Briefspiel:Reise ins Unbekannte (2)

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Stadt Sewamund klein.png Briefspiel in Sewamund Herzogtum Grangor.png
Datiert auf: ab Ende 1045 BF Schauplatz: vor allem Stadt und Baronie Sewamund, darüber hinaus Phecadien und benachbarte Landstriche Entstehungszeitraum: ab Frühjahr 2023
Protagonisten: alle Sewamunder Familien, sowie diverse externe Machtgruppen Autoren/Beteiligte: Haus Amarinto.png Amarinto, Haus Tribec.png Tribec, Haus di Piastinza.png DiPiastinza, Familie Luntfeld.png Luntfeld, Familie della Carenio.png Carenio, Familie Degano.png Marakain, Familie van Kacheleen.png Kacheleen, Familie Vesselbek.png Vesselbek, Familie Cortesinio.png Cortesinio, Haus Carson.png OrsinoCarson, Haus della Pena jH.png Horasio, Haus ya Pirras.png VivionaYaPirras
Zyklus: Übersicht · Präludium - 1045 BF · Der Eklat - Praios 1046 BF · Der Selziner Schwur - Rondra 1046 BF · Interludium - Efferd 1046 BF · Der Tag der Treue - Travia 1046 BF

Ausgespielte Geschichten: Ruf nach Phecadien · Die Sewamunder Delegation in Shenilo · In den Kerkern von Amardûn · Das Treffen der Verschwörer · Ein Gespräch zur Rosenstunde · Sewamunder Delegation bei Irion von Streitebeck · Trauerfeier für Leonardo Cortesinio · Treffen bei Tovac · Reise ins Unbekannte · I · II · III



Autoren: VivionaYaPirras, Amarinto


17. Travia 1046 BF, Palazzo Amarinto in Sewamund

Zur Mittagszeit

Orleane ya Pirras empfängt die magische Beraterin ihrer Familie

Es klopfte an der Türe von Orleanes Zimmer und nach einem kurzen "Herein." betrat ein Diener des Hauses den Raum. Dieser berichtete der jungen Medica, dass eine Lieferung aus Shenilo eingetroffen sei und auch eine Besucherin im Hof auf sie warten würde. Orleane bat darum, die Waren noch nicht abzuladen. Erst wollte sie diese inspizieren, aber das erst nach der Begrüßung des unerwarteten Besuches. Schnellen Schrittes eilte sie zum Innenhof und blieb mit einem Male stehen. Sie schaute auf den Rücken einer Magierin, welche eindeutig durch ihren Stab erkennbar war, in einer eleganten grauen Reiserobe. Orleane stutzte, denn diese Gestalt vor ihr kam ihr bekannt vor. Als ob die Magierin die Blicke in ihren Rücken gespürt hatte, drehte sie sich langsam um. Mit eine Lächeln näherte sich Orleane. "Hochgelehrte Dame. Es ist mir eine Freude euch wiederzusehen und doch seht ihr mich überrascht. Hattet ihr eine angenehme Reise?"

Tharinda della Pena erwiderte das Lächeln. "Signora Orleane, die Freude ist ganz auf meiner Seite. Die Reise war den Umständen entsprechend. Aber ich bin nicht hier, um über dies zu sprechen. Euer Vater zeigt sich besorgt über die momentanen Vorkommnisse in Sewamund und daher bin ich hier. Einige Söldner der Falcones aurea und ich begleiteten Eure Waren aus Shenilo." Tharinda griff unter ihre Robe und holte einen gesiegelten Brief hervor. "Euer Vater bat mich Euch dieses Schreiben zu überbringen und er erwartet Eure Antwort." Orleane nahm es entgegen. Sie konnte schon ahnen, was ihr Vater dort verfasst hatte. Aber Tharinda war noch nicht fertig. "Und Ihr erwähntet ein Problem arkaner Natur, für das Ihr um Unterstützung gebeten habt. Da bin ich nun. Worum geht es?"

"Lasst dies nicht hier draußen besprechen. Dazu würde ich Euch gerne mit dem Hausherren und einer Freundin bekannt machen. Bitte folgt mir."

Tharinda della Pena kommt in Sewamund an

Orleane und Tharinda erreichten gemeinsam das Arbeitszimmer des Familienoberhaupts, welches im obersten Stockwerk des alten, in den Palazzo Amarinto integrierten, Turms lag und eine grandiose Aussicht auf Sewamund, Sewakien und die Bucht von Grangor bot. Diesmal trat ihnen Lutisana di Costalanza entgegen, welche anstelle ihres Gatten heute den Hausherren beschützte. Mit zusammengekniffenen Augen musterte sie die unbekannte Magierin, ihre Hand ruhte auf dem Schwertgriff. Sie blickte stumm zu Orleane, die freundlich nickte. Vorsichtig zog sie die Hand vom Schwertgriff zurück und sagte leise: "Signor Amarinto hat gerade Besuch, aber er wird Euch gleich empfangen. Wen soll ich ankündigen außer Euch Signora ya Pirras?"

