Briefspiel:Königsturnier/20. Rahja II
Turnierbahn Ardare
Die Turnierbahn, deren Schranke die in Flammen gehüllte Gestalt der Ordensheiligen ziert, war alleine durch die Anwesenheit des Erzherrschers Nepolemo ya Torese, der viele weitere Zuschauer in seinem Schlepptau – ob freiwillig oder nicht – angezogen hatte, ausreichend gefüllt. Einer der ersten Kämpfe auf dieser Bahn wurde von Usvina Cordur und Tarquinio della Pena bestritten.
Die Drachenreiterin war ganz in den Farben ihrer Familie, blau und gold, gewandet, auf ihrem Schild prangte der behelmte Löwe der Cordurs. Auf dem Schild ihres Kontrahenten streckte der geflügelte Löwe der della Pena seine Klauen aus. Als Tarquinio und Usvina in die Schranken ritten, waren einzelne Hochrufe zu hören, hatten sich doch sowohl der Urbasier als auch die Shenilerin im Großen Gestech einen Namen als ausnehmend fähige Tjoster erworben. Diesem Ruf wurden beide Streiter auch gerecht, landete doch die liliengeformte Krönig Tarquinio einen so heftigen Treffer gegen seine Widersacherin, dass deren im letzten Augenblick die Brust bedeckender Schild vernehmlich verbogen wurde. Doch auch der Lanzenreiterin aus der Ponterra gelang ein Treffer gegen den gepanzerten Arm des Urbasiers, der diesen im zweiten Lanzengang merklich behinderte. So gelange es ihm nämlich nicht, den geflügelten Löwen rechtzeitig zwischen sich und die Lanzenspitze seiner Gegnerin zu bringen, die ihn daher gefährlich nah am Visier seines Helms traf. Durch den Treffer aus dem Gleichgewicht gebracht, fiel Signore Tarquinio aus dem Sattel, während seine Kontrahentin die an der Spitze abgebrochene Lanze als Zeichen des Sieges gen Himmel reckte.
In ihrem zweiten Kampf, später am Tage, musste sich die Drachenreiterin jedoch dem aus Unterfels angereisten Comto Erlan Sirensteen, geschlagen geben. Schon im ersten Lanzengang gelang Erlan, der damit seine Auftaktniederlage gegen Amando Barabeo von Streitebeck wettmachen konnte, ein Volltreffer zwischen Schild und Arm Usvinas, der diese auf die Turnierbahn schickte, wo sie zunächst einige Zeit benommen liegen blieb. Den Göttern sei Dank konnte Signora Cordur allerdings die Bahn aufrechten Ganges verlassen.
Von seiner Niederlage im ersten Lanzengang offenbar nicht niedergeschlagen, sondern im Gegegenteil angespornt, gelang Signore Tarquinio ein ungefährdeter Sieg im ersten Vorbeiritt gegen Lovisa di Tolfiano, die wie der della Pena aus Urbasi stammt.
Im Anschluss gelang dem dritten Urbasier auf der nach der Ordensheiligen benannten Bahn, Amando von Streitebeck, wenn dieser auch in der Septimana geboren ist, gegen Pulpio Tribêc, den rüstigen Ritter aus der Baronie Tikalen, der zweite Sieg in Folge. Damit darf sich der Mandatorio Urbasis gute Chancen auf ein Weiterkommen ausrechnen, die auch die Signora di Tolfiano sich mit einem Sieg in zwei Lanzenritten noch machen darf. Währenddessen erwischte Signore Tribêc einen schwarzen ersten Turniertag, zog er sich doch bei seiner Niederlage gegen Signora Lovisa eine Verletzung zu, die auch Hintergrund dafür sein dürfte, dass er Signore von Streitebeck nicht mehr Gegenwehr liefern konnte.
