Briefspiel:Besprechung zum Götterurteil (1)
24. Travia 1046 BF, Schloss Corello in Sewamund
Autoren: Amarinto, Carenio, Degano, Kacheleen, Luntfeld, Tribec, Vesselbek
Zusammenfassung: Vor den Verhandlungen mit Baron Irion unterreden sich die Sewamunder über ihre Regelforderungen und -zugeständnisse in der bevorstehenden Schlacht.
Tsaida Tribêc schlug zum politischen Vorgehen vor der Schlacht vor:
“Es ist mein Wunsch, diesen Konflikt mit Baron Irion mit einem gewissen Maß an Ehre und Respekt auszutragen. Doch lasst mich auf die pragmatische Perspektive hinweisen. Der Baron wird unsere Vorschläge, wenn wir sie denn machen, nur akzeptieren, wenn er das Gefühl hat, dabei selbst zu gewinnen oder zumindest keinen unverhältnismäßigen Nachteil zu erleiden. Daher sollten wir im Vorfeld, also jetzt, das Gespräch mit ihm suchen, um gezielt diejenigen Bedingungen zu verhandeln, die für uns von Vorteil sind, ohne dabei unsere eigene Handlungsfähigkeit einzuschränken und ihm das Gefühl zu geben, wir würden ihn reinlegen wollen.
So könnte etwa die Frage des Magieeinsatzes ein heikler Punkt sein. Statt ein generelles Verbot für Magier vorzuschlagen, könnten wir Regelungen einführen, die den Einsatz von Kampfmagie auf eine unterstützende Rolle beschränken, wie etwa das Heilen von Verwundeten oder das Binden von Elementen, um die Schlacht zu gestalten, nicht aber sie zu entscheiden. Dies bietet uns Verhandlungsmasse, ohne den Baron direkt ablehnen zu lassen.
Darüber hinaus schlage ich vor, dass wir bei der Verhandlung nicht nur militärische Aspekte regeln, sondern auch die politische Dimension dieses Konflikts bedenken. Wenn wir einen Plan für die Zeit nach der Schlacht ins Gespräch bringen, also Eckpunkte für die Nachschlachtordnung schon nennen, könnten wir die Notwendigkeit einer vollständigen Konfrontation reduzieren. Dies könnte eine Übergangsregelung für die Machtverhältnisse in Sewamund beinhalten, egal wie die Schlacht ausgeht, mit dem Ziel, für alle eigentlich Unbeteiligten, und für uns, Frieden und Stabilität zu schaffen. Wenn wir dies geschickt verhandeln, lassen wir den Baron ein Stück weit auch sein Gesicht wahren, während wir gleichzeitig unsere Interessen sichern.
Schließlich fordere ich, dass wir bei der Festlegung der Regeln nicht die Logistik und Versorgung unserer eigenen Truppen vergessen. Eine lange Schlacht oder ein Hinauszögern der Entscheidung wird die Ressourcen der Stadt stark belasten. Ein Vorschlag wie der von Signora Baldura, den Konflikt auf ein Duell oder eine kleinere Auseinandersetzung zu begrenzen, mag bei flüchtiger Betrachtung vielleicht naiv erscheinen, doch er bietet uns die Möglichkeit, einen schnellen Sieg anzustreben. Sollte der Baron diesen Vorschlag ablehnen, könnten wir dies immer noch nutzen, um ihn allgemein als blutgierig und unvernünftig darzustellen.
Die Entscheidung, meine geschätzten Herren und Damen, liegt bei uns, und ich mahne dazu, bei jedem Vorschlag nicht nur an die göttlichen und richtigen Prinzipien, sondern auch an die Konsequenzen zu denken. Diese Entscheidungsschlacht wird nicht allein auf dem Feld entschieden, sondern auch in unseren Köpfen.”
Ludolfo di Piastinza, in makellos sitzender Kleidung und mit der Aura eines Mannes, der die Kunst der höfischen Selbstdarstellung meisterhaft beherrscht, trat vor, seine Haltung aufrecht, seine Stimme bestimmt, aber ruhig.
“Signora Tribêc hat wichtige und kluge Punkte vorgebracht, die nicht nur das strategische Vorgehen, sondern auch die politische Dimension dieses Konflikts beleuchten. Es gebührt uns, überlegt und mit Weitsicht zu handeln, denn unsere Handlungen werden nicht nur das Ergebnis der Schlacht, sondern auch die Wahrnehmung unseres Handelns in den Annalen der Geschichte prägen.
