Briefspiel:Königsturnier/23. Rahja II: Unterschied zwischen den Versionen
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Dennoch war es wieder der Constabler, der als Erster angriff. Mit einem geraden Stoß signalisierte er, dass er immer noch darauf brannte, das Duell für sich zu entscheiden. Signore Hesindiano aber wehrte den Schlag ab, indem er auswich und zum Gegenschlag ausholte. Diesem hielt der Constabler Ruthors zwar stand, wenngleich er unter der Wucht des Schlages zurückweichen musste. Erneut attackierte Signore Amarinto als erster und nur mit Mühe konnte sein Kontrahent den wuchtigen Hieb parieren. Das Schwert knirschte, als der Hieb des anderen daran hinabfuhr. Sogleich setzte der Constabler nach, jetzt sollte die Entscheidung fallen. Zwei weitere, diesmal seitlich geführte Hiebe krachten erst gegen den Schild und dann seitlich gegen den Waffenarm Hesindianos, der zurücktaumelte. Die Gegenstöße des Erbfolgers des Hauses della Trezzi waren schwach geführt und glitten harmlos am Schild mit dem Pfeilbündel der Amarinto ab. Dem abermals zurückweichenden Gegner setzte Signore Dareius nun nach, seine gepanzerten Fersen gruben sich in den Sand und der Krieger sprang nach vorne, seine ganze Kraft in einen Schwerthieb legend. Doch entweder war die Schwäche Hesindianos nur vorgetäuscht oder er hatte seine letzten Kraftreserven genutzt, denn der Trezzi wich dem Angriff Dareius‘ durch eine seitliche Drehung aus, kam herum und schlug seinem vorbeistürmenden Kontrahenten das Schwert mit solcher Wucht in den Rücken, dass der Constabler in die Knie ging. Dareius‘ griff nach seiner Klinge, die seiner Hand leicht entglitten war, doch da war Hesindiano della Trezzi heran und setzte ihm die Schwertspitze auf die Brust. Da ließ Signore Amarinto seine Waffe sinken und ergab sich seinem Schwager. Dieser half dem Bruder seiner Frau zunächst auf die Beine, bevor er sich verhalten, aber selbstbewusst, den verdienten Jubel abholte. | Dennoch war es wieder der Constabler, der als Erster angriff. Mit einem geraden Stoß signalisierte er, dass er immer noch darauf brannte, das Duell für sich zu entscheiden. Signore Hesindiano aber wehrte den Schlag ab, indem er auswich und zum Gegenschlag ausholte. Diesem hielt der Constabler Ruthors zwar stand, wenngleich er unter der Wucht des Schlages zurückweichen musste. Erneut attackierte Signore Amarinto als erster und nur mit Mühe konnte sein Kontrahent den wuchtigen Hieb parieren. Das Schwert knirschte, als der Hieb des anderen daran hinabfuhr. Sogleich setzte der Constabler nach, jetzt sollte die Entscheidung fallen. Zwei weitere, diesmal seitlich geführte Hiebe krachten erst gegen den Schild und dann seitlich gegen den Waffenarm Hesindianos, der zurücktaumelte. Die Gegenstöße des Erbfolgers des Hauses della Trezzi waren schwach geführt und glitten harmlos am Schild mit dem Pfeilbündel der Amarinto ab. Dem abermals zurückweichenden Gegner setzte Signore Dareius nun nach, seine gepanzerten Fersen gruben sich in den Sand und der Krieger sprang nach vorne, seine ganze Kraft in einen Schwerthieb legend. Doch entweder war die Schwäche Hesindianos nur vorgetäuscht oder er hatte seine letzten Kraftreserven genutzt, denn der Trezzi wich dem Angriff Dareius‘ durch eine seitliche Drehung aus, kam herum und schlug seinem vorbeistürmenden Kontrahenten das Schwert mit solcher Wucht in den Rücken, dass der Constabler in die Knie ging. Dareius‘ griff nach seiner Klinge, die seiner Hand leicht entglitten war, doch da war Hesindiano della Trezzi heran und setzte ihm die Schwertspitze auf die Brust. Da ließ Signore Amarinto seine Waffe sinken und ergab sich seinem Schwager. Dieser half dem Bruder seiner Frau zunächst auf die Beine, bevor er sich verhalten, aber selbstbewusst, den verdienten Jubel abholte. | ||
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Aktuelle Version vom 5. August 2023, 17:21 Uhr
Tarquinio della Pena fordert Ariano Sal von Veliris
Kämpfer aus zwei Häusern standen einander nun gegenüber, die einst Seite an Seite um Rang und Ruhm gefochten hatten: Hier Tarquinio della Pena, der jüngere Bruder des berüchtigten und nunmehr unter dem Henkersbeil gefallenen „Grafen“ von Bomed und dort Ariano Sal von Veliris, der Sohn des ebenfalls notorischen, gleichnamigen Barons von Veliris, dereinst Gönner und Schwiegervater des Grafen Horasio – und noch länger tot als derselbe. Viele glaubten dennoch, dass die Vergangenheit beider Häuser für dieses Duell von Bedeutung war und Tarquinio della Pena den Bruder des heutigen Barons von Veliris nicht ohne Grund zum Kampf gefordert hatte. Denn viele sagten – und es war auch im Vorfeld des Kampfes mancherorts zu hören – dass Horasio della Pena heute quicklebendig und fest auf dem Grafenthron zu Bomed säße, hätte ihm das Haus Veliris nicht die Freundschaft gekündigt und die Unterstützung versagt.
