Briefspiel:Kaiserjagd/Das Haus Veliris
Das Haus Veliris auf der Kaiserjagd
Veliris wehen dem Zug voran. |
Ende Hesinde 1046 BF, Unterfels und die sich südlich anschließende Yaquirstraße
Autor: Schatzkanzler
Vor den Toren des Palazzos Veliris in Unterfels. Kurz nach Sonnenaufgang.
„Bruder!“
„Schwester.“
„Was machst Du hier?“
„Euch abholen.“
„Nicht Dein Ernst?“
„Wo warst Du auf meiner Hochzeit?“
„Beschäftigt.“
„Dachte ich mir.“
„Unser Bruder war auch da.“
„Einer musste ja wegbleiben.“
„Verstehe.“
„Eine Vorwarnung wäre schön gewesen.“
„Dazu war keine Zeit.“
„Verstehe.“
„Kommt Ihr jetzt?“
„Du weißt, dass Du alles in Gefahr bringst?“
„Je nachdem, wie man die Prophezeiung versteht.“
„Tatsächlich?“
„Man kann die Worte auch anders auslegen.“
„Ach, deswegen dieser kleine Jagdausflug?“
„Ja!“
„Na, das wird ein Spaß.“
Der Wagenzug des Barons von Veliris rumpelte von Unterfels in Richtung Süden. In Bomed wollte man sich der Jagdgesellschaft des Grafen von Bomed anschließen und kurz vor Vinsalt sollte die Baronin von Carinto hinzustoßen. Eine entfernte Verwandte des Barons aus Veliris.
Zu diesem Anlass scheute das Haus Veliris keine Kosten und Mühen und zeigte schon bei der Anreise seinen Stand und sein Gewicht. Am Ende umfasst die Kolonne ganze 77 Personen, 48 Pferde und fünf Karossen: An der Spitze des eigentlichen Prunkzuges ritt ein Bannerträger mit der großen Prunkstandarte des Barons von Veliris. Mit zahlreichen Borten und Stickereien verziert trug das Banner deutlich sichtbar die Insignien des Hauses Veliris: Die drei roten Lilien auf Gold.
Direkt hinter dem Bannerträger folgte der eigentliche Zugführer: Cavalliere Ardo von Carinto, der Bruder Baronin Alvenas von Carinto und mittlerweile Capitano der Kürassiere der Baronie. Danach schlossen sich sechs ebenjener freiherrschaftlichen Kürassiere an, angetan mit goldener Brünne, rot-gelbem Wams und fahnengeschmückten Lanzen, die im Wind wehten. Hinter ihnen eine kommandierende Corporalya, die zudem als Nachrichtenbotin des Barons diente. Hinter dieser Unteroffizierin, wo sonst eigentlich der Baron selbst geritten wäre, reihten sich Baronet Ariano Sal von Veliris und Cavalliera Rondrajane von Veliris ein. Ariano Sal, der neu ernannte Regent der Baronie, in teure Kleider gewandet, ritt auf einem stolzen schwarzen Rappen, der mit einem schweren Pferdemantel und reich verziertem Zaumzeug angetan war. Der große goldbelegte Herrschaftssattel trug die Zeichen der Baronie. Links neben ihm, seine Schwester, die stattliche Kriegerin des Hauses Veliris, wie immer in leuchtend roter Gewandung, hohen Reitstiefeln und leichter Rüstung. Rondrajane von Veliris übte keine offizielle Funktion mehr im Baronshaus Veliris aus, die langjährige Consiliera galt aber als einziges Mitglied der Familie, das zu allen anderen der fünf noch lebenden Geschwistern ein gutes Verhältnis pflegte, ganz im Gegensatz zu allen anderen, die sich schwer taten, einander zugetan zu sein. Insbesondere Baron Alricilian II. hatte bekanntermaßen kein gutes Verhältnis zu seinen jüngeren Geschwistern. Die meisten hatte er seit Jahren nicht gesehen. Verständlich war dies noch bei seiner Schwester Rahjina ash Manek, der Alt-Valvassorin und ehemaligen Regentin von Eldoret, die immerhin im fernen Chababien lebte, unverständlich war dies hingegen bei seiner jüngeren Schwester Baronin Tilliane von Shumir, die in direkter Nachbarschaft, kaum einen Tagesritt von Veliris entfernt residierte. Nur zu Rondrajane bestand ein gutes Verhältnis, und das obwohl die sieben Jahre jüngere lebenslustige Frau das vollständige Gegenteil zum eher strengen und beherrschten Praiospriester zu sein schien.
