Briefspiel:Besprechung zum Götterurteil (2)

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Stadt Sewamund transparent.png Briefspiel in Sewamund Herzogtum Grangor.png
Datiert auf: ab Ende 1045 BF Schauplatz: vor allem Stadt und Baronie Sewamund, darüber hinaus Phecadien und benachbarte Landstriche Entstehungszeitraum: ab Frühjahr 2023
Protagonisten: alle Sewamunder Familien, sowie diverse externe Machtgruppen Autoren/Beteiligte: Haus Amarinto.png Amarinto, Haus Tribec.png Tribec, Haus di Piastinza.png DiPiastinza, Familie Luntfeld.png Luntfeld, Familie della Carenio.png Carenio, Familie Degano.png Marakain, Familie van Kacheleen.png Kacheleen, Familie Vesselbek.png Vesselbek, Familie Cortesinio.png Cortesinio, Haus Carson.png OrsinoCarson, Haus della Pena jH.png Horasio, Haus ya Pirras.png VivionaYaPirras, Familie Gerber.png Gerberstädter, Haus ya Papilio.png Gishtan re Kust, Wappen Lucrann von Leihenhof.png Galebquell = Haus d Illumnesto.png Illumnesto, Familie di Estrano.png Beo, Familie ter Braken.png Atagon
Zyklus: Übersicht · Präludium - 1045 BF · Der Eklat - Praios 1046 BF · Der Selziner Schwur - Rondra 1046 BF · Interludium - Efferd 1046 BF · Der Tag der Treue - 1. bis 15. Travia 1046 BF · Ein Sturm zieht auf - 16. bis 30. Travia 1046 BF

Ausgespielte Geschichten: Ruf nach Phecadien · Die Sewamunder Delegation in Shenilo · Quod est Demonstrandum · Sturm auf Amardûn · Reise in die Vergangenheit · I · II · III · IV · V · In den Kerkern von Amardûn · Das Treffen der Verschwörer · Ein Gespräch zur Rosenstunde · Sewamunder Delegation bei Irion von Streitebeck · Trauerfeier für Leonardo Cortesinio · Treffen bei Tovac · Reise ins Unbekannte · I · II · III · Packratten aus der Ponterra · I · II · III · IV · Gefährliche Worte · I · II · III · Efferds Zorn · Einmalige Gelegenheiten · Der Herzog des Westens · Die Würfel sind gefallen · Besprechung zum Götterurteil · I · II · Im Auge des Sturms · Der letzte Tag



24. Travia 1046 BF, Schloss Corello in Sewamund

Autoren: Amarinto, Atagon, Carenio, Cortesinio, Degano, DiPiastinza, Illumnesto, Kacheleen, Luntfeld, OrsinoCarson, Philburri, Tribec, Vesselbek

Zusammenfassung: Die militärische Strategie, Details über die eigenen Streitkräfte und das gegnerische Heer und taktische Fragen für die bevorstehende Entscheidungsschlacht werden besprochen.


Das gegnerische Heer

Die hohen Wände des Ballsaals im Schloss Corello zu Sewamund hallten von den Gesprächen und der gedämpften Aufregung der Anwesenden wider, als Cavalliere Dareius Amarinto, Oberhaupt des Hauses Amarinto, Constabler von Ruthor und Heerführer der Bundestruppen des Lilienrats, die militärischen Anführer der versammelten Familien sowie die Condottieri der Söldnereinheiten an der großen Festtafel begrüßte. Es legte sich ein erwartungsvolles Schweigen über die Anwesenden.

Die Festtafel war mit Karten und Dokumenten bedeckt, ein Sammelsurium von Berichten, strategischen Überlegungen und vor allem einer hastig gezeichneten Karte des Schlachtfeldes am Norderkoog, wo die finale Entscheidungsschlacht gegen die Truppen des Barons von Sewamund in wenigen Tagen stattfinden sollte. Holzstücke, farblich markiert, standen für die jeweiligen Einheiten beider Seiten. Die Kerzenleuchter auf dem Tisch warfen zuckende Schatten auf die Karten und die Gesichter der Anführer wirkten angespannt, die Luft war erfüllt von einer Mischung aus Erwartung, Nervosität und Entschlossenheit.