Als die beiden Kämpfer einander an den äußersten Enden der Geronsbahn gegenüberstanden, war die Erwartung daher nicht ohne Grund aufs Höchste gespannt. Die Posaune hatte kaum das Signal gegeben, als Ariano auch schon seinen Posten verlassen hatte. Etwas zögerlicher wirkte dagegen Tarquinio della Pena, bevor er seine Lanze in festem Griff packte, und voranpreschte.
Die Pferde wirbelten den Sand auf und schließlich stießen alle vier, Reiter und Rösser, in der Mitte der Bahn mit donnerndem Krachen aufeinander. Die Lanzen zersplitterten bis zum Handgriff und im ersten Lidschlag schien es manchem Zuschauer, der dies durch lautes Rufen kundtat, als seien beide Ritter gefallen, denn beide Pferde wichen zurück und setzten sich auf die Hinterhand. Doch bald schon, erst Tarquinio dann Ariano Sal, ließen die Reiter durch heftiges Rucken an den Zügeln ihre Pferde zunächst aufstehen und dann wieder zurück zur rechten Stellung traben.
Beim zweiten Aufeinandertreffen zielte der Baronsbruder auf den Mittelpunkt des Schildes seines Gegners, wo der silberne, geflügelte Löwe prangte und traf ihn dort so genau und heftig, dass die Lanze sich bog und brach und der della Pena im Sattel bedenklich schwankte. Dieser hatte seine eigene Lanze im letzten Augenblick von der Mitte des Schildes nach oben, gen Helm seines Kontrahenten geführt – das schwerer zu treffende Ziel bot den gefährlicheren Treffer. Doch die schwarze Lanze Tarquinios schrammte nur über Schnauze des Drachenmauls auf dem Helm des Veliris und zerrupfte den blauen Federbusch. Sein Kontrahent hingegen stämmte sich mit Macht gegen den wuchtigen Lanzenstoß Ariano Sals und wäre der Sattelgurt nicht gerissen, hätte der Reiter seinen Tjost wohl fortsetzen können. So aber rollten Sattel, Pferd und Mann in einer Staubwolke auf den Boden. Während mancher, der das schwarze Band der Unterstützer des Schwarzen Ritters trug, da in lautes, wütes Rufen verfiel, erhob sich Jubel für den tapferen Drachenkämpfer Ariano Sal, dessen Kampfkunst ihm einen neuerlichen Sieg und den Platz unter den besten 16 Streitern des Reiches eingebracht hat!
Ob es indes Rondras Ratschluss gewesen war, wie später mancher behauptete, der die Taten der Veliris als rechtens erklärte und die Niederlage der della Pena im Norden mit diesem Duell erneut bestätigte, vermag freilich keiner zu entscheiden.
Gianbaldo Carson fordert Gerone vom Berg
Die nächste Begegnung wusste um eine ähnliche Brisanz wie die zwischen den einstigen Verbündeten Häusern della Pena und Veliris, reichte in ihrer Bedeutung jedoch über die Grenzen des Reiches: Baron Orsino Carson, der Onkel des nun auf die Bahn reitenden Leutnant Gianbaldo' war, wie wir erfuhren, in der Vergangenheit ultra montibus mehrmals als strenger Verfechter der horasischen Sache aufgetreten, nicht zuletzt bei der Krönung des almadanischen Fürsten Gwain von Harmamund. Schon in der Hauptrunde des Turniers war auf der anderen Seite die Gräfin Gerone vom Berg mit Gegnern konfrontiert worden, die es einer Almadanerin missgönnten – ausgerechnet in Arivor! – zum Turniererfolg zu reiten. Nun, soweit war es noch nicht, der Leutnant der Sheniloer Drachenreiter hatte sich nicht umsonst bis in die Runde der letzten 32 vorgekämpft. Die Entschlossenheit der Gräfin mochte an der Schnelligkeit ablesbar sein, mit der sie heute die Geronsbahn betrat und sich auf den Rücken ihres Rosses schwang. Auf der anderen Seite der Bahn öffnete sich die Zeltplane und bald darauf war er da: Gianbaldo ritt auf die Turierbahn, in der rechten Hand hielt er bereits seine Lanze. Statt sich aber direkt dem Erzherrscher oder seiner Gegnerin zuzuwenden, wandte sich der Leutnant mit lauter Stimme an die Umstehenden.
„Als Schüler dieser Stadt, als Schüler der Ardariten, als Krieger Rondras und als Carson, die stets die Gebote Rondras ehren, möchte ich mitteilen, dass die mir zur Verfügung gestellte Turnierlanze manipuliert wurde, wohl um Schaden auf den Orden, mein Haus oder meine Gegnerin, oder alle drei, zu lenken.“ Mit diesen Worten zerbrach er den Schaft der Lanze auf dem Boden des Turnierplatzes, sodass die Metallstange im Kern sichtbar herausragte.
Im Publikum war ein Raunen zu hören. „Schon wieder?“ fragte sich da mancher zu recht. Aber Leutnant Gianbaldo hatte noch nicht geendet: „Ich werde mit gleichen Waffen siegen oder mein Sieg wird kein Sieg sein. Gebt mir eine andere Lanze. Rasch!“
Das Publikum stutzte einen Moment, dann erhob sich anerkennender Applaus, während Gianbaldo, den Beifall sichtlich genießend, sein Pferd herumlenkte, um einem Knappen, der mit einer Ersatzlanze herbeieilte, entgegenzureiten.