Doch lasst mich als Vertreter meines Hauses eine Perspektive ergänzen, die sich sowohl auf die Ehre des Adels als auch auf die Verantwortung gegenüber den ZWÖlfen und dem Volk stützt. Es ist unsere Pflicht, in jeder Handlung nicht nur die Vorteile für uns zu suchen, sondern auch das Beispiel zu geben, das von der Nachwelt als vorbildlich betrachtet werden kann. In diesem Sinne stimme ich Signora Tribêc zu, dass der Baron nicht das Gefühl haben darf, wir hätten vor, ihn hinters Licht zu führen. Gleichzeitig müssen wir darauf achten, dass diese Verhandlungen unsere Position nicht schwächen. Eine Balance zwischen Pragmatismus und Prinzipien ist das Gebot der Stunde.
Ich möchte daher anregen, dass wir als Teil der Verhandlungen auf die virtus unserer Seite pochen – die Tugend, die uns als Vertreter der Adelsstände auszeichnet. Dies bedeutet, klare, unmissverständliche Regeln vorzuschlagen, die den Rahmen dieser Schlacht festlegen, und diese mit einer öffentlichen Erklärung zu untermauern, die das Ziel verfolgt, die Ehre aller Beteiligten zu wahren. Eine solche Erklärung könnte lauten, dass dieser Konflikt nicht das Ziel hat, Zerstörung oder Leid zu bringen, sondern einen gerechten und göttlichen Ausgleich der Streitigkeiten zu finden.
Was die Schlachtordnung betrifft, schließe ich mich dem Vorschlag an, die Nutzung von Kampfmagie auf unterstützende Rollen zu beschränken. Ein allgemeines Verbot könnte als Schwäche oder als Arglist ausgelegt werden, während eine klar definierte Regelung Stärke und Überlegenheit demonstriert. Ebenso halte ich es für unerlässlich, den Einsatz von einfachen Männern und Frauen und frisch ausgehobenen Milizen zu verbieten – nicht nur um die Bevölkerung zu schützen, sondern auch, um die Würde des Götterurteils zu bewahren. Dieses Urteil sollte durch die Stärke und Disziplin professioneller Truppen entschieden werden, nicht durch die Zahl von schlecht ausgerüsteten, ungeschulten Männern und Frauen.
Darüber hinaus möchte ich, trotz meiner Hochachtung für die RONdrianischen Prinzipien, darauf hinweisen, dass es uns nicht zusteht, allein aus dieser Perspektive zu urteilen. Wir stehen unter den Augen aller ZWÖlfe, und jede Entscheidung sollte daher dem Geist der ZWÖlfgöttlichen Harmonie entsprechen. Dies bedeutet, dass wir darauf achten müssen, nicht nur Stärke und Mut zu demonstrieren, sondern auch Weisheit, Gerechtigkeit und Mäßigung.
In diesem Sinne unterstütze ich die Idee, dem Baron den Vorschlag eines begrenzten Duells zu unterbreiten, wie Signora di Estrano es angeregt hat. Ein solcher Ansatz könnte nicht nur die Zahl der Opfer minimieren, sondern auch eine Möglichkeit schaffen, unseren Konflikt in einer Weise zu lösen, die der Tradition und dem göttlichen Willen entspricht.
Letztlich liegt es an uns, nicht nur mit dem Schwert, sondern auch mit Geist und Herz zu führen. Wir müssen uns der Verantwortung bewusst sein, die wir als Führer und Repräsentanten unserer Häuser tragen – Verantwortung nicht nur für die Schlacht, sondern für das Nachspiel und die Wahrnehmung unseres Handelns. Dies, meine Damen und Herren, sollte unser Kompass in diesen dunklen Stunden sein.”
Mit diesen Worten verneigte sich Ludolfo leicht und ließ den Blick kurz über die Versammlung schweifen, ehe er sich wieder zurücklehnte, seine Position mit der gleichen anmutigen Selbstsicherheit einnehmend, die er zuvor gezeigt hatte.
