Briefspiel: Die Raloffkrise/Akt 2/Im Senat I

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Briefspielgeschichte aus: Briefspiel in Efferdas
Zyklus: Übersicht - Akt 1 - Akt 2 - Akt 3
Datum (aventurisch / irdisch): 14. Efferd 1033 BF bis Travia 1033 BF / 2012
Beteiligte (aventurisch / irdisch): Patriziat und Nobilitat Efferdas, Bürger und Einwohner der Republik / Familie Slin.png Count, Familie Kanbassa.png Kanbassa; Haus di Camaro.png Dajin, Haus Efferdas.png Elanor, Haus di Onerdi.png di Onerdi, Familie Varducchio.png Varducchio, Familie Vinarii.png Vinarii, Haus di Piastinza.png/Haus Thirindar.png di Piastinza
Schauplatz: Senat von Efferdas, Stadt Efferdas und Umland


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Um der Krise Herr zu werden bevor sie sich ausweitet, tagt der Senat von Efferdas. Doch dafür scheint es schon zu spät...

Senat von Efferdas

Der Primos eröffnet die Sitzung

Während Vitello zum herausgehobenen Platz des Primos schritt, schaute er sich um. Nicht alle Senatoren waren anwesend, das war ein schlechtes Vorzeichen. Eine Mehrheit in einer Abstimmung bezog sich immer auf alle Mitglieder, schon die Abwesenheit eines Senatoren machte es doppelt so schwer eine Einigung zu erzielen als üblich. Das galt natürlich nicht für alle, dachte er bei sich, während er zu Viviona ya Pirras hinüberblickte, welche in einem Kleid neuster belhankaner Mode anstatt der standesgemäßen Senatorentoga erschienen war. Kurz machte er halt, um Nicolo di Onerdi, den Baron von Parsek und bis vor kurzem noch selbst Senator, zu begrüßen, welchen er noch am Vortage als Gast zu dieser Sitzung eingeladen hatte. Viele Gespräche hatten Vitello und die Mitglieder seiner Familie am Vortage geführt, um die Einstellung der wichtigen Mitglieder der Stadt zu sondieren und ein klareres Bild der Lage zu erhalten. Er setzte sich auf seinen Platz, ließ sich einen Pokal mit Wein bringen und wartete, dass das Stimmengewirr, welches heute leiser als üblich war, komplett abebbte.

"Verehrte Senatoren, hiermit eröffne ich die II. Sitzung des II. Senats der belhankanischen Republik Efferdas. Als erstes begrüße den Baron von Parsek, Nicolo Faellan di Onerdi, welcher in Anbetracht der angespannten Situation als besonderer Gast des Senates zugegen ist. Als gewichtigste Punkte welche zu erörtern mir selbst ein Anliegen ist, sind ad priorem der Schaden, welcher der Republik im engeren wie weiteren Sinne durch die Causa Raloff bisher entstanden ist, ad secundam die außerordentliche Verknappung von Korn und die damit einhergehenden Preise, welche sich ein einfacher Efferder zu zahlen nicht mehr in der Lage sieht, sowie ad tertiem die vermehrte Zahl von Übergriffen, von denen die Stadtgarde zu berichten wusste. Da ich weiß, dass diese Frage viele beschäftigt, so möchte ich vorgreifen und sagen, dass meines Wissens der Aufenthaltsort vieler Raloffs weiterhin unbekannt ist, auf jeden Fall nicht innerhalb der Mauern der Stadt ist. Jedoch wurde mir berichtet, dass sich unter anderen Signor Alricilian Raloff weiterhin in Thirindar aufhält, doch darauf möchte ich später zurückkommen.", nach dieser einleitenden Ansprache machte er eine kurze Pause. "Bevor ich die Fiskal-Kapitanya Signora Orleane von Efferdas bitte, uns einen vorläufigen Bericht zu den Ermittlungen des ihr unterstellten Kapitanats in Hinblick auf die Veruntreuungen zum Schaden der Republik zu geben, frage ich die versammelten Exzellenzen, ob unter ihnen einer bereits vorab das Wort zu ergreifen wünscht." Er wartete kurz ab und als niemand ein Zeichen gab, bedeutete er der Signora zu sprechen.