Dareius trat an das Kopfende des Tisches und blickte in die Runde. Die Augen der Anwesenden ruhten auf ihm. Mit einer Bewegung seiner Hand deutete er auf die Karte und die Holzmarkierungen. "Signores und Signoras, wir haben heute die Gelegenheit, uns auf die bevorstehende Entscheidungsschlacht vorzubereiten. Die Informationen, die wir bislang über die Truppen des Barons sammeln konnten, sind entscheidend für unser Vorgehen. Ich werde die wichtigsten Erkenntnisse zusammenfassen, bevor wir weitere strategische Überlegungen anstellen können."

Er nahm ein Holzstück zur Hand, das eine Mohnblume als Markierung trug, und platzierte es auf der Karte im Zentrum des Aufmarschgebiets der gegnerischen Armee am Norderkoog. "Hier", sagte er mit fester Stimme, "wird sich vermutlich die Splissergarde des Hauses Streitebeck einfinden. Diese besteht aus vierzig Axtträgern und zwanzig Bognern. Die Einheit wird angeführt von Cavalliere Yulion von Streitebeck, einem erfahrenen Mann, der früher als Offizier in der Phecadigarde gedient hat. An seiner Seite steht Capitan Hagen von Nervuk, ebenfalls ein fähiger Soldat. Wir müssen uns darauf einstellen, dass die Splissergarde das Zentrum des gegnerischen Heeres bilden wird. Diese erfahrenen Soldaten sind die loyalen Haustruppen des Barons und werden ihn persönlich mit ihrem Leben schützen."

Er nahm ein weiteres Holzstück, diesmal mit einer stilisierten Rose, und setzte es neben die Splissergarde. "Die Drôler Pikeniere von Condottiere Odarik Tayboîcher, etwa eine Cohorte, Veteranen des Thronfolgekriegs. Sie standen zumeist in Diensten der Galahanisten. Sie sind berüchtigt für ihren Zusammenhalt, aber neigen zu undisziplinierten Ausfällen." Er blickte zur Ritterin Gilia von Ardenhain, die in Amardûn schwerste Misshandlungen und noch schlimmeres durch den Condottiere Tayboîcher erlitten hatte und sah die Entschlossenheit in ihrem, immer noch von den Folgen ihrer Verletzungen entstelltem Gesicht, Rache zu nehmen. Er nickte ihr ebenso entschlossen zu.

Danach platzierte er ein Holzstück mit einem Flammenschwert auf der anderen Seite der Splissergarde. "Zylvas Haufen oder besser gesagt, eine der Einheiten, die in der Tradition von Zylvas Haufen stehen. Eine bis zwei Bandieras schweres Fußvolk, Pikeniere und Doppelsöldner, wird von Condottiere Morbert Haukenkeil kommandiert. Wahrscheinlich werden sie die andere Flanke vor Reiterangriffen schützen."

Das vierte Holzstück zeigte das Wappen der Baronie Phecanostein. Dareius platzierte es nahe der Splissergarde. "Die Duringarde ist die Garde der Baronin von Phecanostein und besteht aus drei Terzios Hellebardieren und zwergischen Armbrustern. Sie wird von Cavalliera Praiane ya Talladan angeführt. Sie werden mit der Splissergarde das Zentrum stärken, nehme ich an."

Die weiteren Holzstücke verteilte er zufällig zu gleichen Teilen auf beiden Seiten des Zentrums und begann mit der Erklärung der jeweiligen Einheiten.

"Waldberts Wehrhaufen, leichtes Fußvolk aus Andergast und Nostria, Veteranen des Thronfolgekriegs und anderer Konflikte im Horasreich. Condottiere Valberto Baracca führt sie an. Etwa eine Bandiera." Er deutete auf ein Holzstück mit einem Kriegsflegel.

"Arkos Schar, schweres Fußvolk mit Hakenspießen aus Almada, ebenso Veteranen des Thronfolgekriegs und anderer kleinerer Konflikte. Etwa eine Bandiera unter Condottiere Arkos Rondriguez."

Mit einem Seufzen stellte er ein Holzstück mit einer Neun in bosparanischen Ziffern zum Heer des Barons. "Die berüchtigte Neunte Kohorte unter Condottiera Zûna da' Drûnabal. Erfahrene und vor allem skrupellose Söldner, die ungewöhnliche Strategien und Taktiken anwenden. Schwer auszurechnen. Sie hatten großen Anteil an der Einnahme der Feste Amardûn durch das Heer des Barons. Etwa eine Cohorte leichtes Fußvolk."