Sturmfriede ter Beer, deren unruhige Persönlichkeit oft mit den unberechenbaren Stürmen verglichen wurde, die Efferd selbst entsendet, trat mit energischen Schritten nach vorne. Ihre Augen funkelten wie das aufgewühlte Meer, und ihre Stimme, durchdrungen von rauer Entschlossenheit, füllte den Raum:
“Mit Verlaub, geschätzte Anwesende, ich habe den Eindruck, wir zerreden die Dinge hier, während die Zeit drängt! Ein Konflikt wie dieser, der nicht nur die Ehre, sondern auch die Zukunft Sewamunds, unsere Zukunft!, aufs Spiel setzt, verlangt nach klaren Worten und entschlossenem Handeln – nicht nach endlosen Diskussionen über Regeln, die ohnehin keiner einhalten wird, wenn es hart auf hart kommt!
Ich habe Respekt vor rondrianischen Prinzipien und Tugenden, die wir hier vertreten wollen, aber wir dürfen dabei nicht vergessen, dass dieser Kampf unter den Augen aller Zwölfe ausgetragen wird – und Efferd, unser und mein Herr, verlangt Ehrlichkeit und Geradlinigkeit. Lasst uns keine Bedingungen vorschlagen, von denen wir wissen, dass sie nur dazu dienen, den Gegner auszutricksen oder uns einen taktischen Vorteil zu verschaffen. Efferd duldet keine Falschheit, und ich werde nicht zulassen, dass unser Handeln wie eine Flaute auf der Seele der Götter liegt!
Was diese Idee eines Duells oder eines begrenzten Konflikts angeht – schön und gut. Aber denkt auch an die Konsequenzen! Was, wenn der Baron sich darauf nicht einlässt? Glaubt Ihr wirklich, dass jemand wie Irion von Streitebeck, der seine Macht mit Zähnen und Klauen verteidigt, auf eine solch elegante Lösung eingehen wird? Und was, wenn wir verlieren? Habt Ihr bedacht, wie leicht das Volk von Sewamund uns dann als Schwächlinge und Unfähige abtun wird? Ihr könnt keine Wellen schlagen, wenn Ihr das Meer fürchtet!
Nein, meine Freunde. Ich sage, wenn wir schon Regeln aufstellen, dann sollten diese so klar und einfach wie möglich sein. Keine Tricks, keine verschachtelten Klauseln, die nur dazu dienen, den Feind zu verwirren. Und ja, das bedeutet auch, dass wir vielleicht unkonventionelle Methoden einsetzen müssen, wenn es die Situation verlangt. Efferds Wellen zögern schließlich auch nicht, wenn sie eine Küste treffen – sie kommen mit voller Wucht und reißen alles mit sich!
Und noch etwas: Wenn wir diese Schlacht führen, dann sollten wir sicherstellen, dass wir auf alles vorbereitet sind – nicht nur auf das, was wir wollen, sondern auch auf das, was kommen könnte. Magie? Wenn der Baron sie einsetzt, sollten wir in der Lage sein, darauf zu reagieren. Artillerie? Ja, von mir aus, wenn sie uns hilft, unsere Truppen zu schützen und den Schaden an der Stadt zu minimieren. Aber was wir nicht tun dürfen, ist, uns selbst in die Schranken zu weisen, während der Feind sich lacht und seine Karten gegen uns ausspielt.”
Sie atmete tief durch, ihre Stimme ließ jedoch nichts von ihrer Entschlossenheit nach. “Ich mag noch nicht lange im Amt sein, aber eines weiß ich: Das Meer lehrt uns, dass man nicht vor dem Sturm kapituliert, sondern ihm entgegentritt. Und das sollten wir auch tun, weil Sewamund es von uns erwartet!”
Mit einem energischen Nicken ließ Sturmfriede sich wieder auf ihren Platz nieder, wobei sie den Eindruck hinterließ, dass jede weitere Verzögerung ihrer Ansicht nach eine direkte Beleidigung Efferds selbst wäre.
Oleana di Bellafoldi, die durch ihre entschlossene Haltung und die Erfahrung in den harten Machtkämpfen um ihre Heimat bekannt war, erhob sich elegant. Ihre Stimme war ruhig, aber fest, ihre Worte wählte sie mit Bedacht:
“Meine geschätzten Anwesenden, ich höre hier viele kluge und ehrenhafte Vorschläge, doch ebenso erkenne ich eine gewisse Naivität in der Annahme, dass unser Gegner sich an die gleichen Prinzipien binden wird, die wir hier diskutieren. Lasst uns nicht vergessen, dass Baron Irion von Streitebeck nicht für Tugendhaftigkeit bekannt ist. Sein Streben gilt der Macht und dem Erhalt seiner Position, und er wird jedes Mittel einsetzen, das ihm zur Verfügung steht – ob es den Zwölfen gefällt oder nicht.