Autor: Count

Orleane von Efferdas erstattet Bericht

Orleane von Efferdas erhob sich und von ihrem Platz und wandte sich an die Senatoren die ebenso gespannt wie die anderen Anwesenden auf ihre Worte warteten:

"Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist uns das volle Ausmaß der Vorgänge nicht bekannt doch ich kann dem Senat versichern dass mein Kapitanat alle vorhandenen Ressourcen einer gründlichen und vollständigen Prüfung der Angelegenheit widmet. Auf eindeutige Hinweise hin wurde begonnen Schriftstücke und Korrespondenzen der vorherigen Stadtverwaltung, insbesondere jener Ämter welche von Mitgliedern der Familie Raloff bekleidet wurden zu untersuchen. Dabei sind uns Unregelmäßigkeiten im Bereich des Bauwesens aufgefallen. Zuerst nur sporadisch später jedoch systematisch. So sind in den Büchern Buchungen zu finden, welche de facto nie ausbezahlt wurden, insbesondere während der Neugestaltung des Platzes der efferdischen Liberalität. Zu nennen sei hier beispielsweise ein Obelisk beträchtlicher Größe, von dessen Nichtexistenz sich jeder vor dem Senate überzeugen möge. Zudem haben wir festgestellt dass es Entnahmen aus der Stadtkasse gegeben hat, deren Zweck nirgendwo verzeichnet ist. Der Schaden ist auf jeden Fall erheblich.

Wie zudem sicherlich einigen hier bekannt sein dürfte, wurden der Familie Raloff in den vorangegangen Jahren mehrfach Teile oder die gesamte Steuerschuld ob ihrer Verdienste um Stadt und Republik gestundet. Auch hier ist gegebenfalls mit einem beträchtlichen Verlust zu rechnen. Hier ist gegebenfalls zu prüfen welche Besitztümer real existierten und welche nur fiktiv, zur Vortäuschung einer Sicherheit auf die Steuerschuld genannt wurden um einen Prestigeverlust zu vermeiden.

Einer vorsichtigen ersten Schätzung zu Folge beläuft sich der Schaden der Republik Efferdas auf einen vier- bis fünfstelligen Dukatenbetrag. Und dies ist nur der direkte Schaden. Indirekt dürfte er durch die Ausfälle bei den Gläubigern der Familie weit höher liegen."

Autor: Count

Vitello Slin bringt einen Vorschlag ein

Ein Raunen ging durch die Senatsbänke und durch das Publikum. Das waren ungeheurliche Summen von denen die Kapitana da sprach. Orleane von Efferdas nahm wieder Platz und der Primos ergriff erneut das Wort:

"Ich danke Signora von Efferdas für ihren informativen Bericht und hoffe dass die Herrin Hesinde und ihr Sohn Nandus ihr bei den weiteren Nachforschungen beistehen werden. Nun wollen wir uns sofort dem nächsten Punkte zuwenden. Die Causa Raloff zieht schon jetzt weitere Kreise und wie mir zugetragen wurde, erreichen die Preise für Korn in der Stadt bereits jetzt ein Hoch, ein sicherer Indikator das eben jenes knapp ist. Nun ist es oberste Pflicht des Senats, seine Bürger zu schützen und meines Wissens nach haben einzelne Individuen, beispielsweise der verehrte Senator Vinarii, aber auch einfachere Mitglieder unser Republik, wie Signore Rondriacus Varducchio, bereits Vorsorge getroffen, damit niemand hungern möge nur weil es am Brote fehlt. Darum will ich dem Senate folgenden Vorschlag unterbreiten: Wir sollten öffentlich verlautbaren, dass jeder der über die Mittel verfügt, aufgerufen ist, der Not Einhalt zu gebieten und sich darob zur Koordination beim Municipal-Kapitanat melden möge. Auch sollten wir versichern, dass es niemandem der seine Tatkraft in die Dienste der Republik stellt, zum Schaden gereicht."

Autor: Count

Unterstützung durch Hesindio Vinarii

Hesindio Vinarii erhob sich und wartete das Raunen ab. Als dann einigermaßen Stille eingekehrt war erhob er seine Stimme: "Sehr wohl, wir haben bereits Vorkehrungen getroffen, dass wir nicht hungern müssen. Allerdings ist dass noch viel zu wenig und drückt auch nicht die Kornpreise. Ich habe allerdings aus Pertakis vernommen, dass dort in Kürze eine Lieferung kommen soll, die auch beträchtliche Kornvorkommen zu erträglichen Preisen beinhaltet. Ich werde mich bemühen soviel wie möglich von diesen in mein dortiges Kontor transferieren zu lassen und dieses von dort mittels meiner Castelle nach Efferdas zu bringen. Welche der Anwesenden würden sich denn finanziell am Kornkauf beteiligen wollen?" Er stützte sich auf seine Arme und sah in die Runde: "Es soll euer Schaden nicht sein!"