Ein weiteres Holzstück mit einem Glefenrad kam hinzu. "Eine Eskadron der Goldenen Legion, schwere Schlachtreiter unter Esquirio Romualdo von Wiesen-Osthzweyg, ein Veteran der bereits gegen den Dämonen Gurondaii gekämpft hat."

Er nahm das nächste Holzstück mit einer Distel und platzierte es. "Die Goldene Distel unter dem berüchtigten Condottiere Cardolfo della Carenio. Etwa eine Bandiera Pikeniere und Zweihandschwinger sowie eine halbe Eskadron leichte Reiterei."

Das nächste Holzstück wies eine Markierung auf, die Ähnlichkeit zu einer gespaltenen Dämonenkrone hatte. Er platzierte es beim Heer des Barons. "Usvinas Haufen, etwa ein bis zwei Bandieras von Söldnern, Renegaten und Glücksrittern unter Condottiera Usvina Tribêc de Trebesco." Er hielt das Holzstück lange in der Hand und betrachtete es von allen Seiten. In seinem Blick lag etwas Melancholisches. "Sie werden sich wahrscheinlich im Zentrum aufhalten und gezielt nach meinen Verwandten und vor allem mir selbst suchen. Condottiera Usvina wird versuchen, eine alte Rechnung zu begleichen." Er blickte für einen kurzen Moment ins Leere, bevor er sich gesammelt hatte.

Diese Gelegenheit ergriff Tsaida Tribêc: "Ich möchte darauf hinweisen, dass sich auch die Küstengarde in den Reihen des Barons befindet. In alter Gewohnheit hat sie sich Irions Truppen angeschlossen, als diese durch die Tribêcer Ländereien zog. Das muss für uns kein Nachteil sein, wiewohl ich ein wenig unschlüssig darüber bin, inwieweit der Kommandant, Baronet Hesindiego, mein Bruder, über die aktuelle Sewamunder Situation im Bilde ist." Sie legte einen Holzmarker in die Nähe der Splissergarde und schaute zu Dareius. "Bei allem Respekt Baronessa, ich hoffe sehr, dass wir nicht aufgrund eines Missverständnisses gegen Euren Bruder ins Feld ziehen müssen. Gibt es denn keine Möglichkeit, mit ihm in Kontakt zu treten?" "Vielleicht könnt Ihr Euch noch an diesen Moment im Rahja 1029 BF erinnern, da täuschten wir uns auch für einen Moment", entgegnete Tsaida Tribêc. "Ich habe natürlich Kontakt aufgenommen, aber Hesindiego über jede Neuigkeit zu informieren, gestaltet sich schwierig." Tsaida lächelte. "Was hat der Feind denn noch zu bieten? Fahrt bitte fort." Dareius Amarinto nickte und fuhr fort.

Er ergriff das nächste Holzstück, mit einem Jagdhorn versehen, und platzierte es. "Eine Bandiera Silbertaler Armbrustiere unter Capitan Korhal, Sohn des Garthul."

Als letztes Holzstück legte er eines mit einem Lilienschlüssel ins Zentrum. Er blickte traurig zu den anderen Sewamundern und vor allem zu Capitan ter Braken. "Besonders schmerzhaft ist immer noch die Tatsache, dass unsere eigene Stadtgarde, die ehemaligen Wächter von Sicherheit und Ordnung in der Stadt Sewamund, sich auf die Seite des Gegners gestellt haben. Unsere ehemalige Stadtgarde umfasst etwa zwei Dutzend Männer und Frauen, die zum leichten Fußvolk gezählt werden können, unter Capitan Varsinion Rimendoza. Aufgrund des Verrats des Capitans empfehle ich dem Lilienrat, ihn noch vor der Schlacht formell abzusetzen, aus den Diensten der Stadt zu entlassen und eine Klage wegen grober Pflichtverletzung am Stadtgericht einzureichen."

Dann nahm er ein kleines Holzstück mit einem Wolfssymbol und legte es hinter die gegnerische Armee. "Die Bande von Raubrittern und Banditen aus den Windhagbergen und Garlan, auf die unsere Truppen bei Tovac getroffen sind, haben dort schwere Verluste erlitten. Es ist schwer einzuschätzen, wie viele von ihnen entkommen konnten und ob sie überhaupt wieder zum Heer des Barons zurückkehrten. Im ungünstigsten Fall hat der Baron noch zwei Dutzend von ihnen zur Verfügung, eine Mischung aus leichtem Fußvolk und Fernkämpfern. Ihre Disziplin und Nützlichkeit in einer Feldschlacht dürfte jedoch fraglich sein."