Am Abend kam es schließlich zur Neuauflage eines Duells, das sich bereits im vorvergangenen Winter auf dem Turnier der Fürstin von Drôl so zugetragen hatte: Der Chababier Fidorion von Wulfenbein trat gegen den mehrfachen Rockgewinner Duardo ay Oikaldiki, einen Ausbilder an der Hohen Schule zu Neetha, an, dem er in der vorletzten Runde des Fürstinnenturniers unterlegen war. In diesem Aufeinandertreffen war dem Chababier allerdings größeres Kampfesglück beschieden: Im ersten Lanzengang brachen beide Lanzen, ohne dass einer der Reiter zu Boden ging. Auch im zweiten Lanzengang war das Reitgeschick des Neethaners Duardo kaum zu übersehen, mit dem er den Stoß seines Widersachers vom Schild abgleiten ließ. Unterdessen schrammte seine eigene Eisenspitze vernehmlich über den schwarzen Schild des Wulfenbeiners. Der darauf abgebildete Tierschädel bleckte sein Gebiss allerdings weiterhin ungerührt. Da drohte dem Reitmeister aus dem Pfauenhause ein frühes Aus, musste er doch erkennen, dass die dritte und letzte Lanze über dem Griff angebrochen war! Doch anstatt seinen unweigerlichen Sieg zu feiern, ließ Signore Fidorion seine eigene Lanze auf die Turnierbahn fallen und sprang ihr sogleich hinterher, um sich dem verdutzten Duardo im Fußkampf zu stellen. In diesem errang er dann allerdings, anders als im Lanzengang auf dem Drôler Turniere, mit Turnierschild und Säbel einen überzeugenden Sieg gegen seinen Neethaner Widersacher. Auf den Rängen pries man hernach den ungewöhnlichen – nur wenige meinten „rauen“ – Kampfstil des Chababiers, vor allem aber die Grandezza in der Entscheidung, den Sieg im Zweikampf zu erringen, anstatt ihn vom Unglück seines Gegners geschenkt zu bekommen.
Turnierbahn Lutisana
Auf der Turnierbahn der Heiligen Lutisana hatte sich an diesem sonnigen Rahjentag eine Reihe von Tjostern eingefunden von denen jene sechs, die nun aufeinandertreffen würden, vor allem das noch recht jugendliche Alter gemeinsam hatten – sonst aber nicht vieles.
Zunächst trafen Drago Amarinto und Dartan di Côntris aufeinander: Diese beiden verbinden einige Monde blutiger Gegnerschaft, die allerdings nunmehr fünf Jahre zurückliegen. Damals, während des Jahrs der Nachbeben, war Drago Anführer der im Dienste des berüchtigten „Despoten“ Ludovigo von Calven stehenden Darpatengarde gewesen und hatte in dieser Funktion auch die Residenz des jungen Herren von Côntris, Dartan kontrolliert. Der Versuch des Hauses di Côntris, die Dienste der Darpatengarde mit Geld vom Despoten abzuwerben, war vom Drago damals abgeschlagen worden, dessen Loyalität ihm allerdings durch die Klinge eines Mitoffiziers schlecht zurückgezahlt worden war. In der Folge gelang es dem einstigen Gefangenen Dragos zum Baron von Côntris aufzusteigen, während Drago mehrere Monde ans Bett gefesselt blieb. Die Wunden von damals sind gewiss längst geheilt, aber seinen Groll konnte Signore Drago nichtsdestotrotz auf der Lutisanenbahn in Kampfeswut ummünzen: Von einem gut gezielten Treffer durchgeschüttelt sah man den Amarinto schon im Sand liegen, doch kostete der Lanzenstoß vielmehr seinem Kontrahenten den Sieg: Die Lanze hatte sich so tief in den roten Schild Dragos gebohrt, dass der Baron von Côntris vom weiterpreschenden Pferd aus dem Gleichgewicht gebracht, seinerseits aus dem Sattel stürzte. So gelang denn Drago die Niederlage von einst in einen Sieg im Königsturnier zu verwandeln.
Noch vom Pferderücken aus hielt der zuerst auf die Lutisanenbahn reitende Tjoster, Signore Hesindiano della Trezzi, die Hand seiner Gattin Leonora, die – wie es sich für eine gebürtige Amarinto geziemt – selbst eine treffliche Lanzenreiterin ist, aber in diesem Jahr nicht am Königsturnier teilnimmt. Von dieser war ihm soeben ein besticktes Tuch als Glücksbringer zugesteckt worden, dass Hesindiano unter seinen Panzerhandschuh schob.
Als ihm gegenüber ein muskulöser Reiter auf die Turnierbahn ritt, raunten einige auf den Rängen „Thorwaler!“ Was dieser Ausruf zu bedeuten haben mochte wurde an jenem Morgen recht schnell klar, trug doch der so Beschriebene, eigentlich der Herr von Garlák, Timor Sâl di Salsavûr, in der Tat nicht Gestechrüstung sondern Kettenhemd, zudem war eine nordmännisch anmutende Axt als Handwaffe auf dem Gestänge neben der Turnierbahn platziert worden und – mancher rieb sich die Augen – er soll gar ein exotisches Hautbild, wie sie die Nordleute zu tragen pflegen, am Halsansatz und Oberkörper tragen!
