Briefspiel:Packratten aus der Ponterra (2)

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Auge-grau.png

Stadt Sewamund klein.png Briefspiel in Sewamund Herzogtum Grangor.png
Datiert auf: ab Ende 1045 BF Schauplatz: vor allem Stadt und Baronie Sewamund, darüber hinaus Phecadien und benachbarte Landstriche Entstehungszeitraum: ab Frühjahr 2023
Protagonisten: alle Sewamunder Familien, sowie diverse externe Machtgruppen Autoren/Beteiligte: Haus Amarinto.png Amarinto, Haus Tribec.png Tribec, Haus di Piastinza.png DiPiastinza, Familie Luntfeld.png Luntfeld, Familie della Carenio.png Carenio, Familie Degano.png Marakain, Familie van Kacheleen.png Kacheleen, Familie Vesselbek.png Vesselbek, Familie Cortesinio.png Cortesinio, Haus Carson.png OrsinoCarson, Haus della Pena jH.png Horasio, Haus ya Pirras.png VivionaYaPirras, Familie Gerber.png Gerberstädter, Haus ya Papilio.png Gishtan re Kust, Wappen Lucrann von Leihenhof.png Galebquell
Zyklus: Übersicht · Präludium - 1045 BF · Der Eklat - Praios 1046 BF · Der Selziner Schwur - Rondra 1046 BF · Interludium - Efferd 1046 BF · Der Tag der Treue - 1. bis 15. Travia 1046 BF · Ein Sturm zieht auf - 16. bis 30. Travia 1046 BF

Ausgespielte Geschichten: Ruf nach Phecadien · Die Sewamunder Delegation in Shenilo · Quod est Demonstrandum · Sturm auf Amardûn · Reise in die Vergangenheit · I · II · III · IV · In den Kerkern von Amardûn · Das Treffen der Verschwörer · Ein Gespräch zur Rosenstunde · Sewamunder Delegation bei Irion von Streitebeck · Trauerfeier für Leonardo Cortesinio · Treffen bei Tovac · Reise ins Unbekannte · I · II · III · Packratten aus der Ponterra · I · II · III · IV · Gefährliche Worte · I · II · III



Autoren: Gishtan re Kust, Carenio


14. Travia 1046 BF, Landgut Villago bei Ruthor und Selzin


Präparieren

Der Anbau des Hauptgebäudes, der als Remise für landwirtschaftliche Geräte und Fuhrwerke diente, war schon etwas in die Jahre gekommen. Der Putz blätterte ab und die rosaroten Kletterrosen, die sich am Gebäude nach oben rankten, senkten ihre Dornen in die bröckelnde Oberfläche. Zwei einfache Flügeltore ermöglichten den Zugang zu der Scheune direkt daneben. Vor einem der Tore saß Rauris, den Rücken gegen das sonnengewärmte Holz gelehnt, und kaute. In der einen Hand hielt sie ein Stück Brot, in der anderen ein Stück Käse. Vor ihr standen ein Tonbecher und eine Karaffe mit einer Flüssigkeit. Als die Kutschenlenkerin das Grüppchen mit Alecor ya Papilio in der Mitte aus dem Hauptgebäude treten sah, kaute sie schnell fertig, spülte den Mundvoll mit einem den Becher leerenden Schluck herunter und stand auf. Daran, in Ruhe fertig zu essen, war für sie nun nicht mehr zu denken.

