Briefspiel:Kaiserjagd/Mathesio und Verian

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Kaiserjagd.png Städteübergreifendes Briefspiel Kaiserjagd.png
Datiert auf: 1.-6. Firun 1046 BF Schauplatz: von Aldyra in den Wald von Persenciello Entstehungszeitraum: ab März 2024
Protagonisten: Khadan II. Firdayon, etliche Hochadlige und weitere Noble des Reiches Autoren/Beteiligte: Haus Amarinto.png Amarinto, Familie Solivino.png Bella, Familie della Carenio.png Carenio, Familie ya Malachis.png Cassian, Horasreich-klein.png Dajin, Haus della Pena aeH.png Dellapena, Haus Sirensteen.png Erlan, Familie Flaviora.png Flaviora, Familie Gerber.png Gerberstädter, Haus Urbet.png Gonfaloniere, Haus della Pena jH.png Horasio, Familie van Kacheleen.png Kacheleen, Familie Luntfeld.png Luntfeld, Haus Legari.png Nebelzweig, Haus Carson.png OrsinoCarson, Familie di Cerrano.png Princeps, Haus di Salsavur.png Rondrastein, Haus Romeroza.png Savinya Romeroza, Haus Veliris.png Schatzkanzler, Familie Ventargento.png Silberwind, Haus Tribec.png Tribec, Wappen fehlt.png Vairningen, Haus ya Pirras.png VivionaYaPirras u.w.
Zyklus: Übersicht · Teilnehmer · Schauplätze · Regeln · Gerüchteküche · Erster Tag · Zweiter Tag


Mathesio und Verian

1. Firun 1046 BF vormittags, Aldyra

Autor: Amarinto, Princeps

Baron Mathesio dil Cordori trifft ...

Die Sonne war bereits seit einiger Zeit aufgegangen, als Baron Mathesio dil Cordori mit der Flussbarke die Anlegestelle von Aldyra erreichte. Die Reise den Fluss hinab war von Kopfschmerzen und einer gewissen Schwere im Körper begleitet gewesen, die ihn immer noch an die letzte Nacht in Vinsalt erinnerten. Der Maskenball, die Erlebnisse in Alt-Bosparan, die berauschenden Substanzen und schließlich die Stunden der Wollust im Haus Schwanenflug hatten ihre Spuren hinterlassen. Er hatte es nicht einmal geschafft, sich rechtzeitig zu waschen und seine Kleidung roch noch nach Wein, Rauch und Fleischeslust. Doch Mathesio war es gewohnt, solche Nächte hinter sich zu lassen und wieder zu einem angemessenen Auftreten zu finden, selbst wenn sein Kopf noch wie in Watte gehüllt war.
An seiner Seite war die Baronessa Dalia Ollantur. Sie wirkte übermenschlich frisch, als hätte die vergangene Nacht ihr kaum etwas anhaben können. Ihr Kleid und die Schminke waren perfekt. Ihre geflochtenen Haare lagen makellos, und ihr Lächeln schien den Glanz der Sonne noch zu übertreffen.
Die Gruppe schritt mit ihren Leibwächtern und Dienern die Hauptstraße von Aldyra entlang, das Kopfsteinpflaster knirschte unter ihren Füßen, während die Menschen der Stadt sich eilig ihrem Tagewerk widmeten. Die Kaiserjagd zog viele Adlige und Besucher aus dem ganzen Reich an, und die Straßen waren entsprechend belebt. Händler boten ihre Waren an, Kinder liefen kreischend umher, und die Wachen der Stadt behielten die Menge im Auge. Die Luft war erfüllt von einer Mischung aus Gewürzdüften, Pferdeschweiß und den Rufen der Jagdgesellschaftem und Bediensteten.
Zusammen mit Dalia Ollantur schritt er durch das Gewirr der Stadt, bis sie schließlich an einen kleinen Platz kamen, an dem sich ihre Wege vorerst trennen sollten, damit sich jeder den Vorbereitungen zur Jagd widmen konnte.