Lutisana di Costalanza hält Wache

Bevor sie antworten konnte, öffnete sich die Tür und heraus trat ein in teure blau-gelbe Gewänder nach neuester Vinsalter Mode gekleidete Herr. Er trug eine reich verzierte silberne Amtskette mit dem Wappen der Stadt Ruthor und dem Wappen der Grafschaft Bethana um den Hals und sein Blick hatte etwas von einem Raubvogel. Er setzte sich ein mit Zobelfell gesäumtes Barett auf und nickte den beiden Damen zu, während er gemeinsam mit einem Schreiber die Treppen nach unten ging. "Phex zum Gruße Signoras!" sagte er mit tiefer und angenehmer Stimme und einem kryptischen Lächeln im Vorbeigehen. Orleane überlegte kurz, wo sie diesen Mann schon einmal gesehen hatte. In Ruthor natürlich, es war der Stadtmeister Argention di Sibertani, sie war ihm auf einem der Feste Signor Dareius' begegnet. Ein ausgezeichneter Tänzer, aber auch ein berüchtigter Schürzenjäger, der sie nach dem gemeinsamen Tanz unverhohlen in seine Schlafkammer eingeladen hatte. Sie hatte sich der Avancen jedoch höflich erwehren können und ihn später mit mit Signor Incendion Fergell, dem Vorsteher der Ruthorer Lotsengilde in einem Separee gesehen.

Sie wandte sich wieder an Dareius’ Leibwächterin: "Signora Tharinda della Pena aus Efferdas.” Lutisana di Costalanza nickte und führte die beiden in den Raum, in dem Dareius hinter seinem schweren Steineichenschreibtisch stand und Dokumente sortierte. Signora Lutisana informierte ihn schließlich mit monotoner Stimme über die Gäste: "Signora Orleane ya Pirras mit Signora Tharinda della Pena aus Efferdas." Danach zog sie sich zurück und schloss die Türe hinter sich.

Argention di Sibertani weilt zu Besprechungen in Sewamund

Dareius sah gestresst aus, aber seine Haltung straffte sich und er setzte ein freundliches Lächeln auf: "Signora, entschuldigt bitte aber Euer kommen war mir nicht angekündigt worden. Willkommen in Sewamund!" Er kam zu ihnen und nahm ihre Hand zum Handkuss entgegen. Er wandte sich kurz an Orleane, küsste auch ihre Hand. "Signora ya Pirras, wie immer eine Freude Euch zu sehen." Dann bot er ihnen zwei bequeme Stühle an und goss allen dreien jeweils ein Glas eines leichten frischen Rotweins ein und reichte den Damen die Gläser. Er setzte sich auf die Kante seines Schreibtischs und wandte sich an Tharinda. "Was verschafft mir die Ehre Eures Besuchs, Signora?"

Dareius Amarinto empfängt den Gast aus dem Süden

"Signora Orleane hatte bei ihrer Tante in Shenilo um Unterstützung gebeten, was Heilkräuter, Salben und Tinkturen angeht. Ebenso bat sie kurze Zeit später um arkane Hilfe bei einer persönlichen Sache. Ihr Vater hörte von den Geschehnissen in Sewamund und Umgebung und sorgte sich. Er sah sich gezwungen Maßnahmen zu ergreifen und sandte mich, als seine Leibmaga, sowie einige Soldaten der Falcones Aurea aus Efferdas zuerst nach Shenilo um die Waren sicher nach Sewamund zu geleiten." Sie nahm einen Schluck Wein und fuhr fort. "Und nun sitze ich hier und würde gerne erfahren, welche Hilfe ihr in arkanen Dingen benötigt."

Dareius nickte. "In diesem Fall seid Ihr natürlich herzlich willkommen, Signora. Bitte entschuldigt, dass ich Euch derzeit aufgrund von Platzmangel nicht in unserem Palazzo unterbringen kann. Ich hoffe es ist für Euch akzeptabel, ein Gästezimmer im Palazzo Wiesen-Osthzweyg auf der anderen Straßenseite zu beziehen. Das Haus Wiesen-Osthzweyg steht mehrheitlich auf der Seite unseres Feindes und deren einziger Vetreter in Sewamund, Signor Nanduriel von Wiesen-Osthzweyg kooperiert mit uns und hat den Palazzo seiner Familie freiwillig unter die Verwaltung des Lilienrats gestellt." Er wandte sich an Orleane und dann wieder an Tharinda. "Was die Hilfe in den arkanen Dingen angeht, so solltet ihr besser mit Signoria Orleane und meiner Cousine Signora Corvona di Bellafoldi sprechen. Es geht um Fragen der Traummagie, welche Euch die Signoras sicherlich besser erklären können als ich." Er trank einen Schluck des Weines. "Aber wenn es um weniger arkane Fragen geht, stehe ich Euch natürlich zur Verfügung. Ihr seid sicher erschöpft von der Reise. Wenn Ihr möchtet könnt ihr Euch gerne zurückziehen und etwas ausruhen, aber erweist mir die Ehre mir beim Abendessen Gesellschaft zu leisten. Das gleiche gilt natürlich auch für Euch Signora Orleane und ebenso meine Cousine Corvona!"