Nun endlich waren beide Reiter zum Kampfe gerüstet und rasten einander auch sogleich entgegen, als die Persevantin Niam von Weilenschein das Signal gab. Dass auch die almadanische Gräfin nicht mit einer verstärkten Lanze focht – wie nur einige wenige Münder im Publikum zuvor getuschelt hatten – wurde gleich im ersten Lanzengang gewahr, denn Gerone vom Berg lenkte ihren Rennspieß so trefflich gegen die Seite des Leutnants aus der Ponterra, dass der Schaft am Hahnenschild brach. Der Leutnant, schwer durchgeschüttelt, konnte sich dennoch mit einiger Anstrengung im Sattel halten, während sein eigener Stoß ins Leere ging. Beim zweiten Lanzenritt war Signore Carson von dem Treffer noch immer etwas beeindruckt, jedenfalls gelang es ihm diesmal aber seine Lanze am gepanzerten Waffenarm der Gräfin entlangschrammen zu lassen, ohne die Gräfin damit jedoch aus dem Sattel werfen zu können. Der Hahn wurde derweil ein weiteres Mal getroffen. Der Schild Gianbaldos sah nunmehr wahrhaft ‚gerupft‘ aus, ihm fehlte unten gar ein fingerdickes Stück Holz, aber der Schutz hielt und der Leutnant blieb abermals im Sattel. Das Publikum jubelte ihm zu, denn trotz der überlegenen Reitkunst der Gräfin, die ohnehin besonders in Arivor nicht viele Freunde hatte, war spätestens der Lanzenvorfall für die meisten Grund genug gewesen, ihre Gunst vollends dem Liebfelder aus den Kernlanden zu schenken.
Als auch der dritte Anritt – beide Lanzen waren ins Ziel gelenkt, schrammten jedoch nur am Panzer bzw. Schild entlang – glitt Domna vom Berg, wie man sie wohl jenseits der Goldfelsen ruft, aus dem Sattel, als trüge sie nicht das Gewicht einer Rüstung auf den Schultern und hatte Reitersäbel und Schild parat, fast ehe Gianbaldo Carson überhaupt sein Pferd gewendet hatte. Dennoch packte er seinen malträtierten Hahnenschild fest und blickte seiner Gegnerin entschlossen entgegen.
Wer sich im Schwertkampf auskannte, konnte beobachten, dass die Gräfin von der Südpforte ihrem Gegner überlegen war. Fast wirkte das ungleiche Duell gar, als würde Gerone mit dem Carson spielen wie eine Katze mit einer Maus. Das Schild voran, drang die Gräfin nun auf Gianbaldo ein und ließ seitliche und von oben herabsausende Hiebe auf ihren Gegner regnen. Als er seinerseits zum Gegenangriff überging behielt die Gräfin ihren Schild unten und wehrte die Klingenschläge des Leutnants stattdessen mit ihrer eigenen Waffe ab, als wolle sie zeigen, dass sie nichtmal das Schild benötigte. Als sich beide zum zweiten Mal voneinander trennten, rief Gerone dem Carson etwas zu, was aber in den Zuschauerreihen nicht zu verstehen war. Jedenfalls verleitete es diesen offenbar zu einem Angriff, der sich bald als unbedacht herausstellte. Diesmal ließ die Gräfin den wuchtigen Hieb ihres Gegenübers doch am Schilde abgleiten und nutzte dessen eigenen Schwung um hinter ihn zu treten und ihm mit so viel Kraft den Schwertknauf in den Nacken zu schlagen, dass der Leutnant in die Knie ging. Von dort rappelte er sich nicht wieder auf, sondern musste sich geschlagen geben, während die Gräfin ihren Sieg feierte – sehr zum Missfallen der meisten Zuschauer.
Sirlan di Matienna fordert Rondrajane von Veliris
Der Reizer ritt zuerst auf die Turnierbahn, in eine polierte, aber nicht neue Gestechrüstung gehüllt, deren Helm mit hohem Kamm Sirlan di Matienna wirken ließ, als habe er einen besonders langen Hals. Die dominierenden Farben waren weiß und rot, auf dem Wappenschild war der Biber des Arinkener Baronshauses zu erkennen. Seine Kontrahentin, Rondrajane von Veliris, war ungleich opulenter gerüstet, wovon sich die meisten Zuschauer bereits bei der Helmschau hatten überzeugen können. Ihr verzierter Stechhelm mit den lilienhaltenden Löwen zog dennoch erneut die Blicke auf sich. Die einstige Siegerin der Goldenen Lanze von Bomed war leicht favorisiert und die meisten – so auch die Wetten in der Blutlese – erwarteten daher, dass Rondrajane ihrem Bruder Ariano Sal in die Runde der letzten 16 folgen würde.