Autor: Vinarii

Ein kritischer Einwand aus dem Hause di Camaro

Es war Dom Esteban, welcher einen kurzen Einwand von sich gab: "Wahrlich, kein Coverner soll Hunger leiden, da habt ihr sehr wohl recht. Neben dem starken und länger anhaltenden Sikramhochwasser im Frühjahr haben wir nun auch noch durch raloffsche Unfähigkeit kaputte Preise und vergrätzte Fuhrleute, das macht es nicht besser... wie auch immer, das Municipal-Kapitanat kann sich der Unterstützung des Hauses Camaros sicher sein. Ich gebe aber zu bedenken, dass wir trotz der herausfordernden Aufgabe nicht in blinden Aktionismus verfallen sollten. Wir sollten das Korn auch nicht von jedem nehmen, allein die Vorstellung, dass sie uns Korn aus Sewamund oder Urbasi liefern müssten, stöße mir auf, wüsste ich doch, dass man uns dort dann für schwach halten würde, als unfähig, seine Leute zu ernähren. Und dass unsere stolze Republik in den Mündern anderer als "nach wenigen Jahren gescheitert." angesehen würde, würde an mir mehr nagen als jeder Hunger. Lasst uns also nicht jeden Preis mitmachen. Ein Fall Raloff sollte uns auch warnendes Beispiel genug sein."

Autor: di Camaro

Sikramstaler gegen ya Pirras

"Hier sehen wir, zu was uns die Herrschaft der Privilegierten führt!", Senator Sikramstaler riss das Wort an sich, "Während vor den Toren des Senats das Volk Hunger leidet, fragt sich das ehrenwerte Kollegium, wie es seinen Profit weiter mehren kann." Er blickte zu Hesindio Vinarii und über den verlassenen Platz von Horakles Kanbassa. "Almosen verteilen, doch wenn es darum geht ein echtes Opfer zu bringen, halten sie sich vornehm zurück." Noch bevor er seine Anklage fortsetzen konnte ergriff schnell Viviona ya Pirras das Wort: "Hunger? Wer leidet Hunger Sikramstaler? Noch habe ich keinen hungernden Efferder gesehen, da kann ich mich Signor di Camaro nur anschließen."

Dass die belhankische Aristokratin und der silaser Populist wohl der schärfste Gegensatz im neuen Senat waren, stand schon bei dessen zweiter Sitzung fest. Noch bevor einer der beiden fortsetzen oder erwidern konnte, schaltete sich Vitello Slin schnell ein: "Opfer bringen kann nur der, der Mittel hat und einem Sturm weicht man beizeiten aus, nicht erst wenn man ihn erreicht hat.", wandte er sich an beide Senatoren zugleich, "Ich für meinen Teil werde Senator Vinarii unterstützen. Zuerst werde ich jedoch das Wort unserem Gaste erteilen, seine Sicht der Dinge als Herr über eine Vielzahl von Köpfen interessiert mich."

