Briefspiel:Königsturnier/22. Rahja III
Turnierbahn Rondragabund
Einer der ersten Kämpfe auf der Bahn der Heiligen Rondragabund brachte direkt eine große Überraschung – die erste Niederlage der Wagenlenkmeisterin Luca di Onerdi! Die schöne Igelin, Bellatrix Sirensteen, stieß sich endgültig ins Herz vieler Zuschauer – zumindest jener, die es nicht mit Orden und Gottheit halten – als sie gleich zweimal heftige Treffer gegen die Gestechrüstung der Rondrianerin landete und diese damit im dritten Anritt aus dem Sattel hob. Viele hätten die Yaquirbrucherin sicher noch länger beobachtet – allerdings war unter den Ardariten eine gewisse Reserviertheit gegenüber Bellatrix‘ zu verspüren, die ohnehin eine eher durchwachsene Vergangenheit in Arivor hinter sich haben soll. Wie dem auch sei: Während die Unterlegene am heutigen Tage durch ihre vier Siege im Vorfeld am morgigen Tage erneut antreten darf, weiß Bellariccia zumindest den Sieg gegen die berühmte Donnersturmteilnehmerin vorzuweisen, den bisher niemand anderer auf dieser Bahn erringen konnte – auch nicht dem Schwarzen Calven selbst, Lucas ärgster Rivale um die meisten Siege.
Ähre und Taube - ein Prolog
Debero holte noch einmal tief Luft und schloss dabei seine Augen. Er verdrängte all die Nebengeräusche aus seinem Kopf. Die Freude über die Geburt seiner Tochter. Die Schmerzen seiner verletzten Schulter, die in den vergangenen Tagen abgeklungen, aber noch nicht fort waren. Dann richtete er seinen Blick auf das Licht am Ende des Ganges und ließ die Geräuschkulisse auf sich wirken. Die tobende Menge kam mit jedem Schritt näher, den seine Stiefel im Sand der Arena hinterließen. Die letzten Schritte. Licht flutete in glänzenden Streifen durch die Ritzen der Bretter, mit denen die künstliche Tribüne errichtet worden war. Debero durchbrach die Gitterstäbe aus Licht und trat in die Arena. Der typische Arenageruch stieg ihm in die Nase. Er roch und hörte die Pferde hinter der Absperrung, vor der er stand. Er ließ sich auf den Pferderücken helfen, während die Masse jubelte. Galt es ihm oder seinem Kontrahenten? Debero blickte sich um und kniff dabei die Augen zusammen. Er hatte sich noch nicht an die plötzliche Helligkeit gewöhnt und konnte seinen Gegner nicht ausmachen.
Jucaro Deraccini ging es ihm durch den Kopf. Ihn selbst kannte Debero nur vom Hörensagen. Seine Familie war ihm durchaus bekannt. Auch wenn er sich in seiner Jungend unter einem Deraccini immer einen schmächtigen Stubenhocker vorgestellt hatte, der mit einer Schreibfeder über einem Amtsschreiben hockte, so war Debero mitlerweile ein erwachsener Mann und wusste, dass man nicht alle Familienmitglieder mit einem Klischee über einen Kamm scheren konnte. Und einen Turaniter durfte man sowie nie unterschätzen.
Der Zorgazospross versuchte seine Gedanken zu verjagen und sich zu konzentrieren. Er atmete wieder flach und gleichmäßig, hob seine Lanze und blickte entlang der Spitze gen Himmel. „Besinn dich auf deine Stärken“, redete er sich gut zu. Er war schnell mit dem Schwert, dass wusste er. Schneller als die meisten Anderen. An Kraft beim Lanzenstoß hatte es ihm schon immer gemangelt. Das hatten sie ihm damals in der Kriegerakademie schon gesagt und ihn Kraftübungen machen lassen. Übungen, denen er auch nach seiner Akademiezeit regelmäßig Aufmerksamkeit schenkte. Debero wusste: Wenn er es schaffen würde, seine Schnelligkeit mit mehr Wucht zu vereinen, dann würde er einer der Besten.
Dann sah er sein Gegenüber und ihm wurde bewusst, dass er deutlich jünger war als Jucaro, der schon auf die Vierzig zuging. Vielleicht würde dies ein guter Tag werden und seine jugendliche Schnelligkeit würde obsiegen...