Alecor, inzwischen wieder korrekt gegürtet und bewaffnet, folgte seinen Gastgebern zu den Toren, hinter denen der Wagen der Papilios abgestellt stand - und auch das Gefährt der Carenios, wie Rauris inzwischen wusste, ihr Herr aber noch nicht. "Auf, auf, genug gerastet", ermunterte er die ältere Bedienstete, die folgsam das linke Tor aufzog, dabei aber, sobald sie ihm den Rücken kehrte, die Augen gen Alveran drehte, wie um zwölfgöttlichen Beistand gegen den Eifer des Schwertgesellen zu erbitten. Dunkel war es hinter den Holztoren. Einzig ein schmaler, horizontaler Schlitz zwischen Dach und Mauerwerk ließ nicht nur das Licht der Praiosscheibe hinein, sondern auch die Schwalben, die ihre Nester innen und außen an die Dachsparren geklebt hatten. Auf der linken Seite erkannte Alecor mehrere landwirtschaftliche Geräte wie Pflug, Egge, Schaufeln, Rechen und Dreschschlegel. An der Wand hingen Sägen, Sicheln, Scheren und anderes Werkzeug. In der hinteren Ecke standen kleinere Gefährte, ein Leiterwagen, ein vierrädriger Wagen für den Transport von Holz und eine Ponykutsche. Auf der rechten Seite standen ein einfacher Reisewagen, eine zweirädrige Kutsche für schnellere Fahrten und der Planwagen, auf den man die Güter für Sewamund geladen hatte. Er bestand aus einem einfachen, vierrädrigen Grundgestell, über dem sich vier Bögen aus Holz erhoben, die mit Stoffbahnen gedeckt waren.

In der Mitte der Scheune stand der Wagen der Papilios. Normalerweise war dieser Platz frei für Arbeiten, die man dort verrichten konnte, oder für Rangiermanöver der Wagen. Selbst neben dem Planwagen der Carenios wirkte der dreiachsige Transportwagen der Papilios groß, war gut anderthalb Mal so lang wie dieser. Bei genauerem Betrachten war es bemerkenswert, dass die Fahrerin die breite Lastkutsche mit ihren vier vorgespannten Kaltblütern ohne großes Aufheben an diesen Platz bewegt hatte. Sicher hatte dabei geholfen, dass die vordere Achse und der Aufbau auf dieser durch ein Gelenk mit dem Rest des Wagens gekoppelt und lenkbar war.

"Ein Fahrzeug aus der Kusliker Manufactur", sagte Rauris zu den Gastgebern und Stolz schwang in ihrer leisen Stimme mit. Der KKK-Wagen erreichte mit seiner Lastfläche nicht die Höhe des kleineren Fahrzeugs der Carenios, da der Aufbau sich auf den vorderen Teil beschränkte. Der Frachtkasten war zwar geräumig, aber nicht höher als vielleicht die Schultern der vorn sitzenden Wagenlenkerin, und die darauf verstaute Fracht mit mehreren großen Planen unterteilt und abgedeckt.

Leonello trat auf den Wagen zu und blickte neugierig ins Innere. "Was habt Ihr denn geladen?", wollte er von Alecor wissen, der hinter ihm in die Scheune getreten war. Der Fechter hielt seinen Hut in der Hand und schwenkte diesen nun in einer großspurigen Geste: "Einige meiner braven Verwandten haben nach dem Hilfeersuchen in der Eteria gemeinsam auf Gut Montalto überlegt, was zugleich den darbenden Bürgern von Sewamund eine Hülfe sei als auch nicht mehr Aufsehen errege denn nötig, und als Handelsware gelten könne. So ist eine ansehnliche Auswahl eigener Erzeugnisse, aber auch in der Ponterra erworbener Waren zusammengestellt worden..."

Er kam ins Stocken und gestikulierte mit dem Hut in Richtung Rauris, die sich mit kaum verhohlen gelangweilter Miene gegen eines der fast schulterhohen Räder lehnte: "Nun gib mir mal die Frachtliste", verlangte er. "Die tatsächliche, meine ich." Die ältere Frau reichte ihm eine lederne Schreibmappe, aus welcher Alecor ein mit peniblen Lettern beschriebenes Büttenpapier entfaltete. "Ich nenne nur einige Beispiele, wir haben ja nicht den ganzen Tag Zeit, nicht?", sagte er, während er eilig die Tabelle überflog, vermutlich zum ersten Mal. "Geräucherte Schweinehälften (von Tante Melinas Bunter Rotte), Olivenöl (aus Kusine Sinestras Hain), Dauerbrot (gebacken von Alrigo Gehrfried aus Mhoremis, der Tante Atroklea noch eine Schuld zu begleichen hatte), Arinkener Hartkäse (aus Kuh-, Schaf- und Ziegenmilch, mit Waldkräutern), Zitronen und Fische in Salzlake (hat Kusine Corrada aus Efferdas schicken lassen)...", las er quer vor, "...da bekommt man doch gleich wieder Appetit. Soll ich mehr vom Nahrhaften vorlesen oder zu den praktischen Dingen übergehen, die unser vermeintlicher Gemischtwarenlieferant zu bieten hat?"

