Briefspiel:Kaiserjagd/Prinz und Prinzessin

Aus Liebliches-Feld.net
Zur Navigation springenZur Suche springen

Auge-grau.png

Kaiserjagd.png Städteübergreifendes Briefspiel Kaiserjagd.png
Datiert auf: 1.-6. Firun 1046 BF Schauplatz: von Aldyra in den Wald von Persenciello Entstehungszeitraum: ab März 2024
Protagonisten: Khadan II. Firdayon, etliche Hochadlige und weitere Noble des Reiches Autoren/Beteiligte: Haus Amarinto.png Amarinto, Familie Solivino.png Bella, Familie ya Malachis.png Cassian, Horasreich-klein.png Dajin, Haus della Pena aeH.png Dellapena, Haus Sirensteen.png Erlan, Haus Urbet.png Gonfaloniere, Haus della Pena jH.png Horasio, Haus Legari.png Nebelzweig, Wappen fehlt.png Vairningen u.w.
Zyklus: Übersicht · Teilnehmer · Schauplätze · Regeln · Gerüchteküche · Erster Tag

Geschichten vor der Jagd: Firungefällige Fragen I · II · Eine Antwort aus Horasia · Prinz und Prinzessin · Ungewisses Parkett · Folnors Bankett · Die "Minnesängerin" · Der Kalif von Unau · Am Tag der Volkskunst I · II · Eine magische Nacht I · II
1. Firun: Sternenglanz im Sonnenschein · Ein Herz und eine Seele · Kaiserliche Herausforderung · Jagdabsprachen I



Prinz und Prinzessin

26. Hesinde 1046 BF (St. Festo), Aldyra

Autor: Gonfaloniere

Nur geübte Beobachter konnten das Zucken im Gesicht der Prinzessin von Grangor sehen, als der Körper des unterlegenen, aus dem Sattel gestoßenen Tjosters auf dem harten Boden der Turnierbahn aufschlug. Sein Schmerzensschrei ging einem durch Mark und Bein. Mit der Disziplin, die schon ihre Mutter auszeichnete, zwang die junge Hochadlige ihren äußeren Ausdruck schon einen Wimpernschlag später aber wieder in die Maske, die sie bei solchen Gelegenheiten aufzusetzen gelernt hatte. Freundlich lächelte sie schließlich dem Sieger dieses Lanzengangs zu, als der sein Ross vor die Ehrentribüne gelenkt und den Helm für eine Reverenz abgesetzt hatte.
„Bravo“, polterte da der Gastgeber los, „so sieht ein sauberer Sieg aus! Gratulation Euch, Cavalliere.“ Die Begeisterung des Barons und Fürstensohns für diesen Zeitvertreib war einfach für jeden ersichtlich. Er schien sich hier, anders als die insgesamt vier Frauen an seiner Seite, keiner Maskerade bedienen zu müssen.
Neben Folnor saß als Ehrengast zunächst Heldora, die Herzogin selbst, und schräg versetzt hinter ihr die ebenfalls dem Haus derer vom Großen Fluss entstammende Praios-Geweihte Grimhelda, ihre Anstandsdame. Neben ihrer Mutter war Prinzessin Larona aber der eigentlich interessante Gast des Turniers. Das wusste ihre eigene „Hofdame“ Linara Pirialdo, die vierte und ganz außen sitzende Adlige der Grangorer Delegation, nur zu genau.
Seit Herzog Cusimo die vier vor über einer Woche zunächst nach Vinsalt geschickt hatte, um im garlischgrötz'schen Palast in der Hauptstadt aufs Signal zum Aufbruch nach Aldyra zu warten, war ihnen allen die Sondermission, auf der sie sich befanden, überaus klar: Beim ersten Zeichen einer sich vom Sangreal her nähernden Reisegesellschaft, zu der der Kaiser gehören könnte, sollten sie selbst scheinbar spontan in Aldyramon vorstellig werden, ein paar Tage verfrüht, um vor allem Larona Gelegenheit zu geben sich von ihrer besten Seite zu präsentieren.
Das tat die Prinzessin seither auch geflissentlich, obwohl sich in Aldyra herausstellte, dass der Kaiser gar kein Teil der ersten großen Reisegesellschaft war. Folnor, der Erste Paladin, war mit einem Teil des Hofstaats vorausgereist, wohl um seinen Pflichten als Baron nachzukommen, aber auch um die Ankunft Khadans vorzubereiten. Dass er, Folnor, der noch unvermählte Erbe des Fürstentums Vinsalt, selbst als Nebenziel ihrer Mission ausgegeben worden war, ließ die verfrühte Anreise der Grangorer Damen zumindest nicht überflüssig erscheinen. Sein Interesse für die fast halb so alte Prinzessin schien bislang über eine wohl auch von seiner Seite pflichtbewusste Cortesia hinaus jedoch noch nicht entfacht worden zu sein.
Linara, ihre nächste Vertraute, war sich ehrlich nicht sicher, ob dies der Tochter des Herzogs derzeit nicht sogar ganz recht war.