Beim ersten Lanzengang hatte der Ältere den Vorteil auf seiner Seite: Der Stoß der blau-grünen Lanze schüttelte Debero schwer durch, während sein eigener nur schwach am Schulterstück der Rüstung des Deraccini entlangfuhr, ohne diesen in Bedrängnis zu bringen. Debero wendete sein Pferd und schüttelte den Arm, wo dieser schmerzte, obwohl das Ährenwappen den größten Teil der Wucht von ihm abgewendet hatte. Er hatte gehofft, es vielleicht in den Fußkampf zu schaffen, wo er den Vorteil auf seiner Seite wähnte. Aber wenn das so weiter ging, dann würde er weit vorher im Sand landen! Er hob sein Visier und hielt Ausschau nach seinen Unterstützern. Mythraela hatte die Geburt Kraft gekostet, zuviel – eigentlich – um ihn zu begleiten. Mit einem Mal lächelte Debero, als ihm der Gedanke an seine Tochter und Gattin neue Kraft einflößte – vielleicht lag darin gar keine Ablenkung, sondern Stärke?
Mit einem lauten „Pira Rondriana!“ auf den Lippen sprengte Debero nach vorne. Er presste seinen Schild eng an den Körper, senkte die Lanze und ließ den Hengst die restliche Arbeit tun. Zwar brachte der Turaniter den Schild mit der schwarz-weißen Waage zwischen Stoß und Leib, doch war dieser leicht nach innen geneigt. Dadurch traf ihn die Wucht des Stoßes... und brachte ihn aus dem Gleichgewicht! Deberos Siegesschrei hallte durch seinen Helm und er riss den Arm in die Höhe, die Schmerzen ignorierend. Sein letzter Kampf hatte ihm den Sieg gebracht!
Schwarzfisch und alternde Wilde
Der nächste Kampf war mit einem Male eines Teils seiner Spannung beraubt: Durch die Niederlage Jucaro Deraccinis war Mondino von Calven, der nunmehr auf die Bahn ritt, ein Platz unter den letzten 32 wohl nicht mehr zu nehmen. Doch das Duell hatte ohnedies seine Brisanz auf anderem Gebiete: Sein Gegner, Rinaldo Sirensteen, war ein alter Rivale von Mondinos einstigem Dienstherrn, dem verstorbenen Horasio della Pena. Zwar hatte sich der „Schwarze Calven“ bisher noch nicht zu etwaigen Vergeltungsgelüsten auf dem Turnier geäußert, aber der am Vorabend von ihm zu vernehmende Ausspruch, er sehe „die Sirensteen nicht gern, aber wenn, dann doch am liebsten im Staube liegen“, gab Anlass zur Vermutung, dass er seine Lanze am heutigen Tage mit doppelter Leidenschaft ins Ziel führen wollte. Umgekehrt war der Seneschall Bomeds der verstorbenen Gräfin Alwene in geheimer Liebe zugetan und so war der finstere Blick, mit dem er den einstigen Gefolgsmann des Mannes bedachte, der vielen als Gräfinnenmörder gilt, allen erklärlich.
Endlich legten die Ritter die Lanzen ein und rannten gegeneinander an. Das Flankenblech von Mondinos Ross hielt den ersten Stoß ab, während der Geheime Rat Rinaldo schwer durchgeschüttelt wurde, als die Krönig des Schwarzen Calven seine Halsberge traf. Ross und Reiter bäumten sich auf und wendeten sich erneut dem Gegner zu, der rüstig und noch sattelfest dem Stoß der Lanze und dem Aufprall der Krönig widerstehen wollte.
„Schwarzfisch!“ Ein Mann in schwarzem Lederwams und mit narbiger Wange hatte das Wort gebrüllt, das zunächst noch im allgemeinen Gejohle und Gejubel der Menge untergegangen war. Dann wurde der Ruf aufgenommen – eine einäugige Hünin mit mehrfach gebrochener Nase am einen Ende der Bahn, ein dunkelhäutiger Glatzkopf mit Stiernacken am anderen Ende der Bahn, dann weitere – alle waren sie in schwarz gekleidet. Nur die Tribüne schwieg. Dort war kein Platz für die Söldner der Schwarzen Bestie.