Autor: Count

Parseker Angebote

Bedächtig erhob sich Baron Nicolo di Onerdi von seinem Platz und trat vor die Senatoren. Er war in edle, für Kenner als Changbari-Ware erkennbare Stoffe gekleidet, dabei jedoch nicht übermäßig protzig. Sein schwarzes Barett hatte er beim Eintreten abgenommen, es lag nun an seinem Platz, wo sich eine rote, eine gelbe und eine blaue Feder zu Boden neigten. Nicolo sah sich um. Noch vor zwei Monaten hatte er selbst auf einem der Plätze gesessen, nun hatten die Thirindar diesen Platz inne. Sein Blick schweifte über die versammelten Honoratioren der Stadt – interessanterweise war das Haus nicht vollzählig versammelt. Die Senatoren Camaro und Changbari, wie immer in tadellos sitzender Toga, die Comtessa ya Pirras ganz ohne dieses Zeichen des Amtes. Und dort, in nachlässig gewickeltem Gewand, der Senator Sikramstaler. Solche Personen hatte einer seiner Lehrer als Populisten bezeichnet, jemand, der sich mit dem Popolo gemein machten, insgeheim aber oft ganz andere Ziele verfolgten. Welche es in diesem Fall wohl waren? Nach diesem Moment des Nachdenkens hob Nicolo an zu sprechen.
"Hochverehrtes Haus, Primos, geschätzte Senatoren. Ich danke Euch und insbesondere Signore Slin für die Erlaubnis, bei dieser Versammlung nicht nur anwesend zu sein, sondern auch mein Wort zu Gehör bringen zu dürfen. Noch nicht lange ist es her, dass ich selbst einen dieser Sitze innehatte. Daher ist es mir ein Bedürfnis, zu versichern, dass mein Haus heute wie damals fest an der Seite der Republik steht, grade auch in schweren Zeiten wie diesen. Das hochverehrte Haus möge wissen, dass auch mit die Nachricht von den Umtrieben der Familie Raloff zutiefst bestürzt hat."
Es folgte eine Pause, Nicolo versuchte, die Reaktionen der Senatoren auf seine Worte abzuschätzen. Zumindest die letzte Aussage würde ihm, dem erklärten Feind der geflohenen Fusca Raloff, wohl jeder nur zu gern glauben.
"Doch nun zeigt sich, dass der Probleme noch viel mehr sind, als die ausstehende Steuerschuld, so hoch diese allein bereits ist. Senator Slin hatte daher gefragt, ob ich zur Lösung der Krise mit Rat oder Tat beitragen könne. Ich will mein Bestes versuchen und möchte dem Senat daher folgende Überlegungen zu Gehör bringen.
Zum ersten werde ich mein möglichstes tun, um weiteres Korn nach Efferdas zu bringen. Mit dem Segen des Senats werde ich auch meine Kontakte zu den urbasischen Zorgazo nutzen. Jedoch ist mein Korn zu großen Teilen verkauft, sodass ich Verträge brechen müsste, um bedeutende Mengen verfügbar zu haben. Möglicherweise kann aber schon meine Ankündigung, Lebensmittel zu beschaffen, zu einer Beruhigung beitragen.
Zum zweiten möchte ich dem Senat einen vielleicht ein wenig ungewöhnlichen Vorschlag unterbreiten. Wie alle Anwesenden wissen, habe ich zwei Bauprojekte von erheblicher Größe. Zum einen entsteht in Yardêk der Residenzsitz der Baronie Parsek, zum anderen hat mir mein verehrter Herzog aufgetragen, für den Wiederaufbau der Stadt Parsek selbst zu sorgen. Dies sind Arbeiten, die jeweils eine erhebliche Anzahl auch an Arbeitskräften benötigten. Gleichzeitig habe ich diese aber ohnehin schon in meinen Planungen berücksichtigt. Ich schlage daher vor, in der Stadt zu verkünden, dass jeder Freiwillige sich meinen Arbeitern anschließen dürfe. So hätte Efferdas für einige Monde oder ein bis zwei Jahre einige hungrige Mäuler weniger, diese müssten sich weder um Unterkunft noch Lebensmittel sorgen und eine sinnvolle Beschäftigung finden sie auch – was insbesondere den Klienten der Raloff am Herzen liegen wird. Ich garantiere den Herren und Damen Senatoren, dass der Republik dadurch keinerlei Kosten entstehen werden."

Die nun folgende Reaktion des Senators Sikramstaler hatte er nach dessen Wortgefecht mit Viviona ya Pirras schon kommen sehen.
"Ein solcher Vorschlag von Euch, Baron! Wer hätte das gedacht? Ihr wart nie ein echter Freund der Republik, weder als Senator, noch als Ritterbündler, noch als Baron. So sagt: Ist es Euer Plan, die freien Bürger der Republik in Eure Baronie zu führen, damit sie fortan Euren Wohlstand mehren mögen? Wollt Ihr sie zwingen, im verfluchten Parsek zu schuften, sie für Hungerlöhne zu Köhlern zu machen oder gleich für Brot und ärmliche Unterkunft? Das ist, wonach mir Euer Plan klingt. Brot bring Ihr keines, aber unsere Bürger wollt Ihr gern nehmen."