Daria grinste verschmitzt. Sie mochte Alecor. Fast war sie traurig, dass nicht sie den Warentransport begleiten würde, sondern Leonello und Grangorion. Aber schließlich musste das Gut ja geführt werden und außerdem war ihr Gesicht zu bekannt in und um Sewamund. Zu dem Fechter gewandt erwiderte sie: "Oh, das klingt alles außerordentlich schmackhaft. Fast könnte man meinen, wir planten einen Festschmaus und nicht die Versorgung einer belagerten Stadt mit zahlreichen Flüchtlingen. Fahrt fort, es interessiert mich sehr, was Eure Familie an Gaumenfreuden zusammengetragen hat."

"Die Beladung soll wohl auch so vielfältig sein, dass glaubhaft ist, dass sie dem Handel dient", sagte Alecor. "So habe ich die Verwandten verstanden, die das zusammengestellt haben." Er fuhr fort: "Ein großes Fass St. Badilak Dunkel (zur Verfügung gestellt vom Hopfmeister, Vetter Zylobar), einige Gläser Brombeermarmelade und einige Flaschen Brombeerlikör (aus den Hecken entlang der Landstraße nach Papilio), Soleier von Hühnern und Gänsen (nach der Rezeptur von Tante Norrinrada, Travia hab sie selig), Kastanienhonig (aus den Beuten von Onkel Haakan), ein Kistchen Cigarillen aus Kolchissya-Tabak (hat Kusine Rahjada ihrem Gemahl vorenthalten)...oh...jetzt bin ich in der Spalte von den Lebensmitteln zu den Luxuswaren gesprungen..."

"Ich bin sicher, dass sich auch für diese ein Abnehmer finden wird", versicherte Daria amüsiert. "Eure Verwandten haben recht, je vielfältiger und unauffälliger desto besser. Auch auf unserem Wagen findet sich ein Sammelsurium an Essbarem und Praktischem. Vor allem Stoffballen für Kleidung und Handtücher. Gemeinsam mit diesen haben wir Säcke mit Mehl, Bohnen und Linsen zwischen die zerbrechlichen Gefäße gesetzt, damit die Fracht nicht klappert, verrutscht und womöglich zu Bruch geht. Wäre ja schade drum!" Leonello mischte sich ein. "Die meisten Lebensmittel stammen von unserem Gut, aber Getreide bauen wir nicht an, ebenso wenig Linsen. Ein befreundeter Gutsbesitzer aus dem Umland von Veliris hat beides gespendet. Die Stoffballen sind ein Geschenk eines entfernten Verwandten der Vistellis aus Bomed und die Handtücher eine Spende eines Händlers aus Serillio, der ebenfalls Familie in Sewamund hat."

Alecor nickte: "Handtücher, Ausdruck gehobenen Lebensstils. Das merke ich mir, wenn es darum geht, bei einer möglichen Durchsuchung eine Erklärung zu finden. Wenn wir morgen auf dem Weg sind, können wir gemeinsam alles nochmal durchgehen." Mit seinen Gedanken schien er schon halb auf der Fahrtstrecke nach Sewamund zu sein.