Autor: Cassian

„Was für eine Dummheit!“
Calvert schnaubte verächtlich.
„Er hat den Schild zu tief gehalten und dafür die Lanze in die Rippen kassiert“, analysierte er den Waffengang, der soeben sein Ende gefunden hatte, weiter. „Diesen Fehler zu vermeiden hat mir Lorian schon vor Jahren beigebracht ...“
'... und ich hätte es weit besser gemacht als der! Aber ich darf nicht antreten, weil ich immer noch kein Ritter bin, obwohl ich weit besser bin!', setzte Calvert in Gedanken seinen Satz fort. Es nagte an ihm, dass er seine Knappschaft immer noch nicht beenden durfte, aber es lag in Lorians Hand zu entscheiden, wann er bereit war, und nicht in seiner ... und wenn der junge Malachis eins in den letzten acht Jahren gelernt hatte, dann war das nicht zu versuchen seinen Schwertvater zu etwas zu drängen.
„Das wohl, Anfängerfehler“, stimmte ihm Timor zu, der lässig neben ihm lehnte. Der Vogt von Garlák würde später selbst noch kämpfen, daher standen sie hier und studierten seine potentiellen Gegner. Leise kicherte Timor und wies auf die Tribüne: „Die holde, zartbesaitete Weiblichkeit dort drüben amüsiert sich kein Stück.“
Calvert folgte dem Fingerzeig und sah wie verkrampft die edlen Damen aus Grangor dem Sieger zulächelten. Auch er gluckste.
„Ich denke, sie werden mehr Freude haben wenn mein Onkel eintrifft und für ihre Unterhaltung sorgt.“
„Fulvian? Der Sänger?“, fragte Timor nach.
„Ja, ich hab nur den einen Onkel. Er hat mir geschrieben, dass er herkommt, zusammen mit Tante Sanjana. Im Gegensatz zu den Hofdamen weiß sie einen guten Kampf zu schätzen, außerdem jagt sie für ihr Leben gern. Sie reitet und schießt wie Mikail, der Firunsjünger. Ich freu mich auf sie.“
In seiner Begeisterung über das Wiedersehen mit seiner Familie entging Calvert völlig, wie sich Timor bei der Erwähnung seiner Tante anspannte. Der Cavalliere hatte sichtlich Mühe seine Fassung zu bewahren.
„Kommt sie allein?“, presste er mühsam beherrscht hervor.
„Ich weiß nicht. Fulvian hat nichts von ihrem Gatten geschrieben. Ich hoffe ja, der versoffene Waschlappen bleibt zu Hause. Ich mag ihn nicht. Er ist ein rückgratloser Lurch.“
Timor beschränkte sich auf ein zustimmendes Nicken. Er war sich seiner Stimme nicht sicher und sagte lieber nichts zu diesem Thema.
Die nächsten beiden Kontrahenten wurden vom Herold verkündet und die beiden Männer wandten ihre Aufmerksamkeit wieder der Kampfbahn zu.