Tharinda prostete Dareius mit ihrem Weinbecher zu. "Ich danke Euch für Eure Gastfreundschaft in Travias Namen und nehme natürlich Eure Einladung an." Dann trank sie einen Schluck. "Traummagie sagt ihr. Ein interessantes Gebiet der Magica Communicatia. Ihr habt Glück. Wie der Zufall so will, war meine Lehrmeisterin in meiner Heimatakademie darin sehr bewandert. Aber bevor ich mich von der Reise ausruhe, würde ich gerne ein erstes Gespräch mit meiner Collega Signora Corvona führen." Tharinda stand auf. "Dann erlaubt mir Euch zu ihr zu bringen", sagte Orleane und stand ebenfalls auf. “Wir werden pünktlich zum Abendessen wieder bei Euch sein, Cavalliere. Ihr entschuldigt uns." Beide Damen nickten Dareius zu und verließen das Zimmer.

Das Abendessen

Als Tharinda della Pena, Corvona di Bellafoldi und Orleane ya Pirras den Speisesaal des Palazzo Amarinto betraten fiel ihr Blick zuerst auf das, den Saal ausfüllende, Schlachtenfresko Triumph der Thalionmel des berühmten Malers Marciano, welches den Raum dominierte. Davor war der lange Tisch bereits reichlich gedeckt und am Kopfende saß Dareius Amarinto, neben ihm Baronessa Efferdia di Bellafoldi, seine Mutter und zugleich Corvonas Tante. Bei den beiden gab es noch drei freie Plätze, welche bereits festlich eingedeckt waren. Auf der anderen Seite der Tafel, mit etwas Abstand zum Familienoberhaupt, saßen weitere Familienmitglieder und Gäste. Darunter Dareius Knappin, die hünenhafte Skrayana brai Rahjalina, der Platz seiner in Amardûn eingekerkerten Schwester Cariana Amarinto blieb demonstrativ leer, Seneschall Drago Amarinto mit seiner Gattin Ricarda ya Cantarra, Dareius’ Leibwächter Arion Amarinto, seine Gattin Lutisana di Costalanza und deren gemeinsamer Sohn, der junge Ritter Ralman Amarinto welcher die drei hereinkommenden Damen in ihren festlichen Kleidern mit schüchterner Ehrfurcht beobachtete bis ihn seine Mutter mit einem strengen Blick zur Ordnung rief. Hinzu kam eine unbekannte blonde Ordensritterin des Heilig-Blut-Ordens sowie eine Ritterin aus Ruthor, Nandura Ollantur, welche Orleane bereits von einem Fest im Palazzo Amartos bekannt war.

Die drei Damen wurden zu den freien Plätzen beim Hausherren seiner Mutter geführt und dort von diesen gebührend willkommen geheißen und nahmen Platz. Ihnen wurde Wein eingegossen und Diener brachten die Speisen herein. "Ich nehme an, Ihr hattet Gelegenheit, Euch zu den arkanen Fragen auszutauschen, Signoras? Was denkt Ihr, ist das Ritual möglich und was glaubt Ihr, könnten wir damit erreichen?" Dareius wandte sich während dem Mahl direkt dem Thema zu, das sowieso alle beschäftigte. Ohne eine Antwort abzuwarten, ergänzte Baronessa Efferdia: "Und ist dieses Ritual gefährlich für meinen Sohn und natürlich auch für Euch Signoras?"

Efferdia di Bellafoldi sorgt sich um ihren Sohn

Corvona di Bellafoldi war diese Situation sehr unangenehm. Schon als sie den Saal betreten hatte und die Mitglieder des Hauses Amarinto in so großer Anzahl vertreten sah, fing sie an schwerer zu atmen. Und als sich jetzt noch der Hausherr und ihre Tante sie fragend ansahen, versagte ihr die Stimme. Tharinda della Pena ergriff das Wort. "Werte Baronessa, werter Cavalliere, lasst mich ein paar Worte über das Ritual verlieren. Es ist natürlich unter den vorherrschenden Gegebenheiten möglich. Ihr werdet einfach nur Schlafen und hoffentlich auch Träumen. Bei dem Ritual wird sich meine Collega in Trance versetzen und ein Ebenbild von sich erschaffen, welches in Eurem Traum erscheinen wird. Dort haben wir verschiedene Möglichkeiten, wie eine Botschaft zu überbringen oder zu beobachten. Letzten Endes entscheidet Ihr, Cavalliere, was ihr Euch von diesem Ritual erhofft." Sie machte eine kurze Pause. "Und was die Gefahren angeht, können wir nichts ausschließen. Es würde Euch aber nichts bringen, die Eventualitäten jetzt aufzuzählen, außer damit Eure Angst zu schüren. Lasst mich lieber einen Vergleich finden. Wenn Ihr ein Schwert zieht, setzt Ihr Euch auch einer Gefahr gleichen Ausmaßes aus. Aber zur Beruhigung lasst Euch gesagt sein, dass während meine Collega das Ritual durchführen wird, ich darauf achten werde, das nichts derartiges geschieht. Sollte etwas Unvorhergesehenes passieren, werde ich das Ritual auf magischen Wege beenden. Dies ist meine Aufgabe und diese werde ich auch erfüllen." Den letzten Satz sprach Tharinda mit fester Überzeugung und warf danach einen Blick in die Runde. Es war ausschließlich kriegerisches Volk anwesend und sie sah in viele zweifelnde Gesichter bis ihr Blick den von Dareius traf. "Nun Cavalliere, was erhofft Ihr Euch davon?"