Ein weiteres, kleineres, Holzstück mit einem Dreschflegel platzierte er hinter der Hauptarmee. "Die Stadt Odilshus hat ihre Miliz unter Miliz-Capitana Siefe ter Bilgherich entsandt, unerfahrene Spießträger und Armbrustschützen. Höchstens eine Bandiera."

Dann platzierte er drei kleine Holzstücke, die wie Garadanfiguren aussahen, direkt hinter der Splissergarde. "Baron Irion von Streitebeck hat, wie wir von den Kämpfen in Amarinto wissen, mehrere Kampfmagier unter seinen Verbündeten. Wir wissen sicher von Cavalliere Lugarn Madaloni und seiner Gattin Lysandra Thirindar von Hussbek, beides Abgänger der Akademie zu Bethana. Aber es gibt Hinweise darauf, dass auch Vidiane Teuling, eine Abgängerin des Stoerrebrandt-Kollegs zu Riva, dazugehört." "Passabel, aber keine Konkurrenz für uns", raunte Santz Colmar Luntfeld zu, "viel zu konservativ."

Danach richtete sich Dareius Amarinto auf, räusperte sich und sprach mit lauter und fester Stimme: "Darüber hinaus gibt es vieles, das wir nicht über das Heer des Barons wissen. Es gibt jedoch eine Person, die uns in allen Details darüber aufklären kann." Er blickte auf eine Frau, die sich in der umfangreichen Gruppe von Adligen, Offizieren und Söldnern verborgen hatte. Sie nahm ihre Kapuze ab und trat nach vorne, neben den Cavalliere. Es handelte sich um eine etwa 30 Götterläufe zählende und agil wirkende blonde Frau, die praktische Jagdkleidung und einen grünen Umhang trug. Sie blickte ernst drein und sah allen um sie herum mit festem Blick in die Augen. Als sie neben ihm stand, sagte Dareius: "Esquiria Ifirnia von Nordersteyn, die Kommandeurin der Phecanischen Jäger, der Hausgarde des Hauses Wiesen-Osthzweyg." Er nahm ein Holzstück mit einer Birke als Symbol und legte es auf die Seite des Schlachtfelds, auf dem die Truppen des Lilienrats und seiner Verbündeten Aufstellung nehmen würden. "Die Vertreter des Familienteils Wiesen haben entschieden, den unhaltbaren Zustand zu beenden, dass ihre Familie entgegen der Wünsche der schwerkranken Comtessa Alwene gegen den Lilienrat und die Stadt Sewamund steht und sich zu Lakaien des Barons macht. Daher haben die Phecanischen Jäger unter großem Risiko den Weg zurück in den Schoß unserer geliebten Heimatstadt gefunden und können mit ihren wertvollen Informationen unser Bild vom Heer des Barons vervollständigen. Signora, was gibt es noch zu wissen über das Heer des Barons?" Er trat einen Schritt zurück, um der Esquiria die Bühne zu überlassen.

Aurelio van Kacheleen konnte nicht anders, als in diesem Moment der höchsten Spannung, zu einem Jubel anzusetzen. Das Runterrattern von endlosen Kolonnen an mordlüsternen Soldaten und Söldnern der Gegenseite, hatte ihm mächtig auf den Magen geschlagen. So rutschte es aus ihm laut heraus "Für Sewamund, für unser Leben", dabei reckte er seinen rechten Arm mit geschlossener Faust zur Decke des Raumes.

Karinor Degano und sein Sohn Dartan hatten die Aufzählung auf ihre Art kommentiert. Bei jeder weiteren Einheit hatten beide sich angesehen und dann immer abwechselnd ein leises "Na und!" über die Lippen gebracht. Bei Dartan mochte das noch ein wenig übertrieben sein, aber Karinor hatte wahrscheinlich in seinen vielen Jahren als Söldner schon jede der genannten Einheiten in einem Kampf getroffen. Viele davon, wahrscheinlich sowohl als Gegner als auch als Verbündeter. Er wusste natürlich, dass sie nicht alle gleich gut waren und so einige davon auch wirklich harte Gegner. Aber ebenso wusste er...war er überzeugt, dass alle nur Menschen waren. Man sie also besiegen konnte!

