Briefspiel:Kaiserjagd/Der Kalif von Unau

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Kaiserjagd.png Städteübergreifendes Briefspiel Kaiserjagd.png
Datiert auf: 1.-6. Firun 1046 BF Schauplatz: von Aldyra in den Wald von Persenciello Entstehungszeitraum: ab März 2024
Protagonisten: Khadan II. Firdayon, etliche Hochadlige und weitere Noble des Reiches Autoren/Beteiligte: Haus Amarinto.png Amarinto, Familie Solivino.png Bella, Familie ya Malachis.png Cassian, Horasreich-klein.png Dajin, Haus della Pena aeH.png Dellapena, Haus Sirensteen.png Erlan, Familie Flaviora.png Flaviora, Familie Gerber.png Gerberstädter, Haus Urbet.png Gonfaloniere, Haus della Pena jH.png Horasio, Familie van Kacheleen.png Kacheleen, Familie Luntfeld.png Luntfeld, Haus Legari.png Nebelzweig, Haus Carson.png OrsinoCarson, Familie di Cerrano.png Princeps, Haus di Salsavur.png Rondrastein, Haus Romeroza.png Savinya Romeroza, Haus Veliris.png Schatzkanzler, Familie Ventargento.png Silberwind, Haus Tribec.png Tribec, Wappen fehlt.png Vairningen, Haus ya Pirras.png VivionaYaPirras u.w.
Zyklus: Übersicht · Teilnehmer · Schauplätze · Regeln · Gerüchteküche · Erster Tag

Geschichten vor der Jagd: Firungefällige Fragen I · II · Eine bescheidene Bitte · Eine Antwort aus Horasia · Unter Wölfen · Das Haus Veliris · Prinz und Prinzessin · Ungewisses Parkett · Folnors Bankett · Die "Minnesängerin" · Kamingespräch zu Imdallyo · Der Kalif von Unau · Am Tag der Volkskunst I · II · Gräfin Tergelstirn · Eine Schuld wird beglichen I · II · III · IV · V · VI · VII · VIII · Eine magische Nacht I · II · III · IV · V · VI · VII · Bosparanische Träume I · II · III · IV · V
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Der Kalif von Unau

28. Hesinde 1046 BF (Opernfestspiele), Vinsalt

Autor: Amarinto

Dalia Ollantur wartet mit mehr als nur einer Überraschung auf.