Baronessa Efferdia sah skeptisch aus, auch Dareius konnte seine Skepsis nicht verhehlen. Die Amarinto waren den magischen Künsten bekanntermaßen nicht sehr zugetan, das Rittergeschlecht hatte in den Jahrhunderten seit seiner Erhebung in den Adelsstand keine bekannten Magiekundigen hervorgebracht und außer Kampfmagiern selten Kontakt zu den Meistern der arkanen Künste gepflegt. Dareius war tatsächlich das erste Familienoberhaupt seit Dartan Amarinto Ende des 9. Jahrhunderts nach Bosparans Fall, der eine Magierin in seine Dienste berufen hatte. Er seufzte leise. "Auch wenn es seltsam klingen mag, glaube ich, in meinen Träumen liegt eine Prophezeiung verborgen über die nahe Zukunft. Das Schlachtfeld in meinem Traum, ich muss wissen, wo es liegt. Außerdem gibt es mehrere Gestalten auf einer Anhöhe, welche den Kampf beobachten. Wenn ich wüsste, wer sich dahinter verbirgt, wäre viel für unsere Sache gewonnen. Je mehr Details wir über diesen Kampf herausfinden können, umso besser werden unsere Chancen stehen, wenn der Tag kommt. Alles könnte wichtig sein." Er wollte noch etwas sagen, aber überlegte es sich im letzten Moment anders. Seine Mutter bemerkte dies und wandte sich an die drei gelehrten Damen. Ihr Blick war düster. "Mein Sohn ist zudem fest davon überzeugt, dass er in diesem Kampf sterben wird. Falls es Zeichen in seinem Traum gibt, die darauf hindeuten, würde er es gerne wissen." Dareius blickte ermahnend zu seiner Mutter, sagte jedoch nichts. Es war deutlich, dass er ihr untersagt hatte, dieses Thema zur Sprache zu bringen. Aber unter der harten Schale der Ritterin war auch Baronessa Efferdia eine Mutter, eine Mutter zudem, die bereits einen ihrer Söhne bei der Katastrophe von Arivor verloren hatte. Sie ergänzte mit eiserner Miene. "Aber glaubt nicht, dass das Wissen um seinen sicheren Tod meinen Sohn davon abhalten würde, in den Kampf zu ziehen. Das hat er sehr deutlich gemacht." Sie lehnte sich zurück. Die Baronessa hatte bereits viel erlebt, die Schlachtfelder des Thronfolgekriegs gesehen und selbst dem Tod mehrfach ins Auge geblickt. Sie strahlte stets eine harte Entschlossenheit aus, aber in diesem Moment konnten die Anwesenden eine kleine Schwäche in ihrem Panzer ausmachen. In ihrem Augenwinkel blitzte kurz der Anflug einer Träne auf. Einen Sekundenbruchteil später hatte sie sich jedoch wieder unter Kontrolle.

Als Efferdia di Bellafoldi über die Todesahnungen ihres Sohnes sprach, zeigte sich Orleane ya Pirras sichtlich erschrocken. Kurz zitterten ihre Finger, doch dann hatte sie sich schon wieder gefangen.

Dareius durchbrach die düstere Stille und bedeutete Corvona ihm ihre Hände zu reichen. Er nahm sie zwischen seine und blickte ihr in die Augen. Ein ehrliches Lächeln umspielte seine Lippen. "Cousine, ich verstehe dass Euch all dies wie eine schwere Last und Verantwortung anmuten mag. Aber ich vertraue Euch...mit meinem Leben, wenn es sein muss. Helft mir, mehr über diesen Kampf herauszufinden und vielleicht so unsere Heimat und viele Leben zu retten."

Schüchtern blickte Corvona ihrem Cousin in die Augen. "Ich danke Euch von Herzen für Euer Vertrauen, werter Cousin. Wenn es soweit ist und ich in euren Traum hinüber gleite, werde ich mich darauf konzentrieren herauszufinden wo sich dieses Schlachtfeld befindet und wer sich auf diesem, ich nenne es einmal Feldherrenhügel, befindet. Ich werde mein Bestes geben. Das verspreche ich Euch. Aber Zeichen, die Euren Tod andeuten, das...das..." Orleane fiel ihr ins Wort. "Was Eure Cousine meint ist, das es nicht an uns ist die Zeichen der Götter zu deuten. Sollte der Unausweichliche wirklich nach Eurem Leben trachten und Euch dies in Eurem Traum zeigen...dann solltet ihr einen seiner Geweihten zu Rate ziehen. Einen Deuter Bishdariels. Aber seine Kirche ist in unseren Landen nicht so zahlreich vertreten. Vielleicht hilft Euch das." Sie griff in ihren Nacken und öffnete den Verschluss ihrer Kette. An dieser hing ein Boronsrad. "Ihr erlaubt?" Ohne eine Antwort abzuwarten, stand sie auf und trat hinter Dareius. Vorsichtig legte sie ihm die Kette an. Dann setzte sie sich wieder an ihren Platz. "Können wir davon ausgehen, das wir das Ritual wagen, Cavalliere?"

Dareius schenkte Orleane einen dankbaren Blick und umfasste behutsam das Boronsrad, welches nun auf seiner Brust ruhte. Entschlossenheit machte sich in seinem Gesicht breit. Er nickte. "Ja, lasst uns das Ritual heute Abend vollziehen." Er sah die Sorge im Gesicht seiner Mutter und legte ihr zärtlich die Hand auf die Wange, während er ihr für einen Moment liebevoll in die Augen blickte. Eine seltene und ungewöhnlich zarte Geste zwischen den beiden Rittern, die sich schon mehrfach in der Turnierbahn gegenübergestanden hatten, ohne sich jeweils zu schonen. Efferdia di Bellafoldi blickte nach unten auf den Tisch und nickte.