"Eure Einwände überraschen mich nicht, Senator", antwortete Nicolo gefasst. "Doch möchte ich sie zu zerstreuen suchen. Zunächst möchte ich betonen, dass ich nichts unternehmen werde, zu dem mich der Senat nicht ausdrücklich ermächtigt oder das er explizit abgesegnet hat. Insbesondere ist es nicht meine Absicht, die Einwohnerzahl meiner Baronie auf Kosten der Republik zu erhöhen, noch diese Arbeiter auszubeuten. Ich werde ihnen den Lohn zahlen, der auch den anderen Arbeitern zusteht. Die Arbeit in Parsek ist gefährlich, ohne Frage. Ich setze dort nur freiwillige Arbeiter ein oder aber solche, die sich eines Verbrechens schuldig gemacht haben. Solcherart würde ich es auch mit Efferdiern halten und vorschlagen, dies als Strafe für Delinquenten vorzusehen. Gleich, wo sie arbeiten, steht es aber einem jedem dieser Leute frei, jederzeit nach Efferdas zurückzukehren – und sei es nach Efferdossa."
Mit einer angedeuteten Verbeugung endete der Baron. Er setzte sich jedoch zunächst nicht, sondern wartete, ob es weitere Fragen zu seinem Vorschlag gäbe.

Autor: di Onerdi

Estebans nächste Einwände

"Hm. Die Arbeit der Parseker Köhler ist tatsächlich nicht ohne. Das weiß ich ja nun selbst, wo meine Tochter ihre Cavalliera ist," meldet sich Esteban erneut. "Der Vorschlag hat einige fürs und gegens, Signore di Onerdi. Die Rechnung, die ihr da aufgestellt habt, klingt auf den ersten Blick tatsächlich erst einmal gut. Den Efferdier als "bewegliche Masse" anzusehen, als Wanderarbeiter, den man einfach da arbeiten lässt, wo Arbeit da ist, während andere nicht die Probleme haben, ihre Mäuler stopfen zu müssen... es ist wie mit Söldnern. Nur, dass sie nicht fürs Kämpfen bezahlt werden. Aber es wirft auch ein paar Fragen auf. Es ist ja nicht so, dass sich die angeblich hungendern Bürger langweilen würden. Sie haben Arbeit hier. Dank der Raloffs fehlt es ihnen nur am Lohn. Man müsste schon klären, wen ihr für diese Arbeiten bekommt. Denn auch ihr werdet doch wahrscheinlich irgend eine Qualifikation dieser Leute erwarten. Was, wenn hungernde und qualifizierte Efferdier keine deckungsgleiche Masse sind? Auch sollte man sich absichern. Ihr wollt sicher nicht, dass nachher jemand auf die Idee kommt, halb Efferdossa zum Köhlern nach Parsek zu entsenden. Genau so wird Efferdas keine Diskussion darüber haben wollen, wo diese Arbeiter bleiben, wenn wir sie wieder zurück haben wollten. Auch sollte man darüber beratschlagen, ob es gewünscht ist, dass dieses Modell zur Mode wird. Denn die Gefahr, bei Bedarf auf einmal keine Landestreue mehr von den Untertanen erwarten zu können, dieser will ich mich – gerade in Anbetracht der Schwierigkeiten ob der Piratenwehr – nicht stellen wollen. Letztendlich müssten also richtige Verträge aufgesetzt werden, welche dann auch überwacht werden. Aber ich schätze mal, so etwas werdet ihr sicher auch schon bedacht und vorbereitet haben, ich kenne euch ja schließlich als gründlich. Ich bin also gespannt. Das Problem der gestopften Mäuler lösen wir damit. Aber nicht das der fehlenden Gehälter und der Raloff-Schulden. Liebe Mitsenatoren, ich befürchte, es wird kein Weg daran vorbei führen, dass wir alle hier die Bürgschaft der Republik werden tragen müssen."