Mondino von Calven grub seine gepanzerten Schenkel in den Bauch seines Pferdes und preschte auf seinen Gegner zu, nur einen Lidschlag später gab dieser seinem Ross ebenfalls die Sporen. Doch dem Seneschall sah man nunmehr die Strapazen der bisherigen Turniertage an, er saß nicht ganz gerade im Sattel und seine Lanze schwankte. Kein Wunder, war er doch erst am morgen von den Medici entlassen worden, nur um sich dann direkt wieder am falschen Ende der Lanze des Calveners wiederzufinden. Dennoch brachte er die Lanze rechtzeitig nach oben, hob den Schild schützend vor sich und traf auch den Panzer des Gegners. Doch der Condottiere hatte im letzten Augenblick seinen Rennspieß nach oben und vorne gewuchtet, über den Schildrand schlug er mit einem unangenehmen Krachen gegen den Schaller Signore Rinaldos! Eine Weile noch trabte das Pferd des Seneschalls von Bomed weiter, dann hielt dieser sich steif den Panzerhandschuh gegen den Helm – und stürzte dann wie ein Sack voller Metallreste scheppernd in den Sand.
Der Calvener hatte seinen vierten Sieg eingefahren und wenn sich auch sicher nicht alle Zuschauer auf ein Wiedersehen mit ihm freuen: „Schwarzfisch!“ hallte dennoch der Ruf aus mancher Kehle über die Turnierbahn.
Turnierbahn Salkya
Zunächst forderte Rondrigo d'Oro dem Sewamunder Horasio Amarinto alles ab. Wiewohl bereits im zweiten Lanzengang schwer getroffen, so rettete sich der Efferdier doch bis in den Nahkampf – um dort einen erinnernswerten Kampf zu liefern: Viermal trennten sich die beiden Kämpfer nach kräftezehrendem Schlagabtausch, ohne dass das Duell einen Sieger fand, erst im fünften Aufeinandertreffen gelang dem Amarinto ein knapper Sieg durch einen aufwärts geführten Hieb gegen Brünne und Helm seines Gegners, den dieser zwar noch parieren konnte. In die Defensive getränkt konnte er jedoch den Hieb gegen das stählernde Fußgelenk nicht abwehren und stürzte zu Boden. Ein tapferer Kampf des bereits zuvor ausgeschiedenen Efferdiers!
Im Anschluss zeigte Geron Accali ein weiteres Mal seine Fertigkeiten, wenn auch leider zu spät, um noch die nötige Siegeszahl für ein Weiterkommen anzusammeln: Bereits im ersten Anritt traf er seinen efferdischen Gegner Gaspard Slin so schwer am oberen Rand der Armpanzerung, dass dieser nicht nur aus dem Sattel gehoben wurde, sondern sich überdies – sehr zum Bedauern seines Gegners – eine Schulterverletzung zuzog.
Nun begann der brisanteste Kampf an diesem Mittag auf der Bahn, die nach der gefallenen Firdayonkönigin benannt worden war: Cordovan di Malavista, der silberne Seelöwe aus dem Efferdischen würde gegen Gianbaldo Carson antreten, den manche schon zum Streithahn ernannt hatten. Nur ein Sieg für den Gardekommandeur von Efferdas würde diesem die Gelegenheit erhalten, sich für die Finalforderungen zu qualifizieren, denn ein Sieg Gianbaldos würde diesen mit vier Siegen sicher unter die letzten 32 einziehen lassen. Andernfalls müssten beide noch einmal am Abend zum Stichkampf antreten, um sich mit den anderen Tjostern mit drei Siegen zu messen.
Der Reiterharnisch Gianbaldos zeigte, genau wie sein Schild, den roten Hahn der Carson, Rüstungsteile und Lanze waren allesamt im grün-gold der Wappenfarben gehalten. Wider die jugendliche Farbenpracht bot der Patron der Malavista in silber und blau eine ehrenwerte Erscheinung.