Das Ritual

Nach dem Abendessen zogen sich beide Magas zurück, um das Ritual vorzubereiten. Am späten Abend betrat Dareius sein Schlafgemach und blickte sich nervös um. Das Wetter in der Bucht von Grangor hatte sich zunehmend verschlechtert. Starker Wind war aufgekommen und es hatte begonnen zu regnen. War das etwa der Sturm aus seinem Traum? Dareius versuchte sich nicht ablenken zu lassen. An die Räucherschalen hatte er sich mittlerweile gewöhnt, aber die im Raum verteilten arkanen Zeichen waren für ihn doch sehr gewöhnungsbedürftig. In einem Zeichen am Boden saß Corvona di Bellafoldi. Entgegen ihrer üblichen grauen Robe trug sie jetzt eine schlichte grünfarbene mit eingewebten arkanen Zeichen. Sie saß dort im Schneidersitz und hatte ihren Stab quer über ihre Knie gelegt. Nervös berührte sie diesen mit ihren Fingerspitzen. Hinter ihr stand Tharinda della Pena in einer blauen Robe, die ebenfalls mit Symbolen verziert war. Orleane ya Pirras befüllte gerade die Räucherschalen und ein angenehmer Duft verteilte sich im Raum. Die drei Damen drehten sich um und begrüßten den Hausherrn. "Dem Gebieter der Nacht und seinen göttlichen Geschwistern zum Gruße, Cavalliere Amarinto.", sprach Orleane leise und fast schon ehrfürchtig. Die beiden Magas nickten ihm einfach nur zu. "Wollt Ihr noch etwas wissen, bevor wir beginnen?"

Dareius atmete tief ein und schüttelte dann den Kopf. Er nickte seinem Leibwächter Arion Amarinto zu, der mit ausdruckslosem Blick langsam die Türe hinter ihm schloss. Kurz bevor Arions Gesicht vollends verschwand, sagte er in einem seltenen Anflug von Empathie noch: "Viel Erfolg, Signor." Dann schloss sich die Türe. Dareius blickte zu den beiden Magierinnen und seiner Medica. "Ich denke, es wurde alles gesagt, lasst uns beginnen. Was soll ich tun?"

"Euch zur Ruhe begeben. Ich werde Euch, wie in den letzten Nächten, mit Kräutern unterstützen. Dann, wenn ihr eingeschlafen seid, werde ich die Zusammensetzung der Kräuter etwas verändern, um Signora Corvona bei ihrem Ritual zu unterstützen. Damit es ihr leichter fällt, die Erscheinung in Euren Traum entstehen zu lassen. Und wundert Euch bitte nicht, wenn wir gleich Schnabelmasken aufziehen werden. Schließlich sollt nur Ihr schlafen und nicht wir." Kurz stieg eine leichte Röte in Orleanes Gesicht. Dareius nickte und tat wie ihm geheißen. Wieder zündete Orleane die Kräuter in den Schalen an. Die Damen zogen ihre Schnabelmasken auf. Leichter Rauch durchzog das Zimmer und Dareius begann leise zu atmen. Er schlief letztendlich ein.

Corvona nahm ihren Stab und begann sich zu konzentrieren. Leise begann sie die Formel des Zaubers zu sprechen, immer und immer wieder. Unter ihres Maske hörte es sich seltsam dumpf an. In Ihrem Geist begann sie, das magische Netz zu weben und versuchte das Tor in die Traumwelt zu öffnen. Kurz spürte sie einen geistigen Widerstand.

Und dann fand sie sich auf einer sanften Anhöhe wieder. Es war windig und es begann leicht zu regnen, aber sie spürte keinen Tropfen. Sie warf einen Blick auf ihre Hände und sie waren leicht durchscheinend. Erleichterung überkam sie, denn sie hatte es geschafft. Vor sich, etwas tiefer gelegen, war eine Ebene. In der Entfernung waren Deiche zu erkennen. Aber niemand war dort. Auch als sie den Blick weiter die Anhöhe hinauf warf, stand dort niemand. Sie drehte sich um und hinter ihr erhoben sich in einiger Entfernung die Mauern einer Hafenstadt. Sewamund? Wahrscheinlich. Der Wind und der Regen wurden stärker. In einiger Entfernung konnte man hören, wie die Wellen gegen die Deiche klatschten. In dieses Geräusch vermischte sich ein Grollen. Die Wellen wurden größer und an manchen Stellen strömte Wasser in das Land hinter den Deichen und überschwemmte große Flächen. Dann ließ der Regen jedoch nach, das Wasser zog sich langsam wieder zurück und hinterließ Pfützen und kleine Wasserflächen.

