aber sie sah nur, wie er den Kopf schüttelte. Was natürlich noch lange nicht hieß, dass er nichts damit zu tun hatte. Andererseits hatten die "Wölfe" das auch provoziert ...


Natürlich entging auch den Drillingen nichts von der Situation auf der Straße. Rahyella war sich nicht sicher, was sie von der ganzen Sache halten sollte. Einerseits war es doch eine recht patriotische Geste, andererseits doch etwas fehl am Platze... Sie hoffte nur, dass das Ganze nicht ausarten würde, vor allem nicht, wenn Ludovigo und auch Alexandrian und Aurelia dort mittendrin standen. Oder zumindest nicht weit davon entfernt.

"Das war nicht besonders klug. An anderer Stelle in der Parade hätten sie mehr Ruhm und keine Schmähungen erfahren." bemerkte Illoina in einem seltenen Moment der Offenbarung ihrer Gedanken. Auch Alyssa konnte darüber nur den Kopf schütteln. "Gewiss gibt es wieder einen handfesten Skandal und eine unnötig aufgeregte Diskussion in der Signoria-Sitzung. Papa wird unter Stress leiden, er kann diesen Klatsch und Tratsch und dieses Geschachere ja überhaupt nicht leiden." Der erste Satz klang noch fast vergnügt, und man sah auch ein kleines Lächeln über Alyssas Gesicht huschen.