Autor: di Camaro

Halcas Gedanken

Während die Redner sich abwechselten, bemühte sich Halca Thirindar noch, die Tragweite und Implikationen des angedeuteten Raloff-Zusammenbruchs zu begreifen. Auf Hylailos waren die Intrigen und Verwicklungen kleinformatiger gewesen, und an denen des Palastes zu Rethis hatte das Haus mangels Einfluss und Bedeutung keinen Anteil gehabt. Verglichen mit den Umtrieben einer liebfeldischen Festlandstadt entsprach das volkstümliche Bild eines zyklopäischen Idylls von Schafhirten unter Zypressen an einer Steilküste mit Seeblick schon fast den Tatsachen. Fünfstellige Fehlbeträge? Eine Schiffsladung Zwergenkohle oder fünf bis acht Schiffsladungen Holzkohle, je nach Qualität und Marktlage. Und das war vorher keinem aufgefallen? Eine derart plötzliche Eröffnung musste doch das Vertrauen der Bürger erschüttern!
Der Gedanke wirkte eine Weile in Halcas Gemüt, derweil sie wie durch einen Schleier den weiteren Wortmeldungen zuhörte – und mündete in einen Moment der Klarheit! Vetrauen! Das war das Wesen der Krise, die hier drohte! Eine Erschütterung des Vertrauens war eine Erschütterung der Ordnung! Die nackte Not war ein Grund, der das Volk zur Rebellion treiben konnte - aber wenn diejenigen, die zum Herrschen und damit zum Wahren der Ordnung bestimmt waren, einem solchen Unglück nicht wehren konnten, dann war eine Rebellion ein praktischer Ausdruck des Spotts und der Verachtung für diejenigen, die sich ihrer heiligen Verpflichtung nicht gewachsen zeigten! Dergleichen konnte schon zwischen einem König und seinem Volk Unfrieden stiften – wieviel größer musste die Gefahr in einer "belhankanischen Republik" sein, in welcher der Pöbel das heilige Gleichgewicht des Staates als schnöden Vertrag auf Gegenseitigkeit auslegte. Oder genauer gesagt: wo die Gelehrten derlei Gedanken pflegten. Oder die Bürger? Oder alle gemeinsam? Sie würde wohl doch nicht umhin kommen, einen Rechtsgelehrten zu konsultieren, um diese "republikanische" Gedankenwelt und Gesinnung verstehen zu lernen.

Als der Baron von Parsek das Wort ergriff, riß sie dies aus ihren Gedanken. Ja, sie wusste sehr gut, auf wessen Platz sie hier saß! War die Anspielung persönlich gemeint? War es denn ihre Schuld, dass das horasische Festland die Hylailer Thirindar und ihre Ansprüche vergessen hatte? Halca wollte keine Fehde mit dem Onerdi, sie wollte seine Kohle! Davon produzierte er genug, hinten am Mardilo, und die unersättlichen Essen der zyklopäischen Schmelzen und Schmieden hatten einen nie erlöschenden Bedarf an Brennstoff! Aber wenn sie dieses Thema angehen wollte, musste erst die von den Raloffs ausgehende Krise bewältigt sein. Wohlan! Sie straffte ihre Haltung, nachdem sie die vorangegangenen Minuten mehr in der Pose des Denkers zugebracht hatte.
Inzwischen sprach der Camaro zum zweiten Mal, weitschweifig und krämerisch, wie sie fand, aber das mochte mit der besonderen Position des Barons von Parsek in Efferdas zusammenhängen, wer weiß, was da alles beachtet werden musste. Als Esteban seine Wortmeldung beschloss, erhob sich Halca für eine kurze, entschlossene Wortmeldung.
"Das Haus Thirindar unterstützt den Vorschlag des Primos und wird kurzfristig prüfen, welche eigenen Vorräte zur Behebung der drohenden Krisis bereitgestellt werden können!"
Sie setzte sich und beobachtete aus den Augenwinkeln, ob der Baron von Parsek von ihrer Aussage oder Person eine besondere Notiz nahm.