Autor: Dajin

Ein Stück weiter entfernt auf den hinteren Rängen der Tribüne blies ein offensichtlich bitterlich frierender, älterer Mann in seine bereits mit feinen, schwarzen Pelzfäustlingen beschichteten Hände. Auch der modische Mantel aus echtem Narvasholmer Eisbärenfell schien ihn vor den eigentlich gar nicht so kühlen Temperaturen erretten zu können. Etwas vorwurfsvoll blickte er zu dem Mann an seiner rechten Seite. Dieser trug deutlich weniger extravagante Kleidung, dennoch fiel er durch seine fast durchgehend arange Kleidungsfarbe samt Barett in der Masse etwas auf. Seine Augen waren jedoch auf die Kampfbahn gerichtet.
“Ist euer Sohn denn jetzt bald an der Reihe, Comto?”, bibberte der ältere Mann etwas genervt.
Der Arangenwesir reckte den Hals: “Es … sieht noch nicht danach aus.”
“Ich verstehe noch nicht so ganz, warum euer Toranyo unbedingt an diesem kleinen Gestech teilnehmen will. Wenn er sich einen Namen machen will, dann doch bei der Jagd. Wer spricht denn nachher schon von der St. Festo-Turney.”
“Er ist noch jung”, entschuldigte der farbenfrohe Nebenmann. “Jung und ehrgeizig. So wie wir auch in diesem Alter waren.”
“Da sprecht ihr nur für euch selbst, mein guter Icaro”, lächelte der Bepelzte. “Als ich in seinem Alter war, wusste ich zumindest, dass ich nicht in eine Ritterrüstung gehöre. Und vor allem an Orte, die etwas wärmer sind als dieser.”
“Aber natürlich, wie konnte ich an eurer früh erkennbaren Eignung zum Großsiegelwahrer zweifeln, entschuldigt”, grinste Icaro, welcher seinen Nebenmann offensichtlich gut genug kannte.
Adilron blies erneut in seine Hände und rieb sie aneinander. “Ich hoffe, euer Junge wird schnell so gut darin, dass er die großen Sommerturniere rund um Neetha besuchen kann. Da, wo die Tribünen etwas komfortabler sind. Und sagt mir jetzt bitte nicht, dass eure beiden Töchter eurem Sohn auf die Turnierbahn folgen wollen.”
“Nein, keine Sorge. Sie sind noch mit Aranya im Quartier und kleiden sich an. Ich denke aber, sie werden noch rechtzeitig aufkreuzen und euch persönlich begrüßen, wie es sich geziemt”, nickte Icaro seinem Förderer zu.
“Mit einer Karaffe Meboccios Arangensaft vermutlich?”, klang etwas Hoffnung auf Heimatgefühle durch.
“Besser. Wir nennen es 'heiße Arange'. Es ist fruchtig, es ist heiß und es hat einen ordentlichen Schuss Honigmet darin.”
“Wie vielversprechend. Damit klingt es doch so, als könnte diese kleine Turnei doch noch etwas angenehmer werden. Ich darf eurem Toranyo dann also doch die Daumen drücken, dass er eine Runde weiter kommt.”
“Ja. Bis Aranya, Ironya und Sarcasya da sind, können wir ja ein wenig das Publikum studieren.” Eine deutende Bewegung mit dem Kinn ließ Adilrons Blick in Richtung Folnor und Heldora schweifen. Adilron musterte das Ziel nur kurz.
“Eure Kinder sind doch auch noch unvermählt. Platziert ihr eure Töchter in der Nähe des Horas, wenn die Jagd beginnt?”
Der Diplomat lachte auf: “Ha. Das wäre ein gar eitler Zug, mir da einbilden, dass der Horas jemanden wie mein Haus dafür gar in Erwägung ziehen würde. Nein, Sarcasya hat einen Faible für die Falknerei entwickelt und ist ehrlich an der Jagd interessiert. Für sie war klar, dass sie jagen gehen wird, als die Tinte auf den Einladungen noch frisch war. Und da sie und ihre Zwillingsschwester ja unzertrennbar sind, haben wir entschlossen, eine Familienreise daraus zu machen. Vor allem, als wir hörten, dass auch ihr anwesend seid. Und ja, ich gebe zu, dass das ganze Reich hier sein wird, verbindet das Angenehme auch mit dem Nützlichen. Wenn sich da eine gute Partie findet für auch nur einen der drei, dann bin ich der Letzte, der dies beklagt. Aber die drei sollen dieses Fest erst einmal nur genießen.”
Wieder schmunzelte der Südländer. “Wie nachsichtig und familiär von euch. Habe ich euch das so etwa gelehrt?”
“Nein, von euch habe ich gelernt, dass Gelegenheit Diebe macht und nicht nur der Wunsch.”
Unterhalb der Tribüne kam etwas Bewegung dazu und eine südländische, ebenfalls frierende Frau mit einem dampfenden Tonkrug nebst darin befindlicher Orangen-Flüssigkeit stieg die Stufen zur obersten Reihe hinauf.
“Da ist ja eure Gattin. Und auch eure Töchter”, lächelte Adilron, wobei er sich vermutlich eher auf die heiße Arange freute. Dies war wirklich nicht sein Wetter.