So ritten denn die beiden ungleichen Kontrahenten in die Schranken und es erwies sich, dass die Rahjengabe dem Trezzi weit mehr Glück zu bringen imstande war, als die heidnischen Hautbilder der Thorwaler es dem Salsavûren spendete: Sah der erste Lanzengang der beiden noch keinen Recken gestürzt, so brachte die zweite Lanze die Entscheidung, mit dem glücklicheren Ende für Signore della Trezzi. Zwar gelang beiden Lanzen, jene von einer lilienförmigen, kupferroten Krönig geziert, diese von einer eisernen Spitze beschlossen, die an einen Wal gemahnte, ein vortrefflicher Lanzenstoß gegen den Leib des anderen, aber nur Signore Timor wurde vom Pferd geschleudert. Ein weiteres Raunen ging über die Tribüne, als der Herr von Garlák auch nach mehreren Augenblicken nicht aus der Bahn aufstand und schließlich mussten. Offenbar hatten Lanzentreffer und Sturz das Kettenhemd des unglücklichen Salsavûr in dessen Leib gedrückt und es war nur seinem gestählten Oberkörper geschuldet, dass die Verletzung nicht deutlich schwerer waren, als sie sich schließlich herausstellen sollten. Dennoch war Signore Timor nicht in der Verfassung, an diesem Tage weiterzukämpfen.
Statt seiner ergriff einige Stunden später eine Verwandte Timors, die Rondrianerin Amene di Salsavûr die Lanze und Ritt gegen Drago Amarinto auf die Bahn, der seinen ersten Lanzengang bereits für sich hatte entscheiden können. In diesem heftigen Aufeinandertreffen konnte der tapfere Drago seinen zweiten Sieg erringen. Erst im 3. Lanzengang, nachdem beide den anderen schwere Treffer hatten zufügen können, gelang ihm dies.
Vielmehr wäre an dieser Stelle zu berichten – allein harren auch noch die letzten verbliebenen Turnierbahnen eines Blickes – den sie zweifelsohne wert sind. Es sei dennoch nicht verschwiegen, dass neben Signore Drago auch Rondrajane von Veliris zwei Siege erringen konnte. Den ersten Sieg errang sie im ersten Lanzengang gegen den urbasischen Cavalliere Alexandrian della Turani, was viele traurig stimmte. Nicht etwa deshalb, weil Signora Rondrajane, die im Übrigen mit einem entfernten Verwandten Cavalliere Alexandrians verlobt sein soll, im Kampf mit Lanze und Schwert ihrem Gegner an Geschick nachgestanden hätte, immerhin konnte sie vor vier Jahren die Goldene Lanze von Bomed erringen. Vielmehr rührte die Enttäuschung vieler Anwesender daher, dass in Begleitung des jungen Turani ein begnadeter Fiedler auf der Tribüne gesessen hatte, der Marudreter Fulvian ya Malachis. Und die Anwesenden wollten seiner beschwingenden Weise, die den Beginn des Turniertages begleitet hatte, lieber lauschen als einer traurigen Klage über die Niederlage des Signore della Turani.
Der zweite Sieg Rondrajanes wäre sicherlich eine weitere Pergamentseite wert – ihr Gegner war der im ersten Lanzengang noch erfolgreiche Hesindiano della Trezzi, der seiner Gegnerin auch alles Geschick abverlangte. Mit letzter Kraft gelang es Signora von Veliris den designierten Patriarchen der Trezzi, dessen gesplitterte Lanze ihr – durch die Brünne! – eine hässliche Wunde am Oberschenkel verursacht hatte, niederzuschlagen.
Turnierbahn Rondragabund
Einen tragischen Verlauf mit glücklichem Ausgang nahm unterdessen das erste Duell auf der Bahn, die den Namen der Heiligen Rondragabund trägt: Die einstige 1000-Meilen-Siegerin Luca di Onerdi, ihrerseits Rondrianerin traf auf den Urbasier Debero Zorgazo. Dieser hatte bis zuletzt an der Seite seiner hochschwangeren Gattin ausgeharrt, sich gar die Rüstung an ihrer Liege anlegen lassen, um nur kurz von ihrer Seite zu weichen und sich Signora di Onerdi zu stellen. Hätten es die Götter anders gefügt, hätte seine Abwesenheit allerdings deutlich länger dauern können! Zwar gelang dem jungen Zorgazo gegen die deutlich favorisierte Rondrianerin ein bemerkenswerter Lanzenstoß – allerdings hatte der Urbasier offenbar über die Konzentration auf seinen Lanzenarm die Schildhand vergessen! So traf ihn die Lanze der Signora Onerdi mittig auf Brust und Brünne, sodass der junge Debero mit Wucht aus dem Sattel geschleudert wurde. Sein Stöhnen verriet dem erschrocken ausrufenden Publikum bald, dass die Lanze Signore Zorgazo schwer zugesetzt hatte und schon gellte ein erschrockener Ausruf von dem mitgereisten Freund Boromin über die Bahn. „Sein Gesicht, ihr Götter, er atmet nicht!“ Doch überderische Mächte griffen an jenem Tage wahrhaft ein und zwar in Gestalt der Siegerin di Onerdi, die die Lanze von sich warf und neben dem Gestürzten aus dem Sattel sprang um sogleich den Beistand der Leuin anzurufen. Wer weiß, wie es dem nunmehr bei den Medici liegenden Debero ergangen wäre, wäre seine Gegnerin nicht eine Dienerin der Götter gewesen?