Und in der Tat hätte die Schwester des Barons von Veliris beinahe schon zu Beginn den Sieg errungen, allerdings wäre der Kampf um ein Haar blutig zuende gegangen: Beide Reiter preschten aufeinander los, als eine Unebenheit, ein Stein oder ein nicht beiseitegeschafftes Bruchstück einer Lanze den schwarzen Hengst Rondrajanes kurz vom dem Aufeinanderprallen aus dem Tritt gebracht haben mochte. Jedenfalls glitt ihre Lanze, zu hoch gezielt, vom Schild ab und traf ihren Gegner unterhalb des Schlüsselbeins, wenige Finger breit neben seinem Hals. „Eine böse Stelle“, riefen da manche, „da könnt er hin gewesen sein...mit zerrissener Kehle!“ Und natürlich erinnerte man sich nun an jenen Kampf des Arinkeners in der Hauptrunde, als die Lanze seines ponterranischen Gefährten Thalion Gabellano ihn schier das Leben gekostet hatte.
Doch offenbar, so schien es nun, war Phex auf der Seite Sirlans, denn wiederum wurde dieser beim Stoß der Veliriserin nicht ernstlich verletzt, sondern konnte sich sogar im Sattel halten. Die folgenden beiden Anritte sahen die Veliriserin erneut im Vorteil, gleich zweimal traf ihre Lanze den Biberschild Sirlans, doch der Capitano Generale der Fürstin von Toricum hielt sich wiederum aufrecht im Sattel. Er schien sich selbst vornehmlich auf einen sicheren Sitz im Sattel und einen festen Schildarm zu konzentrieren, denn seine eigene Lanze schrammte nur einmal wirkungslos über die Brünne der Veliriserin.
Nicht zum ersten Mal am heutigen Tage stiegen deshalb die Reiter von ihren Pferden, um die Lanze gegen das Schwert zu tauschen.
Dieses Mal, zu Fuß, war es Sirlan di Matienna, der zuerst in die Offensive ging. Er eröffnete den Schwertkampf mit einem tiefen Schlag gegen die linke Seite der Veliriserin. Diese wich dem Schlag jedoch nach rechts aus und schlug nun ihrerseits zu. Der Schlag kam von oben und traf den weißen Schild mit der roten Umrandung, den Sirlan führte, mit großer Wucht. Im Gegenzug versuchte der Arinkener sein Schwert in die Rüstung der Gegnerin zu treiben – der Schild verhinderte das Manöver, Rondrajane wurde aber aber etwas zurückgetrieben.
Signor di Matienna versuchte nun erkennbar, am Schild seiner Gegnerin vorbeizukommen. Immer wieder schlug er auf den Schild und immer wieder traf das Schwert den Schild dort, wo der Arm Rondrajanes war. Die Baronsschwester griff ihrerseits an und landete einen Hieb über dem gepanzerten Knie ihres Widersachers, der allerdings ohne sichtbares Humpeln zurückwich. Dabei führte er einen Abwehrhieb, der die Signora davon abhielt, ihm nachzusetzen. Nachdem sich beide kurz umkreist hatten war wieder der di Matienna schneller und traf den Schild Rondrajanes, den diese schützend vor sich gehoben hatte. Nur Kundige konnten jetzt schon erahnen, dass der Schildarm Rondrajanes von den heftigen Schlägen herabgedrückt wurde. Wieder schlug nun der Capitano Generale zu. Ein wuchtiger Schlag von oben, dann folgte ein Schlag von der Seite. Der Hieb, der wie ein Lanzenstoß auf die Brust seiner Gegnerin gezielt war, endete wiederum im Schild. Doch diesmal blieb der Gegenangriff aus, Rondrajane wich zurück und packte ihren Schild noch einmal fester. Die roten Lilien darauf waren zerkratzt und zerhauen.
Mit einem dumpfen Schrei, der in ihrem kunstvollen Helm wiederhallte, drang nun die Signora Veliris kraftvoll vor und fast schien es, als könnten ihre Hiebe den Gegner bezwingen. Doch im letzten Augenblick verfing sich die Klinge ihrerseits im Gebiss des Bibers, dem Wappenschild Sirlans. Dieser setzte sogleich zum Gegenangriff an, wobei ihm der leicht abgesenkte Schildarm Rondrajanes nun half: Der Schwertstich war etwas höher gezielt, als die bisherigen Attacken und traf den Lilienschild nahe am oberen Rand. Handgelenk Rondrajanes und Schild klappten zurück und das Schwert fuhr über den Schild hinweg! Mit solch großer Kraft hatte der Arinkener den Stich geführt, dass seine Klinge zwischen zwei Stahlplatten durchgedrungen war und das darunterliegende Wams zerschnitten hatte.
Der Schildarm Rondrajanes sackte nun endlich ganz herab, die zertretenen Lilien fielen in den Sand der Geronsbahn. Noch hielt sie das Schwert sichernd vor sich, aber als ein dünnes Rinnsal Blut über ihren linken Arm lief, ging ein Raunen über die Tribüne, als die Ersten begriffen, dass der Kampf nicht weitergehen würde.
Schwer atmend, aber mit erhobener Klinge wartete Signore Sirlan derweil. Dann endlich gab die Turniermarschallin das Signal – die Baronsschwester von Veliris war zur gleichwertigen Fortsetzung des Kampfes nicht mehr in der Lage, das Duell war entschieden!