... seinen Lehnsmann Cavalliere Verian di Cerrano

Dort, zwischen einer Gruppe von Männern und Frauen, entdeckte Mathesio schließlich seinen Lehnsmann, Cavalliere Verian di Cerrano. Verian stand mit aufrechter Haltung, sein kurzes dunkelbraunes Haar ordentlich geschnitten, seine Augen aufmerksam. Er bemerkte Mathesio beinahe sofort und löste sich aus der Gruppe, um ihm entgegenzukommen.
Einen Moment lang ruhten ihre Blicke aufeinander, bis der Baron schließlich das Wort ergriff: "Cavalliere di Cerrano?" “Zu Euren Diensten, Signor”, sprach Verian und neigte respektvoll sein Haupt vor seinem Lehnsherr. “Ich wusste nicht, dass ich Euch auch hier antreffen würde. Freut mich sehr euch wiederzusehen. Es ist viel zu lange meiner Meinung nach her.” Die Gruppe aus der sich der junge Cavalliere löste, schloss nun auf und nahmen augenblicklich Haltung an, als sie das Baronswappen auf der mitgenommenen Gewandung von Mathesio sahen. Ebenfalls neigten sie respektvoll vor dem Baron ihr Haupt und traten dann einige Schritte von den Herrschaften zurück, um sich wieder ganz den Vorbereitungen für die Jagd zu widmen.
Der Baron von Ucurino nickte. Ein müdes Lächeln zeigte sich auf seinem Gesicht.
“Es ist mir ebenso eine Freude.”
Die Leibwächterin des Barons, eine rothaarige Fechterin mit vernarbtem Gesicht, trat neben den Baron und musterte alle Mitglieder der Gruppe um Cavalliere di Cerrano ausgiebig. Auch in ihrem Gesicht sah man einen leichten Anflug von Müdigkeit.
Der Baron blickte auf das geschäftige Treiben in Aldyra. “Cavalliere, es wäre doch unverzeihlich, wenn ich als Mitglied der Kaiserlich Vinsalter Hofjagdloge die Kaiserjagd verpassen würde. Das kann ein passionierter Jäger doch nicht verpassen.”
Die Freude in seinem Gesicht wirkte durchaus echt.
“Aber verzeiht meine Manieren, die bezaubernde Dame an meiner Seite ist Baronessa Ollantur, Maestra Theatrum der Stadt Ruthor und meiner Meinung nach die zukünftige Königin der Vinsalter Oper!”
Die Angesprochene setzte ein bezauberndes Lächeln auf und vollführte einen eleganten Knicks.
“Ihr seid zu höflich Baron, ich bin nur eine bescheidene Liebhaberin der Bühnenkunst.”
Sie lächelte verlegen. Dann reichte sie Verian die Hand zum Kuss. Sie war perfekt manikürt, weiß wie Porzellan und duftete nach frischen Rosen.
Von der Geste angenehm überrascht, machte der junge Cavalliere erst eine eine leichte Verbeugung, ehe er die Hand der jungen Dame ergriff und einen Handkuss andeutete.
Mit einem schüchternen Lächeln reagierte die Baronessa und schenkte dem Cavalliere den unschuldigen Augenaufschlag eines Rehs.
“Cavalliere Verian di Cerrano, zu Euren Diensten, Signora”, sprach sanft der Lehnsmann des Barons, während seine Begleiter flüchtig ein verschmitztes Lächeln verstecken mussten.
“Erfreut Eure Bekanntschaft zu machen, Signor. Ein Mann mit Manieren, wie angenehm.” Für einen Moment wich der unschuldige einem taxierenden Blick.
In der Ferne erklang plötzlich ein dumpfes Jagdhorn, das den Beginn der Kaiserjagd in greifbare Nähe ankündigte.
“Cavalliere”, sprach einer der Begleiter des jungen Mannes, “... es wird langsam Zeit die Vorbereitungen abzuschließen.”