Grangorions Blick ging zum Himmel. Ungeduldig mahnte er zum Aufbruch. "Wenn wir heute noch bis Selzin kommen wollen, sollten wir aufbrechen!" Daria nickte. Sie drückte beiden Wagenlenkern noch einen Proviantbeutel in die Hand, in dem sich je ein Laib Brot, Hartkäse und etwas Schinken befanden. Dann verabschiedete sie sich zunächst mit einem herzlichen Händedruck von Alecor: "Möge Aves Euch auf eurem Weg sicher geleiten und der Listenreiche Euch zur Seite stehen!" Der von so viel Jovialität überraschten Wagenlenkerin Rauris klopfte Daria aufmunternd auf die Schulter: "Auch Euch die Gunst des Schicksalswebers! Bringt die Waren sicher ans Ziel, sie werden sehnlichst erwartet!" Die Papilio-Bedienstete war vom Alter her nicht fern der Damosella. Doch schien sie von deren aufmunterndem Wunsch so verblüfft, dass ein freudiges Aufblitzen über ihre sonst missgelaunte Miene zuckte. Sie straffte die knochigen Schultern und antwortete: "Dank Euch, Herrin. Ich werd’ mein Bestes geben. Dass ein altes Mädchen wie ich nochmal zu was gut ist...”, schloss sie immer leiser murmelnd und machte sich daran, den Teshkalern die Futtersäcke wieder abzunehmen.

Dann wandte Daria sich an Leonello. Die mütterliche Umarmung wehrte der junge Mann schon fast brüsk ab. Achselzuckend trat Daria einen Schritt zurück. "Nun gut, mein Junge, dann wünsche ich dir viel Erfolg bei der Mission und die Gunst von Aves und seinem Vater. Beides sollte dir gewiss nicht schaden!" Sie drehte sich zu Grangorion und drückte ihm die Rechte. Er erwiderte kraftvoll den Händedruck. "Seid gewiss, Tante, dass ich dafür sorgen werde, dass Wagen, Waren und Euer Sohn sicher nach Sewamund und wieder zurück kommen", sprach er im Brustton der Überzeugung. Daria nickte. "Das hoffe ich, Grangorion, das hoffe ich! Nimm meinen Dank für deinen Einsatz und grüße mir meine Verwandten in der eingeschlossenen Stadt. Richte Ricardo und, falls du sie siehst, auch Dimiona aus, dass, sollte passieren, was wir alle nicht zu denken wagen, sie selbstverständlich jederzeit bei uns auf Gut Villago willkommen sind. Möge die Friedensstifterin geben, dass es niemals passiert! Es war schon einmal furchtbar zu sehen, wie die eigene Familie aus ihrem angestammten Sitz vertrieben wurde. Noch einmal...ich spreche es lieber erst gar nicht aus!" Sie drehte sich um und gab Rauris das Zeichen, dass sie den Dreiachser der ya Papilios aus der Scheune bringen konnte. Für ein so großes Fahrzeug war dieser erstaunlich wendig - vielleicht auch dank der erfahrenen Kutscherin auf dem Bock. Diesem folgte das Gespann mit Leonello und Grangorion hoch zu Ross.

Alecor ya Papilio zog noch einmal den Hut vor der Herrin des Hofs und deutete einen Kuss auf Ihre ausgestreckte Hand an: "Keine Sorge, Verehrte, ich pass auf die Burschen schon auf und lass sie keinen Unfug treiben. Morgen Abend sind wir in Sewamund, in drei Tagen wieder hier, so Phex will."

Ein sanftes Rosarot zeigte sich auf Daria Wangen als Alecor einen Handkuss andeutete. Sie genoss sichtlich die Zuwendung des Fechters. "So zieht denn los, beschirmt von Aves und dem Listenreichen! Ich harre Eurer und schließe Euch in meine Gebete ein."