Ich stimme der Signora Tribêc in ihrer Einschätzung zu, dass klare Regeln notwendig sind, doch wir dürfen uns nicht blind darauf verlassen, dass diese Regeln eingehalten werden. Unser Handeln muss daher zwei Ziele verfolgen: einerseits, die Ehre unserer Seite zu wahren und den Respekt der Zwölfe zu sichern, und andererseits, pragmatisch darauf vorbereitet zu sein, auf jedes mögliche Täuschungsmanöver oder Regelbruch zu reagieren. Denn glaubt mir, wer, wie ich, in den Wirren des Thronfolgekriegs sein Erbe erkämpfen musste, weiß, dass Moral und Prinzipien schnell zerbrechen können, wenn der Gegner keine Skrupel zeigt.
Zu den vorgeschlagenen Regelungen – besonders zur Magie und Artillerie – möchte ich Folgendes anmerken: Wenn wir Magie nur auf unterstützende Rollen beschränken, müssen wir sicherstellen, dass wir mindestens eine Möglichkeit haben, auf magische Angriffe zu reagieren, sollte der Baron sich nicht an die Abmachung halten. Ein Magier, der in Verteidigung oder Schutzmaßnahmen geschult ist, sollte in jedem Fall Teil unserer Vorbereitungen sein. Ebenso sollten wir bedenken, dass Artillerie, auch wenn sie nicht zu den rondrianischen Idealen passt, auf einem Schlachtfeld wie diesem einen entscheidenden Vorteil bieten könnte. Effizienz muss nicht immer unehrenhaft sein, werte Verbündete.
Was den Vorschlag eines begrenzten Duells angeht – so sehr ich diese Idee aus strategischer und menschlicher Sicht begrüße, möchte ich anmerken, dass sie uns in eine gefährliche Lage bringen könnte, falls der Baron sie ablehnt. Wir müssen sicherstellen, dass wir diese Möglichkeit nicht als einzige Option präsentieren. Sollte der Baron sich darauf einlassen, mag es eine elegante Lösung sein, doch sollten wir darauf vorbereitet sein, eine volle Schlacht mit allen Konsequenzen zu führen, wenn er sich dagegen entscheidet.
Und zuletzt, was die politische Dimension dieses Konflikts betrifft, teile ich die Ansicht, dass ein Plan für die Nachkriegsordnung nicht nur ratsam, sondern notwendig ist. Ich schlage vor, diesen Plan nicht nur mit Irion zu verhandeln, sondern auch mit Herzog Cusimo, um unsere Position zu stärken und potenzielle Unterstützer zu gewinnen. Der Baron von Streitebeck mag unser unmittelbarer Gegner sein, doch er ist sicher nicht der einzige Spieler in diesem Spiel. Je stärker unsere diplomatischen Verbindungen sind, desto weniger abhängig werden wir vom Ausgang dieser Schlacht sein.”
Mit einem knappen Nicken ließ Oleana ihren Blick über die Versammlung gleiten, bevor sie sich mit der gleichen entschlossenen Eleganz wieder setzte. Es war klar, dass ihre Worte nicht nur aus strategischer Überlegung, sondern auch aus einer tiefen persönlichen Erfahrung mit Konflikten und Machtkämpfen resultierten.
Leomar Tribêc trat mit entschlossener Miene vor, das Schwert an der Seite. Mit tiefer und durchdringender Stimme ergriff er das Wort:
“Geschätzte Versammlung, es erfreut mein Herz zu sehen, dass wir in diesen schwierigen Zeiten nach Wegen suchen, den kommenden Konflikt mit einem Mindestmaß an Ehre und Vernunft zu führen. Doch lasst mich daran erinnern, dass wir vor allem eines sind: Diener der Zwölfgötter, darunter und für mich allen voran Rondra, deren Wille über alles steht, wenn es um ehrenhaften Kampf geht.
Ich vernehme Vorschläge über den Einsatz von Artillerie, über Regelungen für Magie. Ich nehme damit einhergehend unorthodoxe Mittel wie Gift hinzu, und sage euch: Das sind Werkzeuge der Furcht und der Unehrlichkeit. Sie haben keinen Platz auf dem Schlachtfeld, das unter den wachsamen Augen Rondras steht. Ein Kampf, der durch Maschinen, alchemistische Tricks oder magisches Wirken entschieden wird, ist kein wahrer Kampf, sondern ein Akt der Feigheit und ein Schlag ins Gesicht der göttlichen Prinzipien, die für uns alle gelten.