Da schnellten die Pferde hervor und gleich wurde deutlich, dass hier jugendlicher Mut, gegen edle Erfahrung antrat, denn im ersten Anritt flog das Pferd des Drachenreiters geradezu auf seinen Gegner zu. Mit Wucht zersplitterte die Lanze am Brustpanzer Cordovans, doch dessen Auge war mindestens so gut, wie die Kraft des jüngeren Mannes: Auch seine Lanze hatte den Anderen getroffen, am Lanzenarm Gianbaldos. Signore Carson reckte zum Zeichen seines Treffers den Schildarm gen Tribüne, aber der Treffer seines Gegners wollte ihn noch länger beschäftigen: Denn während sich Signore di Malavista einen neuen Spieß reichen ließ, musste der Knappe Gianbaldos rasch mit einem kleinen Hammer gegen den Armpanzer schlagen, um ein verbogenes Stahlstück zurechtzuhauen. Beim zweiten Anritt waren beide Kämpfer vorsichtiger, denn sowohl Kraft des einen, als auch Präzision des Anderen mochte eine rasche Entscheidung herbeiführen. So schrammte die Lanze Gianbaldos nur am Schild Cordovans entlang und zerkratzte das Blau, während Signore di Malavista gar nicht zu treffen vermochte. Wieder nahmen beide ihre Stellung ein und schließlich klapperten die Hufe. Das Schwanken der Lanze des Carson verriet, dass sein Panzer noch immer nicht ausgewuchtet war und so konnte er seinem Stoß nicht die nötige Kraft verleihen. Wieder streifte er den Schild, ohne den Anderen aber aus dem Gleichgewicht bringen zu können. Anders dagegen der Lanzenstoß des Seelöwen: Er traf den Hahn am oberen Rand und der rote Kopf wurde zerfurcht und der Schild dem Reiter aus der Hand geprellt. Der Stoß wäre stark genug gewesen, um Gianbaldo aus dem Sattel zu heben, hätte der Reiterleutnant sich nicht mit dumpfem Schrei gegen sein Schicksal gewehrt: Mit beiden Händen – die Lanze war längst im Sande gelandet – klammerte er sich am Hals seines Rosses fest und schaffte es schließlich, auf dessen Rücken zu bleiben. So sollte denn der Fußkampf die Entscheidung bringen.
Signore Carson sprang aus dem Sattel, stieß seinen Knappen zur Seite, der ihm helfen wollte, und riss sich eigenhändig die Panzerung vom Waffenarm. Offenbar wollte Leutnant Gianbaldo mit dem beschädigten Rüstungsteil nicht noch einmal sein Glück versuchen. Er nahm den Rabenschnabel vom Waffenständer, die traditionelle Seitenwaffe der Sheniloer Drachenreiter.
Die wenigen Efferdier unter den Zuschauern jubelten ihrem Recken zu, denn wiewohl der andere erfahrener Kriegsmann war, so hatte Cordovan doch seine Ausbildung am Schwert vollführt. Die Kampfvorbereitungen des Signore di Malavista waren ungleich ruhiger als die seines Gegenübers: Der Ältere stieg vorsichtig aus dem Sattel, warf einen prüfenden Blick über seine Klinge, schlug einmal mit dem Knauf auf den Schildrand und nickte seinem Knappen zu. Dann wandte er sich seinem Gegner zu und blieb, den Rücken aufgerichtet, abwartend stehen. Der Ponterraner war hin- und hergelaufen, hatte unruhig auf den Kampfbeginn gewartet. Ähnlich gestaltete sich der erste Schlagabtausch zwischen Leutnant und Gardekommandeur: Der Jüngere attackierte mit seinem Reiterhammer, aber die Kraft Signore Cordovans war der seines Gegners offenbar ebenbürtig, wie dessen Paraden mit Schild und Schwert zeigten. Der Efferdier agierte vorsichtiger, führte aber mehrmals Klingenhiebe gegen den ungepanzerten Arm Gianbaldos. Kampfkundige Beobachter konnten erkennen, dass das Schwert dabei immer so geführt wurde, dass Gianbaldo zu Paraden gezwungen war, die diesen von einem Ausfall abhielten, ohne aber nah genug zu kommen, um eine ernstliche Verletzung des Ponterraners zu riskieren. Nachdem die beiden sich zum dritten Mal, nach einem heftig geführten Schlagabtausch, voneinander trennten, atmeten beide Kämpfer schwer, der etwas gewichtigere, aber elegant fechtende Cordovan, aber eben auch der um drei Dekaden jüngere Gianbaldo. Der Carson wischte sich mit dem Wappenrock durch das schweißnasse Gesicht – und attackierte. Seine Hiebe waren zornig und wuchtig und ohne Angst geführt. Schon trieb er den Gardekommandeur vor sich her – würde sich nun die höhere Kraft und Ausdauer der Jugend durchsetzen? Ein schwerer Hieb des Hammers brachte Cordovan ins Stolpern und da war Gianbaldo über ihm und ließ die Hammerspitze mit einem seitlichen Hieb gegen die Brust des Malavista fahren. Statt die Klinge zu verwenden, ließ Cordovan überraschend das Schwert mit der Spitze voran in den Sand fallen und hielt den Schild mit beiden Händen. Der Rabenschnabel pickte in den Schild – und blieb hängen! Mit der Kraft der Hände riss Cordovan und warf Schild und Hammer gleichermaßen von sich. Mit einem Mal war Gianbaldo ohne Waffe, während Cordovan sein Schwert wieder aus dem Boden zog. Ein Rückhandschlag gegen den Hahnenschild Carsons und dann schimmerte die Schwertspitze unterhalb des ungepanzerten Kinns des Leutnants.