Dareius Amarinto spürte bereits die Vorfreude. Die angekündigte monumentale Neuinterpretation des Klassikers “Der Kalif von Unau” von Dorgando Paquamon klang vielversprechend. Seit Wochen hatte er diesem Tag in froher Erwartung entgegengesehen. Mit seinem kleinen Gefolge wartete er im Foyer des grandiosen Vinsalter Opernhauses, seine Schwester Cariana und seine Knappin Skrayana hatten sich entschuldigt, sie wollten lieber die Weinstuben der Stadt erkunden. Sein Zeremonienmeister Muracio Dossarando war aber natürlich Feuer und Flamme, er war ein großer Kenner und begeisterter Freund der Oper. Zudem begleiteten ihn seine Medica Orleane ya Pirras und seine Maga Corvona di Bellafoldi.
Er sah sich um, die meisten der Gäste waren ihm unbekannt, Adlige und Patrizier der Hauptstadt, nahm er an. Vereinzelt erkannte er jedoch bekannte Gesichter, wie beispielsweise Cavalliera Nandora Saltoriani aus Nevorten und Lisbella Sallander aus Selshed. Aber niemand, der ihm näher bekannt war. Dann wandte er sich um und plötzlich stand ein weiteres bekanntes Gesicht direkt vor ihm, Baronessa Dalia Ollantur und ihre Schwester, seine frühere Knappin Nandura Ollantur. Mit phexischem Geschick hatten sie sich scheinbar an ihn herangeschlichen.
Mit einem strahlenden Lächeln verneigte sich die Baronessa.
“Signor Dareius, ich wusste ich würde einen solchen Freund der Künste zu diesem Anlass hier in Vinsalt treffen. ‘Der Kalif von Unau’ in einer neuen Interpretation! Was für ein Fest. Wie schön, dass wir uns wiedersehen. Seit unserem letzten Tanz sind ja unglaubliche Dinge in Sewamund vorgefallen.”
Sie nahm seine Hand zwischen ihre zarten und wohlgesalbten Hände. Ihr Blick verdüsterte sich ein wenig.
“Mein aufrichtiges Beileid für all Eure Verluste. Ich hoffe ihr glaubt mir, dass wir immer an den Sieg Eurer Sache geglaubt haben. Sonst hätte ich meiner Schwester nicht so entschlossen erlaubt, zu Eurem Gefolge zu stoßen.”
Ihre Schwester nickte mit dünnem Lächeln um ihren Schwertvater zu grüssen. Sie hatte eine sichtbare, aber gut verheilte Narbe am Hals. Ein Andenken an ihren kürzlichen Einsatz in Dareius’ Gefolge.
Dalias Gesicht hellte sich jedoch schon wieder auf: “Doch lasst uns nicht den schönen Abend mit boronischen Mienen begehen. Signor Dareius, ich habe, wie es Phexens Wunsch zu sein scheint, einen freien Platz in meiner Loge, die mir ein Gönner aus Vinsalt freundlicherweise überlassen hat. Würdet Ihr mir die Ehre erweisen, mir dort Gesellschaft zu leisten?”
Dareius war positiv überrascht, sowohl über das Zusammentreffen mit Baronessa Dalia als auch über das großzügige Angebot. Es fiel ihm nicht schwer darauf einzugehen.
“Ein großzügiges Angebot Baronessa! Wie könnte ich die Gelegenheit verstreichen lassen, diese großartige Vorstellung in so angenehmer Begleitung zu verbringen.”
Er nickte, mit einem leicht entschuldigenden Blick in Richtung seiner Begleiter, welche mit den gewöhnlichen Plätzen vorlieb nehmen mussten und folgte Baronessa Dalia und ihrer Schwester zur Loge. Als er dort ankam, erkannte er das Wappen der Familie dil Cordori. Die Baronessa hatte wahrlich einflussreiche Gönner. Ein Diener wartete bereits mit Wein und Erfrischungen.

Die Vorstellung begann pünktlich und bot wie erwartet eine famose Neuinterpretation des Paquamon-Klassikers, welche das verwöhnte Vinsalter Publikum mehrfach mit begeistertem Applaus quittierte. Zudem entspann sich im Laufe des Abends ein angenehmes Gespräch mit der für ihr junges Alter beeindruckend gut informierten Opern-Kennerin Dalia Ollantur, deren eigene Schauspielkünste offenbar bereits in Vinsalt Eindruck gemacht hatten. Die Baronessa entpuppte sich trotz ihres häufig jugendlich-naiven Auftretens als charismatische, witzige und kluge Gesprächspartnerin, ganz anders als ihre zurückhaltende Schwester, die lieber Taten als Worte sprechen ließ. Dareius spürte wie sehr ihm solche Abende in den letzten Monden gefehlt hatten. Endlich konnte er die Ereignisse, zumindest für eine Weile, hinter sich lassen und fühlte sich zum ersten Mal seit langem wieder entspannt.
Während des letzten Aktes spürte er jedoch, wie die Verunsicherung urplötzlich durch seinen Körper zurück in seine Gedanken kroch. Gerade hatte der Kalif sein berühmtes Solo angestimmt, als er eine fremde Berührung an seinem Bein spürte. Er blickte langsam nach unten und sah die beringte und perfekt manikürte schneeweiße Hand der Baronessa auf seinem Bein ruhen. Er blickte wieder nach oben und ihre Blicke trafen sich. Auf einmal hatte ihr Blick nichts mehr von der unschuldigen Jugendhaftigkeit, welche Baronessa Dalia üblicherweise zur Schau stellte. Sie sah ihn mit durchdringendem Blick und einem amüsierten Lächeln an, welches deutlich machte, dass es sich hierbei keineswegs um ein Versehen handelte. Im Vergleich zum souveränen Mienenspiel der geübten Schauspielerin wirkte der Gesichtsausdruck des dreizehn Götterläufe älteren Dareius eher wie der eines überraschten Bauerntölpels. Auf seinem Gesicht formte sich ein fragender Blick, welchen die Baronessa mit einem souveränen Zwinkern beantwortete und ihre Hand einen halben Finger weiter an seinem Bein hinauf gleiten ließ. Sie ließ keinen Zweifel daran aufkommen, wer bei dieser Form der Jagd die Beute und wer die Jägerin war … und Dareius war ihr direkt in die sorgsam aufgestellte Falle gegangen.