Usvina Cordur fordert Batiste d'Imirandi
Den Anfang machte Usvina Cordur, die als Geharnischte Löwin manchen Zuschauer auf ihre Seite gebracht hatte. Sie sorgte für Aufsehen, als sie nicht nur im Gewande der Cordur, mit dem behelmten Löwen auf blauem Grund auf dem Schild, sondern mit einer hohen Standarte mit Drachenkopf und rotem Windsack auf die Bahn ritt. Diese hatte ihr kurz zuvor der eigens erneut auf die Bahn getretene Gianbaldo Carson gereicht, der die Standarte nun auch wieder an sich nahm. Von Militärkundigen aus den Kernlanden erfuhren wird, dass diese Standarte den Sheniloer Drachenreitern ins Feld vorangetragen wird und somit auch das Feldzeichen der Geronsstadt darstellt. Nach dem Ausscheiden des tapferen Leutnants Gianbaldo war Usvina vielleicht nicht die letzte Ponterranerin im Turnierfeld, die noch Aussichten auf den Sieg hatte, aber die letzte von drei Drachenreiterin, die am Turnier teilgenommen hatten.
Ohne ähnlich prunkvolles Zeichen, aber in einer ähnlichen Situation, lenkte derweil auch Batiste d'Imirandi sein Pferd in die Schranken. Nach den Niederlagen der drei weiblichen Löwenritterin, Luca di Onerdi, Bardica della Cordaio und zuletzt Oljana von Tomrath, deren Seele gnädig gewogen werden möge, war Batiste d'Imirandi das letzte echte Mitglied der Rondra-Kirche im Teilnehmerfeld. Es nahm deshalb nicht wunder, dass es vor allem die rot-weiß gewandeten Ardariten, manche Pilger und die gläubigen Arivorer waren, die dem Patriarchen des Ruthorer Geschlechts durch lauten Jubel Turnierglück wünschte.
Auf das Signal der Persevantin hin setzten sich beide Pferde in Bewegung, trabten rasch und galoppierten bald auf ihren Widerpart zu. Die Lanze Usvina Cordurs kam einen Herzschlag vor der ihres Kontrahenten nach unten und war famos gezielt: Über den Rossschopf und am Turnierschild Batistes vorbei krachte die Lanze fast direkt auf die Kirsche, die die Platte des Patriarchen der Imirandi seit der Finalrunde zierte und schüttelte den Getroffenen schwer durch, während sein eigener Rennspieß harmlos am Schild seiner Gegnerin abglitt. Schon war der Jubel für die „Gerharnischte!“ und die „Löwin von Shenilo!“ groß, aber der erfahrene Reiter konnte sich mit sichtlicher Anstrengung noch einmal im Sattel halten. Am Ende der Turnierbahn wendeten beide Kämpfer ihre Rösser und der Jubel der Menge schwoll an. Alle spürten, dass dieses Duell zwei ebenbürtige Gegner ausfochten. Batiste gab seinem Pferd die Sporen und war diesmal der erste auf der Turnierbahn. Doch wieder senkte sich die Lanze der Signora Cordur etwas rascher – aber diesmal war der Herr von Imirandi vorbereitet, die Kirsche auf dem Schild schützte diejenige auf der Brust. Dafür fand der silbern-rot umwickelte Rennspieß Batistes sein Ziel, schrammte über den blaubemalten Schild Usvinas und traf sie an der Schulter. Gefährlich neigte sich die Geharnischte Löwin im Sattel nach hinten, aber auch ihr gelang es, auf dem Pferderücken zu bleiben!
Noch einmal schwollen die Rufe auf Tribüne und aus den Zuschauerreihen am Rande der Geronsbahn an. Diesmal dauerte es länger, bis der dritte und letzte Anritt signalisiert wurde. Beide ließen sich neue Lanzen geben, Xeila di Lionessa, die junge Knappin des Imirandi wischte diesem mit einem Tuch den Schweiß aus der Stirn, während der junge Ardarin Lucian, der für Usvina Cordur verantwortlich war, mit einem kleinen Metallhammer versuchte, die Beule im Schulterpanzer der Leutnanta zu beheben.
Ein drittes Mal senkten sich schließlich die Lanzen und flog der Sand hinter den Pferdehufen durch die Luft, doch dass die im Tjost verbliebenen Kämpfer allesamt hervorragende Lanzenreiter sind, konnte einmal mehr daran erkannt werde, dass die Entscheidung nicht auf dem Pferderücken, sondern auf dem Sand der Bahn im Fußkampf fallen musste. Denn beide Lanzenstöße trafen zwar, wurden jedoch an Panzer und Schild des Getroffenen abgefangen, ohne den Sieg zu bringen.
Während Batiste d’Imirandi die Mehrzahl seiner Duelle zu Fuß beendet hatte, war es für Leutnanta Cordur erst das zweite Mal an jenen Arivorer Turniertagen, dass sie ihr Glück abgesessen versuchen musste. Ihr letztes Duell zu Fuß, gegen den zuvor glücklosen Ritter Pulpio Tribêc, hatte sie zudem knapp verloren. Trotz der beeindruckenden Fähigkeiten, die Batiste mit seinem Schwert Tragosto bisher gezeigt hatte – er war nach einem schier ewigen Schlagabtausch bisher nur Darion Amarinto unterlegen gewesen – ging die Drachenreiterin, den Rabenschnabel voran, als erste zum Angriff über. Batiste war trotz seines höheren Alters noch immer schnell mit dem Langschwert, allerdings sah man ihm die Kämpfe der letzten Tage – und nicht zuletzt den, in dem er gerade noch steckte – auch an seinen Bewegungen an.