Und dann geschah es. Zuerst waren in der Ebene dünne Schatten zu sehen, die sich langsam manifestierten und letzten Endes Gestalten in Rüstungen mit verschiedensten Waffen bildeten. Bewaffnete. Mehr und mehr davon erschienen, bis sich letzten Endes zwei Armeen in der Ebene hinter den Deichen gegenüber standen. Auf kleineren Anhöhen hinter den Armeen standen Heerführer und Offiziere. Die Standarten und Banner waren undeutlich und verschwommen, änderten manchmal ihre Farbe und das Aussehen, als ob die endgültige Entscheidung, wer auf welcher Seite stehen würde, noch nicht gefallen war. Auf dem immer noch etwas unruhigen Meer erkannte sie silbrig glänzende, zum Teil durchsichtige Segel von Schiffen, die immer wieder ganz verschwanden und dann wieder auftauchten.

Auf einmal kam Bewegung in die Kampfreihen, die Armeen stürmten aufeinander zu. Der Boden begann zu beben und Schreie aus vielen Kehlen waren zu hören. Der Wind wurde noch stärker. Blitze waren zu sehen und Donner zu hören. Und dann prallten beide Armeen aufeinander. Corvona hörte das Schleppern der Rüstungen, das Geräusch, wenn Klingen durch Fleisch schnitten und gebrüllte Kommandos, durchsetzt mit Todesschreien. Sie selbst schrie, schloss die Augen und hielt sich die Ohren zu. Wie lange sie so verharrte, wusste die nicht.

Aber sie spürte etwas. Langsam öffnete sie die Augen. Vor ihr tobte die Schlacht, aber dies war für Corvona nicht mehr entscheidend, denn sie spürte, dass sie nicht mehr alleine war. Direkt neben ihr standen Dutzende Gestalten. Sie waren um drei Männer gruppiert. Alle waren größer als sie. Der eine hatte ein stattliches Alter. Seine Haare waren unter einem breitkrempigen Hut verborgen, aber sein gepflegter Bart war ergraut. Falten durchzogen sein Gesicht, zeugten aber von einer gewissen Attraktivität, die auch im Alter seinen Reiz hatte. Die Kleidung die er trug, war von sehr edler Machart und mit Pelz verbrämt. Um seinen Hals trug er eine schwere Kette mit einem Wappen, welches eine Lilie zeigte.

Neben ihm stand eindeutig ein Krieger in gleichem Alter. Sein langes wallendes Haupthaar und sein sorgsam gestutzter Spitzbart waren ebenfalls ergraut. Unter dem Wappenrock konnte man eine Plattenrüstung erahnen. Er trug einen goldverbrämten Wappenrock mit einem goldenes Glevenrad als Wappen, darüber eine edle Schärpe in Silber und Blau, die Lilien und einen Drachen zeigte. Beide warfen einen Blick über das Schlachtfeld und schienen darüber zu beraten. Immer wieder deuteten sie auf verschiedene Bereiche des Schlachtfeldes und nickten sachkundig. Ihre Münder bewegten sich, aber sie verstand kein Wort.

Neben ihnen, leicht versetzt, stand ein jüngerer Mann in Plattenrüstung. Er hatte langes, dunkles Haar und einen sorgsam gestutzten Vollbart. Er ähnelte dem stattlichen Mann in der Mitte, Vater und Sohn? Er sah betrübt aus, kratzte sich immer wieder nervös am Bart. Noch etwas weiter versetzt hinter ihm stand eine kräftige Frau im mittleren Alter, ihre streng zu einem Zopf gebundenen Haare waren von grauen Strähnen durchzogen. Sie trug einen Wappenrock mit einem Delphin über ihrer Rüstung und die Arme vor der Brust verschränkt. Immer wieder beugte sie sich vor und flüsterte dem etwas jüngeren Krieger neben sich etwas in Ohr. Hinter der Anhöhe erblickte Corvona eine große Gruppe Bewaffneter, eine kleine Armee in voller Rüstung. Die Geräusche des Schlachtfeldes wurden leiser.

Dann erblickte Corvona eine monströse Gestalt in der Mitte des Schlachtfeldes, über und über mit Splittern übersät. Eine Welle von Kälte und Hass schlug ihr entgegen. In der rechten Hand trug sie eine riesige blutverschmierte Klinge. Mit der anderen Hand schleifte sie ein Feldzeichen hinter sich her. Es war schmutzig, fleckig und auch Blut klebte daran. Es war das der Amarinto. Die Gestalt riss es unter Triumphgeheul hoch.

Mit einem Mal fing die Wesenheit an zu riechen, wie ein Tier das eine Witterung aufnahm und mit einem Mal blieb ihr Blick über das ganze Schlachtfeld hinweg an Corvona haften. Trotz der Distanz sah in menschliche braune Augen ohne jegliche Gefühlsregung. Auch die drei Männer hatten sich zu ihr umgedreht und starrten sie an. Corvona wich langsam zurück, die Männer nicht aus den Augen lassend. Sie blieben aber stehen und sahen sie nur an. Dann fiel ihr auf, dass die Wesenheit auf dem Schlachtfeld verschwunden war. Unruhe überkam sie und sie versuchte sich auf einen Zauber zu konzentrieren, aber es gelang ihr nicht. Angst keimte in ihr auf und sie lief schneller. Die Landschaft um sie herum begann zu verschwimmen. Ihr Zauber schien doch zu wirken. Sie kehrte wieder zurück. Zurück aus dem Traum. Als sie mit einem Mal eine schwere Hand auf ihrer Schulter spürte, die sie umdrehte und sie in ein dunkles Nichts umrahmt von unförmigen Splittern mit zwei braunen Augen starren ließ.