Autoren: Bella, VivionaYaPirras

Findet sich unvermittelt in einem anderen Gespräch wieder: Orleane ya Pirras

Mit einem ungläubigen Blick schaute Orleane ya Pirras Dareius Amarinto hinterher, wie er in Begleitung von Baronessa Ollantur und ihrer Schwester verschwand.
“Ich glaube es nicht, ich glaube es einfach nicht”, flüsterte sie mehr an sich selbst gewandt. Corvona di Bellafoldi fasste sie sanft an die Schulter und deutete auf ihre Plätze. Der Zeremonienmeister schaffte bereits Platz für die beiden Damen, damit sich diese ohne viel Mühe durch die Sitzreihe bewegen konnten. Leise Worte der Entschuldigung raunend nahm Orleane Platz. Muracio Dossarando verwickelte Corvona direkt in ein Gespräch, oder wohl eher einen Monolog, denn sie nickte einige Male höflich und antwortete kurzsilbig.
Orleane war froh, dass er nicht neben ihr saß. Die Musiker waren noch beim Einstimmen ihrer Instrumente, als sie auf einmal ein Räuspern neben sich vernahm.

„Verzeiht meine Neugier. Ich habe zufällig gesehen, dass Ihr mit diesem Herrn dort vorne hereinkamt … ist das Dareius Amarinto? Der Dareius Amarinto?“
Innocencia Solivino, ein junges Mädchen von vielleicht zwölf Jahren, sah Orleane gespannt mit leuchtenden Augen an. Dann redete sie jedoch einfach weiter, ohne eine Antwort abzuwarten.
„Ich habe schon so viel von ihm gehört! Er hat doch das Minnelied ‚Die Eine‘ geschrieben, nicht wahr? Auf dem Ritterturnier von Mortêc, da war ich mit meinem Cousin, habe ich ihn zum ersten Mal gesehen.“
Sie machte eine Pause und gab Orleane nun erstmals eine Chance, etwas zu erwidern.

“Jetzt kommt doch erst einmal wieder zu Atem, junge Signora, und ja das ist der Dareius Amarinto. Krieger, Anführer, Minnesänger und Frauenheld. Aber der Höflichkeit halber und Eurer Aufregung und unbekümmerten Jugend geschuldet, mit wem habe ich das Vergnügen?”

“Ich bin Innocencia Solivino, Knappin des Herrn Festo von Schreyen.” Sie nickte leicht in Richtung ihres anderen Nachbarn, der sich angeregt mit einem Herrn in der Reihe hinter ihm unterhielt. “Meine Familie kommt aus Urbasi, aber derzeit wohne ich in Shenilo bei meinem Schwertvater. Und wer seid Ihr, Signora?”

Orleane deutete eine Verbeugung an. “Orleane ya Pirras, Leibmedica des Dareius Amarinto, daher derzeit in Sewamund sesshaft geworden.”
Sie überlegte kurz.
“Ihr sagtet Solivino und erwähntet das Turnier von Mortec. Dann standen sich Euer Cousin und mein Bruder im Tjost gegenüber.”