Artillerie? Ein ehrloses Instrument, das aus der Ferne Tod bringt, ohne dass der Schütze jemals in die Augen seines Gegners blicken muss. Solche Waffen mögen in Belagerungen eine Rolle spielen, doch in einer Feldschlacht, die von uns verlangt, Ehre und Mut zu beweisen, sind sie fehl am Platz. Magie? Selbst wenn sie für Heilung und Schutz verwendet wird, bleibt sie eine Verzerrung des Kampfes und ein Eingriff in göttlichen Willen. Und Gift? Darüber sollten wir nicht einmal sprechen – ein Werkzeug der Schwachen und Hinterlistigen, nicht derjenigen, die den Weg der Löwin gehen.
Ich fordere daher, dass wir diesen Konflikt auf Grundlage der Prinzipien führen, die Rondra uns lehrt: Mut, Ehre, Tugend und die Stärke des Herzens. Unsere Waffen sind das Schwert, der Schild und der Wille, für das Richtige einzutreten, ungeachtet der Schwierigkeiten. Ich rufe euch auf, eine klare Linie zu ziehen und dem Feind zu zeigen, dass wir keine Tricks und keine Maschinen benötigen, um den Sieg zu erringen. Wenn wir das tun, werden wir nicht nur die Schlacht gewinnen, sondern auch die Gunst der Zwölfe und die Achtung der Nachwelt.
Lasst uns eine Schlachtordnung vorschlagen, die sich an den Tugenden orientiert, die uns als Krieger und Adlige auszeichnen. Keine Artillerie, keine Magie, keine hinterlistigen Taktiken – nur der ehrliche Kampf zwischen ehrenhaften Kriegern. Wenn wir diese Prinzipien einhalten, geben wir allen ein Beispiel, das nicht nur den Sieg, sondern auch den Frieden vorbereitet. Denn nur, wenn wir mit reiner Seele und erhobenem Haupt in diese Schlacht ziehen, können wir sicher sein, dass Rondra an unserer Seite kämpft.”
Mit einem letzten, eindringlichen Blick in die Runde trat Leomar zurück, seine Haltung unerschütterlich und seine Entschlossenheit, für die Prinzipien seines Glaubens einzustehen, für alle sichtbar.
Drago Amarinto hatte während der Worte des Rondrageweihten mehrfach leidenschaftlich genickt. “Wie seine Gnaden bereits zutreffend ausgeführt haben, hat der Herzog entschieden, das Schicksal in die Hände der Götter zu legen und uns aufgetragen die Entscheidung in einer Schlacht herbeizuführen. Wer sind also wir den Willen der Götter und des Herzogs in Frage zu stellen? Eine solche Schlacht kann nur noch rondrianischen Prinzipien ablaufen, Ehre und Mut sollen die Waagschale zu unseren Gunsten beeinflussen. Um jedoch auch die göttlichen Geschwister zu ehren sollten wir eine klare praiosgefällige Vereinbarung über die Regeln dieses Kräftemessens mit dem Baron treffen. Die Herrinnen Travia, Peraine und Tsa werden es sicher mit Wohlwollen aufnehmen, wenn wir die zivilen Opfer auf ein Minimum begrenzen und uns nur auf den Einsatz erfahrener und professioneller Krieger und Kriegerinnen einigen. Der Herr Phex wird es sicherlich ebenso schätzen, wenn wir den Handel schonen und all die kleinen Krämer und Kaufleute nicht in den Kampf schicken, ebenso wie die Herren Ingerimm und Efferd es uns danken werden, wenn wir die Handwerker und Fischer verschonen. Zudem mag es den Götter generell gefallen keine Priester und Diener der Götter auf dem Schlachtfeld bluten zu lassen.”