"Auf geht’s!", rief Alecor, fast im Tonfall eines Mercenarios. Er trat neben seinen geduldig wartenden Mausfalben, zog sich mit mehr Kraft als Eleganz in den Sattel und griff zum Zügel. Er gab Grangorion das Zeichen, dass dieser die Führung übernehmen möge. Diesem folgte Leonello auf dem Bock des vollgepackten Carenio-Wagens. Rauris lehnte sich auf dem Bock des Papilio-KKK zurück und ließ die Pferde das schwere Gefährt ganz langsam anrollen. Als Letzter ritt Alecor, winkte unter dem Torbogen nochmals mit dem Hut, dann war der kleine Wagenzug vom Hof des Landguts.

Probieren

Leonello della Carenio wäre beinahe auf dem Bock des Wagens eingeschlafen. Der Abend in einer der Tavernen der Stadt Selzin war lang und feucht-fröhlich gewesen. Alecor erwies sich als trinkfester als der Sohn der Gutbesitzerin von Villago erwartet hatte. Grangorion hatte eine Weile gut mitgehalten, ehe er sich zurückzog. Einzig Rauris, die die erste Nachtwache übernommen hatte, musste beim Wasser bleiben. Es schien ihr nichts auszumachen: Die Wagenlenkerin hatte sich nach der Mahlzeit schnell verabschiedet und war in in den Unterstand gegangen, um auf 'ihrem' Wagen Bishdariel zu huldigen. Leonello hatte den letzten Teil der Nacht ebenfalls bei den Wagen gewacht. Es war ihm sehr schwer gefallen, nicht einzuschlafen. Umgekehrt erging es ihm nun: Die beiden Wagen rollten gemächlich vor sich hin. Sowohl das Geschaukel als auch das gleichmäßige Klappern der Hufe seines Zugpferdes wirkten einschläfernd auf den Wagenlenker.

Plötzlich blieb das Zugpferd stehen und der Wagen kam abrupt zum Halten. Leonellos Kopf, der bereits mit dem Kinn auf die Brust gesunken war, schnellte hoch. Er wollte schon Grangorion schimpfen, warum er ohne Vorankündigung sein Ross angehalten hatte, da hörte er aufgeregte Stimmen in einiger Entfernung vor ihrem Wagenzug. Sie waren kurz vor Sewamund, hatten gerade eben erst den dichten Pinienwald hinter sich gelassen. Ihr Blick reichte von einer leichten Anhöhe hinab ins Flusstal. Die Sewamunder Vorstadt Trafiume und die Brücke über den Sewak waren bereits in der Ferne zu erkennen. Sein alarmierter Blick ging zu Grangorion, der zunächst die Situation beurteilte. Von hinten hörte Leonello das Antraben und dann neben sich das Verlangsamen eines schnaubenden Pferds. Audax, der Mausfalbe, mit Alecor im Sattel, passierte den Carenio-Transport. "Was hält uns auf?", fragte ya Papilio den bis dahin vorausreitenden Grangorion, der selbst angehalten und dem Zugpferd ins Maulzeug gegriffen hatte, um den Wagen anzuhalten. Jetzt deutete er wortlos auf die Horasstraße voraus.

In der Ferne, noch deutlich vor der Vorstadt, war eine größere Gruppe Bewaffneter auf der Strasse zu erahnen, die einen Karren umringten. Den Carenios und ihren Begleitern aus der Ponterra kam ein schneller Einspänner entgegen. Eine burschikos wirkende junge Frau in guter Kleidung saß auf dem Kutschbock und bremste ihr Fahrzeug ab, als sie näher kam: "He da!", rief sie ihnen entgegen. "Wollt ihr weiter gen Sewamund?" Grangorion, der etwas Mühe hatte, sein Ross zu bändigen, welches der in hoher Geschwindigkeit herannahende Einspänner zum Scheuen gebracht hatte, erwiderte: "Sehr wohl, werte Dame! Unser Ziel ist Sewamund. Gibt es Neuigkeiten, die wir kennen sollten? Dann berichtet uns bitte!"