Innocencia neigte ebenfalls leicht den Kopf. “Stimmt. Rahjesco hat gegen einen ya Pirras verloren.” Sie setzte spielerisch eine trotzige Miene auf. “Es war nicht sein Tag. In einem anderen Tjost hat er sogar gegen Ranara ya Torrini gewonnen, die Gruppenbeste.” Sie lächelte, um zu zeigen, dass der Trotz wirklich nicht ernst gemeint war. “Wie dem auch sei, ich werde später auf Turnieren hoffentlich so viel Erfolg haben wie der Herr Amarinto.”

“Also ich kann mich daran erinnern, dass es eine recht enge Gruppe gewesen ist. Aber …” Orleane beugte sich zu Innocencia und flüsterte “... solltet ihr nicht eher Eurem Schwertvater nacheifern und nicht fremden Cavallieros?”

“Ähm ja, also fremd ist er ja nicht”, flüsterte sie zurück. “Immerhin kenne ich ihn vom Sehen und seine Werke. Aber Ihr habt recht.”
Sie warf schnell einen Blick über die Schulter und war erleichtert, dass Festo anscheinend nichts von ihrem Gespräch mitbekommen hatte.
“Natürlich ist mein Schwertvater ein ebenso großer Ritter und ich bin sehr weit davon entfernt, so erfolgreich zu werden wie er.” Sie wechselte das Thema, noch immer etwas peinlich berührt. “Ähm… und werdet Ihr auf der Kaiserjagd anwesend sein?”

“Verzeiht, wenn ich euch zu nahe getreten bin, Signora, dies war nicht mein Erstreben. Gerne würde ich Euren Schwertvater und Euch dem Cavalliere Amarinto vorstellen.”
Sie blickte hoch zu der Loge, in der die Baronessa zusammen mit ihrer Schwester und Dareius Platz genommen hatte.
“Und ja, ich werde auf der Kaiserjagd anwesend sein, wie auch mein Dienstherr.”

“Das freut mich. Unter den ganzen Fremden dort jemanden zu kennen, mit der man nett plaudern kann, ist beruhigend. Und es wäre mir und dem Herrn von Schreyen natürlich eine große Freude und Ehre, den Herrn Amarinto kennenzulernen.”
Innocencia strahlte sie an.

“Dann werden wir sehen, was ich nach der Aufführung für Euch in die Wege leiten kann.”
Wieder warf Orleane einen verstohlenen Blick auf die Loge, wo eine Spinne gerade ihr Netz wob.

Neugierig folgte Innocencia ihrem Blick, konnte jedoch nichts entdecken. Fragend sah sie Orleane an.

Orleane fühlte sich ertappt.
“Ich habe nur nach dem Cavalliere Ausschau gehalten. Er entschied sich kurzfristig die Einladung einer höhergestellten Person anzunehmen und die Vorstellung von deren Loge aus zu verfolgen. Seht ihr … dort.”
Hinter ihr erklang auf einmal ein “Pssssssssst”, denn der Dirigent schlug dreimal mit seinem Taktstock gegen das Pult und das Stück begann.

Gerade als Innocencia Dareius Amarinto in der Loge ausgemacht hatte, begann die Oper. Sie richtete ihren Blick wieder nach vorne, konnte es jedoch kaum erwarten, den berühmten Turnierstreiter persönlich kennenzulernen.