Autor: di Piastinza

Nicolos Entgegnung an Esteban

Der Baron hatte den Ausführungen Estebans und der kurzen Wortmeldung Halcas aufmerksam gelauscht. Bei ersteren konnte man allerdings an seiner Mimik leichte Anzeichen von Unverständnis herauslesen. An einer Stelle zupfte Nicolo beiläufig sein Gewand zurecht, an einer anderen zuckte seine Augenbraue zu einem angedeuteten Stirnrunzeln.
Als nach den Worten Halcas eine kurze Pause entstand, richtete der Gast daher sein Wort an den Senator der di Camaro. "Ich ..." – es folgt eine kaum hörbare Pause – danke Euch für Eure detailreichen Anmerkungen, Signore di Camaro. Sicher, mein Plan ist nur ein Vorschlag und mit den Unzulänglichkeiten behaftet, die ein jeder von uns bei seinem Tun von den Zwölfen auferlegt bekam. Verträge mögen wir schließen, jedoch muss ich auch um Vertrauen bitten. Denn eines erlaubt mir, frei heraus zu sagen: Wenn wir all' Eure Bemerkungen abhandeln wollen, bevor wir handeln, dann wird diese Krise enden, bevor der Senat oder seine Verbündeten sich rühren – und nur Satinav kann sagen, auf welche Weise. Doch ich wage zu behaupten, es wird uns nicht gefallen. Daher nur so viel, ich gebe mein Wort bei den Göttern, dass ich keinem freien Efferdier jemals den Weg zurück in seine Heimat verstellen werde."
Mit diesen Worten setzte sich Nicolo wieder an seinen Platz.

Autor: di Onerdi

Esteban bekräftigt

"Verwechselt Voraussicht nicht mit Bürokratie, Signor. Ich habe sicher nicht den Entwurf eines Covernische-Wanderarbeiter-Pachterlaubnis-Ratifikationsdurchschlagformulars AA 38 verlangt. Aber wie auch immer, Euer Wort ist natürlich ein schweres Pfand, auf das man sich verlassen kann. Ich denke, wir sind gut beraten, wenn wir einfach das Erreichen Parseks dieser Wanderarbeiter genau so frei stellen wie ihr es mit deren Rückkehr macht. Wer dies tun will, sollte dies tun können. Aber schaun wir mal, was da noch an Problemlösungen kommt. Denn wie schon gesagt, mit so einer Aktion geben wir den Leuten Fisch. Wir sollten aber schauen, dass die betroffenen Stadtbürger auch Fischen lernen können. Sprich jeder in der Stadt muss wieder selber in der Lage sein, sich so viel Korn zu kaufen wie er essen kann."
Esteban nahm die Wortmeldung von Orleane von Efferdas wahr und schwieg. Mal sehen, was die Edeldame zu sagen hatte.

Autor: di Camaro

Orleane mit einer Forderung und Spott

Orleane von Efferdas erhob sich ungestüm. Sie bedachte den Primos mit ihrem entwaffnend mädchenhaften Augenaufschlag, der ihr schon so viele Bewunderer und manche(n) Feind(in) eingebracht hatte.

"Euer allergüstigstes Einverständnis vorausgesetzt, wertester Primos, möchte ich an dieser Stelle in Vertretung meines lieben Vetters Ebius das Wort ergreifen. Ein Schiff voll Korn sagen wir von Kuslik hierher zu bringen braucht wohl kaum mehr denn zwei Tage. Natürlich wird dieses Korn teurer sein, denn solches welches nur von Chintûr nach Efferdas gebracht werden muss. Aber dies mögen die Signori Kaufherren bedenken und auf ein wenig Profit verzichten? Doch dass alsbald auch wieder efferdisches Korn in Efferdas zu finden sein wird, liegt kaum an einer schlechten Ernte, vielmehr an Fuhrleuten, welche nicht fahren wollen, weil ihnen ihr gerechter Lohn gestohlen. Das Haus Efferdas ist bereit Ihnen diesen Lohn zu zahlen, um niemanden in unserer Stadt hungern sehen zu müssen, so der Senat dies gutheißt. Doch bedenkt, dass das Korn auch gemahlen werden muss und die raloffschen Mühlen auch stillstehen, wohl aus ähnlichem Grunde wie bei den wackren Fuhrleuten. Eingedenk, dass wie ich ausführte das Haus Raloff unseerer Stadt eine erkleckliche Menge Goldes schuldet, stünde es dem Senat wohl gut an über eine Konfiszierung dieser Mühlen nachzudenken, was ich hiermit vorschlagen möchte. Ach – und wenn es einer Signora oder einem Signor aus diesem Hause nach frisch gebackenem Brot gelüstet, möge er sich zur dritten Mittagsstunde vor die Residenz verfügen, wo meine Schwägerin angewiesen hat, frisch aus den Vorräten an Mehl gebackenes an Bedürftige zu verteilen."

Mit ihrem fröhlich-schelmischen Lächeln, welches ihr schon so viele Bewunderer und manche(n) Feind(in) eingebracht hatte, nahm sie ebenso schwungvoll, wie sie sich erhoben hatte wieder Platz.

Autor: Elanor