Ifirnia von Nordersteyn trat vor und blickte in Dutzende von gespannt wartenden Gesichtern. Im Zentrum zu stehen, war der Firunsjüngerin sichtlich unangenehm, zumal sie noch am Tag zuvor ein Teil des gegnerischen Heeres gewesen war. Sie räusperte sich mehrfach und begann dann leise und hastig zu sprechen. "Das Heer von Baron von Streitebeck hat mehrfach Verstärkung aus dem Mittelreich erhalten. Als wir in Tribêc lagerten stießen etwa zwei Bandieras Söldner aus dem Windhag zu uns, die von einer Karracke unter dem Banner der Familie ya Diamero transportiert worden waren. Es handelt sich dabei um Sippenkrieger, ehemalige Seesoldaten der mittelreichischen Flotte und wohl auch einige Piraten und Seesöldner. Die Windhager waren in zwei getrennte Einheiten aufgeteilt, eine davon angeführt von einem Thion Agstein und eine von Desideria von Wiesen-Osthzweyg, eine Bastardtochter von Esquirio Romualdo von Wiesen-Osthzweyg die offenbar aus dem Windhag stammt." Sie räusperte sich nochmals, Dareius Amarinto reichte ihr einen Becher mit Wasser, aus dem sie dankbar ein paar Schlücke nahm. "Hinzu kommen albernische Söldner, die Goldene Bruderschaft unter Capitan Beerwin Kahlhaupt und die Boronsottern unter Capitan Talfaran, allesamt Fussvolk mit unterschiedlicher Bewaffnung. Darunter auch Doppelsöldner und einige Schützen. Diese stießen jedoch bereits früher zu uns und waren in Nervuk an Land gegangen. Gestern als wir unter dem Vorwand einer Erkundungsmission das Heerlager verließen, war gerade eine Gruppe Söldner aus dem Norden eingetroffen. Aus Riva gar, wie es heißt. Ich hörte nur den Namen Nachtmahre, mehr weiß ich leider nicht über sie."

Der Heerführer klopfte Ifirna aufmunternd auf die Schulter. "Habt Dank für diese wertvolle Information. Wir sind froh Euch von nun an auf unserer Seite zu wissen, Signora." Die Angesprochene nickte dankbar und nutzte die Gelegenheit, um schnell wieder ins hintere Glied zu rücken.


Das eigene Heer

Dareius Amarintos Blick wanderte um den Tisch, zu den Gesichtern der Anführer, die ihm aufmerksam lauschten. "Unsere Stärke liegt in der Vielfalt unserer Kräfte. Jeder von euch kennt die Fähigkeiten seiner Männer und Frauen. Wir werden sie nutzen, um die Schwächen der Truppen des Barons auszunutzen." Er sah entschlossen aus.
"Hierzu ist es notwendig, eine strikte Inventur unseres eigenen Aufgebots vorzunehmen. Die Kämpfe in Amarinto, Tovac sowie die Überschwemmungen haben unserem Heer Verluste an Bewaffneten und Material zugefügt. Keine ernsthafte Schwächung der Kampfkraft, aber in der Konfrontation mit den Truppen des Barons kann jede Kleinigkeit entscheidend sein." Er nahm einige markierte Holzstücke und begann, diese im Zentrum des Aufmarschgebiets der Truppen des Lilienrats und seiner Verbündeten zu platzieren.

Er platzierte ein kleines Holzstück mit dem Pfeilbündel der Amarinto in der Mitte. Es sollte offenbar ihn selbst darstellen. "Mein Plan sieht vor, das Zentrum unserer Schlachtreihe persönlich anzuführen." Er nahm ein weiteres kleines Holzstück mit dem Wappen der Luntfeld und platzierte es hinter der ersten Schlachtreihe. Dann sah er zu Khardan Luntfeld. "Mein Stellvertreter Signor Khardan Luntfeld wird dagegen die strategische Übersicht bewahren und die Reserve kommandieren und sie zum richtigen Zeitpunkt dort in die Schlacht werfen, wo sie am nützlichsten ist. Sofern Ihr einverstanden seid, Signor Luntfeld?"