Von geringerer Dramatik, aber größerem Waffengeschick war das Aufeinandertreffen eines weiteren Urbasiers, Jucaro Deraccini, gegen den ehrenwerten Rinaldo Sirensteen, Seneschall von Bomed. Signore Deraccini, der zur Überraschung mancher im Ornat des Praios-Ordens der Turaniter in die Schranken ritt, wurde gleich im ersten Lanzengang von einem profunden Treffer des Seneschalls durchgeschüttelt, hielt sich aber im Sattel. Bald schon wurde jedoch das Publikum gewahr, dass die Wut Famerlors oder seines Sohnes Kor in die Lanzen dieser beiden Kontrahenten gefahren war. Bei jedem der nun folgenden beiden Lanzengänge ragten die Lanzen gerade, der Schranke entlang auf den Gegner zu, saßen die Treffer direkt ins Ziel und nur ein trotziger Schildarm auf beiden Seiten verhinderte den Sieg des anderen Tjosters. Am Ende lagen die zerfetzten Splitter von zwei Schildern und sechs Lanzen im Sand der Turnierbahn, während sich die beiden Kontrahenten, der eine humpelnd, der andere den Schildarm gegen die Seite gepresst, nun zu Fuß mit den Klingen beharkten. Die Sonne stand unterdessen an ihrem höchsten Stand und vielleicht schenkte der Herre Praios seinem Diener den entscheidenden Hieb, nachdem der glückliche Deraccini sein Schwert nur kurz zum Sieg gen Himmel reckte, um dann erschöpft zusammenzusinken.
Von Fragen bedrängt, die eine lange vergessene Ehrverletzung beider Cavallieri oder eine uralte Fehde der Familien der beiden hinter dem heftigen Kampf vermuteten, verwiesen die beiden mehrfach verwundeten Streiter auf den Sieg im Turnier – „der reicht als Ansporn!“. Dem ist nichts hinzuzufügen!
Noch während alle Welt Rinaldo trotz dessen Niederlage beglückwünschte, war dessen entfernte Verwandte Bellatrix Sirensteen mit dem vagabundierenden Condottiere Mondino, genannt Schwarzer Calven zusammengetroffen, der die weit unerfahrenere Streiterin ohne viel Federlesens aus dem Sattel hob.
Wenig ist diesen dramatischen und tapferen Ereignissen hinzuzufügen, die weiteren Lanzengänge werden die Interessierten in der Turnierrolle eingetragen finden. An dieser Stelle sei lediglich noch erwähnt, dass – die Rondratreuen mag es erfreuen – die Niederlage im Fußkampf den Kampfesmut des Seneschalls Rinaldo keineswegs geschmälert hat, sondern dass ihm vielmehr der Sieg gegen Bellatrix Sirensteen gelang, die sich damit zum zweiten Mal an diesem Tage geschlagen geben musste.
Vergleichsweise souverän besiegten derweil Luca di Onerdi und der Schwarze Calven auch ihren zweiten Gegner und können sich darum berechtigte Hoffnungen auf die Finalforderungen machen, wenn ihr Glück nicht umschlägt. Dass ihrer beider Sieg im Drama um den werdenden Vater Debero Zorgazo und dem heldenhaften Schlagabtausch der Signori Deraccini und Sirensteen beinahe untergegangen wäre, wird den beiden Turnierstreitern darob wenig Kummer bereiten.
Turnierbahn Salkya
Auf der letzten Turnierbahn, die den Drachen der Firdayon mit der Klinge der Ardariten in der Kralle zeigt, kam es an diesem ersten Tage zu mehreren „Bruderduellen“ stammen doch zwei der Streiter aus Shenilo und gleich drei aus der Seestadt Efferdas.