Aus der Tiefe hörte sie eine grollende Stimme. "Er gehört mir, ich bekomme meine Rache.", hörte sie in ihrem Geist. Sie schloss die Augen und schrie.

Dann spürte sie einen Schlag auf ihre Wange, wurde sie an den Schultern gepackt und geschüttelt. Ganz leise und dumpf hörte sie eine Stimme, die immer lauter wurde und ihren Namen rief. Schlagartig riss sie die Augen auf und sah in das Gesicht ihrer Freundin Orleane, die sie mit schreckgeweiteten Augen ansah und sofort mit dem Schütteln aufhörte. Corvona drehte ihren Kopf und sah, dass sie sich wieder im Schlafgemach ihres Cousins befand. Ihre Schreie hatten für einigen Aufruhr gesorgt. Nicht nur ihre Collega Tharinda sah sie besorgt an, auch Dareius war aus seinem Schlaf aufgeschreckt. Im Türrahmen stand Arion Amarinto mit halb gezogener Waffe und hinter ihm hörte man auch eilige Schritte näher kommen. Dann fiel ihr Orleane in die Arme und drückte sie fest an sich. Sie hörte ein unterdrücktes Schluchzen. Langsam ließ ihre Anspannung nach und sie erwiderte die Umarmung. Tränen lösten sich aus ihren Augenwinkeln und liefen langsam die Wangen herab.

Dareius’ Kleidung war nass vom Schweiss. Er fühlte sich benommen und orientierungslos. Er war aus seinem Traum erwacht, als das Monster, welches ihn seit Wochen in seinen Träumen verfolgte, ihm im Zweikampf auf dem Schlachtfeld einen finalen Hieb versetzt hatte. Er sah immer noch das Schwert vor sich, welches auf seiner linken Schulter aufschlug und sich tief in seinen Körper fraß, die Schmerzen waren entsetzlich gewesen, es war fast so, als ob er sie immer noch spüren konnte. In seinem Traum schrie er, bis das Schwert sein Herz erreichte und er sein Leben aushauchte. Als er erwachte, realisierte er, dass es nicht sein Schrei, sondern der seiner Cousine Corvona gewesen war. Sie lag tränenüberströmt in den Armen Signora Orleanes.

Dareius richtete sich auf, er fühlte sich geistig ausgezehrt. Sein Leibwächter Arion trat an sein Bett und musterte ihn analytisch von oben bis unten. Nachdem er keine physischen Schäden erkennen konnte, trat er wortlos vom Bett zurück und wartete bei der Tür. Seine Frau Lutisana di Costalanza betrat den Raum, zusammen mit Dareius’ Mutter Efferdia di Bellafoldi und seinem Bruder Drugon. Arion flüsterte ihnen etwas zu, ihre sorgenvollen Mienen hellten sich etwas auf und sie blickten erwartungsvoll zu den beiden Magierinnen und Orleane. Dareius nutzte die Zeit um sich zu sammeln. Dann stand er aus seinem Bett auf und wankte langsam zu Corvona, Tharinda und Orleane. Sein Mund war trocken, er versuchte zu sprechen, aber musste nochmal neu ansetzen. "Cousine, seid ihr verletzt?"

Corvona löste sich aus der Umarmung und stand zitternd auf. "Nein, werter Cousin. Es ist alles in Ordnung."

Tharinda della Pena räusperte sich. Kurz wartete sie, bis sie die Aufmerksamkeit aller hatte. "Der Zauber war soweit gelungen und meine Collega war zu Beginn ruhig und entspannt. Je länger es andauerte, umso unruhiger wurde sie und auch die Stabilität der magischen Strömungen nahm bedenkliche Formen an. Als ihr Körper dann anfing zu zittern und sich über ihrer Schulter der Schatten einer Hand zeigte, sah ich den Zeitpunkt gekommen, um diese Verbindung zu unterbrechen. Es scheint, es war keinen Moment zu früh. Alles weitere wird Euch meine Collega erklären können." Durch ihre ablenkende Erklärung, konnte Tharinda Corvona etwas Zeit verschaffen, um sich wieder zu sammeln. Corvona hatte sich zwischenzeitlich auf die Bettkante gesetzt, die Tränen abgewischt und ihren Stab aufgehoben. Da saß sie nun und sah Dareius an. "Sagt Cousin, was habt ihr gesehen? War in Eurem Traum etwas anders als zuvor? Habt ihr meine Anwesenheit bemerkt?"

Der Sturm in der Grangorer Bucht war stärker geworden. Regen peitschte gegen die Fensterläden. Dareius setzte sich auf den Sessel, der neben seinem Bett stand und in dem er manchmal vor der Nachtruhe noch zu lesen pflegte. Er saß auf der Kante, nach vorne gebeugt, die Ellenbogen auf dem Oberschenkel abgestützt und die Hände ineinander gelegt.

"Ja, etwas war anders. Ich konnte vom Schlachtfeld aus Eure Umrisse auf dem Hügel erkennen. Es sah seltsam aus, Ihr wart in ein unwirkliches Licht getaucht. Alles fühlte sich viel realer an." Ein dünnes Lächeln zeigte sich auf seinem Gesicht. “Ihr habt Dinge gesehen, die uns helfen könnten, nicht wahr? Dieser Traum war der Erste, in dem ich wirklich das Gefühl hatte, unsere Seite zum Sieg führen zu können. Vielleicht ist genau dies der göttliche Beistand, den wir brauchten, um das Pendel in unsere Richtung ausschlagen zu lassen." Efferdia di Bellafoldi und Dareius’ Bruder Drugon sahen einander ungläubig an, Optimismus breitete sich in ihrer Mimik aus.