Autor: Amarinto

Dareius Amarinto streitet für die junge Prinzessin Larona.

Matt glänzte die vergoldete Helmzier, das Pfeilbündel der Amarinto, im winterlich bewölkten Aldyra, als Dareius Amarinto auf die Turnierbahn ritt. Er sollte im ersten Aufeinandertreffen gegen den allseits bekannten Turnierveteranen Heldor Galfard aus Vinsalt antreten, die beiden waren alte Bekannte von unzähligen Turnieren und schätzten einander sehr. Dareius erhob seinen gepanzerten Arm zum Gruß, welcher von Heldor erwidert wurde. Dann ritt er vor die Ehrentribüne, klappte sein Visier hoch und verneigte sich vor den dort sitzenden Hochadligen. Er wusste, dass er aufgrund der Ereignisse der vergangenen Monate auf die Gunst und das Wohlwollen der Garlischgrötz angewiesen war. Es blieb ihm gar keine Wahl, als sich hier als des Herzogs treuester Lehnsmann zu präsentieren. “Comtessa Larona, erweist Ihr mir die Ehre und lasst mich in Eurem Namen und zum Ruhme unserer Heimat Grangorien und Eures Vaters des Herzogs den Sieg bei diesem Turnier erstreiten?”
Die Grangorer Prinzessin lächelte freundlich und blickte aus dem Augenwinkel in Richtung ihrer Mutter Heldora vom Großen Fluss. Diese verzog keine Miene, aber nickte kaum merklich. Dann stand Larona auf und wandte sich, wie es ihr beigebracht worden war, zuerst an die anderen Hochadligen, dann an Dareius: “Natürlich Signor, wie könnte ich einem standhaften Vertreter des grangorischen Adels, noch dazu einem so treuen Diener meines Vaters und des Horas, diese Bitte abschlagen.”
Ihre Hofdame Linara Pirialdo reichte ihr ein schwarzes, seidenes Taschentuch. Darauf war mit silbernem Garn die Lilie der Garlischgrötz eingestickt. Dareius senkte die Lanze, so dass Larona sie erreichen konnte. Gekonnt schlang sie das Taschentuch herum und befestigte es am Lanzenschaft.
Dareius verneigte sich erneut: “Eine große Ehre, Comtessa. Ich werde mich ihrer würdig erweisen.” Er lenkte sein Pferd zurück zur Startposition, klappte das Visier herunter und wartete auf das Zeichen zum Lanzengang.