“Gewiss”, entgegnete Verian und gab Anweisungen die Pferde fertig zu satteln und die Ausrüstung ein letztes Mal zu überprüfen. Mit Verbeugungen und vereinzelten Salutieren in Richtung des Barons traten die Gefährten aus dem Kreis aus.
“Werter Baron, als ebenfalls passionierter Jäger würde ich mich sehr freuen, wenn wir gemeinsam für Firuns Ruhm ausreiten würden. Zwar gehöre ich nicht zu den erlauchten Kreisen der Hofjagdloge der Hauptstadt, dennoch kann ich Euch von den Jagdmöglichkeiten im Südmeer unterrichten, wenn's beliebt”, fragte der Cavalliere und hatte eine gewisse Begeisterung in den Augen.
“Darf ich annehmen, dass der Vorschlag auf Eure Zustimmung sowie die der Baronessa stößt?”
Der Baron runzelte kurz die Stirn, blickte dann zur Baronessa. Diese lächelte und deutete mit einem Nicken eine Zustimmung an, sie war bereit, den Beiden zumindest noch bis zum Jagdbeginn Gesellschaft zu leisten. Danach würde sie sich der Jagdgesellschaft des Hauses Aralzin anschließen.
“Gut, lasst uns bis zur Firunandacht gemeinsam reiten und ihr erzählt mir ein wenig über die Lage in Valbeno. Danach werden wir sicher bei der Jagd selbst noch mehr Gelegenheit zur Plauderei haben.”
“Wie Ihr wünscht. Ich lasse für Euch direkt Pferde aufsatteln”, entgegnete der junge Signor.
Der Baron nickte seinem Leibdiener zu, der sofort vorauseilte, um die Jagdhelfer Mathesios zum vereinbarten Treffpunkt zu dirigieren. Dann schwang er sich auf ein bereitgestelltes Pferd. Die Baronessa schritt, nein glitt erhaben, zu einem weiteren Pferd, wo sie ihr elegantes Kleid mit geübten Handgriffen so faltete, dass ein Aufsitzen möglich war. Dabei entblößte sie ungerührt ihre grazilen Beine, die in edle Belhankaner Seidenstrümpfen gekleidet waren und ihre ebenso hochwertigen wie eleganten vielfach verzierten Schuhe. Ihre Kleidung war offenkundig eher für das Tanzparkett Vinsalts gemacht, denn für einen Ausritt, was sie jedoch kaum zu bekümmern schien. Sie reichte Cavaliere Verian die Hand, damit er beim Aufsteigen behilflich sein konnte und schwang sich geschickt in den Sattel. Sie ritt offenbar nicht zum ersten Mal in einem Ballkleid.
Danach setzte sich die kleine Gruppe in Bewegung. Der Baron wandte sich nun direkt an Verian. “Nun, Cavalliere, erzählt. Was gibt es neues in Valbeno und im Haus di Cerrano?”
“In Valbeno ist man aktuell guter Stimmung. So langsam steigern sich seit der Verwaltungsreform die Einnahmen unserer Bürger und ebenfalls erhebt sich in ihren Herzen auch die Hoffnung, dass die alten Narben aus dem Thronfolgekrieg nun endlich heilen. Wie Ihr bereits wisst, sind in der Herrschaft viele alte Soldaten meines Onkels nach den Wirren untergekommen, was es natürlich nicht einfacher machte ihnen die blutigen Albträume auszutreiben. Rahja sei Dank, dass die Kirche der lieblichen Göttin uns so stark unterstützte."
Der Signor unterbrach kurz, um sein Pferd zu loben, das relativ unbeeindruckt die ganze Geräuschkulisse der Jagdgesellschaften aufnahm, und nahm einen tiefen Luftzug.
“Einige meiner Klienten würden sich sehr freuen, wenn Ihr unserer Ortschaft das Marktrecht zusprechen würdet. Laut ihnen könnte man somit mehr Interessenten nach Valbeno locken statt den weiten Weg selbst auf sich zu nehmen. Diese Klienten wären Euch und Eurem Hause natürlich dann nicht nur mit Worten dankbar, mein Herr”, sprach Verian und hoffte, dass seinem Lehnsherrn seine direkte Art nicht missfiel.