Eine Reihe von Schlägen prasselte auf den Herrn von Imirandi nieder und dumpf hallt es über das Schwerterfeld, als Batiste ein ums andere Mal gezwungen war, die wuchtigen Hiebe der Leutnanta mit seinem Schild abzufangen. Schließlich führte die Drachenreiterin einen Stoß mit dem Kopf ihres Reiterhammers nach der Brust Batistes aus, dem dieser nur durch Rückwärtsschritt auszuweichen vermochte. Aber die Schwertkunst des Imirandi wurde sogleich erkennbar, als er der nachsetzenden Gegnerin einen Schlag mit der flachen Seite des Langschwerts verpasste, der sie aus dem Tritt brachte. Nun musste die Leutnanta mit einem eiligen Sprung Distanz zwischen die Waffe ihres Gegners und ihren Leib bringen. Diesmal sprang Batiste als erster vor und ließ erst einen, dann einen zweiten Hieb auf seine Gegnerin niedersausen, denen diese nur mühsam entging. Doch da hob sich wieder der Reiterhammer und der eiserne Schnabel senkte sich mit unbeirrbarer Kraft auf Helm und Kopf ihres Gegners herab, der erst im letzten Augenblick sein Schild hochreißen konnte. Nur kurz danach war der Kampf zuende: Der wuchtige Schlag hatte den Reiterhammer im Schild Batistes versenkt und noch während die Leutnanta versuchte, ihn zu lösen, fuhr Tragosto blitzschnell nach oben und traf die Geharnischte Löwin unter der Achsel ihres Waffenarms. Ein Ruck und der Hammer war dem Handschuh Usvinas entglitten, sie taumelte zurück, doch Batiste stolperte ihr seinerseits hinterher und fing sie mit der Klinge ab. Nun endlich musste sich die Leutnanta geschlagen geben.
Travian di Faffarallo fordert Prasbert Torrem
„Heiligenmörder, Heiligenmörder!“ kündete da ein vielstimmiger Ruf aus dem Publikum den Beginn des nächsten Kampfes an: Der Condottiere der Brüder des Blutes, Travian di Faffarallo, ritt, äußerlich ungerührt von der noch immer nicht abgeklungenen Wut des Popolo, in die Schranken. Die Gewichte von Zu- und Abneigung unter den Zuschauern waren denn auch deutlich verteilt, wie der Applaus für den Ritter aus der Coverna deutlich machte: „Pras-bert! Pras-bert!“ hallte der Ruf über das Schwerterfeld.
Vom Publikum oder seinem eigenen Siegeswillen getragen, lenkte Prasbert Torrem seine Lanze direkt im ersten Lanzengang ins Ziel und es war wohl nur der behenden Schildabwehr des Condottiere zu verdanken, dass er den Kampf nicht schon im ersten Augenblick verloren geben musste. Die beiden folgenden Anritte sahen ähnliche Tendenzen: Prasbert attackierte und während Signore Travian durchaus die Lanze senkte, und ihm auch ein Treffer gegen den Schild des Coverners gelang, so konzentrierte er sich doch offenbar ganz darauf, nicht selbst aus dem Sattel gehoben zu werden. Das zog ihm noch weitere Schmähungen aus dem Publikum zu, die jetzt den Mörder noch der Feigheit bezichtigten. Doch es war unzweifelhaft kluge Voraussicht des besseren Fußkämpfers, denn Feigheit, die sich bei der nun nötig werdenden Entscheidung am Boden zeigte.
Den Streithammer in der Hand legte der Söldnerführer seine ganze Kunst schon in den ersten Angriff und trieb den Ritter Prasbert, der kein Schwertmeister war, vor sich her. Zwei, drei hastige Paraden und ohne Erfolg geführte Gegenangriffe später landete Signore di Faffarallo einen mächtigen Hieb gegen den Schild Prasberts. Dieser strauchelte, senkte Schild und Schwert – und öffnete seinem Gegner dadurch die einzige Lücke, die er brauchte: Ein seitlicher Hieb gegen den unteren Rand seines Helms brachte den Coverner aus dem Gleichgewicht und Travian di Faffarallo den Sieg.
Fidorion von Wulfenbein fordert Cesara della Carenio
Nun stellten sich der Streiter aus dem Wilden Süden, Fidorion von Wulfenbein, der Heilig-Blut-Ritterin Cesara della Carenio. Keiner von beiden war zuvor als großer Turnierreiter in Erscheinung getreten, aber beide hatten ihr Können mehrmals unter Beweis stellen können. Nun galt es zu entscheiden, wer der Bessere von beiden war. Doch wie so oft, sprach zunächst einiges dafür, dass eine Sache den Unterschied ausmachen würde, die nichts mit dem Lanzengeschick eines der beiden zu tun hatte:
Das Pferd der Cavalliera war offenbar jung oder unerfahren, jedenfalls verhielt es sich scheu und bewegte sich beim Anrennen so heftig hin und her, dass die Ritterin dadurch am genauen Zielen gehindert wurde. Der Wulfenbeiner aber, ohne diesen Vorteil zu nutzen, erhob seine Lanze, ritt an seiner Gegnerin vorbei, ohne sie zu berühren, schwenkte sein Pferd herum und ritt wieder zu seiner Stellung am Ende der Schranke zurück. Dort wartete er, bis seine Gegnerin ihr Pferd endlich beruhigt hatte, bevor sich beide zum zweiten Anritt bereitmachten. Beim zweiten Aufeinandertreffen hatte die Heilig-Blut-Ritterin ihre Stute beruhigt und landete einen Treffer, ohne den Reiter jedoch ernstlich zu gefährden – von Wulfenbein selbst zielte diesmal, verfehlte aber seine Gegnerin.