Kurze Zeit später lag Heldor Galfard auf dem Boden der Turnierbahn. Dareius hatte ihn im zweiten Lanzengang vom Pferd gestoßen. Der routinierte Kämpe richtete sich mit der Hilfe seines Knappen wieder auf, klappte das Visier hoch und winkte lächelnd ins Publikum. Er nickte Dareius aufmunternd zu. Dareius erwies seinem Gegner die Ehre und verabschiedete ihn mit dem Klopfen der Faust auf den Brustpanzer über dem Herzen, wie es unter Turnierstreitern üblich war. Dann nahm er das Taschentuch Laronas von der zerbrochenen Lanze ab und reckte es mit der geballten Faust des Siegers in den Himmel.
Folnor klatschte begeistert in die Hände und rief Larona Garlischgrötz lachend zu: “Da habt ihr eine gute Wahl getroffen, Comtessa, der junge Amarinto ist immer eine sichere Bank, ebenso wie sein Vater schon vor ihm!”
Ihre Erwiderung bestand nur aus einem höflichen Lächeln.

Cariana Amarinto, die Schwester Dareius'

Später:
Cariana Amarinto und der junge Baronssohn Alricio von Shumir hatten bereits ihre Startpositionen in der Turnierbahn eingenommen, die Visiere herunter geklappt, da rief Prinz Folnor seinen Freund Alricio nochmals zu sich zur Ehrentribüne. Dieser folgte natürlich sogleich der Aufforderung und lenkte sein Pferd vor die Plätze des Hochadels. Laut hörbar sprach Folnor schließlich zu ihm: “Nun, da die werte Comtessa Garlischgrötz bereits einen Vertreter für ihre Heimat Grangorien erwählt hat, so kann Yaquirien doch nicht nachstehen!”
Das Publikum bekräftigte mit begeistertem Gejohle die Aussage ihres Barons.
“Baronet Alricio, mögt Ihr all den aufrechten Yaquiriern einen Dienst erweisen und für sie den Sieg bei diesem Turnier erringen?”
Der junge Sohn des berühmten Turnierstreiters Filburn von Shumir nickte mit leuchtenden Augen: “Nichts lieber als das, Comto!”
Baron Folnor befestigte ein Taschentuch mit dem Wappen des Hauses Firdayon-Bethana an den Zügeln von Alricios Pferd und das Publikum feuerte ihren Lokalmatadoren gebührend an.
Die folgenden Lanzengänge waren von einem hohen Niveau auf beiden Seiten geprägt. Cariana Amarinto war die erfahrenere Tjosterin, doch Alricio glich dies, angepeitscht vom Publikum, mit ungestümer Motivation wieder aus. Beim dritten Lanzengang konnte er sie schließlich aus dem Sattel stoßen und sich selbst, trotz eines beherzten Treffers von Seiten Carianas, im Sattel halten.
Cariana hatte sich augenscheinlich beim Sturz verletzt, daher stieg Baronet Alricio ab, eilte zu seiner Kontrahentin und konnte ihr aufhelfen. Sie erwiesen einander die Ehre, wie es die Etikette vorsah, bevor Alricio sich vom Publikum gebührend für seinen Sieg feiern ließ.
Auch sein Patron Folnor von Firdayon-Bethana klatschte begeistert und wandte sich wieder an die Grangorier, allen voran Comtessa Larona: “Wunderbar, ein Finale zwischen dem Vetreter Grangoriens und dem Yaquiriens. Was für ein wunderbarer Auftakt für die kommenden Tage. Meint Ihr nicht auch?”
Larona Garlischgrötz erwiderte höflich, wenn auch deutlich weniger begeistert als ihr Gegenüber: “Wie Recht ihr habt, Comto. Ein würdiges Finale für ein wunderbares Turnier.”