Aurelio van Kacheleen stand auf, rückte seine schlichte grangorische Kleidung zurecht, nickte kurz seinen Begleitern zu und sprach mit fester und klarer Stimme: “Werter Lilienrat, treue Freunde der Stadt Sewamunder, verehrte Verbündete, die Entscheidung unseres Herzoges haben wir alle vernommen und nach einer viel zu kurzen schlaflosen Nacht können wir heute durch unser besonnenes Planen und Handeln den so wichtigen Beitrag dazu leisten, dass die Götter uns wohlgesonnen sind am Tag der Entscheidung. Es kann ein grausames Schlachten geben und Sewamund kann untergehen.” Er hielt kurz inne und schaute die Versammelten an. “Diese Situation kann eintreten und wir alle hier unser Leben verlieren, mittellos werden und aus der Stadt gejagt werden. Für immer.” Wieder machte er eine kurze Pause und schluckte tief. “Comtessa Odina Garlischgrötz brachte bei der Urteilsverkündung vor”, er zitierte nun, “auf dass die Götter Schuldige von Unschuldigen trennen, die Verräter bestrafen und die Gerechten verschonen mögen!” Hiermit sind alle zwölf Götter angesprochen und damit auch die Tugenden, für die jeder der Zwölfe steht. Wir, die van Kacheleen, setzen neben den rondrianischen Tugenden auch auf die Tugenden Firuns, Ingerimms, Efferds und auf die Weisheit Hesindes und setzen ebenso auf die List des Phex. Hier bin ich ganz bei Euch, verehrte Oleana di Bellafoldi. Somit schlage ich vor, die Bündnisflotte Sewamunds vor den Deichen in Position zu bringen, um so zu gegebener Zeit und durch eine List und in einer geeigneten Situation an der Flanke des Gegners einen taktischen Erfolg zu erringen. Nähere Details zu diesem Plan führt mein Berater später gerne aus.” Er zwinkerte seinem Condottiere zu.
“Kommen wir zu den Begebenheiten des Kampfes selbst. Den Amarinto-Vorschlag kann ich stützen, das Blutvergießen sollte auf ein absolutes Minimum reduziert werden. Insofern unterstütze ich jeglichen Vorstoß, dem Herzog einen vorteilhaften Kompromiss vorzuschlagen, das Götterurteil haben wir selbstverständlich verinnerlicht, aber die Ausgestaltung könnte wie beschrieben auf eine kleine und ausgewählte Kriegerelite begrenzt sein, die gegen eine gleichgroße Kriegerelite des Streitebeckers antritt. Die Regeln dieses kleinen Kampfes, der dann rondrianisch, wie Leomar Tribec ausführte, geführt würde, sollten vorher im Detail feststehen und die Konditionen für einen Sieg somit für alle Beteiligten vor dem Kampfe feststehen, damit sich beide Seiten auch einig sind, nachdem der Herzog festgestellt hat, wer der Sieger ist und wer der Besiegte. Hier teile ich Maralita de Cortez’ Ansicht.”
Aurelio hüstelte leicht. “Werte Verbündete, versteht meinen jetzigen Vorschlag nicht als Kränkung oder gar als wahnsinniges, aus Efferds Wogen Herausgerissenes, versteht diesen Vorschlag als Möglichkeit und als einmalige Chance, das weitere und unnötige Blutvergießen doch noch im allerletzten Moment zu verhindern und zu vermeiden. Unserem Herzog wird ein gewisser Humor nachgesagt und diesen möchte ich nun bedienen. Wir könnten mit dem Segen des Listigen und der Weisheit Hesindes das Sterben nahezu auf eine kaufmännische Null reduzieren. Mein Vorschlag hierzu wäre sehr unkonventionell und sicherlich noch nie dagewesen.” Aurelio hielt die Aufmerksamkeit hoch: “Lasst uns dem Herzog vorschlagen, ein Immanspiel gegen die Streitebecker auszutragen. Gestorben wurde schließlich genug und auch beim Imman können die Götter sich ihr Urteil zweifelsfrei bilden. Es wäre ein geschickter Zug, auch wenn man diesen Vorschlag nun zerreden und verwerfen kann. Aber was haben wir zu verlieren und was haben wir zu gewinnen? Ein Spiel vor den Toren Sewamunds, um die Gunst und das gerechte Urteil der Götter.”