Khardan blickte nachdenklich in die Runde, ehe er Dareius antwortete: "Mit Verlaub, ich schlage vor, diese Aufgabe besser meinem Onkel Colmar zu übertragen, der sie bereits 1033 BF in der Schlacht von Portecorvo hervorragend gemeistert hat. Ich würde es bevorzugen, unsere Artillerie zu befehligen."
Khardan blickte nochmals in die Runde. "Lasst es mich erklären...gehen wir davon aus, dass wir zahlenmäßig und dank der im Hafen liegenden Schiffe auch in der Qualität der Besatzungen dem Feind an Geschützen deutlich überlegen sind und nutzen wir diesen Vorteil maximal aus! Allerdings gehe ich ebenso davon aus, dass sich die erhöhten Dämme und Wege, die fest genug sind für das Gewicht unserer Rotzen, womöglich entweder weit hinter oder weit auf den Flanken des festgelegten Schlachtfelds befinden. Als Befehlshaber der Artillerie halte ich mich für den besten Mann, den wir haben. Aber falls wir die Geschütze fern des unmittelbaren Getümmels aufstellen müssen, bin ich in jedem Fall zu weit entfernt, um schnell genug zu übernehmen, falls Euch etwas zustoßen sollte, Signor Amarinto."

Dareius hörte Khardans Ausführungen aufmerksam zu. Seine Miene ließ dabei kaum Rückschlüsse darauf zu, wie er die Worte des früheren Offiziers der Horaslegion bewertete. Nachdem dieser geendet hatte, vergingen einige Momente, nach denen Dareius schließlich antwortete. "Was die Geschütze angeht, überlasse ich die Bewertung der Lage natürlich Eurer Expertise Signor Luntfeld. Allerdings gebe ich zu Bedenken, dass wir mit Baron Streitebeck bislang keine Übereinkunft hinsichtlich der Verwendung von Artillerie getroffen haben. Zudem ist das Gelände, welches Comto Nervuk für diese Schlacht gewählt hat, eher ungeeignet für die Verwendung von Feldartillerie. Wir sollten also auch für den Fall planen, dass wir die Geschütze nicht oder nur in beschränktem Maße zum Einsatz bringen können." Der Rondrianer machte in seiner Mimik keinen Hehl daraus, dass er kein besonderer Freund dieser Waffengattung war, dennoch war er aber offenbar zu Konzessionen bereit. "Was die Führung der strategischen Reserve angeht, so ist diese nicht nur ein wichtiger Faktor im Schlachtgeschehen, sie ist auch die letzte Verteidigungslinie vor der Stadt. Der Lilienrat hat mit Euch, Ratsherr, einen aus ihren Reihen zu meinem Stellvertreter ernannt. Ich denke wir sollten diese Wahl respektieren. Natürlich steht es Euch frei, Euch von Eurem Onkel, Signor Colmar, bei dieser Aufgabe beraten zu lassen."

Beide Luntfeld blickten sich verblüfft an.

Abermals blickte Khardan in die Runde: "Wir sind dabei, in den Werkstätten der Luntfeld mehrere Fuhrwerke zu Kampfwagen umzubauen. Drei Schritt hohe Holztürme auf Rädern, die im Gelände auf Schlittenkufen laufen...", erklärte Khardan in Richtung fragender Gesichter, "um trotz flachen Geländes einen Höhen- und Reichweitenvorteil über den Feind zu besitzen. Zusammen mit Almadaner Reitern oder auch simplen eingeschlagenen Pfählen als Feldbefestigung böte dies unseren Truppen eine solide Verteidigungsstellung, aus der heraus wir operieren könnten oder wodurch wir die feindliche Schlachtreihe aufspalten könnten. Von der Tatsache abgesehen, dass die darauf montierten Hornissen über die Köpfe unserer Truppen hinweg schießen und auf diese Weise feindliche Schützen oder Reiter durch ihre überlegene Reichweite und Durchschlagskraft fernhalten oder spürbar dezimieren können." "Selbstverständlich haben die Aufräumarbeiten nach der Flut Priorität", beendete Khardan schulterzuckend seine Erklärung, "aber eine Handvoll solcher Wagen möchte ich eigentlich schon fertiggestellt kriegen bis zum Siebenundzwanzigsten."