Gestützt von ihrem Bruder Dareius humpelte Cariana Amarinto davon, ihr linkes Bein war vom Sturz übel geprellt worden. Nichts gefährliches, sie hatte in den letzten Monden bereits so viel Schlimmeres erlitten. Dieser Gedanke erinnerte sie an die immer noch nicht vollständig verheilten Narben auf ihrem Rücken, welche die neunschwänzige Peitsche ihrer Peiniger hinterlassen hatte. Zorn wallte in ihr auf. Auf die Folterknechte, welche sie wie eine Galeerensklavin verdroschen hatten, auf ihre feigen Peiniger, die ihr Antlitz mit Masken verborgen hatten, auf sich selbst, weil sie wieder einmal einen entscheidenden Fehler im Tjost begangen hatte.
“Dareius, bitte wirf diesen arroganten Jüngling für mich in den Staub”, sagte sie leise mit brüchiger Stimme.
Ihr Bruder wusste genau, was ihr leerer Blick zu bedeuten hatte. Ein Rückschlag. Er hatte wirklich gehofft, wieder im Sattel zu sitzen, die Turnierbahn vor sich, würde seiner Schwester ihre einstmalige sprühende Begeisterung und Lebensfreude zurückgeben und zu Beginn sah es wirklich danach aus. Enthusiastisch hatten sie sich gemeinsam bis ins Halbfinale vorgekämpft. Aber vielleicht musste einfach noch etwas mehr Wasser den Yaquir hinabfließen, bevor sie die Erlebnisse in Amardûn hinter sich lassen konnte.
“Ja, natürlich”, sagte er schließlich mit einem schwachen Lächeln auf den Lippen. “Jetzt ruh dich erstmal etwas aus.”

Mit dem Wappen Prinz Folnors zieht Alricio von Shumir ins Gefecht.

Nochmal später:
Dareius Amarinto rückte nochmals seinen Helm zurecht, kontrollierte seine Panzerhandschuhe, die Steigbügel und flüsterte seinem Streitross, der Rotfuchs-Stute 'Phecadia' die übliche Formel ins Ohr. Das Tier quittierte die Ansprache wie üblich mit einem sanften Wiehern. Dareius’ Knappin, die hünenhafte Halbgjalskerin Skrayana brai Rahjalina Kaarstett, kontrollierte nochmals die Riemen und Schnallen seines Sattels und blickte dabei zu Dareius’ Kontrahenten.
“Ich finde ihn sehr liebreizend. Glaubt Ihr er mag große Frauen?”, fragte sie schließlich.
Dareius blickte fragend und auch ein wenig irritiert zu seiner Knappin. Sie zuckte nur entschuldigend mit den Schultern.
“Nur weil Ihr es vorzieht, jahrelang um den heißen Brei zu reden mit den Damen, muss ich ja nicht Eurem Beispiel folgen.” Sie reckte ihr Kinn in zur Schau gestelltem Protest nach oben.
Über Dareius’ Augenbrauen bildete sich eine Zornesfalte. “Was fällt dir eigentlich ein, so mit deinem Herrn zu reden? Kontrollier nochmal die Riemen und dann hinfort mit dir.”
Ihm fiel es zum Ende hin schwer die Maske des gestrengen Herren aufrechtzuerhalten, im Grunde hatte sie ja Recht. In diesem Alter sind sie wirklich unerträglich, dachte er sich und ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen, während die inzwischen 195 Halbfinger messende Skrayana mit langen Schritten davon stapfte; ihr blonder Zopf peitschte dabei wild hin und her.
Er lenkte den Fokus nun auf seinen Gegner, den jungen Shumir. Beim Sieg über Dareius’ Schwester hatte er seine größte Schwäche entblößt: Seine schwache Schildhaltung bot eine Lücke an seiner Schulter. Keine optimale Stelle, um ihn aus dem Sattel zu heben, aber mit einer risikoreichen Lanzenhaltung durchaus möglich. Er wollte es zumindest versuchen. Er gab 'Phecadia' die Sporen und trabte vor die Haupttribüne.

Alricio von Shumir dachte nochmal zurück an alles, was sein Vater ihm beigebracht hatte. Filburn von Shumir war ein berühmter Turnierstreiter, ein guter Vater, aber ein furchtbarer Lehrer. Er war letztlich auf sich allein gestellt, und nun hatte sein guter Freund, der immer etwas zu optimistische Folnor, ihn auch noch zum Streiter ganz Yaquiriens ausgerufen. Alricio schluckte. Dareius Amarinto war ein berühmter Tjoster, hoch geschätzt auch von seinem Vater, die beiden hatten sich mehrfach auf der Turnierbahn gegenübergestanden. Er ertappte sich dabei, wie die Nervosität in seine Glieder kroch. Er durfte Folnor und die Yaquirier nicht enttäuschen. Er straffte sich und lenkte sein Pferd zum Gruß vor die Haupttribüne.