Doch zurück zum Baronszug: Hinter den ersten Reitern folgte die Equipage des Barons. Der schwere Vierspänner wurde von kräftigen Rappen gezogen, auf denen je ein Diener des Barons saß, die wiederum von zwei Pagen zu Fuß begleitet wurden. Auf dem Kutschbock saßen der Kutscher, sowie der Leibpage des Barons. In dem schweren Kastenwagen befand sich Baron Alricilian II. von Veliris, der ein prunkvolles Brokatgewand in Gold und Rot trug, allein, und vertieft in Dokumente und Depeschen. Direkt neben der Baronskarosse, auf Seiten des Barons, ritt der Cavalliere von Yaquirello, der Leibritter des Freiherrn.
Hinten auf der Karosse stand ein weiterer Page. Eskortiert wurde die Equipage durch zwei niedere Ritter des Barons.
Dann folgten jeweils auf eigenen Pferden der Siegel- und der Zeremonienmeister. Beide waren für einen Baron auf Reisen unerlässlich. Der eine war stets für die Korrespondenz zuständig, die auch während einer Reise anfiel, der andere sorgte für die standesgemäße Behandlung des Barons, was im Privilegiengeflecht des Horasreichs gar nicht so einfach war. Immerhin zählten die Barone von Veliris zu den ranghöchsten ihres Standes, die im Laufe der Jahrhunderte sogar einige niedere Privilegien des Hochadels beanspruchen konnten, wie die Blutgerichtsbarkeit, die mittlerweile jedoch auf die Stadt Unterfels übergegangen ist.
Hinter den beiden Amtsträgern folgte die Karosse der Baronin. Die Kutsche wurde von vier stolzen Apfelschimmeln gezogen, auf denen je ein Diener der jungen Baronin saß, die wiederum von zwei Pagen flankiert wurden, die neben den Pferden herliefen. Auf dem Kutschbock saßen der Kutscher, sowie eine Zofe der hohen Dame. Im Innern der Karosse saßen Baronin Belena, Baronessa Isidora, die Schwägerin des Barons und Adoptivtochter Irions von Streitebeck, sowie die Leibzofe der Baronin. Auf dem hinteren Bock der Kutsche stand wieder ein rot-golden livrierter Page. Eskortiert wurde die Equipage der Baronin durch zwei Knappen am Hofe des Barons. Es folgten vier Reitergardisten, die von je einem Fahnenpagen am Boden begleitet wurden, sowie der abschließende Bannerträger am Ende des eigentlichen Prunkzuges.
Der Trosszug begann mit einer Reisegepäckkutsche, die von zwei Reitern begleitet wurde. An ihr waren auch vier Ersatzpferde festgemacht, die für den Notfall bereitstanden. Sie wurden von vier Stallburschen geleitet.
Hinter den Ersatzpferden ritten der Falkner und der Vorkoster, die der Baron gerne auf die Reise mitnahm. Der Vorkoster sollte insbesondere die während der Reise durch die Bevölkerung dargebrachten Essensgeschenke begutachten. Das eigentliche Vorkosten geschieht heute nur noch in den seltensten Fällen. Der Falkner hielt den Lieblingsfalken des Barons bereit, den dieser zwischendurch gerne als Kurzweil auf Tauben und andere Kleinvögel losließ, um ihn so auf die bevorstehende Jagd vorzubereiten.
Nach zwei weiteren Reitergardisten folgten sechs Handwerker, die bei einer derartigen Reisegesellschaft unerlässlich waren. So werden Wagner und Schmiede recht häufig in Anspruch genommen und auch Schneider und Schuster haben während der Rast einige Gewänder und Schuhe auszubessern und zu flicken.
Es folgten zwei kleinere Gepäckwagen, die von Pagen und Fußgardisten begleitet wurden. Hier wurden die Gewänder, Waffen und Gepäckstücke der Zugteilnehmer transportiert. Die Nachhut des sich knappe 80 Schritt durch die Landschaft schlängelnden Zuges bildeten drei Reiter, die die Fahnen mit dem persönlichen Wappen des Barons trugen.