Nach der Vorstellung


Autoren: Amarinto, Bella, VivionaYaPirras

Baronessa Dalia Ollantur und Dareius Amarinto kehrten nach der grandiosen Vorstellung gemeinsam zurück ins Foyer. Die Baronessa hatte sich beim Turnierstreiter untergehakt. Neben dem athletischen Ritter wirkte sie zerbrechlich, ihre helle Haut und die zarten Finger ließen sie noch mehr wie eine Porzellanfigur erscheinen. Aber dennoch konnte jedermann deutlich erkennen, wer hier wen führte: Die Schauspielerin trug ihre professionelle Bühnenpräsenz elegant wie eine Krone. Die Gäste in ihrem Weg konnten kaum anders als ihr und ihrem Begleiter Platz zu machen.
Als sie bei Dareius’ Begleitern angekommen waren, hörten diese sie noch sagen: “... erfreulicher Abend. Nicht nur hatte ich Gelegenheit diese formidable Oper zu genießen, zudem auch noch in so angenehmer Gesellschaft Cavalliere.”
Ihr anmutiges Lächeln zeigte einen Anflug von Selbstzufriedenheit.
“Besonders das große Finale war … aufregend.”
Beim Ende des Satzes hatte sie sich kurz spielerisch auf die Lippe gebissen und ihr Lächeln war in ein gekonntes Lachen übergegangen. Dann verflüchtigte sich jedoch die Leichtigkeit, sie nahm einen ernsteren Gesichtsausdruck an.
“Aber ich hatte vor der Vorführung gar keine Gelegenheit, Eure Begleiter kennen zu lernen. Mögt Ihr sie mir nicht vorstellen, Cavalliere?”
Dareius war die ganze Zeit mit einem unsicheren Lächeln daneben gestanden.
“Selbstverständlich Baronessa.” Er wies auf Corvona di Bellafoldi. “Signora Corvona di Bellafoldi, meine arkane Beraterin und ebenso geschätzte Cousine.”
Corvona nickte und sagte mit ausdrucksloser Miene: “Sehr erfreut, Baronessa.”
Dareius zeigte auf Muracio Dossarando: “Meinen Zeremonienmeister kennt ihr bereits.”
Muracio küsste die Hand der Baronessa und sprach begeistert: “Immer eine Freunde Euch zu treffen Baronessa.”
Dann zeigte Dareius auf Orleane ya Pirras: “Meine geschätzte Dottora, Signora Orleane ya Pirras.”
Erst danach bemerkte Dareius ein junges Mädchen, das hinter Orleane stand. Er war sich nicht sicher, aber glaubte sie bereits einmal gesehen zu haben.

Innocencia Solivino erweist ihrem Vorbild Dareius die Ehre.

Halb hinter Orleane versteckt hatte Innocencia die Vorstellungsrunde beobachtet. Sie war ohne ihren Schwertvater mit der Medica gegangen. Zuletzt hatte sie Festo mit einer Ardaritin reden sehen, ihn jedoch im Gedränge nach der Vorstellung aus den Augen verloren. Im Moment machte sie sich darüber jedoch keine Gedanken, denn sie hatte für den Abend sowieso freies Geleit bekommen.
Als Dareius Blick auf sie fiel, schalt sie sich für ihre Feigheit und kam nach vorne.
"Die Zwölfe zum Gruße, Signor Amarinto, Signora."
Sie knickste vor Dareius und der Baronessa.
"Wenn ich mich kurz vorstellen darf: Ich bin Innocencia Solivino und eine Bewundererin Eurer Minnelieder, Signor.”

Dareius zog ehrlich überrascht eine Augenbraue hoch und nahm dann die Hand der Knappin zum Handkuss und verneigte sich: “Sehr erfreut Eure Bekanntschaft zu machen, Signora Innocencia. Vielen Dank für das liebenswürdige Kompliment! Ihr müsst meine Nachlässigkeit entschuldigen, aber sind wir uns nicht schon einmal begegnet? Vielleicht beim Turnier in Mortêc?”

Innocencia nickte und musste sich zurückhalten, um ihn nicht überschwänglich anzustrahlen. Sie war freudig überascht, dass Dareius sich an sie erinnerte. Natürlich wusste sie noch, dass er der Gastgeber des Turniers gewesen war, aber dass ein berühmter Turnierstreiter eine Pagin wiedererkannte, war nicht selbstverständlich.
"Ja, ich war dort in Begleitung meines Cousins, des Cavalliere Rahjesco Solivino. Es war ein schönes Ereignis, sehr rahja- und rondragefällig.”