Aurelio machte sich auf was gefasst, sprach aber noch weiter, während er in die Gesichter der Anwesenden blickte. “Zu guter Letzt teile ich die Auffassung, dass wir uns bereits heute Gedanken über die zwei Ausgänge des Götterurteils machen sollten. Entweder wir siegen oder werden aus der Stadt gejagt. Wir sollten dem Herzog hierzu unsere jeweiligen Angebote unterbreiten. Ich möchte daran erinnern, Sewamund ist unser aller Heimat und die van Kacheleen haben genauso wie die hier vertretenen Sewamunder sicherlich nicht vor, die Stadt hastig zu verlassen, geschweige denn das Götterurteil zu verlieren. Mein Sohn Phexter wird zudem beizeiten einiges dazu beitragen können, was er über die Machenschaften des Streitebeckers und zu den Morden in Erfahrung bringen konnte. Er hat sicherlich einiges Wertvolles zu sagen.”
Dimiona della Carenio erhob sich zuletzt. Die vorläufige Vorsitzende des Lilienrates sah in die Runde und atmete hörbar tief durch.
“Nun, ich denke, es wird nicht einfach werden, hochverehrte Anwesende, alle diese Vorschläge unter einen Hut zu bekommen. Schließlich sollten wir mit einer Stimme sprechen, wenn wir uns in dieser hochsensiblen Angelegenheit in die Höhle des Löwen begeben. Wie schon angesprochen, wird Irion von Streitebeck aus jedem Vorschlag unsererseits seine Schlüsse ziehen. Wir müssen aufpassen, uns nicht zu schaden und ihm keine Hinweise zu liefern, welche Taktik wir einschlagen wollen. Ich glaube kaum, dass der Baron sich auf ein Immanspiel einlassen wird, wenn er bei geschickter Strategie und dem Einsatz seiner angeworbenen und ihm untergebenen Truppen einen fulminanten Sieg erringen könnte, der ihn in die Position versetzen würde, uns, den mit ihm konkurrierenden Lilienrat, loszuwerden. Ich versuche nun einmal eine Zusammenfassung der mehrfach geäußerten Vorschläge: Neben den grundlegenden Regeln der zivilisierten Kriegsführung, wie Dareios Amarinto sie vorgebracht hat, sollten wir in jedem Fall auf einen zwölfgöttergefälligen Kampf bestehen. Die rondrianischen Tugenden sind unbenommen an erster Stelle zu nennen. Und es bleibt festzuhalten, dass ein Vergleichskampf mit gleichen Mitteln, seien es kleinere Einheiten, die ein Banner erobern, Duellanten oder gar zwei Immanmannschaften, die sich duellieren, einer Schlacht zweier ungleicher Gegner vorzuziehen ist. Zu guter Letzt muss festgelegt werden, wie der Sieger ermittelt wird. Also wann der Kampf, welcher Natur auch immer, zu Ende ist.”
Die Baronessa unterbrach sich kurz und sah sich im Kreis der Teilnehmer an dieser Besprechung um. Sie wollte abwarten, ob sich Widerstand gegen ihre Zusammenfassung regte. Dann fuhr sie fort.
“Nach meiner persönlichen Einschätzung bleibt uns ohnehin nur diese eine Chance auf eine diplomatische Begrenzung der Schäden für die Sewamunder Bevölkerung. Wenn Irion von Streitebeck unsere Vorschläge schlicht ablehnt, weil er sich in einer günstigeren Position sieht, können wir nichts machen. Dann wird allein die Herrin Rondra über unsere Zukunft entscheiden.”
Khardan Luntfeld hatte bisher geschwiegen. Nun breitete er fast theatralisch seine Arme aus. “Wir diskutieren hier lang und breit eine Vereinbarung mit dem Baron und dem Herzog für die Bedingungen einer Schlacht. Weshalb nicht gleich einen Frieden aushandeln? Einen Kompromissfrieden, mit dem beide - respektive alle drei - Parteien ihr Gesicht wahren und damit leben können. Dann müsste überhaupt niemand mehr bluten.”
“Was für eine Art von Kompromiss schwebt Euch denn vor”, war die Stimme des Vesselbekpatriarchen Voltan Vesselbek zu hören. “Ich wäre sofort dabei, wenn man diese missliche Lage anders beenden könnte, als durch Blutvergießen und vergiftetes Blut für mindestens eine Generation. Allerdings fürchte ich, dass der Baron nach allem, was geschehen ist, nur wenigen Kompromissvorschlägen auch nur zuhören würde. Auch den Herzog habe ich bisher nicht als Freund von Kompromissen erlebt. Zumal beide in uns keine wirklich gleichwertigen Verhandlungspartner sehen. Jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht.”