Baron Mathesio dil Cordori runzelte ein wenig die Stirn.
“Nun, ich muss Euch leider enttäuschen, werter Cavalliere. Das Marktrecht wird üblicherweise vom Provinzherren verliehen und ich habe den begründeten Verdacht, dass Fürst Ralman selbst im Fall meiner persönlichen Empfehlung nur schwerlich davon zu überzeugen wäre Valbeno das Marktrecht zu verleihen. Zudem erscheint es mir fraglich, wie viele Händler ein Markt in einem Dorf so nahe der Hauptstadt anziehen würde. Selbst der Wochenmarkt in Ucurino setzt nur geringe Warenmengen um, hörte ich zuletzt von meinem Kämmerer.”
Der Baron zog seinen Mantel etwas enger, es war kühl in Aldyra an diesem Morgen des 1. Firun. Die Baronessa ritt zugleich ungerührt neben den beiden, die Kälte schien ihr nichts anhaben zu können. Eine Bote kam schnellen Schrittes von hinten heran und schloss im Laufschritt zu den langsam reitenden Adligen auf. Mit einer knappen Geste reichte er der Baronessa einen gesiegelten Brief, den sie zugleich öffnete und mit einem Lächeln überflog. Dann faltete sie das Papier sorgsam und ließ es im Ärmel ihres Kleides verschwinden.
Der Versuch unauffällig den Brief verschwinden zu lassen, blieb für Verian nicht verborgen.
“Was haltet ihr weiter von der Idee, wenn wir gemeinsam für Ucurino neue Privilegien anstreben und einen Handelsvorposten aufbauen? Zwar mag es in der ersten Zeit schwierig sein, aber wir alle aus der Baronie sind motiviert und werden uns nicht unterkriegen lassen. Ich bin überzeugt davon, dass der Fürst keinem Wohlstand im Wege stehen wird …”
“Zusätzliche Handelsprivilegien meint Ihr? Das wäre wohl nicht unmöglich, aber eben in Anbetracht der Lage der Baronie vor den Toren der Hauptstadt nur schwer umzusetzen. Aber wenn Ihr eine konkrete Vorstellung habt, wie wir Händler davon überzeugen können, in meiner Baronie Handel zu treiben, anstatt direkt in die Hauptstadt zu reisen, bin ich natürlich jederzeit offen.” Er grüßte einen ihm bekannten Edelmann, der gerade mit einem Hundeführer diskutierte, mit pflichtschuldiger Geste im Vorbeireiten. Dann sah er wieder zu Verian.
Lächelnd legte Verian seinen Kopf in den Nacken und ließ sich kurz die Wärme der aufstrebenden Praiosscheibe ins Gesicht strahlen, die so langsam die morgendliche Kälte verbannte.
“Dann werde ich Euch in den nächsten Tagen einige Skizzierungen zukommen lassen, in dem alles umfangreich ausgelegt ist, wie der Handel in Eurer Baronie verstärkt werden kann. Wäre es dann nicht ein starkes Auftaktzeichen für die Baronie, wenn Ihr und ich mit Jagdtrophäen zurückkehren würden?", sprach Verian. Ihm war dabei der volle Tatendrang eines jungen Cavalliere anzusehen, der dem Beginn der kommenden Jagd entgegen fieberte.
“Wohl gesprochen Cavalliere, möge der Herr Firun uns seine Gunst erweisen. Eure Vorschläge zur Stärkung des Handels in Ucurino erwarte ich nach der Jagd natürlich mit großer Vorfreude. Aber lasst uns den Genuss dieser herausragenden Jagd, die unser Horas für uns ausrichtet, nicht mit Handelsfragen verwässern.”
Der Baron war offenbar bester Laune und seine anfängliche Müdigkeit schüttelte er mit jeder Sekunde, in der die Jagd nahte, mehr und mehr ab.