Dareius lächelte ihnen zu und nickte, doch Orleane erkannte, dass es ein aufgesetztes Lächeln war. Sie sah es in seinen Augen. Sein Blick zeigte einen Mann erfüllt von Entschlossenheit, brennender Hingabe, aber auch der festen Überzeugung, seinem Schicksal nicht mehr entrinnen zu können. Sie starrte ihn an, ihre Augen weiteten sich und ihr Mund öffnete sich, als die Erkenntnis sie traf wie ein Blitz: Er hatte seinen eigenen Tod vorhergesehen. Ihre Blicke trafen sich und er schloss die Augen und nickte. In dem Moment ertönte der Donnerschlag eines Blitzes, der Sekundenbruchteile zuvor in die alte Eiche vor dem Palazzo Streitebeck eingeschlagen war. Dareius, seine Mutter und sein Bruder fielen allesamt auf die Knie und sandten ein Stoßgebet an die Kriegsgöttin. Baronessa Efferdia murmelte erleichtert: "Ein göttliches Zeichen, die Göttin steht auf unserer Seite." Die drei schlugen das Zeichen der Rondra und erhoben sich wieder.

"Das wollen wir hoffen Baronessa, denn ich befürchte, der Beistand der Leuin wird nötig sein.", sprach Corvona mit leiser Stimme. Und danach berichtete sie, was sie auf dem Hügel gesehen hatte. Sie versuchte sich an jedes Detail zu erinnern, wiederholte sich dabei einige Male, um dann alles noch einmal kurz zusammenzufassen. "Ich bin mit sicher, die beiden ergrauten Herren auf dem Hügel erkannt zu haben. Es ist zwar schon einige Zeit her und da waren sie um einiges jünger, als ich sie das letzte Mal gesehen habe..." Corvona holte tief Luft.

“... aber ich bin mir sicher das es sich um Herzog Cusimo Garlischgrötz und Baron Zandor von Nervuk handelte. Und sie hatten eine eigene Armee dabei, wobei sie unentschlossen waren, wen oder ob sie jemanden unterstützen wollen." Corvona ließ die beiden Namen einmal wirken und schaute sich um.

Taucht in Dareius Traum auf: Herzog Cusimo Garlischgrötz
Taucht ebenso in Dareius Traum auf: Comto Zandor von Nervuk

Dareius, seine Mutter Efferdia und sein Bruder Drugon sahen einander an und blickten dann in die Runde. Überraschend ergriff jedoch Arion Amarinto zuerst das Wort. Er stand entspannt an den Türrahmen gelehnt, sein sonst so emotionsloses Gesicht zeigte ein Lächeln, welches Orleane und Corvona einen Schauer über den Rücken laufen ließ. Es war das vorfreudige Lächeln eines professionellen Soldaten. Er sprach mit seiner hohen, ungewöhnlich melodischen Stimme.

"Ich weiss genau, wo dieser Ort liegt. Etwa auf halbem Weg zwischen Amarinto und Sewamund liegt dieses kleine Waldstück, welches die Grenze zwischen der Stadtmark und dem Land unserer Familie markiert. Davor liegt eine kleine Anhöhe, die einzige in der näheren Umgebung, wahrscheinlich der letzte Ausläufer des Phecanowaldes. Direkt östlich unterhalb der Anhöhe verläuft die König-Khadan-Straße und dann fällt das Gelände zum Meer hin etwas ab und öffnet sich zur Norderkoog."

Dareius, Efferdia und Drugon nickten zustimmend. Dareius runzelte die Stirn. "Ich würde versuchen die Armee des Barons weiter nördlich zu stellen, die Heerführer des Barons würden sicher versuchen dieses Manöver zu kontern und die Armeen würden wohl irgendwo zwischen Amarinto und Mortêc aufeinandertreffen, vielleicht bei Mabêc. Die Norderkoog ist also eine gute Wahl für ein Schlachtfeld...wenn keine Seite einen Vorteil genießen soll, wenn die Schlacht ein Götterentscheid sein soll?! Die Anwesenheit des Herzogs und seines Statthalters müssen damit verknüpft sein. Vielleicht ist es der einzige Weg den brodelnden Vulkan, den dieser Konflikt darstellt, zu entschärfen: Ein gezielter Ausbruch und der Herzog und sein Statthalter lenken die feurigen Massen dorthin wo sie am wenigsten Schaden anrichten." Efferdia di Bellafoldi nickte nachdenklich. "Die Wahl des Schlachtfelds wäre jedenfalls genau nach Comto Zandors Geschmack. Der Herzog hört auf seinen Rat, ich halte es also für möglich. Wir sollten unsere Truppen also so gut wie möglich auf diese Möglichkeit vorbereiten."

Dareius hatte sich inzwischen neben Corvona gesetzt und ihr den Arm um die Schulter gelegt. Mit der anderen Hand ergriff er ihre Hand. "Danke, Cousine. Danke für alles."