Der dritte Anritt brachte schließlich die Entscheidung: Signora della Carenio, deren blutroter Mantel hinter ihrer Rüstung im Wind wehte, legte alle Kraft in einen mächtigen Lanzenstoß, der quitschend über die Schnauze des Schädels auf Fidorions Schild fuhr. Während die Wucht so vom Wulfenbeiner abgelenkt wurde, landete dieser einen Treffer an der linken, gepanzerten Hüfte der Signora Cesara. Durch ihren eigenen Stoß ohnehin schwankend, wurde die Ritterin aus dem Sattel gehoben. Noch bevor sie sich aufgerappelt hatte und auch bevor ihr Knappe heran war, war Fidorion von Wulfenbein von seinem Ross abgestiegen und hatte ihr die gepanzerte Hand zur Hilfe gereicht, die die Ritterin zögerlich annahm. Das Volk jubelte da nicht wenig, denn wenn auch das Wappenbild des Wulfenbeiners es nicht verriet, so hatte er sich doch wiederholt als Ehrenmann erwiesen, den man gerne auch unter den 16 besten Streitern des Reiches begrüßen wollte.
Leonato der Rote fordert Lorian di Salsavûr
Die vorletzte Forderung in dieser ersten Runde des heutigen Tages hätte eigentlich die letzte sein sollen. Aufgrund der Umstände um den tapferen Constabler Dareius von Ruthor wurde die Begegnung von zwei wahrhaft leuengleichen Recken jedoch zur vorletzten. Doch sie vermochte das Publikum, das in der schwülen Hitze dieses Sommertages bis zum letzten Kampf ausharren wollte, zufriedenzustellen.
Mit einem schmetternden „Rondra, Kor und Famerlor“ war es zunächst der Drachenritter Leonato, der sein Ross in die Schranken lenkte und seinen Rennspieß senkte. Der Drachenhals mit dem roten Federbusch, der ihm seinen Beinamen gegeben hatte, ragte aus seinem Helm hervor, als wolle er selbst sein Gegenüber mit den Fängen zerreißen. Nicht minder kampfbereit war der Wolf, der den Kopfschutz des Barons Lorian di Salsavûr schmückte, der mit ebensolchem Eifer die Schranke entlang galoppierte. Wolf und Drache bissen bereits im ersten Anritt beide zu und ihre hölzernen Zähne zerbarsten an den stählernen Leibern ihrer Gegner. Beide Tjoster, der Rote Leonato hier und Baron Lorian dort hingen schwer vornübergebeugt in ihren Satteln, fielen aber nicht auf den Sand hinab.
Beim folgenden Lanzengang war beiden Reitern der Respekt anzusehen, mit dem sie ihren jeweiligen Gegner bedachten. Dennoch brachten beide wieder zuerst die Lanze hoch und konzentrierten sich erst dann auf ihre Schildabwehr. Doch diesmal gingen beide Lanzen fehl, jene des Drachenritters wurde am Schild Lorians hinweggestoßen, die Lanze des Barons riss einen Zipfel der Schabracke von Leonatos Ross, ohne dieses selbst jedoch zu verwunden.
Beim dritten Anritt war es erneut der Wolf, der zubiss: Die Lanze Lorians traf den Drachenritter so heftig am Helm, dass die Bänder rissen und Leonato nur dadurch vor dem Sturz gerettet wurde, dass sein Helm herunterfiel. Bei einem solchen Turnier, wie es manche Garether fechten, wo es nur gilt, die Helmzier des Gegners vom Haupt zu schlagen, hätte der Drachenritter nach diesem Treffer seine Niederlage eingestehen müssen. So aber tupfte er sich die verschrammte Stirn ab und setzte den Drachenhelm wieder auf, während ihm sein Knappe seinen Streitkolben und das Schild reichte. Baron Lorian ließ sich derweil ruhig, aber nicht zögerlich, von seinem Pferd gleiten und prüfte noch einmal den Sitz seiner Rüstung, blickte entlang seiner Klinge, bevor er sich dem Drachenritter stellte.
Dieser beschwor wieder das Dreigestirn der Leuin, ihres geschuppten Gemahls und des panthergestaltigen Sohnes und drang auf seinen Gegner ein. Schnell wurde klar, dass Leonato der Rote nach den wuchtigen Lanzenstößen, die er hatte einstecken müssen, eine rasche Entscheidung suchte. Schwere Hiebe mit dem Streitkolben fuhren auf den Baron hernieder, der sich ein ums andere Mal hinter sein Schild duckte, anstatt mit dem Schwert zu parieren, wohl um sein Handgelenk vor der Macht der Eisenkugel Leonatos zu schützen. Als ein seitlich geführter Schlag dem Baron das Schild aus der Hand prellte schwollen Jubel und Wehrufe unter den Menschen an und sogleich setzte der Drachenritter nach. Doch da brachte Signore Lorian sein Langschwert zwischen Streitkolben und den eigenen Leib. Mit beiden Händen hatte er den Griff umfasst und nutzte den Schwung seines Gegners, um diesen an sich vorbeitaumeln zu lassen. Mit einer blitzschnellen Bewegung hämmerte er seine Klinge auf Höhe der Waden gegen die Panzerung Leonatos, was diesen stöhnend in die Knie gehen ließ. Als sich der Drachenritter umwandte, das Schild zum Schutz zu heben, schwebte die Klinge seines Gegners bereits auf Höhe seines Visiers – nach kurzem Zögern warf Leonato der Rote seine Waffe in den Sand. Der Baron reckte die Klinge in die Luft und empfing den Applaus seiner Bewunderer und der Freunde guter Kampfeskunst.