Nachdem Khardan geendet hatte, trat der hünenhafte Gjalsker Condottiere Gon Arradh bren Bartakh nach vorne und es kam zu einem der seltenen Ereignisse, wo man seine dröhnende Bass-Stimme in öffentlichem Zusammenhang zu hören bekam. Sein Horathi war selbst nach all den Götterläufen im Horasreich immer noch von einzelnen grammatikalischen Fehlern und ungewohnter Aussprache geprägt. "Im Thronfolgekrieg ich habe gekämpft Seite an Seite mit Brabazonen, diese Brabaker Söldner. Die haben benutzt viele von diese Wagen, ganz geschickt auf Schlachtfeld. Damals wir haben gesehen, diese Kampfwagen brauchen nicht nur Besatzung, die ist sehr erfahren. Nein, auch Zusammenspiel mit andere Truppen muss viel geübt werden. Das ist sehr wichtig. Wir haben nicht viel Zeit um zu üben mit solche Wagen. Das Idee ist gut, aber wir sollen nicht zu hoch Erwartungen haben an Kampfkraft von diese Wagen auf dem Schlachtfeld."

Dareius Amarinto nickte. "Ich stimme Gon Arradh zu. Eine lobenswerte Initiative, aber wir müssen uns über die Grenzen der Anwendbarkeit bewusst sein. Die erhöhte Position ist für den strategischen Überblick nicht zu vernachlässigen. Jedoch sollten wir uns im Klaren sein, dass eine solch erhöhte Position auch ein hervorragendes Ziel für Scharfschützen bietet."

Dareius' Ansehen sank in den Augen des Korjüngers Colmar weiter. Hatte dieser Turnierplatzkrieger vergessen, wie es in den Schlachten des Thronfolgekriegs zu und her gegangen war? Selbstverständlich konnte man in einer Schlacht von Bolzen und Pfeilen getroffen werden, dafür aber aus Deckung und überhöhter Position umso mehr austeilen - hatte er schließlich in Urbet erlebt, als er Ralman Firdayon aus einem Bordell herausholen und in Sicherheit bringen musste, während es von den Dächern Bolzen hagelte und seine Jungs und Mädels kaum zurückschiessen konnten und Dareius müsste es eigentlich auch wissen von Pertakis her. Der Vorteil von Holzplanken-Burgzinnen eines solchen Wagens lag offen auf der Hand, doch unkonventionelle Vorteile für die Lilienrat-Fraktion in der kommenden Schlacht konnte oder wollte der Sewamunder Feldherr offenbar nicht wahrnehmen, Weshalb sonst wollte er auf den klaren Artillerie-Vorteil ihrer Seite verzichten oder begegnete ihren Vorschläge mit einem 'ja, aber' oder stellte sie gleich in Frage?

Leomar Tribêc, der bis dahin aufmerksam dem Gespräch gelauscht hatte, ergriff mit einer Geste das Wort und sprach mit sonorer Stimme, die den Raum erfüllte: "Ehrenwerte Herren, verzeiht mir, wenn ich mich in diese strategischen Überlegungen einmische, doch ich kann im Namen Rondras nicht schweigen, wenn es um die Grundsätze unserer Schlachtordnung geht. Die Artillerie mag eine wirksame Waffe sein, doch sie ist keine, die irgendwelchen göttlichen Idealen gerecht wird. Eine Schlacht ist ein Ort, an dem sich Mut, Geschick und Entschlossenheit messen, nicht das rohe Handwerk von Maschinen, die aus sicherer Entfernung Tod und Verderben bringen. Es ist eine Kunst, den Feind Auge in Auge zu besiegen, eine Kunst, die Rondra selbst wohlgefällig ist. Die ehrlosen Geschosse einer Hornisse oder die Kugeln einer Rotze jedoch haben keinen Platz in dieser Auseinandersetzung, in der es um ein Urteil der Götter geht, die vor ihren Augen stattfindet."
Er wandte sich direkt an Khardan Luntfeld und Gon Arradh, seine Augen funkelten vor Überzeugung. "Kämpfen wir für die Ehre oder für das nackte Überleben? Das eine schließt das andere nicht aus, doch wenn wir uns auf die Kunst der Belagerung und der Geschütze stützen, werden wir bald nicht mehr von Menschen, sondern von Zahlen regiert. Es liegt an uns, ein Beispiel zu setzen, wie Kämpfe ausgetragen werden sollen – mit Tapferkeit und einem Schwert in der Hand." Seine Worte hallten nach, und es war klar, dass Leomar, rondragläubig und mit einem festen Glauben an die Tugenden des Kriegerhandwerks, keine Kompromisse in dieser Frage dulden würde. "Wir stehen hier, um zu kämpfen, nicht um uns hinter Wagen und Geschützen zu verstecken. Ich appelliere an Euch alle und die übrigen Kommandanten, erinnert Euch an das, was es bedeutet, eine Schlacht mit Ehre zu führen."