Mit einem Spaß auf den Lippen senkte am Mittag Rondrigo d'Oro das Visier seines Helmes, um gegen den erfahrenen Lanzenreiter Gianbaldo Carson in die Bahn zu reiten. Beide Kämpfer trugen ähnliche Waffenröcke, Rondrigo die Farben seines Hauses, Gianbaldo stolz das Gold-Blau der Sheniloer Drachenreiter – nur der Hahn auf seinem Schild verriet die Zugehörigkeit zum ponterranischen Baronshaus. Der Efferdier hatte durch kühne Worte und lächelnde Rufe manche Zuschauerin auf sich aufmerksam gemacht und deshalb war die Spannung auf seinen ersten Kampf nicht gering. In diesem erwies sich, dass der Drachenreiter, für den das Königsturnier nicht sein erster Tjost war, dem frohgemuten Efferdier gegenüber im Vorteil war. Die Lanze Gianbaldos traf seinen Gegner zentral auf den Schild, der einen goldenen Löwen zeigte, und riss Rondrigo diesen geradezu vom Arm. Das Reißen von Leder war über die gesamte Turnierbahn zu hören, gefolgt vom Aufprall des d’Oro auf den Sand des Schwerterfelds. Damit hatte Gianbaldo seinen ersten Sieg errungen, dem dafür der Applaus der Tribüne galt. Denn war noch vor dem Aufeinandertreffen der schneidige Efferdier Rondrigo mit Aufmerksamkeit bedacht worden, so hatte Rondra dafür gesorgt, dass der Drachenreiter nunmehr Gegenstand der Gespräche auf der Tribüne war. Denn, wie die Weisen sagen, schnell wandeln sich die Herzen der Menschen in der Arena, wenn der erste Staub aufgewirbelt ist.
Einige Stunden später war deshalb der Andrang nicht gering, als der junge Carson zum zweiten Mal seine Lanze ergriff um sie gegen den Cavalleristo Geron Accali zu senken. In diesem Kampf sollte sich kein Grund für die Zuschauer ergeben, ihre Gunst einem neuen Streiter zu widmen: Hier der schneidige Drachenreiter Gianbaldo, der in seinen verschiedenen Turnierteilnahmen unterdessen gelernt hatte, wie man die Tribüne für sich gewann und der zudem durch seine urbasische Gattin in der Gerondrata kein Unbekannter mehr war, dort der Schwertsöldner Geron, der in den Diensten der vermögenden Familie Brahl stand, dessen rasch vom Helm verborgenes Gesicht von den Narben einer jugendlichen Krankheit verunziert war. Vergeblich suchte man auf den hölzernen Zuschauerplätzen nach einer Dame – oder einem Herren – der den Namen des Herrn Accali auf den Lippen führte, um ihn anzufeuern.
Umso spannender war denn der Hinweis von kundiger Stelle, dass beide Geron und Gianbaldo, vor etwas mehr als einer Dekade in Arivor ihren Kriegerbrief erworben hatten – und zwar im gleichen Jahrgang! Jedoch war Signore Carson entweder schon damals der versiertere Lanzenreiter oder ihm war heute das Turnierglück hold: Denn ihm gelang der Sieg bereits im ersten Lanzengang, als er sein Holz am Helm Accalis brach und diesen damit zu Boden schickte.
Damit konnte Gianbaldo Carson seinen zweiten Sieg erringen, während sein Widersacher Geron die bittere, doppelte Niederlage verkraften muss. Wie es einem Amarinto gebührt gelang auch Signore Horasio ein zweifacher Sieg gegen seine Widersacher, den unglücklichen Accali und Gaspard Slin. Jener hatte ihm indes all sein Können abverlangt, ihm im ersten Lanzengang mit wuchtigem Lanzenstoß gar beinahe aus dem Sattel gehoben, bevor es dem Amarinto im dritten Vorbeiritt schließlich gelang, einen ebensolchen gegen den Efferdier zu landen und diesen damit außer Gefecht zu setzen.
In einem letzten, rein efferdischen Duell gelang hernach Cordovan di Malavista der glückliche Sieg gegen den jungen Rondrigo d’Oro, der, durch eine unsaubere Lanzenführung beeinträchtigt, aus dem Sattel stürzte. Nachdem er im ersten efferdischen Duell dem Signore Slin unterlegen war, konnte damit der Seelöwe, wie Signore Cordovan von manchen aufgrund seines Wappenbildes genannt wird, seine Chance auf ein Weiterkommen wahren.