Hesindiano della Trezzi fordert Dareius Amarinto
Nun endlich kamen sie auf die Geronsbahn geritten: Hesindiano della Trezzi saß auf einem Pferd mit blauer Schabracke und war wieder von der Unterfels’schen Gestechrüstung geschützt. Seine Frau, Leonora, die mancher auf der Tribüne entdeckt hatte, hatte diesmal allerdings die wenig beneidenswerte Situation, ihre Sympathien zwischen Ehemann und Bruder teilen zu müssen, denn der Gegner des Herren von Carindôr am heutigen Tage war Dareius Amarinto. Der Constabler von Ruthor war nach seiner Behandlung durch den Medicus Syranon offenbar wieder vollauf imstande, seinem Schwager ein mindestens ebenbürtiger Duellgegner zu sein. Indessen sind die Fragen, die auch allerorten am Rande der Bahn zu vernehmen waren, wer nämlich hinter dem feigen Anschlag auf Signore Amarinto in seinem Turnierzelt gesteckt haben mag, noch ohne Antwort seitens der Turniermarschallin. Allerings war zu vernehmen, dass Dareius‘ Vater und Patriarch Damion, nicht erst nach seinem Sieg gegen Kalman von Schelfing am heutigen Vormittag starken Druck auf die Ardariten ausgeübt hatte, der Sache nachzugehen.
Vom Pferderücken aus schien Signore Amarinto wild entschlossen nach den Strapazen dieser Nacht, keinen Zweifel daran zu lassen, dass Familienbande auf der Turnierbahn nicht zur Zurückhaltung verpflichteten, denn gleich sein erster Lanzenstoß durchbohrte den Schild seines Schwagers mittig. Nur durch ein ungewöhnliches Manöver mit dem Schildarm, indem Signore Hesindiano den Arm abknickte und dadurch die Lanze entlang seiner Panzerung abgleiten ließ, konnte er einen heftigen Treffer vermeiden. Auch im zweiten Anritt waren die Vorteile klar verteilt: Die Lanze des della Trezzi ging erneut ins Leere, während der golden umwickelte Rennspieß des Amarinto erneut sein Ziel fand. Die blauschwarze Verfärbung, die sich am Abend auf der Brust des Trezzi gebildet hatte, an jener Stelle, wo die Lanze auf die Brustpanzerung traf, war schon im Augenblick des Treffers zu spüren. Doch wieder blieb der Herr von Carindôr im Sattel und auch der dritte Anritt brachte keine Entscheidung. So ging denn auch dieses Duell im Fußkampf zu Ende – und dort waren die Gewichte weniger ungleich verteilt.
Dennoch war es wieder der Constabler, der als Erster angriff. Mit einem geraden Stoß signalisierte er, dass er immer noch darauf brannte, das Duell für sich zu entscheiden. Signore Hesindiano aber wehrte den Schlag ab, indem er auswich und zum Gegenschlag ausholte. Diesem hielt der Constabler Ruthors zwar stand, wenngleich er unter der Wucht des Schlages zurückweichen musste. Erneut attackierte Signore Amarinto als erster und nur mit Mühe konnte sein Kontrahent den wuchtigen Hieb parieren. Das Schwert knirschte, als der Hieb des anderen daran hinabfuhr. Sogleich setzte der Constabler nach, jetzt sollte die Entscheidung fallen. Zwei weitere, diesmal seitlich geführte Hiebe krachten erst gegen den Schild und dann seitlich gegen den Waffenarm Hesindianos, der zurücktaumelte. Die Gegenstöße des Erbfolgers des Hauses della Trezzi waren schwach geführt und glitten harmlos am Schild mit dem Pfeilbündel der Amarinto ab. Dem abermals zurückweichenden Gegner setzte Signore Dareius nun nach, seine gepanzerten Fersen gruben sich in den Sand und der Krieger sprang nach vorne, seine ganze Kraft in einen Schwerthieb legend. Doch entweder war die Schwäche Hesindianos nur vorgetäuscht oder er hatte seine letzten Kraftreserven genutzt, denn der Trezzi wich dem Angriff Dareius‘ durch eine seitliche Drehung aus, kam herum und schlug seinem vorbeistürmenden Kontrahenten das Schwert mit solcher Wucht in den Rücken, dass der Constabler in die Knie ging. Dareius‘ griff nach seiner Klinge, die seiner Hand leicht entglitten war, doch da war Hesindiano della Trezzi heran und setzte ihm die Schwertspitze auf die Brust. Da ließ Signore Amarinto seine Waffe sinken und ergab sich seinem Schwager. Dieser half dem Bruder seiner Frau zunächst auf die Beine, bevor er sich verhalten, aber selbstbewusst, den verdienten Jubel abholte.