Die beiden Finalisten hatten vor den Hochadligen Aufstellung genommen, auf der einen Seite Dareius Amarinto, der Streiter Grangoriens, das Seidentuch mit der Garlischgrötzer Lilie am Helm flatternd, auf der anderen Seite Alricio von Shumir, der Streiter Yaquiriens, das Tuch mit dem Wappen der Firdayon-Bethana um den linken Arm gebunden. Die beiden nickten grüßend.
Prinz Folnor wandte sich an die Zuschauer, Hoch- und Niederadel und auch die Popoli: “Was für ein Finale! Die erwählten Streiter Yaquirias und Grangorias messen sich vor unseren Augen, um den Besten zu bestimmen. Der Heilige Festo von Aldyra hätte sicher seine Freude an diesem Spektakel gehabt.”
Die Popoli jubelten zustimmend.
Folnor wandte sich wieder an die grangorische Prinzessin Larona: “Werte Comtessa, sagt, wollen wir dieses großartige Kräftemessen nicht mit einer Wette veredeln? Der Einsatz mag die Ehre Yaquirias und Grangorias sein, welche die beiden Streiter zu verteidigen trachten mögen. Seid Ihr einverstanden?”
Larona Garlischgrötz wurde durch diese Herausforderung ein wenig verunsichert, sie ließ sich jedoch nichts anmerken und ergriff stattdessen die Initiative und erhob sich.
“Comto Folnor, eine ausgezeichnete Idee. Signor Amarinto geniesst mein vollstes Vertrauen.”
Sie lächelte vollendet und nickte Dareius zu. Ihre Geste vermittelte die gewünschte Botschaft: Ich erwarte nichts als den Sieg. Der Angesprochene hatte verstanden, wandte abrupt sein Schlachtross um und trabte zielstrebig zur Startposition. Heldora, die Herzogin von Grangorien nickte zufrieden.
Baron Folnor hatte eine so entschlossene Antwort nicht erwartet, aber er war aufgeregt in Anbetracht der Wette, welche dem Finale noch eine besondere Würze verleihen würde. Er nickte begeistert.
“So sei es, Signor Shumir, schenkt den Yaquiriern den verdienten Sieg.”

Die beiden Kontrahenten nahmen ihre Positionen ein, klappten die Visiere herunter und galoppierten mit eingelegten Lanzen aufeinander zu. Krachend zersplitterten beide Lanzen an den Schilden der Kontrahenten, die sich mühelos im Sattel halten konnten. Auch der zweite Lanzengang bot ein ähnliches Spektakel. Wieder zerborsten die Lanzen krachend an den Schilden der beiden Ritter. Im dritten Lanzengang suchte Dareius wieder nach der Lücke, die Alricio zuvor häufiger angeboten hatte und wagte das Risiko: Er winkelte seine Lanze in Erwartung der ungeschützten Schulter an. Alricio setzte ebenso alles auf eine Karte und zielte gar auf die Helmzier seines Gegners. Nur hauchdünn verfehlte seine Lanze den Helm von Dareius und in diesem Moment entblößte er erstmals seine Schulter. Reflexhaft stieß Dareius zu und traf Alricio mit voller Wucht aus ungewohntem Winkel. Der schmerzhafte Aufprall ließ Alricios Arm augenblicklich taub werden, die Erschütterung verbog seine Schulterplatte und alle Kraft verließ seinen Körper, ihm wurde Schwarz vor Augen, langsam glitt er aus der dem Sattel und landete unsanft auf der Turnierbahn.
Der siegreiche Grangorier Dareius Amarinto ließ die gebrochene Lanze fallen und reckte die Faust in die Höhe. Der Applaus des Publikums war höflich, aber verhalten. Enttäuscht verzog der Prinz und Baron von Aldyra das Gesicht. Comtessa Larona dagegen schenkte ihm ein breites Lächeln – diesmal, so schien es zumindest, kam es wirklich von Herzen.