Wie so oft an Dareius' Seite: Arion Amarinto

Kurz nachdem sie das südliche Stadttor passiert hatten, trafen der Baron, der Cavalliere und die Baronessa auf einen offenbar alten Bekannten der beiden, zwei Reiter, der eine schwarzhaarig, der andere mit feinen, fast schon elfischen Gesichtszügen und blondem Haar.
Der Baron rief lachend: Cavalliere Dareius, Aldyra ist zu klein für uns beide!”
Der Angesprochene war der schwarzhaarige Reiter, der in edle Jagdkleidung und einen dunkelroten Umhang gekleidet war und auf einer Fuchsstute ritt. Sein Begleiter mit den eher femininen Zügen, war in dunkle und unauffällige Jagdkleidung gekleidet und hatte kalte blaugraue Augen. Sein starrender Blick bohrte sich direkt in Verians Gesicht. Der Mann sah gefährlich aus, wie kaltblütiger Mörder oder emotionsloser Soldat. Trotz allem erweckte sein Aussehen ein seltsames Gefühl, als ob Verian ihm bereits einmal begegnet war. Er konnte sich jedoch beim besten Willen nicht an ein früheres Zusammentreffen erinnern.
Der Schwarzhaarige setzte ein müdes Lächeln auf und nickte, dann blickte er Verian in die Augen und nickte diesem freundlich zu. Als er zur Baronessa Ollantur sah, veränderte sich sein Blick und er wirkte fast ein wenig gequält. Dennoch lächelte er dünn und nickte er ihr ebenso zu: “Baronessa, wie immer eine Freude.”
Die Baronessa lachte unschuldig.
“Oh, Cavalliere. Warum so formell, als ob ihr den magischen Abend gestern in Vinsalt bereits verdrängt hättet?”
Dareius Amarinto lächelte weiterhin gequält. “Wie könnte ich das vergessen, Baronessa.”
Dann wandte er sich wieder an Verian. “Dareius Amarinto, Oberhaupt des Hauses Amarinto, erfreut Eure Bekanntschaft zu machen, Signor …?”
Er wartete höflich darauf, dass sein Gegenüber sich vorstellte.
“Die Freude ist ganz auf meiner Seite. Gestatten, Verian di Cerrano, Herr von Valbeno und Kroncastellan der Albornsburg*, sprach Verian und erwiderte mit einem Hackenschlag und einem Nicken die Begrüßung. “Wenn ich mich recht erinnere, habt Ihr vor ein oder zwei Götterläufen meinen Bruder Vigo im Turnier als Gegner gehabt. Ich war leider nicht dort gewesen, aber laut den Augenzeugen wart Ihr in guter Verfassung und habt meinen Bruder gut auf Trab gehalten.”
Der phecadische Cavalliere überlegte einen Moment, dann nickte er höflich.
“Habt Dank. Ja, ich erinnere mich. Das muss beim Großen Gestech von Urbasi im letzten Götterlauf gewesen sein, nicht wahr?” Er zögerte kurz. “Kroncastellan der Albornsburg sagt ihr? Ich dachte dieses Amt würde von Avesto d'Auspizzi bekleidet? Ich hoffe dem Cavalliere geht es gut?”
“Gewiss in Urbasi”, antwortete Verian kühl, “Mir obliegt nun die ehrenvolle Aufgabe für den Horas über das Aurelat zu wachen. Zudem kann ich Euch beruhigen. Signore d'Auspizzi geht es gut und er hat keinen einzigen Hauch seines Humors verloren. Ich bin mir sicher, dass er sich auf ein Gespräch mit Euch freuen wird.”
Dareius Amarinto nickte.
“Dann sind wohl Glückwünsche angebracht zu Eurer Ernennung, Cavalliere. Ich wünsche Euch viel Erfolg und eine ebenso geschickte Hand im Umgang mit den lokalen Adligen wie dem Cavaliere d’Auspizzi.”
Sein Begleiter, der feminine Krieger mit dem eiskalten Blick gab ein subtiles Handzeichen, welches Dareius im Augenwinkel registrierte.
“Baron dil Cordori, Baronessa Ollantur, Cavalliere di Cerrano, es war mir eine Ehre. Doch nun erwartet uns die Jagdgesellschaft des Herzogs von Grangor. Möge der Herr Firun Euch wohlgesonnen sein bei der Jagd!”
Er verneigte sich knapp und der Baron nickte ihm freundlich zu, die Baronessa Ollantur sah den phecadischen Cavalliere mit einem fast schon spöttischen Lächeln an und nickte fast unmerklich. Dann ritten er und sein Begleiter in eine andere Richtung davon.