Endlich zog der sheniloer Leutnant seinen Helm ab und warf seinen Schild dem Sieger vor die Füße. Auf seinem Gesicht waren Enttäuschung und Erschöpfung abzulesen. Als jetzt der Seelöwe ebenfalls den Helm absetzte, war sein Gesichtsausdruck überraschend: Nicht glücklich, sondern verwirrt, ja erschrocken fast! Es dauerte einen Augenblick bis etwas geschah und auf der Tribüne verwandelte sich der Jubel in verwundertes Raunen. Dann warf Signore Cordovan seinerseits die Klinge zu Boden und streckte die Panzerhand stattdessen dem verdutzten Gianbaldo entgegen. Als er ihm aufgeholfen hatte, wandte er sich zu den Zuschauern und stellte sich an die Seite des Carsons, um zu Popolo und Patriziern zu sprechen: „Diesen Kampf hat die Erfahrung entschieden. Doch die Götter weisen mir, dass die Zukunft euch gehören wird, Signore Carson. Ich habe in Euer Antlitz geblickt und ich sehe vertraute Schemen. Die Tage des Kämpfens neigen sich für mich dem Ende, aber Euer Feuer brennt noch heiß. Möge es euren Weg weiter erhellen! So nehmt denn dies‘ Schwert zum Zeichen meiner Unterstützung. Reiht Euch ein, in die Runde der letzten 32, und Euer Ruhm wird mein Stolz sein!“
Unter dem Jubel und Staunen der Menge – und nicht minderen Gefühlsausbrüchen des jungen Carson – wurde dann Gianbaldo zum Sieger nach dem Willen seines Gegners erklärt.
Im letzten Kampf auf dieser Turnierbahn rechneten sich beide Kämpfer gute Chancen auf die Finalforderungen aus: Der Baron von Aldyra, der junge Prinz Folnor von Firdayon-Bethana, war zuvor erst einmal unterlegen gewesen, ebenso sein Gegenüber Malrizio ya Duridanya aus Belhanka. Allerdings hatte kaum ein Beobachter einen Zweifel daran, dass der erfahrenere Baron von Caspoleth den Sieg erringen würde. Dies galt trotz aller Sympathie für den Bruder der Verlobten des Horas, die im Schutze mehrerer Horasgardisten auf der Tribüne Platz genommen hatte.
Insofern war es verwunderlich, dass die Miene des Belhankaners unter seinem breiten Lächeln bleich und unsicher wirkte, als er der Tribüne seinen Gruß entbot. Dennoch war Malrizio offenbar zum Siegen entschlossen, wie gleich sein erster Schildtreffer bewies, der das Fallgatter der Firdayon-Bethana zerbeulte, während er dem Stoß Folnors, hinter den goldenen Berg der Duridanya geduckt, trotzen konnte. Im zweiten Anritt gelang indes keinem der Tjoster ein Lanzentreffer – die Entscheidung brachte das dritte Anreiten, für das sich der Caspolether allerdings lange Zeit ließ. Er gab die Lanze seinem Knappen zurück, hob das Visier und wischte sich mit einem Tuch über das Gesicht. Der Prinz wartete unruhig, wie sein tänzelndes Pferd verriet. Schließlich legten beide erneut die Lanzen an – aber nur der Prinz vom Geblüt traf! Der Hieb war nicht allzu schwer, die Lanze barst nicht, sondern schrammte am Brustpanzer des Signore Malrizio entlang – und dennoch stürzte dieser aus dem Sattel. Folnor riss Lanze und Schild zum Zeichen des Sieges empor und auf der Tribüne hallten Jubelrufe auf den jungen Prinzen, seine Schwester und dessen Gatten umehr.
Auf beide Arme gestützt kauerte der Baron von Caspoleth unterdessen im Sand und würgte sein morgendliches Mahl hervor. Hinter vorgehaltener Hand wurde zwar später am Tage gemunkelt, der Baron von Caspoleth habe am Abend zuvor zu tief in seinen Weinpokal geblickt – aber es scheint kaum glaublich, dass Signore ya Duridanya vor einem derart wichtigen Kampfe das Maß verliert, trotz all seiner bekannten Rahjentreue. Der Treffer hatte ihn wohl schlicht unglücklich getroffen und unschöne Bewegungen im Unterbauch in Gang gebracht.