“Ah, dann überbringt eurem Cousin doch meine besten Grüße. Ich hoffe ihn im Tsa beim Turnier der Eisernen Kette in Belhanka zu sehen!”
Er nickte ihr höflich zu.
“Und in ein paar Götterläufen seid ihr dann vielleicht auch soweit, selbst beim Turnier in Mortêc teilzunehmen, Signora. Wer ist denn Euer Lehrmeister?”

"Ich werde es ihm ausrichten", sagte die Knappin, "und mein Schwertvater ist der Cavalliere Banderoso Festo von Schreyen. Vielleicht kennt ihr ihn.”

“Ja, tatsächlich. Da habt ihr einen guten Lehrmeister, von dem ihr viel lernen könnt. Richtet ihm doch ebenso meine besten Grüße aus!”
Nach dem Austausch der Höflichkeiten wandte sich Dalia Ollantur wieder an Dareius: “Signor, dieser wunderbare Abend ist noch so jung. Was haltet ihr von einem abendlichen Umtrunk im Hotel Alt-Bosparan, die Weinauswahl dort ist vorzüglich und dank meiner großzügigen Gönner hat man mir Zugriff auf die erlesensten Spezialitäten des Weinkellers zugesichert.”
Dareius erinnerte sich, die Baronessa hatte offenbar einflussreiche Gönner aus der Familie dil Cordori, denen das luxuriöse Hotel und eine weithin gerühmte Weinkellerei gehörten.
Die Baronessa lächelte entwaffnend, ihre jugendliche Unschuld wirkte sehr authentisch. Doch das zeigte nur, wie raffiniert ihre Schauspielkunst tatsächlich war.

“Verzeiht Baronessa ...”, warf Orleane ya Pirras ein, “... aber der Signor Amarinto ist heute Abend geladener Gast meiner Eltern. Vielleicht ergibt sich die Möglichkeit eines Umtrunks zu einer anderen Zeit an einem anderen Ort.”
Demonstrativ stellte sie sich neben Dareius und schaute erst ihn und dann sie an. Es tat ihr leid, dass sie Dareius in diese Situation brachte. Sie hatte schon länger geplant ihm ihre Eltern vorzustellen, aber hatte bislang nicht die richtige Gelegenheit gefunden, es mit ihm zu besprechen. Aber diese Baronessa war ihr zuwider. Sie wusste, dass sie das Oberhaupt einer Theaterdynastie und eine bekannte Schauspielerin war und dementsprechend hervorragend war die hier vorgetragene schauspielerische Leistung. Denn das sie dies tat, um hier unter allen Adeligen den Schein zu wahren, hatte Orleane natürlich bemerkt. Umso schwerer fiel es ihr, sie einzuschätzen. Und damit hatte Orleane ein Problem.
“Wir sollten gehen, Cavalliere. Die Kutsche wartet. Euch noch einen schönen Abend, Baronessa.”

Dareius’ Augenbrauen zogen sich kurz zu einem fragenden Ausdruck zusammen, ein Anflug von Tadel lag in seinem Blick, als er Orleane ansah. Aber er entschied sich mitzuspielen.
“Ah, ja natürlich. Das wäre mir fast entfallen. Danke, dass Ihr mich daran erinnert, Signora Orleane.” Sein Ton ließ keine Zweifel daran, dass er später eine Erklärung erwartete.
Er wandte sich wieder an Baronessa Dalia: “Entschuldigt vielmals, Baronessa, ein großzügiges Angebot, welches ich natürlich gerne zu einem anderen Zeitpunkt annehmen werde. Aber heute Abend werde ich bereits erwartet.”
Er küsste ihre Hand.
Sie lächelte und ließ sich nichts anmerken. Ihre Worte versprühten Heiterkeit. “Nicht doch, Signor, ich verstehe natürlich. Wir werden das einfach später nachholen. Aber zum Ausgleich wäre es doch nur angemessen, wenn ihr mich zu den Festlichkeiten beim Erleuchtungsfest begleitet.”
Sie lächelte entwaffnend und wandte sich dann an Orleane ya Pirras: “Ihr seid natürlich auch herzlich eingeladen, Signora.”
Die Ruthorer Patrizierin schenkte Orleane ein zuckersüßes Lächeln.

Mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen bedankte sich Orleane für die Einladung, obwohl sie den herablassenden Unterton schon wahrgenommen hatte. Und nein, es war nicht angemessen, aber der Höflichkeit halber würde Dareius diese Einladung wohl nicht ablehnen können.

Dareius verneigte sich leicht vor Dalia: “Selbstverständlich Baronessa, Signora Orleane und ich freuen uns bereits darauf das Erleuchtungsfest in so angenehmer Gesellschaft zu verbringen. Vielleicht möchten Eure Gönner auch zu unserer Gesellschaft hinzustoßen?”
Dareius sah das als eine willkommene Gelegenheit, Kontakte in den höchsten Vinsalter Kreisen zu knüpfen. Die Familie dil Cordori gehörte zu den Gründerfamilien Vinsalts und ihr gehörten unter anderem der Baron von Ucurino, Mathesio dil Cordori, und seine Mutter, die Sprecherin des Hauses der Edlen im Kronkonvent, Polyana dil Cordori an.
Dalia Ollantur zögerte für den Bruchteil einer Sekunde: “Warum nicht?! Eine vorzügliche Idee werter Cavalliere. Danke für den angenehmen Abend und auf eine ebenso angenehme Fortsetzung!”
In ihrem heiteren Lachen war ein nur an Dareius gerichtetes kurzes Zwinkern verborgen.

Innocencia hatte den Wortwechsel zwischen der Baronessa, Dareius und Orleane gespannt verfolgt. Sie konnte sich jedoch nicht wirklich einen Reim auf die Machtspielchen machen. Die Knappin war etwas betrübt, dass Orleane und Dareius schon gehen wollten, wollte sich jedoch auf keinen Fall undankbar zeigen.
Sie knickste erneut vor Dareius, Orleane und den anderen. "Dann wünsche ich Euch noch einen angenehmen Abend. Es war mir eine Freude."
Sie sah zu Orleane und lächelte sie an: "Ich danke Euch, Signora. Hoffentlich sehen wir uns auf der Kaiserjagd wieder.”

Dareius verneigte sich leicht vor der jungen Edeldame. “Erfreut Eure Bekanntschaft zu machen, Signora Innocencia. Es ist immer eine Bereicherung, andere Enthusiasten der Minnedichtung zu treffen.”
Er holte ein kleines Stück Papier aus einer Tasche hervor und reichte es Innocencia, darauf befand sich ein mehrfach ausgebesserter Vierzeiler.
“Der Entwurf eines Minnegedichts, an dem ich schon lange arbeite. Wenn wir uns wiedertreffen, könnt ihr mir vielleicht einen Hinweis geben, wie ich es vollenden kann.”
Er lächelte freundlich und machte deutlich, dass er es durchaus ernst meinte.

“Auch Euch noch einen angenehmen Abend, Signora Innocencia. Vielleicht sehen wir uns schon eher wieder, wenn auch Euer Schwertvater und Ihr beim Maskenball in der Halle der Giganten in zwei Tagen zur Wintersonnenwende zugegen seid. Sonst werden wir uns bestimmt bei der Kaiserjagd wiedersehen.”
Sie verbeugte sich und blickte dann Daria Ollantur an. “Baronessa”, sagte sie beiläufig und nickte halbherzig.
Danach wandte sie sich ab und sah in das fragende Gesicht ihrer Freundin Corvona. “Lass mich es dir später erklären”, flüsterte Orleane ihr zu, “wir sollten jetzt gehen.”

In der Kutsche


Autor: VivionaYaPirras

Hin- und hergerissen: Cavalliere Dareius Amarinto

Sie hatten Corvona di Bellafoldi und Muracio Dossarando zu ihrer Unterkunft gebracht und sich von ihnen verabschiedet.
Orleane gab dem Kutscher die Anweisung, sich nun auf den Weg zum Hotel Alt-Bosparan zu machen.
Eine kurze Zeit war es in der Kutsche unangenehm still. “Es tut mir leid, Cavalliere”, begann Orleane zögerlich, “ich habe Euch in eine unmögliche Situation gebracht und ...”
Dareius unterbrach sie mit einem Wink.