Die Gemeinschaft ritt noch ein wenig weiter und, wie zugesagt, fing Verian an über die Jagdmöglichkeiten im Süden Aventuriens zu erzählen. Nach einem guten Schwung an vielerlei Abenteuern wurden die Zuhörer aus den Geschichten gerissen, als ein hitziger Streit an die Ohren der Reiter drang. Sofort wurde der Trab schneller und rasch erkannte man die Quelle, die die für die Jagd wichtige Boronsruhe erheblich störte.
Es waren zwei junge Männer, beide hatten höchstens 25 Götterläufe auf ihren Schultern, die abseits einer ebenfalls noch recht jungen Dame mit wilden Gestiken mit Worten fochten. In dem rhetorischen Gefecht erkannten die Reiter erst das Wappen der Familie Berlînghan und ein paar Atemzüge später auch das zweite Wappen. Es war ein silberner Panzerhandschuh auf grünem Grund zu erkennen, das Zeichen des Hauses Marvinko.
Verian sprang als Erster von seinem Pferd und begegnete mit einem recht autoritätsstarken Auftreten, wie man es auch in der Armee an den Tag legen muss, den beiden Streithähnen.
“Aber meine Herren! Es gibt keinen Grund um an einem solch schönen Tag den Jagdfrieden zu stören, der auch vom Horas selbst angeordnet wurde", sagte Verian in einem lauten, aber sehr höflichen Ton. Überrascht zuckten beide zusammen und hielten inne.
“Es steht Euch beiden nicht gut, Euch hier zu streiten. Dafür sind Eure Häuser zu ruhmreich und der Tag wirklich zu herrlich. Nun, ich bitte Euch, uns freundlicherweise den Grund für diese Auseinandersetzung mitzuteilen, wenn es Euch beliebt”, sprach Verian mit verschränkten Armen.
Währenddessen saßen auch einige der Begleiter ab und traten näher.
“Cerrano!”, entgegnete der Knabe mit dem Berlînghan-Wappen und einem ziemlich verschmitzten Grinsen, “... gut, dass Ihr hier seid. Ihr könnt nun dem Schurken mitteilen, dass die Dame hier mich zu ihrem Streiter für die heutige Jagd auserkoren hat und nicht ihn.”
Die Reaktion des Marvinko-Gefolgsmanns ließ nicht lange auf sich warten: “Erzähl das deinen Hunden! Sie bat mich! Mich!”
Verian erstickte die anbahnende neue Konfrontation zügig mit den Worten: “Lassen wir die Dame sprechen. Nur sie kann uns hier mit der Wahrheit aushelfen und diesen kleinen Disput beilegen.” Er ging auf die etwas abseits stehende junge Dame zu, machte eine kurze Verbeugung samt Hackenschlag und kehrte mit ihr, die ihren Arm nach einer höflichen Aufforderung in den Arm von Verian legte, zurück in die Runde.
Baron Mathesio dil Cordori blieb auf seinem Pferd sitzen und betrachtete interessiert die Szenerie mit unergründlichem Blick. Die Baronessa Ollantur hatte ihr Pferd ebenso zum Halten gebracht und betrachtete die beiden Streithähne mit einem belustigten Lächeln im Mundwinkel. Der jungen Dame sandte sie hernach einen kurzen, mitleidigen Blick.
Währenddessen schloss eine Reiterin zu der Gruppe auf, eine junge Kriegerin, deren Mantel ebenso wie der, den die Baronessa Ollantur trug, ein rotes Muschelhorn auf silbernen Grund zeigte. Ihre Gesichtszüge ähnelten der Baronessa, jedoch war sie weitaus athletischer und kräftiger. Sie stoppte ihr Pferd neben der Baronessa, ihr Schwert schlug mehrmals klappernd gegen einige metallene Teile ihres Sattels. Sie nickte dem Baron respektvoll zu und wandte sich an die Baronessa.
“Was ist denn hier los, Schwester?”
Die Angesprochene sah nicht zu ihr herüber, die Augen fest auf der Szenerie vor ihnen.
“Oh, nur eine kleine Meinungsverschiedenheit zwischen den Signores darum, wer der Dame seine Jagdtrophäen widmen darf.”
Die neu angekommene Reiterin blickte auf das Schauspiel vor ihnen und rollte nur mit den Augen.
“Auch deswegen jage ich lieber selbst”, sagte sie schließlich leise, mehr zu sich selbst.