Aurelio van Kacheleen schien der Verlauf der Debatte sichtlich zu gefallen. Ihm war es so wichtig, dass es nun einen unblutigen Ausgang geben könnte, Das nun auch weitere Lilienratsmitglieder dies offen aufnahmen bestärkte ihn umso mehr.
Nach wie vor, sah er in einem Immanwettstreit eine gewinnbringende und vor allem für alle Parteien durchaus hinnehmbare Begebenheit, diesen unnötigen Krieg endlich beendet.
“Wenn ich an dieser Stelle meine Stimme noch einmal erheben darf. Es ist höchst beängstigend, einen profanen Streit über unterschiedliche Sichtweise von Steuern” er setzte zu einer kleinen Pause an “in einen ungebremsten Krieg ausufern zu lassen und am Ende noch mit einem großen Töten in einer Schlachten zu beenden. Damit ist doch keinem geholfen.” er kratzte sich am Kinn. “Nehmen wir doch die Variante des Immanspieles.Unser geliebter Herzog ist für seine Lebensart bekannt und das Spiel dürfte ihm sicherlich gefallen. Sicherlich sollte an den Regeln um Verletzungen gar Menschenleben zu erhalten, scharf im Vorfeld gearbeitet und gefeilt werden und wir brauchen sehr erfahrene Männer und Frauen, die das Einhalten von Regeln kontrollieren, sofort ahnden und durchsetzen. Schlussendlich wird es am Ende des Spieles einen klaren Sieger und einen klaren Verlierer geben. Die Götter sprechen also Ihr Urteil. Unser geliebter Herzog kann nun dem Sieger erklären, welchen Ausgang das Schicksal für diese vorgesehen hat und selbiges den Verlierern verkünden. Laßt es mich in aller Deutlichkeit herausstellen, der Verlust an Menschenleben und damit an Steuerzahlern wäre sehr übersichtlich. Das Leben könnt im Anschluss sich dergestallten anpassen, dass wir endlich unser geliebtes Sewamund, dass durch den Krieg und die Sturmflut so gebeutelt wurde, endlich wieder aufbauen können.” Er schaute sich um und achtete auf die Reaktionen.
“Welches Schicksal den Verlierer erwartet, würde mich allerdings schon sehr interessieren.”
Khadan Degano hatte die meiste Zeit nur zugehört. Hier ging es vornehmlich um Krieg. Das war nicht sein Metier, er war Handwerker, Schiffbauer…Händler vielleicht noch. Karinor neben ihm war schon etwas unruhig und hatte sicherlich eine Meinung zu alledem, hielt sich aber zurück. Etwas, was Khadan sehr dankend zur Kenntnis nahm. Noch viel gelegener kam ihm dann eine Aussage von Drago Amarinto, die er zugleich aufnahm.
“Der verehrte Drago Amarinto hat vollkommen Recht! Auch in meinen Augen würde es an Frevel grenzen, ungeübte Männer und Frauen Waffen in die Hand zu drücken und auf das Schlachtfeld zu schicken. Wofür gibt es denn im Horasreich so viele Söldinge und Condottiere… Ich verkünde hiermit, dass kein Arbeiter der Deganowerft oder der angeschlossenen Handwerksbetriebe mit der Waffe in der Hand an der Schlacht teilnehmen wird. Sie mögen größtenteils kräftige und gesunde Menschen sein, aber sie sind Handwerker, weder Soldaten, Söldner noch Rondrajünger. Doch wollen auch wir natürlich einen Beitrag leisten. Deshalb werde ich aus Beständen der Werft, Holz und Segeltuch eine große Anzahl Tragen fertigen lassen. Jede mit 4 Klienten meiner Familie, welche eine Schärpe in den Farben der Tsa tragen und so deutlich machen, dass sie nicht kämpfen werden. Sie werden jeden Verletzten, den sie auf dem Schlachtfeld angesichtig werden, aufnehmen und so schnell es geht zur Werft bringen. Dort werden wir die großen Werkstätten freiräumen und Platz für die Verletzten machen. Ich bitte und werde es in der Stadt anschlagen lassen, dass ein jeder, der in der Heilkunst bewandert ist und dessen Platz nicht an anderer Stelle ist, sich am Tag der Schlacht auf der Werft einfinden soll. Auf das sich um die Verwundeten gekümmert werden kann. Auch sonst soll jeder, der helfen will, willkommen sein, sei es um die Ecke einer Trage zu übernehmen, einem wartenden Verwundeten Trost zu spenden bis hin zum Suppekochen.”