Der stoische Gjalsker blickte den Rondrageweihten nur ausdruckslos an. Dann nickte er und brummte. "Gesprochen wie richtiger Krieger. Maschinen niemals können ersetzen guten Zweikampf, aber in Horasreich Krieg immer auch Politik und Spiel für Erwachsene." Er grinste raubtierhaft und machte in Richtung des Rondrageweihten eine höfische Geste der Ehrerbietung, die er sicherlich nicht in seiner nördlichen Heimat gelernt hatte.

Aurelio van Kacheleen nickte seinem Condottiere Crûvero dû Billanfonto zu. Dieser stand auf und meldete sich zu Wort. "Ich verstehe den anstehenden Kampf als eine günstige Gelegenheit, den Krieg an diesem Tage zu beenden. Ich danke meinem Herrn, Aurelio van Kacheleen für die Gelegenheit, vor den höchsten Amts- und Würdenträgern Sewamunds und seinen Verbündeten sprechen zu dürfen. Es ist mir eine Ehre." Eine stolze frische wie tiefe und lange Narbe war in seinem Gesicht zu sehen.

"In der Schlacht um Tovac kamen wir durch einen klugen Zug in die Oberhand. Wenn uns die Götter diesmal auch mild gestimmt sind, werden wir wiederum obsiegen können. Ich teile zudem die Ansicht von Euch, Dareius Amarinto, in den rondrianischen Zweikampf zu gehen. Aber ich teile auch die Ansicht der Luntfeld Brüder sich einen Vorteil zu verschaffen. Ich würde sagen, bevor wir in den rondrianischen Zweikampf treten, verschaffen wir uns gegen die geballte und fast schon erdrückende Macht des Gegners eine günstige Ausgangsposition, so dass wir überhaupt erst in den rondrianischen Zweikampf gelangen können. Aber was meine ich damit?" Seine Stimme klang kurz fragend, bevor er in die Tiefe ging.

"Ich hatte in den letzten Tagen und Wochen genug Zeit mir Gedanken zu machen, wie wir die Truppen des Streitebeckers besiegen oder zumindest in eine Patt Situation drängen könnten. Ausgangslage war für mich bislang das Schlachtfeld vor den Toren Sewamunds. Nun ist es ein anderes Gebiet, nördlich der Stadt und hinter den Deichen. Aber auch hierfür habe ich meine Taktik angepasst. Es gilt, jeden Vorteil zu nutzen, doch dafür sollten wir diese Vorteile, aber auch die Nachteile erst einmal kennenlernen. Das Gelände gilt es akribisch zu analysieren und Schwachpunkte im Gelände, auf dem Weg in die Schlacht selbst zu erkennen und auch, welche Stelle am günstigsten ist, dem Gegner dort die Schlacht aufzuzwingen. Wir brauchen Kenntnisse über unser Aufmarschgebiet und über das gegnerische Aufmarschgebiet. Ich schlage vor, den Zeitpunkt des Aufeinandertreffens so zu planen, dass wir in die für uns günstigere Position kommen, aber auch eine Antwort darauf zu haben, wenn dieser Plan vereitelt wird." Er holte kurz Luft.

"Dann gilt es zu analysieren, wie der Gegner seine Truppen aufstellen wird, die Ihr Dareius uns gerade präsentiert habt. Hier ist die Erfahrung der rondrianischen Schlachtenkämpen wichtig. Wie könnte der Streitebecker seine Reihen aufstellen, wer steht wo und warum sollte der Gegner dort stehen? Warum frage ich das? Ganz einfach, aus dem Grunde, dass wir wissen, wie wir unsere Schlachtordnung wählen. Es ist für uns wichtig, die Stärken und Schwächen des Feindes einzuschätzen und dadurch die eigenen Truppen gewinnbringender aufstellen zu können. Vielleicht ist ein starkes und stabiles Zentrum mit einer schiefen Schlachtordnung am günstigsten und böte sich an."

Dareius Amarinto nickte zustimmend. Er sah dies wohl ähnlich.


Truppenvorstellung

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