Autor: Amarinto

Er seufzte leise. Einerseits war er aufgebracht, denn sie hatte ihn wahrlich in eine Zwickmühle manövriert, andererseits fiel es ihm schwer, ihr böse zu sein, er hatte ihr viel zu verdanken. Er starrte aus dem Fenster, wo die abendlichen Gassen Vinsalts an ihnen vorbeizogen.
“Signora …”
Er sah ihre ebenmäßigen Züge aus dem Augenwinkel, ihre Oberlippe zuckte.
“Orleane …”
Er wandte seinen Kopf in ihre Richtung. Als er ihr Gesicht im Profil sah, den Blick gesenkt, aber dennoch eine edle Erhabenheit ausstrahlend, war sein Ärger vollends verflogen.
Er nahm ihre Hand und fuhr in sanftem Ton fort: “Was hast du damit bezweckt? Dir ist doch sicherlich klar, wie es nach Außen wirkt, wenn meine Dottora mir öffentlich über den Mund fährt wie eine eifersüchtige Gans? Die Baronessa Ollantur ist nicht so naiv, wie sie den Leuten vorspielt. Sie wird nun sicherlich vermuten, dass da zwischen uns mehr sein könnte als ein gewöhnliches Dienstverhältnis.”
Er kratzte sich nachdenklich den Bart.
“Zudem kann ich es mir nicht leisten, sie zu verärgern. Sie wäre ein sehr wertvolle Verbündete in Ruthor für mich. Eine Verbündete mit Beziehungen in den höchsten Kreisen Vinsalts.”


Autor: VivionaYaPirras

“Ihr habt recht, Cavalliere. Mit allem was ihr gesagt habt”, sagte Orleane immer noch geknickt. Verlegen schaute sie ihre Hände an. Dareius hielt sie weiterhin fest. Sie genoss diese Berührung.
“Dieses Verhalten ziemt sich nicht und war in keinster Art und Weise angemessen. Und es stimmt, ihr braucht Verbündete und die kann ich Euch nicht bieten.”
Sie löste ihr Hände aus den seinen. Der Kutscher meldete sich und verkündete, das sie bald ihr Ziel erreicht hätten.
Orleane seufzte: “Die Baronessa befindet sich ebenfalls in diesem Hotel. Ihr solltet sie aufsuchen, um den restlichen Abend mit ihr zu verbringen.”
Dareius wollte etwas erwidern, aber sie legte ihm einen Finger auf die Lippen und schaute ihm kurz in die Augen. Er sah dort eine gewisse Traurigkeit. Die Kutsche hielt an. Man hörte den Kutscher absteigen und die Treppe an der Türe aufklappen.
“Ich werde nun meinen Eltern die Aufwartung machen. Wartet nicht auf mich, ich werde die Nacht hier verbringen.”
Zum Abschied hauchte sie ihm einen Kuss auf die Wange. Die Tür wurde geöffnet. Behende verließ sie die Kutsche und ging auf den Eingang des Hotels zu, ohne sich noch einmal umzudrehen. Eine eifersüchtige Gans, ja das war sie. Und eine dumme noch dazu.


Autor: Amarinto

Kurz bevor sie die Doppeltür des Hotels erreichte, spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter.
Baronet Valerio und Signora Nissara sind also tatsächlich hier? Dann sollten wir so einflussreiche Patrizier der Republik Efferdas nicht länger warten lassen. Vor allem, wenn sie mir schon die Ehre erweisen, ihre einzige Tochter in die ferne Septimana ziehen zu lassen, nur um in meine Dienste zu treten. Baronessa Dalia kann warten, wir werden sie ohnehin beim Erleuchtungsfest wiedertreffen.”
Er lächelte sanft.
“Nach Euch, Signora.”