Stößt zu ihrer Schwester dazu: Nandura Ollantur

Währenddessen konnte sich die Lage bei den Signores klären. Beschämt von der Aussage der jungen Dame gaben sich die beiden Streithähne die Hand.
“Wohl an. Wir vergessen nun die ganze Geschichte”, sagte Verian mit einem erleichterten Lächeln. “Vielleicht gewährt Ihr mir noch die Ehre, mir bei einem Essen Gesellschaft zu leisten? In Valbeno werdet Ihr stets Gastfreundschaft erfahren, meine Herren.”
“Habt Dank, wir werden es in Erwägung ziehen. Weiteres besprechen wir während der Jagd. Gehabt Euch wohl, Cerrano”, sprach der Wappenträger der Berlînghan und sein Marvinko-Gegenpart stimmte nur mit einem Nicken zu. Mit einer leichten Verbeugung verabschiedeten sich die Signori voneinander.
Umgehend ging Verian wieder auf sein Ross zu und saß auf.
Als er die Schwester der Baronessa sah, hielt er kurz inne und begrüßte sie dann mit den Worten: “Signora Ollantur. Welch eine Freude. Verzeiht bitte, dass ich Euch nicht umgehend begrüßt habe als Ihr zu uns gestoßen seid. Ich habe eine angenehme Unterhaltung mit zwei Ehrenmännern geführt.”
Die jüngere Ollantur hob beschwichtigend die Hände. “Es bedarf keiner Entschuldigung, Ihr war ja beschäftigt, Signor. Nandura Ollantur, die jüngere Schwester der Baronessa und Cavallerista unseres Hauses, erfreut Eure Bekanntschaft zu machen, Signor …?” Sie reckte ihm die behandschuhte Hand zum Handschlag herunter.
Die Geste nahm der junge Signor an.
“Verian di Cerrano. Kronkastellan der Albornsburg und somit neue Standarte des Horas im Aurelat. Ich stehe Euch zu Diensten”, entgegnete er und drücke etwas fester. “Ich nehme an, dass Ihr uns bei der Jagd beiwohnt oder jagt Ihr lieber allein?”
Die Ruthorer Ritterin nickte eifrig.
“Natürlich, meine Schwester und ich werden die Jagd als Teil der Jagdgesellschaft unserer Lehnsherrin, der Gräfin von Bethana, beginnen. Ihr werdet die Jagdgesellschaft Vinsalts verstärken, nehme ich an?”
“Gewiss, Signora. Jedoch nicht im Gefolge der Vinsalter Hofjagdloge. Diese Ehre wurde mir noch nicht gegeben. Einige der Case Novici werden noch dazustoßen und die Gemeinschaft vervollständigen und dann reiten wir für des Horas' Ruhm und um Firuns Gunst”, antwortete der Valbener Adlige und faltete die Hände zu einem kurzen Gebet. “Ich bete auch um Euer Glück. Möge Firun Euer Jagdgeschick leiten.”
Nandura grinste.
“Das wünschen wir Euch auch, Cavalliere.”
Sie deutete mit einem leichten Kopfnicken zu ihrer älteren Schwester.
“Dass ich Eure Spur gefunden habe, liebste Schwester, ist vielleicht ein gutes Zeichen für die kommende Jagd”, sagte sie schließlich mit dezent vorwurfsvollem Ton.
“Ich hoffe, dass sich Euer Gefühl bewahrheitet", meinte Verian, "... wäre doch sehr bedauerlich, diesen herrlichen Tag nicht mit einer Trophäe krönen zu können, findet Ihr nicht auch, Baron?”
Die Worte des Signor schienen den Herrn von Ucurino aus den Gedanken gerissen zu haben.
“Entschuldigt, ich bin noch etwas erschöpft von den Feierlichkeiten des gestrigen Tages. Aber ja, eine schöne Trophäe am ersten Jagdtag wäre die Krönung einer außerordentlichen Woche.”
Der Baron sah zufrieden aus, aber der Gedanke an eine erfolgreiche Jagd verlieh ihm sichtlich neue Lebensgeister.

Als die Gruppe bei den unterschiedlichen Jagdgesellschaften angekommen waren, verabschiedeten sich die Baronessa und ihre Schwester, um sich dem Golge der Gräfin von Bethana anzuschließen. Während sich Nandura Ollantur knapp verneigte, lenkte die Baronessa ihr Pferd neben das von Verian und hielt ihm die Hand zum Kuss hin.
“Cavalliere, es war mir eine Freude Euch kennenzulernen. Viel Erfolg bei der Jagd und auf ein baldiges Wiedersehen!” Ihr Lächeln war zuckersüß und unschuldig wie das eines Kindes, wodurch sie noch jünger wirkte als sie tatsächlich war.
“Auch mir war es eine Freude, Signora”, entgegnete Verian als er ihr den geforderten Kuss auf die Hand hauchte. “Möge Rahja Euer wunderschönes Antlitz ewig erhalten.”
Ebenso wandte er sich ihrer Schwester zu und nach einem kurzen Zögern erwies er ihr mit dem rondrianischen Gruß, einem Schlag auf die Brust mit geballtener Faust, seinen Respekt.
Von der Ferne ertönten bereits die ersten Hornstöße als Ankündigung der baldigen Firunsandacht. Die Reiter sammelten sich und gaben ihren Pferden die Sporen.


*Cavalliere Verian kommt hier seiner formell noch bevorstehenden Ernennung zum Kroncastellan unverfrorenerweise zuvor.