"Ich war auf dem Weg nach Trafiume und wollte dann meinen Weg zu meinen Verwandten in die Stadt fortsetzen", schilderte sie. "Doch kaum weiter nördlich, steht eine Reihe von gut einem Dutzend Gerüsteter mit uneinheitlicher Bewaffnung quer über die Straße, einige mit Stangenwaffen. Drei von ihnen haben Handwaffen gezogen und einen Bauernkarren umringt, den sie gerade durchsuchen. Ein weiterer nahm, als ich anhielt, gerade Fracht von der Ladepritsche, was dem Bauern sichtlich missfiel. Zwar sollen die Söldner, die sich in Diensten Baron Irions befinden, nicht so weit südlich stehen. Doch scheint mir, dass unredliche Profiteure die unsichere Situation nutzen, um Fuhrwerke auf dem Weg nach Sewamund zu behelligen und sich an deren Ware zu bedienen. Wenn Ihr mich fragt, kehrt um, auf dass Ihr und Eure Wagen sicher sind. Ich werd’s so halten", schloss sie.

Der Esquirio war gerade noch dabei, das Gesagte einordnen zu wollen, als die Frau schon die Zügel aufnahm und Anstalten machte, ihr Pferd wieder lostraben zu wollen. "Haltet ein, gute Frau!", rief Grangorion eilig. "Habt Ihr Kenntnis, wie es auf der Straße südlich des Sewak nach Veliris aussieht? Gibt es dort eine Möglichkeit nach Sewamund überzusetzen?" Die Frau, deren Haar unter einer Mütze verborgen war, wandte den Kopf noch einmal zu dem Reiter um: "Woher soll ich das wissen, Mann?", schnaubte sie gereizt. "Wenn ich mich jetzt nicht eile, vondannen zu kommen, werden die mich stellen und mir vielleicht alles nehmen, was ich besitze! Und auch Ihr tut gut daran, euch schnellstmöglich zu entfernen!" Ohne sich auf eine weitere Diskussion einzulassen, ließ sie die Zügel schnalzen und trieb ihr Pferd an.

Grangorions Miene hatte sich verfinstert: "Das ist nicht gut. Was machen wir nun? Es scheint, dass der Weg von Süden über den Sewak nun auch schon behindert wird. Sei es durch Wegelagerer oder wen auch immer. Ein ganz schlechtes Zeichen!" Alecor beschattete die Augen mit der Hand gegen die Vormittagssonne und überlegte sichtlich angestrengt: "Wir haben keine Kunde davon, wie sich der Konflikt in den vergangenen beiden Tagen entwickelt hat. Diese Wegelagerer - anders kann man sie kaum nennen - sind ein Risiko für unsere Weiterfahrt. Mich deucht, wir haben zwei Möglichkeiten: Weiter auf der Horasstraße bleiben und versuchen, als vorgeblich unbeteiligter Handelszug über den Fluss zu gelangen. Oder auf die Straße entlang des Südufers des Sewak gen Veliris abbiegen und versuchen, an einer anderen Stelle den Strom zu queren. Was denkt Ihr, Esquirio Grangorion?"

"Fürwahr, Ihr habt recht, Esquirio Alecor, so intensiv diese Kerle den Wagen vor uns investigieren, haben wir wohl auf direktem Wege kein Glück. Euer zweiter Vorschlag erscheint mir da aussichtsreicher. Lasst es uns versuchen, bevor die da vorne noch Lust bekommen sich unserer anzunehmen!" Grangorion gab Leonello ein Zeichen auf die Straße abzubiegen, die südlich des Flusses Sewak nach Veliris führte. Auf der großen Straße war es selbst für das lange Fuhrwerk der Papilios kein schwieriges Unterfangen, den schmalen Karrenweg zu befahren, der eine Abkürzung durch einen Pinienwald darstellte. Dieser war zwar kaum ausgebaut und weniger bequem zu befahren als die Horasstraße. Doch er mündete außer Sichtweite Trafiumes auf die Straße südlich des Sewak. Auf diesem Weg sollte es ihnen gelingen, unbemerkt die Reise fortzusetzen. Und so Phex half, würden sie noch vor Veliris eine Möglichkeit finden, den Fluss zu queren.